Wasserverschmutzung

 

19. Wasserverschmutzung


Alarmierende Zeichen in den 1970er Jahren

In den 1970er und 80er Jahren wurde gelegentlich von Massensterben von Fischen durch Giftstoffe in den Gewässern oder von zunehmender Versalzung großer Ströme und kleinerer Flüsse berichtet. Diese Alarmzeichen wurden glücklicherweise rechtzeitig erkannt. Beispielsweise stammt das Trinkwasser für Millionen Menschen zwischen Rotterdam und Basel aus dem Rhein, dessen Wasser auch unzählige große und kleine Industriebetriebe als Prozeß- und Kühlwasser nutzen.


Giftige Ableitungen einer Industrieanlage in Jerome, Arizona, USA
Bild 1. Giftige Ableitungen einer Industrieanlage in Jerome, Arizona, USA.

Nicht immer sind es Giftstoffe, die die Wasserverschlechterung verursachen. In vielen Fließgewässern sind es zusätzlich die Salzfrachten, die zu einer übermäßigen Belastung führen.

Faktoren der Gewässerbelastung

Meistens wird Gewässerverschmutzung durch ungeklärte Abwässer von Fabriken und Städten oder Schäden der Kanalisation verursacht, es kann sich aber auch um ungesetzlich entsorgte Substanzen (z. B. Altöl) handeln.

Nach einem Umweltgutachten aus dem Jahr 1974 betrug an der holländischen Grenze die tägliche Fracht des Rheins an Schmutzstoffen 90000 t bei einem mittleren Wasserabfluß von 2800 m3/s. Nachfolgende Untersuchungen ergaben im Bereich Mainz-Wiesbaden täglich u.a. 20000 t Chloride, 100 t Phosphate, 1600 t Nitrate, 150 t Ammonium. Dabei handelt es sich um Bestandteile von Salzen, die sich im Wasser lösen und bei der Trinkwasseraufbereitung wieder aufwändig entfernt werden müssen.


Schadstoffbelastung des Rheins 1985, 1992 und 2000 (Angaben in t)
Quelle: Wikipedia - Wasserverschmutzung
Schadstoff 1985 1992 2000
Ammonium-N2 37.000 16.800 6.800
AOX 4.675 890 1.100
Blei 550 330 250
Cadmium 9 5,9 5,1
Chrom 500 220 150
Phosphor (total) 32.000 13.000 13.000
Quecksilber 6 3,2 1,6
Zink 3.600 1.900 1.400
 
Wassergefährdung durch Industrie- und Haushaltsabwässer durch Einleiten von Kühlwasser

Ebenfalls werden Gewässer oft durch die Landwirtschaft verunreinigt, vor allem wenn sie ein großes Einzugsgebiet aufweisen. Die von landwirtschaftlich genutzten Flächen in Gewässer gelangenden Düngemittel können dort eine Eutrophierung verursachen. Darüber hinaus verschmutzen häufig Schwermetalle die Gewässer. Sie können nur mit großen Aufwand entfernt werden. Die Jahresfrachten an Schwermetallen betrugen 1974 im Rhein 3000 t Chrom, 2500 t Kupfer, 12500 t Zink, 200 t Cadmium, 100 t Quecksilber, 2000 t Blei und 150 t Antimon. Damit war die oberste Belastbarkeit für Fließgewässer erreicht.

Weil heute in Deutschland und anderen EU-Staaten fast alle Städte und Dörfer eine Kläranlage haben, geht dort die Verschmutzung zurück, und die Gewässergüte steigt. Zu den verschmutztesten deutschen Gewässern zählen die Elbe und Saale.

Im offenen Meer macht sich die Gewässerverschmutzung an vielen Stellen schon mit bloßem Augen bemerkbar, unter anderem als Müllstrudel. Dabei handelt es sich um ozeanische Wirbel, in denen sich aufgrund der Meeresströmungen riesige Müllteppiche angesammelt haben. Der größte davon befindet sich im Nordpazifik. Weitere Ursachen sind ölverschmutzungen und das weitverbreitete Einleiten ungeklärter Abwässer in das Meer.

Andere den Rhein belastende Giftstoffe, zum Beispiel Pestizide und Rückstände von Medikamenten, sind in der folgenden Tabelle noch nicht berücksichtigt.

Nach den Angaben des Umweltbundesamtes, das für Deutschland ökologische Aufgaben wahrnimmt, nimmt die Schadstoffbelastung des Rheins seit 1960 kontinuierlich ab. Dies ist einerseits auf die systematische Abwasserreinigung durch den Bau von Kläranlagen zurückzuführen und andererseits auf die Tatsache, dass die Industrie immer weniger mit Chemikalien und Schwermetallen belastete Abwässer in den Rhein einleitet. Die oberelsässischen Kaligruben leiten aber immer noch einen großen Teil nicht brauchbarer Salze in den Rhein ab.


