52. Grundlagen der Mineraldüngung
Ohne Salze keine Pflanzen
Die Pflanzen stehen am Anfang der Nahrungskette. Sie benötigen für ihr Wachstum Licht, Luft, Wasser und nährsalzhaltige Böden. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, bauen sie aus Wasser und Kohlenstoffdioxid mit Hilfe der Photosynthese energiereiche biochemische Substanzen auf, die sie zum Gedeihen benötigen. Aus dem Boden nehmen Pflanzen eine Vielzahl von Mineralstoffen in Form von Ionen auf. Welche Stoffe dies im Einzelnen sind und welchen Einfluß der Mangel eines bestimmten Stoffes auf eine Pflanze hat, wird in Experimenten mit Nährlösungen untersucht. Meist wird das Wachstum beeinträchtigt, und die Blätter werden gelb.
Fruchtbare Böden entstehen in der Natur durch die Verwitterung von Gestein. Die aus dem Gestein freigesetzten Ionen werden in die Pflanzensubstanz eingebaut und damit in "biologischen Umlauf" gebracht. In größeren Mengen brauchen Pflanzen Nitrat, Phosphat, Kalium, Calcium und Magnesium. Andere Stoffe wie Bor, Kupfer, Mangan, Zink, Cobalt u. a. werden nur in kleineren Mengen benötigt und deshalb als Spurenelemente bezeichnet. Schwefel, Eisen und Natrium nehmen eine Mittelstellung ein.
Stoffkreisläufe
Gesunde Böden enthalten unzählige Arten von Bakterien und Pilzen, die abgestorbene Pflanzen zersetzen. Durch diese Abbautätigkeit wird dem Boden biologisch gebundener Stickstoff, Schwefel und Phosphor nach und nach in Form von Ionen zurückgegeben. Dadurch werden die Stoffkreisläufe biologisch wichtiger Substanzen geschlossen und für das Pflanzenwachstum stehen erneut Nährsalze zur Verfügung.
Dieser natürliche Mineralkreislauf funktioniert nur, wenn die Verwesung toten Pflanzenmaterials und das Nachwachsen von frischem Grün an der gleichen Stelle stattfinden. Durch intensive Landwirtschaft muß dieser Kreislauf jedoch notgedrungen unterbrochen werden, denn mit der Ernte entzieht man die Mineralstoffe ihrem natürlichen Kreislauf. Erst die künstliche Düngung führt dem Boden wieder ausreichend Nährstoffe zu, damit eine neue Ernte gedeihen kann.
Bedeutung der Mineraldünger für die Menschheit
Ohne mineralische Düngung ist eine ausreichende Ernährung der z. Zt. lebenden Weltbevölkerung unmöglich. Um so weniger kann die ständig wachsende Menschheit auf Mineraldünger verzichten.
Schon in der Antike wendete der Mensch chemische Methoden an, um durch Düngung die Ausbeute und Qualität der Ernte zu steigern und die Ernährung der Bevölkerung sicherzustellen. Die Babylonier verwendeten organische Düngemittel wie Stallmist oder Gülle sowie pflanzliche Produkte wie Kompost, die Ägypter nutzten den bei Überschwemmungen zurückbleibenden Nilschlamm als mineralischen Dünger. Als Ende des 18. Jahrhunderts erstmals die Befürchtung aufkam, die Produktion von Lebensmitteln könne nicht mit dem Bevölkerungswachstum Schritt halten, haben es sich Forscher zur Aufgabe gemacht, die Ernteerträge der Landwirte durch künstliche Düngung zu steigern.
Das Verdienst des Chemikers Justus von Liebig
Angeregt durch eine Hungersnot im Jahre 1816, dem sogenannten Jahr ohne Sommer, führte Justus von Liebig erste systematische Untersuchungen zur Agrochemie durch. Im Jahre 1843 erkannte er:
"Als Prinzip des Ackerbaus muss angesehen werden, dass der Boden in vollem Maße wieder erhält, was ihm genommen wurde."
Er wies nach, welche Salze die Pflanzen dem Boden zum Aufbau ihrer Substanz entnehmen und welche (Nähr)-Stoffe deshalb durch die Ernten entzogen werden. Die Tabelle unten gibt den Nährstoffentzug durch Getreide wieder.
Seit den Untersuchungen Liebigs wurde die Düngung mit Mineralsalzen zur Steigerung der Erträge immer wichtiger. Noch zu Lebzeiten Liebigs erkannte man, dass in vielen FällenStickstoff der Minimumfaktor ist. Als natürliche Stickstoffdünger standen nur Natrium- und Kaliumnitrat (NaNO3 und KNO3) zur Verfügung, deren Vorkommen aber Ende des 19. Jahrhunderts zur Neige zu gehen drohten. Abhilfe brachte das Haber-Bosch-Verfahren zur Ammoniaksynthese. Heute werden 85 % der weltweiten Ammoniakproduktion zu Stickstoffdünger verarbeitet.
