Chlorwasserstoff - eine Säure

 

41. Chlorwasserstoff - eine Säure


Ausgangsstoff für Salzsäure: Das Kochsalz

Bei der Einwirkung von konz. Schwefelsäure auf Natriumchlorid entweicht das farblose, stechend riechende Gas Chlorwasserstoff. Es ist schwerer als Luft und zeigt mit Lackmuspapier (trocken) keine eindeutige Reaktion. Wässrige Lösungen von Chlorwasserstoff werden Salzsäure oder Chlorwasserstoffsäure genannt. Chlorwasserstoff ist eine sehr starke Säure. Die Summenformel lautet HCl.


 
Chlorwasserstoff ist ein farbloses, stechend riechendes Gas, das sich begierig in Wasser löst
 
Umwickle die Quecksilberkugel eines Thermometers mit feuchtem Filterpapier und leite darauf Chlorwasserstoff. Temperaturkontrolle!

Chlorwasserstoff löst sich in Wasser begierig auf. In einem Liter Wasser lösen sich bei 0 °C unter Erwärmung 520 l, das entspricht 850 g HCl-Gas. Bei 20 °C lösen sich in einem Liter Wasser 442 Liter Chlorwasserstoff. An feuchter Luft bildet HCl-Gas Nebel aus feinen Salzsäure-Tröpfchen.


 
 
In einen Kolben gibt man 2 - 3 g Kochsalz und läßt über einen Tropftrichter konz. Schwefelsäure einfließen. Das entweichende Gas wird durch eine Waschflasche mit konz. Schwefelsäure (Bild 1) geleitet und mit Lackmuspapier geprüft.
 
Welche Eigenschaften des Gases können bei Versuch 2 beobachtet werden?
 
Chlorwasserstoff, HCl, entsteht bei der Einwirkung von Schwefelsäure auf Natriumchlorid

Das bei Versuch 3 beobachtete springbrunnenartige Eindringen des Wassers in den Kolben läßt sich leicht erklären: Zuerst ist der ganze Zylinder mit Chlorwasserstoff gefüllt. Löst sich ein kleiner Teil dieses Gases in Wasser, so entsteht im Zylinder ein Unterdruck und der äußere Luftdruck drückt das Wasser der Wanne in den Zylinder. Die Rotfärbung von Lackmus zeigt, dass Chlorwasserstoff mit Wasser eine Säurelösung bildet. Weil sie aus dem bekanntesten aller Salze, dem Kochsalz, entsteht, wird sie Salzsäure genannt.


Beim Auftropfen von Schwefelsäure auf Kochsalz entsteht Chlorwasserstoff.
Bild 1. Beim Auftropfen von Schwefelsäure auf Kochsalz entsteht Chlorwasserstoff. Er wird für Versuch 3 in einen Kolben geleitet.

Einleiten von Chlorwasserstoff in Wasser mit Lackmus
Bild 2. Einleiten von Chlorwasserstoff in Wasser mit Lackmus. Prüfung der elektrischen Leitfähigkeit. Becherglas auf Magnetrührer.

Die Erklärung der Reaktionen von Chlorwasserstoff mit Wasser

Beim Einleiten von Chlorwasserstoff in Wasser (Versuch 5 ) entsteht Wärme, der Indikator reagiert und die elektrische Leitfähigkeit nimmt zu. Es muß also eine chemische Reaktion ablaufen. Chlorwasserstoff ist ein Gas, daher kann es sich nicht um eine Ionenverbindung handeln. Vielmehr sind in den Molekülen des Chlorwasserstoffs die Wasserstoffatome mit Chloratomen über eine polarisierte Atombindung (Kapitel 28) miteinander verbunden. Allerdings müssen beim Einleiten von Chlorwasserstoff in Wasser Ionen entstehen, wie das Ansteigen der Leitfähigkeit zeigt. Wie ist das zu erklären? Kommen Chlorwasserstoff und Wassermoleküle zusammen, so ziehen sie sich gegenseitig an, weil beide Moleküle Dipole darstellen (Kapitel 28).


 
 
Chlorwasserstoff wird nach Bild 2 auf Wasser geleitet und dabei die Änderung der elektrischen Leitfähigkeit verfolgt.

Die Anziehungskraft des Sauerstoffatoms ist so stark, dass das wegen der Polarisierung locker gebundene Wasserstoffion (= Proton) ganz vom Chloratom abgetrennt wird und von einem freien Elektronenpaar des Sauerstoffatoms gebunden wird. Das bindende Elektronenpaar zwischen Chlor und Wasserstoff behält das Chlor; es entsteht ein Chlorid-Ion, Cl. Das Wassermolekül erhält durch die Aufnahme eines Wasserstoff-Ions eine positive Ladung; es wird zu einem Molekül-Ion, das man Oxonium-Ion nennt. Der Übergang eines Protons von einem Teilchen auf ein anderes wird als Protolyse bezeichnet.


$ \mathrm { {\underbrace {H :{ \overset H {\overset {\Large{\cdotp \ \cdotp}} {\underset {\Large{\cdotp \ \cdotp}} {O}}}:}}_{Wasser} + { \underbrace {H: {\overset {\Large{\cdotp \ \cdotp}} {\underset {\Large{\cdotp \ \cdotp}} {Cl:}}}}_{Chlorwasserstoff}}} \longrightarrow \underbrace {\Biggl[ : { \overset H {\overset {\Large{\cdotp \ \cdotp}} { \underset H {\underset {\Large{\cdotp \ \cdotp}} {O}}}}} :H \Biggr]^+}_{Oxonium-Ion} + \underbrace {\Biggl[ :{\overset {\Large{\cdotp \ \cdotp}} {\underset {\Large{\cdotp \ \cdotp}} {Cl}}}: \Biggr]^-}_{Chlorid-Ion} } $


Die entstandenen Ionen sind freibeweglich (Leitfähigkeit!). Das Oxonium-Ion kann mit Indikatoren, das Chlorid-Ion mit Silber-Ionen nachgewiesen werden. Im Wasser werden diese Ionen sofort von anderen Wassermolekülen umhüllt, sie werden hydratisiert. Siehe Hydratisierung, Kapitel 33. Die bei der Reaktion beobachtete Wärmeentwicklung ist vor allem auf die Hydratisierung zurückzuführen (exothermer Vorgang).


Zunahme der elektrischen Leitfähigkeit beim Einleiten von Chlorwasserstoff in Wasser
Bild 4. Zunahme der elektrischen Leitfähigkeit beim Einleiten von Chlorwasserstoff in Wasser

Die Ionenbildung bei der Protolyse von HCl in H2O formuliert man vereinfacht wie den Lösungsvorgang eines Salzes:


$ \mathrm { HCl \; \xrightarrow{H_{2}O} \; H^{+}_{(aq)} + Cl^{-}_{(aq) } }$


Dabei ist aber zu beachten, dass bei Salzen die Ionen bereits im Kristall vorliegen (Kapitel 31), während sie bei der Protolyse in H2O erst durch eine Reaktion mit Wassermolekülen gebildet werden.


 
Das Molekül $\mathrm {HCl}$ kann ein Proton ($\mathrm {H^+}$) abspalten; so entstehen $\mathrm {H^+}$ und $\mathrm {Cl^-}$. Leitfähigkeit in Wasser
 
Protolyse: Übergang eines Wasserstoffions (Protons) auf ein anderes Teilchen, z.B. $\mathrm {H_2O}$
 
Die Lösung von Chlorwasserstoff in Wasser ist Salzsäure

Handelsformen der Salzsäure

Die »konzentrierte Salzsäure« ist eine 35-40%ige (Gewichtsprozent) wässrige Lösung von Chlorwasserstoff in Wasser. Weil die bei Zimmertemperatur entweichenden Chlorwasserstoffdämpfe mit dem Wasserdampf der Luft Salzsäure-Nebel bilden, wird sie auch »rauchende Salzsäure« genannt. »Rohe Salzsäure« ist eine konzentrierte Säure, in der etwas Eisenchlorid gelöst ist, sie hat deshalb gelbe Farbe.