Die Ionenbindung

 

30. Die Ionenbindung


Die Ionenbindung wurde um 1916 von Walter Kossel formuliert. Sie ist eine ungerichtete Bindung mit großer Reichweite, die in allen Raumrichtungen gleich stark wirkt. Sie ist die vorherrschende Bindungsart bei Salzen, also Verbindungen von Metallen und Nichtmetallen, die periodisch in Gittern angeordnet sind.

Eine Ionenbindung kommt zwischen Elementen zustande, die links im Periodensystem (PSE) stehen (also Metallen), und Elementen, die rechts im PSE stehen (Nichtmetallen). Schaut man sich den Ionenbindungsanteil zum Beispiel von Natriumchlorid an, welches oft als klassischer Fall der Ionenbindung angesehen wird, so stellt man einen Wert von etwa 75 Prozent fest. Ein anderes Beispiel wäre Cäsiumfluorid mit etwa 92 Prozent. Ionenbindungen haben also in allen Fällen auch einen Anteil an kovalenter Bindung. Umgekehrt gilt dies nicht, denn innerhalb sogenannter Elementmoleküle existiert die 100-prozentige kovalente Bindung.


 
Ionenverbindungen sind Salze

 
 
Man erhitzt in der Brennerflamme ein Reagenzglas etwa 2 cm über dem Boden, bis es weich wird. Dann bläst man in das Reagenzglas, so dass es an der erweichten Stelle ein Loch erhält. In das Reagenzglas bringt man ein halberbsengroßes Stück Natrium, das in der Gasflamme kräftig erhitzt wird. Abug! Dann taucht man das Reagenzglas mit dem hoch erhitzten Natrium in einen Standzylinder mit Chlor. Es erfolgt eine von Feuererscheinung begleitete Reaktion. Nach dem Abklingen der Reaktion ist an der Reagenzglaswand eine weiße Salzschicht sichtbar. Zur Chlorentwicklung siehe Versuch 1Kap. 37.
Bild 1. Natrium wird erhitzt und in Chlor getaucht
 

Die Natriumchlorid-Synthese

Erhitzt man Natrium, ein Alkalimetall, und bringt es in eine Chloratmosphäre, dann startet eine chemischen Reaktion, die von einer starken Feuererscheinung begleitet wird. Das Reaktionsprodukt hat nun neue Eigenschaften und wird als Natriumchlorid bezeichnet - unser Speisesalz.


$ \mathrm { 2 \ Na + Cl_{2} \; \longrightarrow \; 2 \ NaCl + 411,58 \ kJ } $
Natrium + Chlor $\longrightarrow$ Natriumchlorid + Wärme


Die Synthese von Natriumchlorid und die Vorgänge in der Atomhülle

Schaut man sich einmal die Atomhülle der beiden Elemente Chlor und Natrium an, dann sind die Vorgänge bei der Synthese von NaCl besser zu verstehen.

Hauptschalen: K   L   M      Hauptschalen: K   L  M
Natrium:   Chlor:

Durch die Abgabe des Elektrons in der M-Schale erhält das Natrium die Elektronenanordnung des Edelgases Neon. Hat die Atomhülle den Zustand einer Edelgasschale erreicht, so ist sie sehr stabil. Das Chloratom, das in der M-Schale 7 Elektronen besitzt, erreicht durch die Aufnahme eines weiteren Elektrons die stabile Elektronenanordnung des Edelgases Argon.


 
Ionen entstehen durch Aufnahme oder Abgabe von Elektronen durch Atome oder Moleküle

Bei der Synthese von Natriumchlorid vollzieht sich genau diese Aufnahme und Abgabe von Elektronen. Aus den elektrisch neutralen Atomen entstehen Teilchen mit einer positiven bzw. negativen elektrischen Ladung. Solche Ladungsträger bezeichnet man als Ionen, die sich aufgrund ihrer Ladung anziehen und dadurch verbunden werden. Man bezeichnet eine solche chemische Bindung als Ionische Bindung (oder Ionenbindung). Die Vorgänge, die sich bei der Synthese von NaCl in der Atomhülle abspielen, kann man nun folgendermaßen darstellen:


$ \mathrm {Na \; \longrightarrow \; Na^{+} + e^{-} } $ $\mathrm {Natrium \; \longrightarrow Natriumion + Elektron} $
$ \mathrm { Cl + e^{-} } $ $ \mathrm { Chlor + Elektron \longrightarrow Chloridion} $

Vorgänge in der Elektronenhülle bei der NaCl-Synthese

$ \mathrm { \ Na \cdotp \; + \; \cdotp {\overset {\Large {\cdotp \ \cdotp }} {\underset {\Large {\cdotp \ \cdotp }} {Cl}}}: \ \longrightarrow \ \biggl[ Na \biggr]^+ \;\; + \;\; \biggl[ :{\overset {\Large {\cdotp \ \cdotp }} {\underset {\Large {\cdotp \ \cdotp }} {Cl}}}: \biggr]^-} $

$ \mathrm { \ Na \;\;\; + \;\; Cl \ \; \longrightarrow \ \;\; {Na}^+ \;\;\;\;\; + \;\;\;\; {Cl}^-} $


Vorgänge in der Elektronenhülle bei der NaCl-Synthese. Da sich elektrisch entgegengesetzt geladene Teilchen anziehen, kommt es zur Bindung.

