Gefahrstoffverordnung
Basisdaten | |
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Titel: | Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen |
Kurztitel: | Gefahrstoffverordnung |
Abkürzung: | GefStoffV |
Art: | Bundesrechtsverordnung |
Geltungsbereich: | Bundesrepublik Deutschland |
Rechtsmaterie: | Arbeitsschutzrecht, Besonderes Verwaltungsrecht |
Fundstellennachweis: | 8053-6-34 |
Ursprüngliche Fassung vom: | 26. Oktober 1993 (BGBl. I S. 1782, ber. S. 2049) |
Inkrafttreten am: | 1. November 1993 |
Neubekanntmachung vom: | 15. November 1999 (BGBl. I S. 2233, ber. 2000 I S. 739) |
Letzte Neufassung vom: | 26. November 2010 (BGBl. I S. 1643 f.) |
Inkrafttreten der Neufassung am: |
1. Dezember 2010 |
Letzte Änderung durch: | Art. 2 G vom 28. Juli 2011 (BGBl. I S. 1622, 1625) |
Inkrafttreten der letzten Änderung: |
4. August 2011 (Art. 7 Abs. 1 G vom 28. Juli 2011) |
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten. |
Die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) ist eine Verordnung zum Schutz vor gefährlichen Stoffen im deutschen Arbeitsschutz. Die Verordnungsermächtigung ist im Chemikaliengesetz (ChemG) enthalten. Seit 2005 ist auch das Arbeitsschutzgesetz gesetzliche Grundlage für die GefStoffV.
Die Gefahrstoffverordnung wurde 1983 erarbeitet und 1986 erstmals erlassen. Seitdem ist sie mehrmals geändert worden:
- 1993 durch den Erlass einer eigenständigen Chemikalien-Verbotsverordnung
- 1999 durch die Einführung der gleitenden Verweistechnik für EG-Binnenmarktrichtlinien.
- 2004 In der Novellierung vom Dezember 2004 ist die Gefahrstoffverordnung grundlegend überarbeitet worden. Die am 29. Dezember 2004 im Bundesgesetzblatt veröffentlichte neue Gefahrstoffverordnung trat am 1. Januar 2005 in Kraft und dient insbesondere der Umsetzung der EG-Richtlinie 98/24/EG (Gefahrstoff-Richtlinie) in deutsches Recht. Eine wichtige Neuerung gegenüber der alten Gefahrstoffverordnung ist die neue Gefährdungsbeurteilung und das Schutzstufenmodell. Mit dem Inkrafttreten der Gefahrstoffverordnung * 2005 wurde ein neues gesundheitsbasiertes Grenzwertkonzept eingeführt. Daher haben die in der TRGS 900 geführten Technische Richtkonzentrationen (TRK-Werte) keine Rechtsgrundlage mehr. Alle übrigen Grenzwerte (gesundheitsbasierte MAK-Werte) werden übergangsweise bis zum Erscheinen der neuen TRGS 900 weiter angewendet. Diese werden als AGW-Werte (Arbeitsplatzgrenzwerte) ausgewiesen.
- 2010: Am 1. Dezember 2010 ist die neu gefasste GefStoffV in Kraft getreten.[1][2]
Bei der Gefährdungsbeurteilung sind Gefährdungen
- durch physikalisch-chemische Eigenschaften (insbesondere Brand- und Explosionsgefahren)
- durch toxische Eigenschaften und
- durch besondere Eigenschaften im Zusammenhang mit bestimmten Tätigkeiten
unabhängig voneinander zu beurteilen.
Die ehemaligen Schutzstufen
Ausgehend von der Kennzeichnung des Gefahrstoffes wurden bis 30. November 2010 Tätigkeiten mit Gefahrstoffen in vier Schutzstufen eingeteilt (Schutzstufenkonzept):
- Schutzstufe 1: Mindestmaßnahmen
- Schutzstufe 2: Standardschutzstufe für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen
- Schutzstufe 3: Zusätzliche Anwendung bei Arbeiten mit giftigen und sehr giftigen Stoffen
- Schutzstufe 4: Zusätzliche Anwendung bei Arbeiten mit krebserzeugenden, erbgutverändernden und fruchtbarkeitsschädigenden Stoffen (CMR-Stoffe).
