Eis
Eis | |
Eiskristalle unter dem Mikroskop | |
Chemische Formel |
H2O |
Mineralklasse | Oxide – Kation:Anion (M:O) = 2:1 (und 1.8:1) 4.AA.05 (8. Auflage: IV/A.01) nach Strunz 04.01.02.01 nach Dana |
Kristallsystem | hexagonal |
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin | dihexagonal-dipyramidal 6/m 2/m 2/m[1] |
Farbe | farblos, weiß, in dicken Schichten schwach blaugrün schimmernd |
Strichfarbe | weiß |
Mohshärte | 1,5 |
Dichte (g/cm3) | 0,9167 |
Glanz | Glasglanz |
Transparenz | durchsichtig bis undurchsichtig |
Bruch | muschelig |
Spaltbarkeit | fehlt |
Habitus | prismatische, dendritische, nadelige bis faserige Kristalle; körnige bis massige Aggregate |
Zwillingsbildung | {0001} und {0001} |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | α = 1,320; β = 1,330 [2] |
Doppelbrechung (optischer Charakter) |
δ = 0,01 [1] ; einachsig (Richtung nicht definiert) |
Pleochroismus | nicht vorhanden |
Weitere Eigenschaften | |
Schmelzpunkt | 0 °C |
Als Eis wird im Allgemeinen gefrorenes Wasser bezeichnet, welches – neben flüssigem Wasser und Wasserdampf – dessen dritten möglichen Aggregatzustand darstellt. Es bildet sich im Allgemeinen bei Null Grad Celsius und zählt als natürlich vorkommender kristalliner Festkörper mit einer definierten chemischen Zusammensetzung zu den Mineralen. Aufgrund seiner chemischen Struktur H2O gehört Eis zur Stoffgruppe der Oxide.
Eis kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem und tritt in der Natur in den verschiedensten Erscheinungsformen auf, vom Hagelkorn über den Eiswürfel bis zum Gletscher. Seine Dichte von 0,9168 g/cm³ (bei 0 °C) ist geringer als die von Wasser (1 g/cm³), weswegen es auf der Wasseroberfläche schwimmt und dort Eisdecken, Eisschollen und Eisberge bildet. Dabei befinden sich zirka 90 Volumenprozent des Eises unter Wasser (Auftriebskraft des Wassers gegen Gewichtskraft des Eises) und nur zirka 10 Volumenprozent oberhalb der Wasseroberfläche.
In reiner Form besteht Eis aus farblosen, transparenten Kristallen. Eisblöcke enthalten jedoch meist viele feine Luftbläschen, die während der Erstarrung der Eiskristalle eingeschlossen werden und erscheinen daher durch vielfache Lichtbrechung weiß. Als chemischer Stoff zeichnet es sich durch einige besondere Eigenschaften aus, die auf den Anomalien des Wassers beruhen.
Bei zahlreichen meteorologischen Phänomenen spielt Eis eine wichtige Rolle. Die Eiskappen der Polarregionen sind von großer Bedeutung für das globale Klima und speziell für den globalen Wasserkreislauf. Einen dementsprechend entscheidenden Einfluss hat es daher auch auf unsere Biosphäre.
Die Wissenschaft von Formen, Auftreten und Eigenschaften von Eis und Schnee nennt man Glaziologie.
Besondere Eigenschaften
Erstarrungsvorgang
Der Schmelz- bzw. Gefrierpunkt von Eis liegt unter Normalbedingungen bei Null Grad Celsius. Kristallisationskeime, also Verunreinigungen wie Staubpartikel usw. sind allerdings Bedingung für eine Eiskristallbildung, da sich die kristallisierenden Wassermoleküle an diese anlagern müssen. In so genanntem „unterkühltem Wasser“, nicht gefrorenem Wasser unter Null Grad, besitzen die Moleküle eine vom Normalfall abweichende Nahordnung, und es bilden sich Ikosaederstrukturen aus: so kann z. B. sauberes unterkühltes Mineralwasser an den beim Öffnen der Flaschen entstehenden Gasperlen spontan gefrieren. Ohne externe Auslöser gefriert Wasser bei minus 48 Grad Celsius.[3] Sehr reines (destilliertes) Wasser kann bis zu -70 °C unterkühlt werden.[4]
Der Gefrierpunkt kann durch Bestreuen mit Salzen (Streusalz) herabgesetzt werden. Dies ist eine kolligative Eigenschaft, die Gefrierpunktserniedrigung hängt nur von der Menge der gelösten Teilchen, nicht jedoch von ihrer Art ab. Der gleiche Effekt lässt sich also auch mit Zucker erreichen.
