Permittivität
Die Permittivität ε (von lat.: permittere = erlauben, überlassen, durchlassen), auch dielektrische Leitfähigkeit genannt, gibt die Durchlässigkeit eines Materials für elektrische Felder an. Auch dem Vakuum ist eine Permittivität zugewiesen, da sich auch im Vakuum elektrische Felder einstellen oder elektromagnetische Felder ausbreiten können.
Die relative Permittivität
Sie kennzeichnet die feldschwächenden Effekte der dielektrischen Polarisation des Mediums und hängt eng mit der elektrischen Suszeptibilität
Die Bezeichnungen „Dielektrizitätskonstante“ für Permittivität und „relative Dielektrizitätskonstante“ für relative Permittivität gelten als veraltet und sollen nicht verwendet werden, insbesondere weil es sich hierbei – anders als der Name suggeriert – um keine Konstanten handelt, sondern eine starke Frequenzabhängigkeit besteht.
Erläuterung der Permittivität am Beispiel isolierender Stoffe
Als Permittivität bezeichnet man eine Materialeigenschaft elektrisch isolierender, polarer oder unpolarer Stoffe, die auch Dielektrika genannt werden. Diese Eigenschaft wirkt sich aus, wenn der Stoff mit einem elektrischen Feld wechselwirkt, etwa wenn er sich in einem Kondensator befindet. In einem mit Material gefüllten Kondensator orientieren sich die Ladungsträger des Isolationsmaterials am elektrischen Feldvektor und bilden ein Polarisationsfeld, das dem äußeren Feld entgegenwirkt und dieses schwächt. Dieses Phänomen der Feldschwächung lässt sich bei Annahme eines gegebenen elektrischen Erregungsfeldes dadurch beschreiben, dass dem isolierenden Material ein Faktor
Bei konstanter elektrischer Erregung
Die elektrische Suszeptibilität
verknüpft. Die Suszeptibilität ist dabei ein Maß für die Dichte im Isolationsmaterial gebundener Ladungsträger bezogen auf die Dichte freier Ladungsträger. Mehr dazu steht im Beitrag elektrische Suszeptibilität.
In der Elektrodynamik und auch in der Elektrostatik wird die Permittivität zur Beschreibung der o. a. Phänomene als Proportionalitätsfaktor im Zusammenhang zwischen elektrischer Flussdichte und elektrischer Feldstärke verwendet:
In Materie stellt diese Gleichung nur die niedrigste Ordnung eines im Allgemeinen nichtlinearen Zusammenhangs dar: Im Falle großer Feldstärken fasst man entweder die Permittivität als feldstärkeabhängig auf und schreibt
Im Vakuum als Referenzmaterial eines Isolierstoffes gilt die relative Permittivität
Die Permittivität ist ein Proportionalitätsfaktor zwischen der Raumladungsdichte
Permittivität des Vakuums
Die Permittivität des Vakuums
Im Vakuum besteht zwischen der Permeabilität μ0, der Permittivität des Vakuums
- .
Im Internationalen Einheitensystem (SI–System) geschieht die Rückführung der elektromagnetischen auf die mechanischen Größen in der Definition der Stromstärke (Ampere), die darauf hinausläuft, dass sich die Permittivität des Vakuums mit beliebiger Genauigkeit aus den exakt festgelegten Naturkonstanten
Die Einheit der Permittivität kann hier ausgedrückt werden als:
- .
Da sich Luft nur geringfügig polarisieren lässt, kann oft die Permittivität für Luft in ausreichender Genauigkeit durch
Zahlenwert und Einheit
Neben dem Coulomb-Gesetz, dem ampèreschen Gesetz und dem faradayschen Induktionsgesetz stellt der Zusammenhang zwischen μ0,
Abhängig vom verwendeten Einheitensystem verändert sich dabei die Darstellung der Permittivität
Die Verhältnisse im SI-Einheitensystem sind oben angegeben. In Einheitensystemen, die die elektromagnetischen Größen explizit auf mechanische Basisgrößen zurückführen, namentlich den verschiedenen Varianten des CGS-Einheitensystems, wird
- (Heaviside-Lorentz-Einheitensystem),
- (elektrostatisches, elektromagnetisches oder gaußsches Einheitensystem).