Die neuen Maßnahmenpakte
Das neue GHS-Kennzeichnungssystem ist mit diesem Schutzstufenkonzept nicht verträglich. Daher wurden die Schutzstufen aus der Gefahrstoffverordnung gestrichen. Das Herzstück der per 1. Dezember 2010 novellierten Verordnung sind die §§ 6 bis 10. Dort sind die Anforderungen an die Gefährdungsbeurteilung, Grundpflichten und Schutzmaßnahmen in Abhängigkeit von der Gefährdung beschrieben.
Die Paragraphen 7 bis 10 beschreiben konkrete Maßnahmenpakete, die in Abhängigkeit von den auftretenden Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen umzusetzen sind.
Diese Maßnahmenpakete bauen aufeinander auf:
- §7 Grundpflichten bei der Durchführung von Schutzmaßnahmen
- §8 allgemeine Schutzmaßnahmen, die bei geringer Gefährdung und „normaler" Gefährdung
- §9 zusätzliche Schutzmaßnahmen bei „erhöhter" Gefährdung.
- §10 besondere Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden, erbgutverändernden und fruchtbarkeitsgefährdenen Gefahrstoffen der Kategorie 1 oder 2.
Inhalt der Gefahrstoffverordnung
Erster Abschnitt - Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen
Zweck der GefStoffV - § 1 Abs. 1 GefStoffV
Schutz des Menschen und der Umwelt vor schädlichen Einwirkungen
- Arbeitsschutz
- Verbraucherschutz (Inverkehrbringen)
- Umweltschutz
Anwendungsbereich - § 1 GefStoffV
- für alle gefährlichen Stoffe und Zubereitungen im Sinne des § 3a Abs. 1 ChemG und für die, die sonstige chronisch schädigende Eigenschaften besitzen oder die explosionsfähig sind
- Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse, die nach den Richtlinien 76/769/EWG, 96/59/EG oder 1999/45/EG zusätzlich zu kennzeichnen wären
- Biozid-Produkte, die nicht die Gefährlichkeitsmerkmale aufweisen und biologische Arbeitsstoffe, die als Biozid in Verkehr gebracht werden
- Einschränkungen sind anhand § 1 Abs. 2 bis 5 GefStoffV im Einzelfall zu prüfen: z.B. GefStoffV gilt nicht für biologische Arbeitsstoffe, die Verbote für bestimmte Chemikalien und die Regeln zum Umgang mit Gefahrstoffen gelten nicht Untertage und in Haushalten.
- Im Zweifelsfalle gilt: Ein Arbeitnehmer muss mit einem Gefahrstoff arbeiten oder ein Gefahrstoff muss gewerblich in Verkehr gebracht werden.
- Ausnahmen: Nach § 20 Abs. 1 GefStoffV durch die zuständige Behörde auf schriftlichen Antrag bei ebenso wirksamen Maßnahmen oder bei einer nicht zumutbaren Härte. Nach § 20 Abs. 2 GefStoffV keine Kennzeichnung für das Inverkehrbringen bei geringer Menge ohne Gefährdung und nicht hochentzündlich, explosionsgefährlich, ätzend, Biozid oder CMR-Stoff
Begriffsbestimmung - § 2 GefStoffV
- Tätigkeiten (früher: Umgang) sind „allumfassend“ geregelt (incl. Bedien- und Überwachungstätigkeiten); auch Beförderung (hier: allgemeine Schutzmaßnahmen beachten)
- Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) zeitlich gewichtete durchschnittliche Konzentration eines Stoffes in der Luft in Bezug auf einen gegebenen Referenzzeitraum. Er gibt an, bis zu welcher Konzentration eines Stoffs akute oder chronische schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Beschäftigten im Allgemeinen nicht zu erwarten sind.
- Fachkundig ist, wer zur Ausübung einer in dieser Verordnung bestimmten Aufgabe befähigt ist.
- Sachkundig ist, wer seine bestehende Fachkunde durch Teilnahme an einem behördlich anerkannten Sachkundelehrgang erweitert hat
- Arbeitgeber ihm steht der Unternehmer ohne Beschäftigte gleich
- Beschäftigte: ihnen stehen die in Heimarbeit… sowie Schüler, Studenten und sonstige Personen, insbesondere an wissenschaftlichen Einrichtungen Tätige, die Tätigkeiten mit Gefahrstoffen durchführen, gleich.
Zweiter Abschnitt - Gefahrstoffinformation
Gefährlichkeitsmerkmale - § 3 GefStoffV
der Begriff “Gefahrstoff” aus § 19 ChemG (Ermächtigungsgrundlage) gefährliche Stoffe nach § 3a des ChemG; explosionsfähige Stoffe und Zubereitungen; Stoffe und Zubereitungen, bei deren Umgang gefährliche Stoffe entstehen können; sonstige gefährliche chemische Arbeitsstoffe; für Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse, die Krankheitserreger übertragen
(siehe dazu auch: Gefahrensymbole)
Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung - §§ 4, 13, 15-17 ChemG, § 4 GefStoffV
- Einstufen von Stoffen nach Richtlinie 67/548/EWG, von Zubereitungen nach Richtlinie 1999/45/EG, von Biozid-Produkten (biol. Arbeitsstoffe) nach §§ 3 und 4 BiostoffV
- Richtige Kennzeichnung und Verpackung, ggf. Sicherheitsdatenblatt
- nach dem Stand der Technik herstellen
- Herstellungs- und Verwendungsverbote beachten
- Anmelden
Sicherheitsdatenblatt und sonstige Informationspflichten - § 5 GefStoffV
Siehe Hauptartikel Sicherheitsdatenblatt
Dritter Abschnitt - Gefährdungsbeurteilung und Grundpflichten
- § 6 Gefährdungsbeurteilung
- § 7 Grundpflichten bei der Durchführung von Schutzmaßnahmen
Vierter Abschnitt - Schutzmaßnahmen
Die Schutzmaßnahmen-Pakete werden mit steigender Gefährdung Schritt für Schritt umfangreicher. Bei geringer und normaler Gefährdung sind neben den in §7 festgelegten Grundpflichten zusätzlich die in §8 beschriebenen allgemeinen Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Bei erhöhter Gefährdung kommen zusätzliche Maßnahmen nach §9 hinzu. Bei Tätigkeiten mit bestimmten chronisch schädigenden Stoffen sind außerdem besondere Schutzmaßnahmen nach §10 erforderlich
- § 11 Besondere Schutzmaßnahmen gegen physikalisch-chemische Einwirkungen, insbesondere gegen Brand- und Explosionsgefährdungen
- § 12 Tätigkeiten mit explosionsgefährlichen Stoffen und organischen Peroxiden
- § 13 Betriebsstörungen, Unfälle und Notfälle (Sicherheitsübungen in regelmäßigen Abständen; schnellstmögliche Wiederherstellung des Normalzustandes; Schutzausrüstung; Bereitstellung von Warn- und Kommunikationssystemen zur Anzeige einer erhöhten Gefährdung; Information betriebsfremder Unfall- und Notfalldienste über innerbetriebliche Notfallmaßnahmen.)
- § 14 Unterrichtung und Unterweisung der Beschäftigten. Hierzu gehört die schriftliche Betriebsanweisung in für die Beschäftigten verständlicher Form und Sprache. Die Unterweisung muss mündlich vor Aufnahme der Beschäftigung und danach mindestens jährlich arbeitsplatzbezogen erfolgen. Sie wird ergänzt durch eine Arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung mit Hinweis auf Angebotsuntersuchungen.
- § 15 Zusammenarbeit verschiedener Firmen. Der Arbeitgeber ist verantwortlich, dass nur Fremdfirmen herangezogen werden, die über die erforderliche Fachkenntnis und Erfahrung verfügen.
Fünfter Abschnitt
Verbote und Beschränkungen
- § 16 Herstellungs- und Verwendungsbeschränkungen
- § 17 Nationale Ausnahmen von Beschränkungsregelungen nach der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 REACH
Sechster Abschnitt
Vollzugsregelungen und Ausschuss für Gefahrstoffe
- § 18 Unterrichtung der Behörde
- § 19 Behördliche Ausnahmen, Anordnungen und Befugnisse
- § 20 Ausschuss für Gefahrstoffe(AGS). Der AGS ermittelt Technische Regeln für Gefahrstoffe - TRGS) und sonstige wissenschaftliche Erkenntnisse nach dem Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene.
