Astat

Astat

Eigenschaften
Allgemein
Name, Symbol, Ordnungszahl Astat, At, 85
Serie Halogene
Gruppe, Periode, Block 17, 6, p
Aussehen metallisch
CAS-Nummer 7440-68-8
Massenanteil an der Erdhülle 3 · 10−21 ppm[1]
Atomar [2]
Atommasse 209,9871 u
Kovalenter Radius 150 pm
Van-der-Waals-Radius 202[3] pm
Elektronenkonfiguration [Xe] 4f14 5d10 6s2 6p5
1. Ionisierungsenergie 920 kJ/mol
Physikalisch [2]
Aggregatzustand fest
Schmelzpunkt 575 K (302 °C)
Verdampfungswärme ca. 40 kJ/mol
Schmelzwärme ca. 6 kJ/mol
Wärmeleitfähigkeit 2 W/(m · K)
Chemisch [2]
Oxidationszustände ±1, 3, 5, 7
Elektronegativität 2,2 (Pauling-Skala)
Isotope
Isotop NH t1/2 ZA ZE (MeV) ZP
209At

{syn.}

5,41 h ε 3,486 209Po
α 5,757 205Bi
210At

{syn.}

8,3 h ε 3,981 210Po
α 5,631 206Bi
211At

{syn.}

7,124 h ε 0,786 211Po
α 5,982 207Bi
212At

{syn.}

0,314 s ε 1,754 212Po
α 7,829 208Bi
β 0,043 212Rn
213At

{syn.}

125 ns α 9.254 209Bi
214At

{syn.}

558 ns α 8.987 210Bi
215At

in Spuren

0,10 ms α 8,178 211Bi
··· ··· ··· ··· ··· ···
218At

in Spuren

1,5 s α (99,90 %) 6,874 214Bi
β (0,10 %) 2,883 218Rn
219At

in Spuren

56 s α (97 %) 6,390 215Bi
β (3 %) 1,700 219Rn
220At

{syn.}

3,71 min β 9,900 220Rn
Weitere Isotope siehe Liste der Isotope
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [4]
keine Einstufung verfügbar
H- und P-Sätze H: siehe oben
P: siehe oben
weitere Sicherheitshinweise
Radioaktivität
Radioaktives Element

Radioaktives Element
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Astat [asˈtaːt] (von griech. άστατος: „unbeständig, wacklig“) ist ein radioaktives chemisches Element mit dem Elementsymbol At und der Ordnungszahl 85. Im Periodensystem steht es in der 7. Hauptgruppe und zählt damit zu den Halogenen. Astat entsteht beim natürlichen Zerfall von Uran. Kein Element ist in der Natur seltener, es wird daher bei Bedarf künstlich erzeugt.[5]

Geschichte

Als Dmitri Mendelejew 1869 sein Periodensystem festlegte, sagte er die Existenz einiger zu dieser Zeit noch nicht entdeckter Elemente voraus, darunter eines, das den Platz unter Iod einnehmen würde. In der Folge versuchten einige Wissenschaftler dieses Element, das als „Eka-Iod“ bezeichnet wurde, zu finden.

Im Jahre 1931 behauptete Fred Allison, er und seine Mitarbeiter am Alabama Polytechnic Institute (heute Auburn University) hätten das fehlende Element entdeckt und gaben ihm die Bezeichnung Alabamine (AB).[6][7] Ihre Entdeckung konnte jedoch nicht bestätigt werden und wurde später als falsch erkannt.

Ebenfalls auf der Suche nach einem Mitglied der Familie des radioaktiven Thoriums fand der Chemiker De Rajendralal Mitra im Jahre 1937 in Dhaka, Bangladesch (damals Britisch-Indien), zwei neue Elemente. Das erste nannte er Dakin (Eka-Iod), wohl nach der englischen Bezeichnung für Dhaka (Dacca), das andere Gourium.[8] Beide Entdeckungen konnten jedoch nicht bestätigt werden.

Der Name Helvetium wurde wiederum von dem Schweizer Chemiker Walter Minder vorgeschlagen, als er die Entdeckung des Elements 85 im Jahr 1940 ankündigte. Er änderte im Jahr 1942 jedoch seinen Vorschlag in Anglohelvetium.[9]

Bestätigt werden konnte die Entdeckung des Astat (altgriechisch ἀστατέω = „unbeständig sein“, aufgrund des radioaktiven Zerfalls) erstmals im Jahre 1940 durch die Wissenschaftler Dale Corson, Kenneth MacKenzie und Emilio Gino Segrè, die es in der University of California künstlich durch Beschuss von Bismut mit Alphateilchen herstellten.[10]

Drei Jahre später konnte das kurzlebige Element von Berta Karlik und Traude Bernert auch als Produkt des natürlichen Zerfallsprozesses von Uran gefunden werden.[11][12]

Gewinnung und Darstellung

Astat wird durch Beschuss von Bismut mit Alphateilchen im Energiebereich von 26 bis 29 MeV hergestellt. Man erhält dabei die relativ langlebigen Isotope 209At bis 211At, die dann im Stickstoffstrom bei 450 bis 600 °C sublimiert und an einer gekühlten Platinscheibe abgetrennt werden.