Relative Permittivität
Für
- Dielektrizitätskonstante
- Dielektrizitätszahl
- Permittivitätszahl
- relative Permittivität
Die Bezeichnung als Konstante ist unangemessen, da
Nur für isotrope Medien ist
Relative Permittivität in kristallinen Strukturen
Im Allgemeinen ist
Die relative Permittivität
Frequenzabhängigkeit der relativen Permittivität
Die Permittivität in Materie ist frequenzabhängig und kann beispielsweise über das einfache Modell des Lorentz-Oszillators recht gut modelliert werden. Diese Frequenzabhängigkeit wird Dispersion genannt. Sie ist beispielsweise bei Wasser sehr stark ausgeprägt.
Die frequenzabhängige Brechzahl eines Materials steht in folgender Relation zur elektrischen Permittivität und zur magnetischen Permeabilität (beide ebenfalls frequenzabhängig):
- .
Für transparente Stoffe gilt näherungsweise
Komplexwertige relative Permittivität
Die relative Permittivität
alternativ auch mit
beschrieben wird, wobei die dielektrischen Verluste über den Imaginärteil
Die mit der Verlustleistung verbundene dielektrische Erwärmung entspricht bei Integration über den Erwärmungszeitraum exakt der einem Materialvolumen mit elektromagnetischen Wellen zugeführten inneren Energie eines Materials, wie in der Thermodynamik beschrieben. Der Imaginärteil der komplexwertigen, relativen Permittivität ist ein Maß für die Fähigkeit eines Stoffes, elektromagnetische Feldenergie bei Hochfrequenz in Wärmeenergie zu wandeln.
Temperaturabhängigkeit
Temperaturabhängig ist beispielsweise die komplexwertige, relative Permittivität von Wasser, deren Realteil bei Raumtemperatur einen Wert von etwa 80 annimmt, und bei 95 °C circa 55 beträgt. Die Abnahme der Permittivität bei steigender Temperatur hängt mit dem zunehmenden Grad der Unordnung der Ladungsträger bei einer Zunahme der inneren Energie zusammen. Molekular betrachtet nimmt die Polarisierbarkeit aufgrund der zunehmenden Eigenbewegung der Ladungsträger bei höherer innerer Energie ab; makroskopisch betrachtet sinkt somit die relative Permittivität bei Temperaturerhöhung.
Relative Permittivität ausgewählter Materialien
Medium | Medium | ||
---|---|---|---|
Vakuum | 1,0 | Luft | 1,00059 |
Acrylbutadienstyrol (ABS) (30 °C) | 4,3 | Aluminiumoxid (Tonerde) | 9 |
Ammoniak (0 °C) | 1,007 | Bariumtitanat | 103–104 |
Benzol | 2,28 | Trockene Erde | 3,9 |
Feuchte Erde | 29 | Germanium | 16,6 |
Glas | 6–8 | Glycerin | 42,5 |
Gummi | 2,5–3 | Holz (darrtrocken) | 2–3,5 |
Kaliumchlorid | 4,94 | Methanol | 32,6 |
Petroleum | 2 | Polyethylen (PE) (90 °C) | 2,4 |
Polypropylen (PP) (90 °C) | 2,1 | Porzellan | 2–6 |
Propanol | 18,3 | Paraffin | 2,2 |
Papier | 1–4 | Polytetrafluorethylen (PTFE oder auch Teflon) |
2 |
Pertinax, Epoxidharz | 4,3–5,4 | Polystyrol-Schaum (Styropor ® BASF) |
1,03 |
Tantalpentoxid | 27 | Wasser (20 °C, 0–3 GHz) | 80 |
Wasser (sichtbarer Bereich) | 1,77 | Wasser (0 °C, 0–1 GHz) | 88 |
Eis (0 bis −50 °C, Niederfrequenz) | ≈ 90–150 | Eis (über 100 kHz) | 3,2 |
Tabellierte, umfassende Übersichten frequenz- und temperaturabhängiger, komplexer relativer Permittivitäten vieler Materialien finden sich in[1] und vor allem in [2]
Verallgemeinerungen zur Dispersion, Richtungsabhängigkeit und Magnetfeld
Aus den Maxwell-Gleichungen folgt ein Zusammenhang zwischen der Brechzahl, der elektrischen Permittivität und der magnetischen Permeabilität,
Hier sind
In dispersiven Materialien hat man es mit der Reaktion des Materials auf elektromagnetische Felder mit der Frequenz von Licht zu tun, also sehr hohen Frequenzen über einen weiten Frequenzbereich. Hier muss der Zusammenhang zwischen der Brechzahl und den bei niedrigen Frequenzen gemessenen
Die Dielektrizitätskonstante wird dabei als komplexe Größe verwendet, mit einem Realteil
Dabei können in diesen beiden Komponenten direkt die Beiträge verschiedener Mechanismen im Material (z. B. Bandübergänge) angegeben und in ihrer Frequenzabhängigkeit addiert werden – eine detailliertere Darstellung findet sich unter elektrische Suszeptibilität. Über die Kramers-Kronig-Relation kann dann der (dispergierende) Zusammenhang zwischen der komplexen Dielektrizitätskonstanten und den optischen Kenngrößen Brechzahl n und Absorptionskoeffizient k dargestellt werden. Dies führt zu den theoretischen Spektren von Absorption und Reflexion, die mit gemessenen Spektren verglichen und angepasst werden können.