Chemische Industrie am Rhein
Bild 2. Chemische Industrie am Rhein: CHEMPARK in Leverkusen

Heute leben wieder etwa 63 Fischarten im Rhein. Trotz der deutlichen Reduzierung der Gewässerbelastung durch Haushalts- und Industrieabwässer transportiert der Rhein jährlich noch immer Schwermetalle und Chemikalien wie Pestizide in Richtung Nordsee und belastet damit die Trinkwasserversorgung der Rheinanlieger. Die in der Tabelle angegebenen Werte beziehen sich auf die Messstelle Bimmen am Niederrhein. Diese Daten werden von der Internationalen Kommission zum Schutze des Rheins veröffentlicht. Diese Kommission besteht seit 1950. Einfluss und Bedeutung bekam sie aber erst nach 1986.


Anstieg des Phosphatgehaltes im Bodensee
Bild 3. Eutrophierungserscheinungen im nördlichen Bereich des Kaspischen Meeres östlich der Wolgamündung, Algenblüte durch hohe Düngerzufuhr (Satellitenaufnahme von 2003) NASA

Am 1. November 1986 brannte eine Lagerhalle der Firma Sandoz in Schweizerhalle bei Basel am Rhein. Die mit dem Löschwasser in den Rhein gelangten Chemikalien vernichteten dort einen großen Teil des tierischen und pflanzlichen Lebens. Nach dem Brand bei Sandoz schien der Rhein auf weiten Strecken tot zu sein, doch erholte er sich in den folgenden Monaten und Jahren durch Hochwasser und Wiederbesiedlung. Durch verstärkten Aus- und Neubau von Kläranlagen und weitere Maßnahmen zum Gewässerschutz, hat sich die Rheinbiozönose daher wieder erholt, war danach aber stärker von Neozoen besiedelt als zuvor.


Anstieg des Phosphatgehaltes im Bodensee
19.2 Anstieg des Phosphatgehalts im Bodensee.

Der Bodensee als Beispiel eines stehenden Gewässers

Nach dem Zweiten Weltkrieg war eine zunehmende Verunreinigung des Bodensees festzustellen, die ab 1959 zu konkreten Maßnahmen führte. 1963 stellte eine internationale Gewässerschutzkommission für den Bodensee (IGKB) den Phosphateintrag als Hauptursache einer bereits erkennbaren Eutrophierung fest. Ursachen waren Düngemittel und Abwässer, die durch Fäkalien und in zunehmendem Maße durch Phosphate aus Waschmitteln belastet waren.


 
Fäulnis: Abbau abgestorbener Pflanzen und Tiere bei Sauerstoffmangel zu schädlichen Stoffen

Nach einem Bericht von 1972 wurden dem Bodensee jährlich 36.000 t sauerstoffverzehrende Substanzen, 18.000 t Stickstoff und 1.000 t Phosphor zugeführt. Durch die Phosphate wird ein üppiges Algenwachstum (Eutrophierung = Nährstoffanreicherung) gefördert. Diese Algen sinken nach dem Absterben in die Tiefe und werden durch Mikroorganismen abgebaut, die bei diesem Vorgang Sauerstoff verbrauchen. Zwar ist der Abbau der Algen zu einfacheren Stoffen von großer Bedeutung für die Selbstreinigung von Gewässern, doch nimmt das Algenwachstum durch Eutrophierung der Gewässer überhand, reicht der im Wasser gelöste Sauerstoff für diesen Prozess nicht mehr aus. Dann kommt es zu Fäulniserscheinungen, denn die Fäulnisbakterien brauchen keinen Sauerstoff. Als Fäulnisprodukte entstehen Kohlenstoffdioxid, Ammoniak, Methan (Sumpfgas) und hochgiftiger Schwefelwasserstoff. Der See droht zu »kippen«. Ursache dafür ist die Eutrophierung des Gewässers.

Besonders in den 1970er-Jahren wurden am Bodensee in großem Umfang Kläranlagen errichtet und vorhandene Industrieanlagen wurden umweltverträglich verbessert. 1980 wurden in Deutschland Höchstmengen für Phosphate in Waschmitteln verordnet, 1986 brachte die Waschmittelindustrie durch den Einsatz von Zeolithen vollständig phosphatfreie Waschmittel auf den Markt. Trotz dieser Maßnahmen erreichte die Phosphatkonzentration im Bodensee um 1980 das Zehnfache des natürlichen Wertes. In den frühen 1980er-Jahren wurden in Grundnähe zeitweise gefährlich niedrige Sauerstoffkonzentrationen gemessen. Eine vollständige Sauerstofffreiheit des Seegrundes führt zum Umkippen eines Sees.