Das Problem der Überdüngung
Pflanzen haben ganz unterschiedliche Ansprüche, was die Menge und das Verhältnis der benötigten Minaralstoffe betrifft. Manche Elemente werden von allen Pflanzen benötigt, andere dagegen nur von einigen. Ein Mangel an einer bestimmten Ionenart kann nicht durch einen Überschuss einer anderen Ionenart ausgeglichen werden. Daher kam Liebigs Feststellung, dass von den Nährstoffen des Bodens der im Minimum vorkommende Stoff die Höhe des Ertrages bestimmt, schon früh eine besondere Bedeutung zu. Im "liebigschen Minimumfass" (Bild 4) begrenzt der im Minimum vorhandene Stickstoff den Ertrag, obwohl die anderen Faktoren in ausreichender Menge vorliegen.
N | P2O5 | K2O | MgO | |
Weizen | 20-35 | 7-14 | 20-25 | 2-5 |
Roggen | 20-30 | 7-15 | 20-30 | 2-5 |
Wintergerste | 20-25 | 8-12 | 20-30 | 2-4 |
Sommergerste | 15-25 | 8-12 | 20-25 | 2-4 |
Hafer | 20-30 | 10-15 | 30-40 | 3-5 |
Liebigs Gesetz vom Minimum ist auch am Beispiel der Eutrophierung anwendbar: Phosphat ist in einem See oder Fluß der »Minimumstoff« unter den Pflanzennährstoffen. Wenn der Phosphatgehalt durch ungeklärte Abwässer zunimmt, nimmt das Algenwachstum überdurchschnittlich zu. Die Pflanzen nehmen sich gegenseitig Licht und Lebensraum weg, sterben dann ab und führen zu einer wachsenden Schlammschicht am Grund des Gewässers. Zu ihrer Zersetzung verbrauchen die abbauenden Mikroorganismen den im Wasser gelösten Sauerstoff. Schließlich tritt Fäulnis ein, wobei Giftstoffe entstehen. Ein Beispiel ist Schwefelwasserstoff (H2S), dessen Geruch nach faulen Eiern allgemein bekannt ist. Sauerstoffmangel und Vergiftung lassen Fische und andere Lebewesen sterben ("Umkippen des Gewässers").
Liebigs Erkenntnisse bilden heute noch die Grundlagen der Mineraldüngung; er ist der »Vater der Agrochemie«.
Die Möglichkeiten der Mineraldüngung
Jahrhundertelang war der Stallmist die Grundlage der Nährstoffergänzung und der Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit. Heute kann der durch die Ernte verursachte Nährstoffentzug dadurch bei weitem nicht mehr ausgeglichen werden. Nur die Anwendung von Mineraldüngern ermöglicht eine volle Deckung des Nährstoffbedarfs der Nutzpflanzen. Als organische Dünger dienen Mist, Gülle und Jauche sowie Gründüngung und Mulch. Mineralische Dünger werden als (Einzelnährstoffdünger) oder Mehrnährstoffdüngerangeboten.
Dünger, die Stickstoff, Phosphor und Kalium enthalten, werden NPK-Dünger oder Volldünger genannt. Bestandteile dieser Dünger sind die Hauptnährelemente (Stickstoff, Phosphor und Kalium). Daneben enthalten viele Volldünger auch Schwefel, Calcium und Magnesium und Spurenelemente. Letztere werden auch als spezielle Spurenelementdünger angeboten. Nitrophoska ist der Markenname des ersten homogenen Volldüngers, den die BASF 1927 auf den Markt gebracht hat.
Die Zusammensetzung eines vollwertigen Düngers
Genauere Untersuchungen haben ergeben, dass der Nährstoffentzug in einem ganz bestimmten Verhältnis erfolgt. Das Verhältnis ändert sich natürlich etwas bei den verschiedenen Nutzpflanzen und bei entsprechender Fruchtfolge.
Es gibt inzwischen viele weitere Volldünger, in fester und flüssiger Form, auch spezielle Gartendünger, die je nach Einsatzzweck mit weiteren Spurennährstoffen angereichert sind. Die Gehaltsangaben der Kernnährstoffe werden dabei in % der handelsüblichen Bezugsbasis angegeben, zum Beispiel (13/13/21). Diese Angabe bedeutet, dass der Dünger 13 % N; 13 % P2O5; 21 % K2O enthält. Der erste Volldünger der Welt war das von der BASF bereits vor über 80 Jahren hergestellte Nitrophoska. Heute gibt es verschiedene Nitrophoska-Sorten, die Stickstoff, Phosphat und Kalisalz in unterschiedlichen Mengen enthalten.
Weitere Beispiele:
- Volldünger: Hakaphos, Mairol.
- Stickstoffdünger: Harnstoff, Kalkstickstoff, Ammoniumsulfat.
- Phosphorsäuredünger: Superphosphat, Rhenaniaphosphat, Thomasphosphat.
- Kalidünger: Kainit, Kaliumsulfat.