Eigenschaften

Bei diesem radioaktiven Element wurde mit Hilfe von Massenspektrometrie nachgewiesen, dass es sich chemisch wie die anderen Halogene, besonders wie Iod verhält (es sammelt sich wie dieses in der Schilddrüse an). Astat ist stärker metallisch als Iod. Forscher am Brookhaven National Laboratory haben Experimente zur Identifikation und Messung von elementaren chemischen Reaktionen durchgeführt, die Astat beinhalten.

Isotope

Astat hat etwa 20 bekannte Isotope, die alle radioaktiv sind; das langlebigste ist 210At mit einer Halbwertszeit von 8,3 Stunden.

Verwendung

Organische Astatverbindungen dienen in der Nuklearmedizin zur Bestrahlung bösartiger Tumore. Astat-Isotope eignen sich aufgrund der kurzen Halbwertszeiten innerlich eingenommen als radioaktive Präparate zum Markieren der Schilddrüse. Das Element wird in der Schilddrüse angereichert und in der Leber gespeichert.[13]

Verbindungen

Die chemischen Eigenschaften von Astat konnten aufgrund der geringen Mengen bisher nur mit Tracerexperimenten festgestellt werden. Sie ähneln stark denjenigen des Iod, wobei es aber ein schwächeres Oxidationsmittel ist. Bisher konnten diverse Astatide, Interhalogenverbindungen und organische Verbindungen nachgewiesen werden. Auch die Anionen der entsprechenden Sauerstoffsäuren sind bekannt. Wegen des im Vergleich zu anderen Halogenen elektropositiveren Charakters wird es von Silber nur unvollständig ausgefällt. Dafür existiert das komplexstabilisierte Kation At(Py)2 (Py=Pyridin), wodurch Astat auch kathodisch abgeschieden werden kann. Nachgewiesen wurde auch das Hydrid, Astatwasserstoff HAt. Es spielt in der technischen Chemie jedoch keine Rolle.

Sicherheitshinweise

Einstufungen nach der Gefahrstoffverordnung liegen nicht vor, weil diese nur die chemische Gefährlichkeit umfassen und eine völlig untergeordnete Rolle gegenüber den auf der Radioaktivität beruhenden Gefahren spielen. Auch Letzteres gilt nur, wenn es sich um eine dafür relevante Stoffmenge handelt.

Einzelnachweise

  1. Harry H. Binder: Lexikon der chemischen Elemente, S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1999, ISBN 3-7776-0736-3.
  2. Die Werte der atomaren und physikalischen Eigenschaften (Infobox) sind (soweit nicht anders angegeben) aus www.webelements.com (Astat) entnommen.
  3. Manjeera Mantina, Adam C. Chamberlin, Rosendo Valero, Christopher J. Cramer, Donald G. Truhlar: Consistent van der Waals Radii for the Whole Main Group. In: J. Phys. Chem. A. 2009, 113, S. 5806–5812, doi:10.1021/jp8111556.
  4. Dieses Element wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  5. Wolfgang W. Merkel: Astat ist das seltenste Element auf der Erde, in Welt.de Datum: 3. September 2011; abgerufen am 4. September 2011.
  6. Fred Allison, Edgar J. Murphy, Edna R. Bishop, Anna L. Sommer: Evidence of the Detection of Element 85 in Certain Substances. In: Phys. Rev. 1931, 37, S. 1178–1180, doi:10.1103/PhysRev.37.1178.
  7. R. F. Trimble: What happened to alabamine, virginium, and illinium? In: J. Chem. Educ. 1975, 52, S. 585.
  8. 85 Astatine
  9. Alice Leigh-Smith, Walter Minder: Experimental Evidence of the Existence of Element 85 in the Thorium Family. In: Nature. 1942, 150, S. 767–768, doi:10.1038/150767a0.
  10. D. R. Corson, K. R. MacKenzie, E. Segrè: Artificially Radioactive Element 85. In: Phys. Rev. 1940, 58, S. 672–678, doi:10.1103/PhysRev.58.672.
  11. Berta Karlik, Traude Bernert: Eine neue natürliche α-Strahlung. In: Naturwissenschaften. 1943, 31, 25–26, S. 289–299, doi:10.1007/BF01475613.
  12. Berta Karlik, Traude Bernert: Das Element 85 in den natürlichen Zerfallsreihen. In: Zeitschrift für Physik. 1943, 123, 1–2, S. 51–72, doi:10.1007/BF01375144.
  13. Willhauck MJ, Samani BR, Wolf I, et al: The potential of 211Astatine for NIS-mediated radionuclide therapy in prostate cancer. In: Eur. J. Nucl. Med. Mol. Imaging. 35, Nr. 7, Juli 2008, S. 1272–1281. doi:10.1007/s00259-008-0775-4. PMID 18404268.

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Astat – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Astat – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien