Thallium

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Eigenschaften
Allgemein
Name, Symbol, Ordnungszahl Thallium, Tl, 81
Serie Metalle
Gruppe, Periode, Block 13, 6, p
Aussehen silbrig weiß
CAS-Nummer 7440-28-0
Massenanteil an der Erdhülle 0,29 ppm[1]
Atomar [2]
Atommasse 204,38 (204,382 – 204,385)[3] u
Atomradius (berechnet) 190 (156) pm
Kovalenter Radius 145 pm
Van-der-Waals-Radius 196 pm
Elektronenkonfiguration [Xe] 4f145d106s26p1
1. Ionisierungsenergie 589,4 kJ/mol
2. Ionisierungsenergie 1971 kJ/mol
3. Ionisierungsenergie 2878 kJ/mol
Physikalisch [2]
Aggregatzustand fest
Kristallstruktur hexagonal
Dichte 11,85 g/cm3
Mohshärte 1,2
Magnetismus diamagnetisch ($ \chi _{m} $ = −3,7 · 10−5)[4]
Schmelzpunkt 577 K (304 °C)
Siedepunkt 1733 K[5] (1460 °C)
Molares Volumen 17,22 · 10−6 m3/mol
Verdampfungswärme 162 kJ/mol[5]
Schmelzwärme 4,2 kJ/mol
Schallgeschwindigkeit 818 m/s bei 293,15 K
Spezifische Wärmekapazität 129 J/(kg · K)
Elektrische Leitfähigkeit 6,67 · 106 A/(V · m)
Wärmeleitfähigkeit 46 W/(m · K)
Chemisch [2]
Oxidationszustände 1, 3
Normalpotential −0,3363 V (Tl+ + e → Tl)
Elektronegativität 1,62 (Pauling-Skala)
Isotope
Isotop NH t1/2 ZA ZE (MeV) ZP
199Tl

{syn.}

7,42 h ε 1,440 199Hg
200Tl

{syn.}

26,1 h ε 2,456 200Hg
201Tl

{syn.}

72,912 h ε 0,493 201Hg
202Tl

{syn.}

12,23 d ε 1,364 202Hg
203Tl

29,524 %

Stabil
204Tl

{syn.}

3,78 a β 0,764 204Pb
ε 0,347 204Hg
205Tl

70,476 %

Stabil
206Tl

in Spuren

4,199 min β 1,533 206Pb
207Tl

in Spuren

4,77 min β 1,423 207Pb
208Tl

in Spuren

3,053 min β 5,001 208Pb
··· ··· ··· ··· ··· ···
210Tl

in Spuren

1,30 min β (≈ 100 %) 5,484 210Pb
βn (0,0070 %) 0,299 209Pb
Weitere Isotope siehe Liste der Isotope
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus EU-Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP) [6]
06 – Giftig oder sehr giftig 08 – Gesundheitsgefährdend

Achtung

H- und P-Sätze H: 330-300-373-413
P: 260-​264-​284-​310 [7]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [8] aus EU-Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP) [6]
Sehr giftig
Sehr giftig
(T+)
R- und S-Sätze R: 26/28-33-53
S: (1/2)-13-28-45-61
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Thallium ist ein chemisches Element mit dem Elementsymbol Tl und der Ordnungszahl 81. Im Periodensystem steht es in der 3. Hauptgruppe (Gruppe 13) oder Borgruppe. Das weiche, graue, dem Blei sehr ähnliche Metall ist äußerst giftig.

Geschichte

Thallium (von altgriechisch θαλλός thallós ‚grüner Zweig‘;[9] wegen seiner grünen Spektrallinie bei 535 nm) wurde 1861 in England von Sir William Crookes spektroskopisch im Bleikammerschlamm einer Schwefelsäurefabrik anhand der charakteristischen grünen Spektrallinie entdeckt. Zur gleichen Zeit gelang dem Franzosen Auguste Lamy die Darstellung des Metalls auf elektrolytischem Wege.

Vorkommen, Grenzwerte

Thallium ist kein seltenes Element. Es gibt aber nur sehr wenige Mineralien mit hohem Thalliumgehalt: so den Crookesit (Schweden und Russland), den Lorandit (USA) und den Hutchinsonit. Die überwiegende Menge ist als Begleitelement in kaliumhaltigen Tonen, Böden und Graniten enthalten; der natürliche Gehalt liegt dabei zwischen 0,4 und 6,5 Milligramm pro Kilogramm[10]. Zur Bedarfsdeckung ist die aus der Verhüttung von Kupfer, Blei, Zink und anderen sulfidischen Erzen anfallende Menge ausreichend.

Für Trinkwasser geht das Bundesamt für Risikoforschung von einem Toleranzwert von bis zu fünf Mikrogramm pro Liter aus.[10]

Das Isotop 205Tl ist das Endnuklid des radioaktiven Zerfalls der Neptunium-Reihe. Weil das vor ihm stehende letzte radioaktive Isotop 209Bi eine extrem lange Halbwertszeit von circa 19 Trillionen Jahren hat, nimmt die Thalliummenge auf der Erde nur sehr langsam zu.

Gewinnung und Darstellung

Thallium, wegen seiner Luftempfindlichkeit unter Argon aufbewahrt

Metallisches Thallium wird meist durch Ausfällen mit Zink gewonnen. Die Weltproduktion ist mit 5 t Thallium pro Jahr gering.

Eigenschaften

Frische Schnittflächen des weichen und hämmerbaren Metalls sind hochglänzend, nach kurzer Zeit überziehen sie sich mit einem blaugrauen Oxidfilm. In feuchter Luft und Wasser bildet sich Thallium(I)-hydroxid, das eine sehr starke Base ist. In Alkalilaugen ist es unlöslich.

Im Gegensatz zu den leichteren Gruppenmitgliedern kommt Thallium überwiegend in der Oxidationsstufe +I vor, auch +II und +III sind möglich. Daher kann Thallium als Begleiter in vielen verschiedenen Mineralien vorkommen.

In vielen Eigenschaften ähnelt Thallium in der Oxidationsstufe +I stark dem wesentlich leichteren Kalium, was nicht zuletzt auf sehr ähnliche Ionenradien zurückzuführen ist. So ist Thalliumcarbonat das einzige leicht wasserlösliche Schwermetallcarbonat. Andererseits existieren auch Parallelen zur entsprechenden Oxidationsstufe des Silbers (Thalliumhalogenide sind schwerlöslich und lichtempfindlich).

Thalliumverbindungen zeigen eine intensiv grüne Flammenfärbung, im Spektroskop ist eine scharfe Emissionslinie bei 535 nm charakteristisch (wichtig in der Forensik).

Mit Halogenen reagiert Thallium schon bei Zimmertemperatur. Die sich bildenden Thalliumhalogenide (mit Ausnahme der Fluoride) werden durch Aufnahme geringer Spuren von Wasser bei –180 °C fluoreszenzfähig.[11]

Verwendung

  • niedrigschmelzende Gläser (zwischen 125 bis 150 °C)
  • infrarotdurchlässige Gläser
  • Gläser mit hohem Brechungsindex für Optik von Fotokopierern und Faxgeräten
  • hoch IR-brechende Medien für die ATR-Spektroskopie (aus Thalliumbromoiodid, sog. KRS-5)
  • Thallium(I)-sulfat als Rattengift (Zeliokörner) (inzwischen wegen der Giftigkeit in vielen Ländern verboten)
  • Blei-Thallium-Legierungen für Stromrollen zum kontinuierlichen elektrolytischen Verzinken von Stahlblech
  • Thalliumsulfid zur Herstellung von Fotozellen
  • Detektoren für Gammastrahlung
  • bei der Myokardszintigrafie
  • Thalliumnitrat als grüner Leuchtstoff in Seenotraketen (problematisch wegen Giftigkeit)
  • als Quecksilberlegierung (Amalgam) in Thermometern für niedrige Temperaturen (bis −58 °C)
  • als Hochtemperatursupraleiter in Hg0,8Tl0,2Ba2Ca2Cu2O8
  • Zugabe in Bleitelluriden zur Effizienzsteigerung thermoelektrischer Materialien[12]

Physiologie

Thallium wird gut vom Körper aufgenommen, vor allem über den Magen-Darm-Trakt oder die Lunge. Dreiwertiges Thallium (Tl3+) wird im Körper rasch zu einwertigem Thallium (Tl+) reduziert und elementares zu (Tl+) oxidiert, das sich sehr schnell verteilt und über die Na+/K+-Pumpe aus dem Blutkreislauf ins Zellgewebe und Organe transportiert wird. Aufgrund des Ionenradius des Tl+ wird es vom Körper wie Kalium-Ionen K+ angesehen und transportiert. Hohe Konzentrationen von Tl+ finden sich in Niere und Leber sowie im Dickdarmgewebe und in bestimmten Knochen. Nach einer überstandenen Vergiftung ist Tl+ noch lange in Nägeln und Haaren zu finden. Weiterhin tückisch verhält sich Tl+ bei der Ausscheidung aus dem Körper: Ähnlich wie die Amatoxine bei einer Knollenblätterpilzvergiftung unterliegt auch Tl+ dem sogenannten enterohepatischen Kreislauf. Die versuchte Entgiftung über Leber und schließlich mit dem Gallensekret wird durch die Rückresorption der Tl+ im Darm verhindert. Zwar ist dieser Ausscheidungsweg mengenmäßig kleiner als der über die Niere, diese sind aber ganz besonders von der Schädigung durch Tl+ betroffen. Deswegen setzt bei der Ausscheidung über die Galle und den Darm (biliäres System) die medizinisch induzierte Entgiftung mit Eisen(III)hexacyanoferrat(II) (landläufig als Berliner Blau bekannt) an. Die über die Gallensekrete ausgeschiedenen Tl+ werden von „Berliner Blau“ chemisch gebunden und schließlich über den Kot ausgeschieden.

Für Thallium wurde noch keine biologische Funktion bestätigt.