Siebenter Abschnitt
Ordnungswidrigkeiten und Straftaten
- § 21 Chemikaliengesetz – Anzeigen
- falsche oder fehlende Mitteilung der Anmeldestelle nach dem Chemikaliengesetz
- falsche oder fehlende Mitteilung bei Arbeiten mit Asbest, bei Schädlingsbekämpfung und Begasung und bei Tätigkeiten mit bestimmten Mengen von Ammoniumnitrat
- § 22 Chemikaliengesetz – Tätigkeiten
- kein oder ein falsches Sicherheitsdatenblatt
- § 23 Chemikaliengesetz – EG-Rechtsakte
- kein oder ein falsches Sicherheitsdatenblatt
- § 24 Chemikaliengesetz – Herstellungs- und Verwendungsbeschränkungen
Anhang I zu § 8 Absatz 8, § 11 Absatz 3 (Besondere Vorschriften für bestimmte Gefahrstoffe und Tätigkeiten
- Nummer 1 Asbest
- Nummer 2 2-Naphthylamin, 4-Aminobiphenyl, Benzidin, 4-Nitrobiphenyl
- Nummer 3 Pentachlorphenol und seine Verbindungen
- Nummer 4 Kühlschmierstoffe und Korrosionsschutzmittel
- Nummer 5 Biopersistente Fasern
- Nummer 6 Besonders gefährliche krebserzeugende Stoffe
Kennzeichnung
Wer?
- Hersteller (§ 5 GefstoffV)
- Importeur (§ 5 GefstoffV)
- Arbeitgeber (§ 8 Abs. 4 GefStoffV)
- (Vertreiber nach § 15 ChemG)
Wie?
- deutlich und formatgerecht
- haltbar
- in Deutsch
- vollständig
- Außenverpackungen nach GGVSEB
Womit?
- Bezeichnung
- Inhaltsstoffe
- Gefahrensymbole und Gefahrenbezeichnungen
- H-Sätze (neu nach GHS)
- P-Sätze (neu nach GHS)
- Name, Anschrift und Telefonnummer des Herstellers oder Importeurs
Literatur
- Verordnung zur Anpassung der Gefahrstoffverordnung an die EG-Richtlinie 98/24/EG und andere EG-Richtlinien. Bundesgesetzblatt I (2004), S. 3758 ff, geändert S. 3855 ff.
- Thomas Smola: Gefährdungsbeurteilung und Schutzstufenmodell der neuen Gefahrstoffverordnung. Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft 65(1/2), S. 7 - 11 (2005), ISSN 0949-8036
- Helmut Blome, Wolfgang Pflaumbaum, Markus Berges: Von den Technischen Richtkonzentrationen zu den Arbeitsplatzgrenzwerten der neuen Gefahrstoffverordnung. Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft 65(1/2), S. 23 - 30 (2005), ISSN 0949-8036
- Thomas Schendler: Die neue Gefahrstoffverordnung: Brand- und Explosionsschutz. Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft 65(1/2), S. 37 - 40 (2005), ISSN 0949-8036
- Klaus Fröhlich, Ralf Oesterreicher: Das Konzept der vier Stufen. wlb -Wasser Luft und Boden 49(7-8), S. 44 - 45 (2005), ISSN 0938-8303
- R.Packroff, A.Kahl-Mentschel, M.Henn: Die neue Gefahrstoffverordnung. Praxistipps-Handlungshilfen-Hintergründe. Bundesanzeiger Verlag, 2005, ISBN 3-89817-429-8
- Gefahrstoffliste 2006 der gewerblichen Berufsgenossenschaften Gefahrstoffliste
- Gabriele Janssen, monothematisches Supplement „Die neue Gefahrstoffverordnung“, Beilage zur Ausgabe 02/2011 des Informationsdienstes „Gefahrstoff & Gefahrgut aktuell", ISSN 1865 – 231x
Einzelnachweise
Weblinks
- Text der Neufassung der GefStoffV in der seit dem 1. Dezember 2010 gültigen Fassung
- Online-Werkzeuge für das Gefahrstoffmanagement
- Einfaches Maßnahmenkonzept Gefahrstoffe und Schutzleitfäden für häufige Tätigkeiten
- Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin (LAGetSi)
- Neufassung der Gefahrstoffverordnung, Erläuterungen zur Neufassung der Gefahrstoffverordnung sowie einen Vergleich zur alten Gefahrstoffverordnung von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
- In Deutschland akkreditierte Messtellen für Gefahrstoffe, veröffentlicht vom Bundesverband der Messtellen für Umwelt- und Arbeitsschutz (kumulierte Liste der Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik, der Deutschen Akkreditierungsstelle Chemie GmbH und des Deutschen Akkreditierungssytems Prüfwesen GmbH)
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