Für die Berechnung solcher Spektren (von Reflexion oder auch Absorption) können im Fall von
- bzw.
umgekehrt gilt:
- bzw.
Ebenfalls kann u. a. der Reflexionsgrad R berechnet werden. Es gilt für einen Strahl, der aus dem Vakuum (bzw. Luft) kommend senkrecht an einer Grenzfläche zu einem Medium mit Brechungsindex
Auf Grund ihrer Kristallstruktur sind die Eigenschaften einiger Materialien richtungsabhängig, z. B. doppelbrechenden Materialien. Diese Materialien finden u. a. Anwendung bei Verzögerungsplatten. Mathematisch lässt sich diese Eigenschaft durch Darstellung in Tensorform erfassen, mit Komponenten für die einzelnen Richtungen. Diese sind wiederum als frequenzabhängig anzusetzen und sogar je nach Richtung in verschiedenem Maße. Neben der „natürlichen“ Richtungsabhängigkeit können die Eigenschaften auch durch äußere Einwirkungen wie ein Magnetfeld (siehe Magnetooptik) oder Druck eine ähnliche Richtungsabhängigkeit bewirken.
Siehe auch
- Ferroelektrikum
- Paraelektrikum
- Permeabilität (Magnetismus) - das Analogon für Magnetfelder
Literatur
- Richard P. Feynman, Robert B. Leighton, Matthew Sands: The Feynman Lectures on Physics. Volume 2: Mainly Electromagnetism and Matter. 6th printing. Addison Wesley, Reading MA u. a. 1977, ISBN 0-201-02117-X.
- Heinrich Frohne: Einführung in die Elektrotechnik. Band 2: Heinrich Frohne, Erwin Ueckert: Elektrische und magnetische Felder (= Teubner Studienskripten. Bd. 2: Elektrotechnik.). 4., durchgesehene Auflage. Teubner, Stuttgart 1983, ISBN 3-519-30002-8.
- Arthur von Hippel: Dielectrics and Waves. Wiley u. a., New York NY u. a. 1954 (2nd edition. Artech House, Boston MA u. a. 1995, ISBN 0-89006-803-8).
- Arthur von Hippel (Hrsg.): Dielectric Materials and Applications. Technology Press, Boston MA u. a. 1954 (2nd edition. Artech House, Boston MA u. a. 1995, ISBN 0-89006-805-4).
- A. C. Metaxas: Foundations of Electroheat. A Unified Approach. John Wiley and Sons, Chichester u. a. 1996, ISBN 0-471-95644-9.
- A. C. Metaxas, R. J. Meredith: Industrial Microwave Heating (= IEE Power Engineering Series. Vol. 4). Peter Peregrinus, London 1983, ISBN 0-90604-889-3.
- Károly Simonyi: Theoretische Elektrotechnik. 10. Auflage. Barth Verlagsgesellschaft, Leipzig u. a. 1993, ISBN 3-335-00375-6.
Einzelnachweise
- ↑ A. C. Metaxas, R. J. Meredith: Industrial Microwave Heating (= IEE Power Engineering Series. Vol. 4). Peter Peregrinus, London 1983, ISBN 0-90604-889-3.
- ↑ Arthur von Hippel (Hrsg.): Dielectric Materials and Applications. Technology Press, Boston MA u. a. 1954 (2nd edition. Artech House, Boston MA u. a. 1995, ISBN 0-89006-805-4).