Sicherheitshinweise

Toxizität

Thallium und thalliumhaltige Verbindungen sind hochgiftig und müssen mit größter Vorsicht gehandhabt werden.

Korrodierter Thallium-Metallstab

Die tödliche Dosis für Erwachsene beträgt zirka 800 mg. Die akute Vergiftung verläuft in vier Phasen, deren erste relativ allgemeinsymptomatisch mit sich abwechselnden Durchfällen und Verstopfungen verläuft. In dieser Phase sind bereits Veränderungen der Haarwurzeln zu erkennen, die dann meist mit dem 13. Tag in den für eine Thalliumvergiftung typischen Haarausfall an bestimmten Körperstellen in unterschiedlicher Ausprägung übergeht. In der zweiten Phase stellen sich neurologische und psychische Veränderungen ein, die sich als übermäßige Schmerzwahrnehmung an peripheren Körperteilen bemerkbar machen. Die Vergiftung kulminiert dann in der dritten Phase nach dem 10. Tag der Inkorporation. Es stellen sich schwere Sehstörungen ein, die durch die Lähmung der entsprechenden Hirnnerven bewirkt werden. Die erhöhte Herzaktivität (Tachykardie) erklärt sich durch Einwirkung des Thalliums auf die Erregungsbildung des Sinusknotens und auf die Erregungsweiterleitung, die durch die daraus resultierenden Herzrhythmusstörungen in die letal verlaufende Tl-Vergiftung mündet. Mit der dritten Woche der Vergiftung sinkt die Wahrscheinlichkeit eines letalen Ausganges und die Spätphase stellt sich ein. Hier zeigen sich meist irreversible Schäden an Nervenfortleitungen der unteren Körperteile, gestörte Reflexe und Muskelschwund. Es kann eine dauerhaft herabgesetzte geistige Leistungsfähigkeit zurückbleiben. Die Körperbehaarung entwickelt sich nach wenigen Monaten wieder neu. Geringere Mengen führen zu einer chronischen Vergiftung, die längere Zeit unerkannt bleiben kann (eventuell sind Mees-Nagelbänder zu beobachten), dies weist dann allerdings meist auf eine beabsichtigte Vergiftung hin, da eine natürliche Aufnahme toxischer Mengen kaum gegeben ist.

Anreicherungen

Bei der Zementherstellung kann sich Thallium in Form seiner flüchtigen Halogenide im Abgasreinigungssystem anreichern.[13]

Tierische und pflanzliche Nahrungsmittel enthalten in der Regel nicht mehr als 0,1 mg Tl/kg. Dennoch können zum Beispiel Pilze und einige Kohlsorten Thallium bis zu 1 mg/kg akkumulieren.

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Thallium – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Thallium – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Harry H. Binder: Lexikon der chemischen Elemente, S. Hirzel, Stuttgart 1999, ISBN 3-7776-0736-3
  2. Die Werte für die Eigenschaften (Infobox) sind, wenn nicht anders angegeben, aus www.webelements.com (Thallium) entnommen.
  3. Angegeben ist der von der IUPAC empfohlene Standardwert, da die Isotopenzusammensetzung dieses Elements örtlich schwanken kann, ergibt sich für das mittlere Atomgewicht der in Klammern angegebene Massenbereich. Siehe: Michael E. Wieser, Tyler B. Coplen: Atomic weights of the elements 2009 (IUPAC Technical Report). In: Pure and Applied Chemistry. 2010, S. 1, doi:10.1351/PAC-REP-10-09-14.
  4. Weast, Robert C. (ed. in chief): CRC Handbook of Chemistry and Physics. CRC (Chemical Rubber Publishing Company), Boca Raton 1990. Seiten E-129 bis E-145. ISBN 0-8493-0470-9. Werte dort sind auf g/mol bezogen und in cgs-Einheiten angegeben. Der hier angegebene Wert ist der daraus berechnete maßeinheitslose SI-Wert.
  5. 5,0 5,1 Yiming Zhang, Julian R. G. Evans, Shoufeng Yang: Corrected Values for Boiling Points and Enthalpies of Vaporization of Elements in Handbooks. In: Journal of Chemical & Engineering Data. 56, 2011, S. 328–337, doi:10.1021/je1011086.
  6. 6,0 6,1 Eintrag aus der CLP-Verordnung zu CAS-Nr. 7440-28-0 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich)
  7. Datenblatt Thallium bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 16. März 2011.
  8. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  9.  Wilhelm Gemoll: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch. München/Wien 1965.
  10. 10,0 10,1 mm: "Geologischer Einzelfall". In: badische-zeitung.de, Lokales, Kandern, 20. Dezember 2011 (4. Dezember 2011)
  11. Über die Lumineszenz der Thallium (I)- und Blei(II)halogenide bei tiefen Temperaturen, DOI: 10.1007/BF01338819
  12. TR: Strom aus Abgas-Abwärme, 30. Juli 2008
  13. W. Weisweiler, E. Mallonn: Thalliumiodid – Bildung, Verflüchtigung, Anreicherung. Iod und Thallium im Zementproduktionsprozeß. Staub

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