58. Stahl
Was ist Stahl?
Das im Hochofenprozess gewonnene Roheisen enthält noch 3 bis 4 % Kohlenstoff und andere Vernreinigungen, man spricht von Gusseisen. Es ist sehr spröde, deshalb kann man es nicht schmieden. Um schmiedbares Eisen zu erhalten, muss der Kohlenstoffgehalt auf unter 2 % gesenkt werden. Erst wenn der Kohlenstoffgehalt zwischen 0,5 und 1,7 % liegt, spricht man von Stahl. Chemisch betrachtet handelt es sich bei dem Werkstoff Stahl um eine Legierung aus Eisen und Eisencarbid. Die einfachste Definition ist wohl folgende: Jedes Eisen, welches ohne Zugabe anderer Stoffe schmiedbar ist, kann man als Stahl bezeichnen.
Zur Entkohlung des aus dem Hochofen kommenden Roheisens hat die Technik mehrere Verfahren entwickelt.
Das Linz-Donawitz-Verfahren (Sauerstoffaufblas-Verfahren)
Das Linz-Donawitz-Verfahren, kurz LD-Verfahren, ist ein Sauerstoffblasverfahren zum Frischen, also zur Stahlerzeugung durch Umwandlung von kohlenstoffreichem Roheisen in kohlenstoffarmen Stahl. Mit dem LD-Verfahren werden ca. zwei Drittel der Weltrohstahlproduktion hergestellt. Mit dem LD-Verfahren wird der Kohenstoffgehalt zusammen mit den Verunreinigungen des Roheisens (Silicium, Phosphor, Schwefel und Mangan) durch Verbrennung mit reinem Sauerstoff entfernt. Dafür wird ein Konverter, der so genannte LD-Konverter, mit flüssigem Roheisen und einem Kühlmittel (Schrott oder Eisenschwamm) beschickt. Danach wird durch eine ausfahrbare wassergekühlte Lanze (Sauerstofflanze) mit einem Druck von 6-15 bar reiner Sauerstoff auf die Eisenschmelze geblasen. Nach wenigen Sekunden tritt die Zündung ein, und innerhalb kurzer Zeit kommt es zu heftigen Oxidationsvorgängen; die Temperatur im Reaktionszentrum steigt auf 3000°C.
Bei den Blasverfahren wird das Roheisen mit Sauerstoff oder Luft gefrischt. Der Oxidationsprozess, der den Kohlenstoffanteil senkt (das Frischen), liefert in diesen Verfahren genug Wärme, um den Stahl flüssig zu halten, eine externe Wärmezufuhr ist in den Konvertern deshalb nicht notwendig. Die Blasverfahren kann man zusätzlich in Aufblasverfahren und Bodenblasverfahren unterteilen. Zu den Bodenblasverfahren gehören das Bessemerverfahren und das Thomasverfahren, die aber heute keine Bedeutung mehr haben. Durch die mit der Verbrennung verbundene enorme Wärmeentwicklung wird der beigegebene Schrott aufgeschmolzen. Eine Variante des LD-Verfahrens ist das Sauerstoff-Durchblasverfahren oder eine Kombination von Aufblas- und Durchblasverfahren, bei dem Sauerstoff durch Düsen im Boden in den Konverter, gegebenenfalls zusätzlich zur Sauerstofflanze, eingeblasen wird.
Früher wurde der flüssige Stahl zu Blöcken gegossen; heute wird er - noch nicht völlig erstarrt - im sog. Stranggießverfahren bereits weiterverarbeitet. So kann man beträchtlich Energie einsparen, die früher zum Erweichen der Stahlblöcke bereitgestellt werden musste.
Verwendung und Eigenschaften
Allgemein sind Stähle widerstandsfähige metallische Werkstoffe, die vorwiegend aus Eisen bestehen. Stähle sind hart, geschmeidig, zugfest und zäh. Stähle werden in der Industrie vielfältig eingesetzt. Eisen in Form von Stahl hat eine überragende Bedeutung in der gesamten Technik und ist bis heute das wichtigste Gebrauchsmetall. Im Saarland und im Ruhrgebiet sowie in anderen Teilen Deutschlands haben Kohle und Stahl über eineinhalb Jahrhunderte das gesamte Lebensumfeld der Menschen geprägt, auch wenn ihre volkswirtschaftliche Bedeutung in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen ist. Wie wichtig Stahl für die Menschen in diesen Regionen war, zeigt das ehemalige Hüttenwerk in Völklingen, das zum Unesco Weltkulturerbe ernannt worden ist.
