39. Die 7. Hauptgruppe des PSE
Redoxreaktionen weiterer Halogene
Die Elemente Fluor, Chlor, Brom, Iod und Astat stehen in der 7. Hauptgruppe des PSE.
Wie das Chlor reagieren auch die anderen Elemente heftig mit Metallen und bilden Salze. Dieser Umstand verlieh ihnen die Bezeichnung »Salzbildner« oder Halogene.
Beispielsweise ist Bromwasser eine Lösung von braunem Brom in Wasser - schüttelt man es unter Anwesenheit eines Metalls, so verschwindet die gelbliche Färbung, weil sich das Brom mit dem Metall verbindet.
Oxidation: $ \ \qquad \mathrm { Mg \quad \longrightarrow \quad Mg^{2+} + 2 \ e^{-} } $
Reduktion: $ \ \qquad \mathrm { Br_{2} + 2 \ e^{-} \longrightarrow \; 2 \ {Br}^- } $
Redoxreaktion: $ \ \ \mathrm { Mg + Br_{2} \longrightarrow \ { \underbrace {Mg^{2+} + 2 \ Br^{-}}_{Magnesiumbromid \ (MgBr_2)}} + 518,30 \ kJ } $
Bei der oben formulierten Reaktion entsteht Magnesiumbromid. Da dieses wasserlöslich ist, liegen nun farblose Bromid-Ionen und ebenfalls farblose Magnesium-Ionen im Wasser vor.
Die heftige Reaktion zwischen Magnesium und Iod beruht ebenfalls auf einer Salzbildung:
Redoxreaktion: $ \mathrm { Mg + I_{2} \longrightarrow \ { \underbrace { Mg^{2+} + 2 \ I^{-}}_{Magnesiumiodid (MgI_2)}} + 360,34 \ kJ } $
Bei der Bildung von Magnesiumchlorid werden 642,74 kJ frei. Vergleicht man die bei der Bildung von MgCl2, MgBr2 und MgI2 freigewordene Wärme, so ist festzustellen, dass die Reaktionsfähigkeit der Halogene mit steigender Atommasse fällt (siehe Tabelle).
Unterschiedliches Redoxverhalten der Halogene
Chlor und Brom sind nach Versuch 4 also in der Lage, aus Iodid-Ionen elementares Iod zu bilden, das sich dann mit roter Farbe in Chloroform auflöst. Das Chlor bzw. das Brom haben dem Iod ein Elektron aus der Außenschale genommen - dadurch wurde das Iodid-Ion zum Iodatom, das Chloratom bzw. das Bromatom aber zum Chlorid-Ion bzw. Bromid-Ion.
$ \quad \mathrm { : {\overset {\Large {\cdotp \ \cdotp}} {\underset {\Large {\cdotp \ \cdotp}} {Cl}}} \ \cdotp + : {{\overset {\Large {\cdotp \ \cdotp}} {\underset {\Large {\cdotp \ \cdotp}} {I}}}: } ^- \ \longrightarrow \ : { {\overset {\Large {\cdotp \ \cdotp}} {\underset {\Large {\cdotp \ \cdotp}} {Cl}}} : } ^- + \ \cdotp {\overset {\Large {\cdotp \ \cdotp}} {\underset {\Large {\cdotp \ \cdotp}} {I}}}: } $
Cloratom $\mathrm +$ Iodid-Ion $\mathrm \longrightarrow $ Chlorid-Ion $\mathrm +$ Iodatom
$\quad \mathrm { :{\overset {\Large {\cdotp \ \cdotp}} {\underset {\Large {\cdotp \ \cdotp}} {Br}}} \ \cdotp + : { {\overset {\Large {\cdotp \ \cdotp}} {\underset {\Large {\cdotp \ \cdotp}} {I}}}: } ^- \ \longrightarrow \ : { {\overset {\Large {\cdotp \ \cdotp}} {\underset {\Large {\cdotp \ \cdotp}} {Br}}} : }^- + \ \cdotp {\overset {\Large {\cdotp \ \cdotp}} {\underset {\Large {\cdotp \ \cdotp}} {I}}}: } $
Bromatom $\mathrm +$ Iodid-Ion $\mathrm \longrightarrow $ Bromid-Ion $\mathrm +$ Iodatom
Chloratome können also aus Bromid-Ionen elementares Brom freisetzen, jedoch kann Brom aus Chlorid-Ionen kein elementares Chlor bilden.
Wie die Elektronenformeln zeigen, nehmen Chlor und Brom Elektronen auf, während die Iodid-Ionen ein Elektron an die beiden anderen Halogenatome abgeben. Durch das neue Verständnis des Redoxvorgangs wird demnach das Iodid-Ion durch Chlor oder Brom oxidiert (Elektronenabgabe), gleichzeitig wird das Chloratom bzw. das Bromatom reduziert (Elektronenaufnahme).
Diese Reaktionen können dementsprechend als Redoxgleichungen formuliert werden:
Oxidation: $ \ \qquad \mathrm { I \quad \longrightarrow \quad I^{+} + e^{-} } $
Reduktion: $ \qquad \mathrm { Cl + e^{-} \longrightarrow \; Cl^{-} } $
Redoxreaktion: $ \ \ \mathrm { I + Cl \longrightarrow \; I \ + Cl^{-} } $
Oxidation: $ \ \qquad \mathrm { I \quad \longrightarrow \quad I^{+} + e^{-} } $
Reduktion: $ \qquad \mathrm { Br + e^{-} \longrightarrow \; Br^{-} } $
Redoxreaktion: $ \ \ \mathrm { I + Br \longrightarrow \; I \ + Br^{-} } $
Schaut man sich den Atombau der Halogene an, kann man dieses Reaktionsverhalten gut verstehen. Bei allen Halogenen ist die Außenschale mit 7 Elektronen besetzt. In den einzelnen Hauptgruppen des Periodensystems nimmt der Atom- bzw. Ionenradius der Elemente mit steigender Atommasse zu (Tabelle oben). Die Anziehung der positiven Kernladung auf die Elektronen in der äußersten Schale wird dadurch mit steigender Masse der Atome immer schwächer. Die Folge ist, dass ein Bromatom Elektronen stärker anzieht als ein Iodatom, aber schwächer als das Chloratom.
Die chemische Ähnlichkeit der Halogene beruht also auf dem gleichen Bau der äußersten Elektronenschale. Die Zunahme der allgemeinen Reaktionsfähigkeit mit sinkender Atommasse ( = Abnahme des Atomradius) ist damit zu erklären, dass der Atomkern die Elektronen um so stärker anzieht, je näher ihm die äußerste Elektronenschale ist.