Die positive Kernladung wirkt sich infolge der Elektronenabgabe stärker auf die übrigen Elektronen in der Atomhülle aus, wodurch der Radius positiv geladener Ionen kleiner ist als bei den ursprünglichen Atomen. Bei negativ geladenen Ionen ist es umgekehrt - hier ist der Ionenradius größer als bei den urprünglichen Atomen.

Nicht nur Atome, auch Moleküle können durch Elektronenaufnahme bzw. Elektronenabgabe zu Ionen werden. Deshalb unterscheidet man zwischen Atomionen und Molekülionen.


Ion Ionen-
wertigkeit
stöchiometr.
Wertigkeit
Calcium-Ion Ca2+ 2+ 2
Aluminium-Ion Al3+ 3+ 3
Oxid-Ion O2- 2- 2
Sulfid-Ion S2- 2- 2

Die Ionenwertigkeit oder Ladungszahl

Die Ladung der Ionen entsteht durch Abgabe oder Aufnahme von Elektronen. Sie wird auch Ionenwertigkeit oder Ladungszahl genannt. Aus einem Atom, das ein Elektron aufnimmt, wird ein einwertig negatives Ion. Entsprechend erhalten wir ein einwertig positives Ion, wenn ein Atom ein Elektron abgibt, da dann die positive Kernladung um ein Proton überwiegt. Die Ionenwertigkeit unterscheidet sich von der stöchiometrischen Wertigkeit des Ions nur durch die positive oder negative Ladung.


 
Ionenwertigkeit ist die Zahl der aufgenommenen oder abgegebenen Elektronen. Oder: Ionenwertigkeit ist die positive oder negative Ladung eines Ions

Beim Formulieren einer Ionenverbindung gilt, dass die Summe der negativen Ladungen gleich der Summe der positiven Ladung sein muß.
Beispiele:

$ \mathrm { K \; \longrightarrow \; K^+ \ + \ e^-} $

$ \mathrm { KCl \ + \ e^- \; \longrightarrow \; Cl^-} $

$ \mathrm {\underbrace {K \ + \ Cl}_{Kalium \ + \ Chlor} \; \longrightarrow \; \underbrace {KCl}_{Kaliumchlorid} } $


$ \mathrm { Ca \; \longrightarrow \; Ca^{2+} \ + \ 2 e^-} $

$ \mathrm { 2 Cl \ + \ e^- \; \longrightarrow \; 2 Cl^-} $

$ \mathrm {\underbrace {Ca \ + \ Cl_2}_{Calcium \ + \ Clor} \; \longrightarrow \; \underbrace {CaCl_2}_{Calciumchlorid} } $


$ \mathrm { Mg \; \longrightarrow \; Mg^{2+} \ + \ 2 e^-} $

$ \mathrm { O \ + \ 2 e^- \; \longrightarrow \; O^{2-}} $

$ \mathrm {\underbrace {Mg \ + \ O}_{Magnesium \ + \ Sauerstoff} \; \longrightarrow \; \underbrace {MgO}_{Magnesiumoxid} } $


 
Im Kochsalz sind Natriumionen und Chloridionen. Nenne einige Unterschiede von Natriumatomen und Natriumionen, Chloratomen und Chloridionen!

Da es bei der Ionenbindung auf die Abgabe und Aufnahme von Elektronen ankommt, ist sie die typische Bindungsart zwischen Metallen und Nichtmetallen. Verbindungen mit Ionenbindung werden Salze genannt.

 
Formuliere mit Hilfe des PSE die Synthese der folgenden Salze nach dem Muster der NaCl-Synthese:
  • $ \mathrm { KI } $
  • $ \mathrm { CaO } $
  • $ \mathrm { Na_{2}S } $
  • $ \mathrm { Al_{2}O_{3} } $
  • $ \mathrm { Mg_{3}N_{2} } $
 
Ordne mit Hilfe des Periodensystems die folgenden Verbindungen nach ihrem Bindungstyp:
  • $ \mathrm { NaF } $
  • $ \mathrm { CF_{4} } $
  • $ \mathrm { NH_{3} } $
  • $ \mathrm { K_{3} } $
  • $ \mathrm { K_{2}O } $
  • $ \mathrm { BaCl_{2} } $
  • $ \mathrm { SiCl_{4} } $