Im Hinblick auf ihre Verformbarkeit gibt es zwischen den einzelnen Stählen große Unterschiede. Als Faustregel kann gelten, dass ein weicher Stahl besonders elastisch und deshalb verformbar ist. Umgekehrt neigen harte, spröde Stähle bei Verformung zum Brechen. Vor große Herausforderungen wird die Technik gestellt, wenn für bestimmte Anwendungen harte, aber dennoch elastische Stähle benötigt werden. Der Damaszener-Stahl oder Damast, abgeleitet vom arabischen Namen der Stadt Damaskus, besteht aus einer oder mehreren Eisen- oder Stahlsorten. Er vereinte beide sich eigentlich ausschließenden Eigenschaften in perfekter Weise. Die Bedeutung des Damaststahls ist heutzutage jedoch sehr gering, da es mittlerweile Monostähle (hergestellt aus einer einzigen Stahlsorte) gibt, die Damaststahl nunmehr technologisch ersetzen.
Einteilung nach Anwendungsgebieten [1]
- Allgemeiner Baustahl – Einsatz bei großen Bedarfsmengen im Maschinenbau, da er überwiegend gut schweißbar, zerspanbar, umformbar, vergießbar und kostengünstig ist.
- Automatenstahl – Hoher Schwefelanteil (S) zur besseren Zerspanbarkeit, d. h. mechanischen Bearbeitung von Maschinen ohne Kontrolle durch den Facharbeiter
- Bewehrungsstahl (Betonstahl) – Beton ohne Bewehrung hat lediglich ein gute Druckfestigkeit, mit einer Stahlbewehrung ist er auch auf Zug belastbar.
- Einsatzstahl – Kleinteile sowie verschleißfeste Bauteile mit dynamischer Beanspruchung
- Federstahl – Hoher Siliciumanteil (Si), erhöht die Elastizität des Stahls, meist auch mit Chrom (Cr) legiert.
- Nichtrostender Stahl – Diese gibt es als ferritische, als austenitische, als martensitische und als Duplex-Stähle. Ersterer wird durch Legieren von mindestens 10,5 ProzentChrom (Cr) erhalten. In austenitischen nichtrostenden Stählen ist zusätzlich Nickel (Ni) legiert. Austenitische Stähle sind bei Raumtemperatur nichtmagnetisch.
- Nitrierstahl – auf Verschleiß beanspruchte Teile, z. B. Kolbenstangen
- Säurebeständiger Stahl – Ab einem Chromgehalt (Cr) von mindestens 17 % säure- und laugenbeständig; Verwendung: z. B. Abfüllanlagen für Putzmittel
- Spannstahl
- Tiefziehstahl – Darunter werden diejenigen Stahlsorten zusammengefasst, die zum Weiterverarbeiten durch Tiefziehen geeignet sind. Diese Stähle sind im Allgemeinen sehr weich und dürfen keine ausgeprägte Mindeststreckgrenze (Re) aufweisen.
- Vergütungsstahl – Gute Eignung zur Vergütung bzw. Veredelung und Härten des Stahls, z. B. Zahnräder
- Werkzeugstahl – Wird zur Herstellung von Werkzeugen und Formen verwendet.
- Schnellarbeitsstahl – Bezeichnung für spanende Werkzeuge
- Messerstahl
- Damaszener Stahl – Dieser ist ein Werkstoff für Säbel und andere Blankwaffen und ist für seine Flexibilität und Festigkeit bekannt. Damaszener-Stahl ist kein homogener Stahl (Mono-Material), sondern ein Verbundwerkstoff aus unterschiedlich legierten Stahlsorten, die durch Feuerschweißen verbunden wurden. Nach dem Härten können die Strukturen dieses Schweißverbundstahls durch Anätzen oder durch spezielle Schleifverfahren sichtbar gemacht werden.
Stahlveredlung
Heute kennt man viele Tausend Stahlsorten, die ihre besonderen Eigenschaften wie Härte, Zähigkeit, Elastizität oder Korrossionsbeständigkeit durch den Zusatz von Legierungsmetallen zu einer Stahlschmelze erhalten: Chrom erhöht die Härte, Nickel die Zähigkeit, Wolfram verhindert die Enthärtung bei hohen Temperaturen. Molybdän und Vanadium sind ebenfalls wichtige Legierungsmetalle. Die Eigenschaften des Rohstahls können dadurch wesentlich verändert werden. Es gibt verschiedene Verfahren zur Gewinnung von Stahllegierungen. Häufig werden elektrische Öfen verwendet, in denen die notwendigen hohen Temperaturen erzielt werden. Legierte Stähle sind hochwertige (veredelte) Stähle.
Die Tabelle unten gibt einen groben Überblick über den Einfluß einzelner Legierungsbestandteile auf die Qualität des Stahls.
Bezeichnung | Eigenschaften | Verwendung |
---|---|---|
Nickelstahl | zäh, fest, widerstandsfähig | Weichen, Antriebswellen |
Chromstahl | hart, spröde, weitgehend rostfrei | Werkzeuge, Magnete |
V2A-Stahl (Cr-Ni-Stahl) |
hart, zäh | Achsen, Panzerplatten, chem. Geräte, Apparate |
Cobalt-Wolfram-Stahl | magnetisch | permanente Magnete |
Wolframstahl | Auch in der Hitze hart | Schnelldrehstahl |