Seit 1979 ging die Phosphatkonzentration wieder zurück und hat mittlerweile fast wieder den natürlichen Wert erreicht. Durch die bessere Wasserqualität wird der See wieder zu einem nährstoffarmen Voralpensee, der er ursprünglich einmal war. Ein Indiz für die Gesundung des biologischen Gleichgewichts im See stellt das Wiedererstarken der Seeforelle dar, deren Bestände sich seit der Verbesserung der Wasserqualität merklich erhöht haben. Heute hat der Bodensee wieder eine sehr gute Wasserqualität.

Als Hauptursache der Eutrophierung der Gewässer gelten die Phosphate. Aus neueren Untersuchungen ergab sich, dass des Phosphorgehalts mit Abwässern in den See eingebracht werden, unter denen die phosphathaItigen Waschmittel einen beachtlichen Anteil ausmachen. stammt vom natürlichen Phosphatgehalt des Seewassers und zu einem kleinen Teil von der Regenauswaschung von Böden. Durch die übermäßige Phosphatzufuhr stieg der Phosphatgehalt des Bodenseewassers von 2 mg/m³ im Jahre 1935 auf etwa 50 mg/m³ im Jahre 1970.

Eine weitere Gefährdung droht den Gewässern durch Einleiten von Kühlwasser der Großkraftwerke. Hierdurch kann das Wasser lokal aufgewärmt werden, damit ist aber eine Abnahme der im Wasser absorbierten Gase Kohlenstoffdioxid (für Photosynthese) und Sauerstoff (für Atmung) verbunden (Kapitel 18).


Lösungen zeichneten sich in den 1980er Jahren ab

Die Einleitung von Kühlwasser in einen Fluß kann durch moderne Kühlsysteme ganz vermieden werden. Selbst eine nur geringfügige Aufwärmung eines Gewässers macht sich über weite Strecken hin bemerkbar.


 
Warum kann durch Kläranlagen alleine die Eutrophierung der Seen nicht verhindert werden?
 
Selbstreinigung der Gewässer: Abbau abgestorbener Pflanzen und Tiere zu unschädlichen Stoffen unter Sauerstoffverbrauch
 
Gewässerschutz durch Kläranlagen, Umstellen auf phosphatärmere Waschmittel, moderne Kühlanlagen

In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war der Rhein bei Düsseldorf ein Gewässer mit starker organischer Verschmutzung. Die Folge war ein niedriger Sauerstoffgehalt. Auch der Neckar bei Ludwigsburg wies ein enormes O2-Defizit und eine hohe Konzentration von Abwasserpilzen auf. Rhein und Neckar galten in den 70ern als „Kloaken der Nation“. Das Wasser von Rhein und Neckar bekam Ende der 70er Jahre die Gewässergüteklasse IV verliehen, während heute beide Flüsse sowie die meisten anderen Fließgewässer in Deutschland nahezu Trinkwasserqualität besitzen (Güteklasse II).

Heute umfassen die ständigen Beobachtungsprogramme der Fließgewässerüberwachung in Baden-Württemberg sorgfältige biologisch-physikalische und physikalisch-chemische Untersuchungen. Sie überwachen permanent die Wasserqualität der Fließgewässer und stehenden Gewässer und benoten diese mit so genannten Gewässergüteklassen. 

Die Wasserqualität des Rheins heute (2007)

Die Wasserqualität im Rhein wird regelmäßig im Rahmen des Deutschen Untersuchungsprogrammes Rhein (DUR) an derzeit vierzehn deutschen Messstellen untersucht. Darüber hinaus umfasst das Internationale Messprogramm weitere Messstellen in der Schweiz, in Frankreich und in den Niederlanden. Die Ergebnisse werden regelmäßig in den Zahlentafeln Rhein veröffentlicht. Mit dem Rheingütebericht 2000 wurde ein mehrere Jahre umfassende Bewertung der Gewässerqualität im Rhein vorgenommen.

Chlorid war jahrzehntelang - bedingt durch die Einleitungen über die Mosel (Sodaindustrie), durch den Kalibergbau am Oberrhein und über den Kohlebergbau am Niederrhein - ein großer Belastungsfaktor. Erstmals 1998 wurde es erreicht, dass die Zielvorgabe von 100 mg/l durchgängig an der Messstelle Bad Honnef eingehalten werden konnte. Hierzu hat die Durchsetzung des Chloridübereinkommens wesentlich beigetragen. Nach der Einstellung des Kalibergbaus im Elsass hat sich die Situation weiter entspannt.

Im Bereich der Schwermetalle sind die Zielvorgaben der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) und der Internationale Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) weitgehend erreicht. Zink und Kupfer zeigen aber nach wie vor erhöhte Konzentrationen (Chemische Güteklasse III).