Zusätzlich kann auch die Lösungswärme eines Stoffes Eis zum Schmelzen bringen. Entscheidend hierfür ist, dass der hinzugegebene Stoff im festen Lösungsmittel unlöslich ist. Erreicht wird dieser Effekt durch die Erniedrigung des chemischen Potenzials der Flüssigphase. Dieser Effekt erzeugt gleichzeitig eine Siedepunkterhöhung des Wassers.
Farbe
Eis ändert seine Farbe mit dem Luftgehalt und kann so auch in unterschiedliche Gruppen eingeteilt werden. Eis, das viel Luft enthält, ist weiß, solches, das wenig Luft enthält, ist durchsichtig und blau oder grün. Ein besonderer Fall von „farbigem“ Eis sind sogenannte Grüne Eisberge, bei welchen es sich um alte umgekippte Eisberge handelt, deren algenbewachsene Unterseite nun sichtbar ist.
Eis und Schnee reflektieren das Sonnenlicht. Innerhalb der Erdatmosphäre verursachen Eispartikel damit Lichtsäulen. (Die verwandten Halos entstehen dagegen durch Brechung des Lichtes in Eiskristallen.) Astronomisch und geophysikalisch sind Eis und Schnee häufig Verursacher einer hohen Rückstrahlung eines Gegenstandes.
Schallausbreitung
Die Schallgeschwindigkeit in Eis bei maximaler Dichte liegt bei 3250 m/s. Die Dispersion für Schallausbreitung in Eis ist im Gegensatz zu den meisten Festkörpern negativ. Dieser Effekt kann auf zugefrorenen Seen beobachtet werden. Entsteht zum Beispiel in hinreichend großer Entfernung zum Beobachter ein Riss in der Eisfläche (zum Beispiel durch Sonneneinstrahlung), kann ein pfeifendes Geräusch wahrgenommen werden, bei dem die Tonhöhe in Sekundenbruchteilen von ganz hohen Frequenzen zu sehr tiefen abfällt. Das Geräusch ähnelt dem eines vorbeifliegenden Projektils, das durch den Dopplereffekt eine fallende Tonhöhe erzeugt.
Tragfähigkeit
Nach der Mohsschen Härteskala hat Eis nur eine geringe Härte von 1,5 und lässt sich mit dem Fingernagel ritzen. Dennoch ist es in der Lage, Menschen und sogar schwere Fahrzeuge wie beispielsweise LKW zu tragen. Voraussetzung dafür ist allerdings eine gewisse Mindestdicke der Eisdecke, die der jeweils geforderten Belastbarkeit angepasst sein muss und entweder auf Erfahrungswerten beruht oder mit verschiedenen Methoden berechnet werden kann.
Folgende Eisdicken gelten als ausreichend[5]:
- Einzelpersonen: 5 cm
- Personengruppen: 8 cm
- Schlittenfahrzeuge: 12 cm
- PKW, sonstige Fahrzeuge: 18 cm
Die Tragfähigkeit einer Eisdecke beruht einerseits auf ihrer Schwimmfähigkeit und andererseits auf der entstehenden Hohlform infolge der Durchbiegung unter konzentrierter Belastung. In beiden Fällen ist die Eisdeckenstärke der maßgebliche Parameter für die Tragfähigkeit. Die Belastbarkeit aufgrund der Schwimmfähigkeit hängt dabei linear von der Eisdicke ab, während die Belastbarkeit infolge der Durchbiegung dem Quadrat der Eisdicke proportional ist.
Bei einer gleichmäßigen Lastverteilung auf großen Flächen ohne Durchbiegung ist die Belastbarkeit durch die floßähnliche Schwimmfähigkeit der Eisdecke begrenzt. Entsprechend dem Auftrieb von blasenfreiem Eis der Dichte 917 kg/m³ beträgt die auf die Fläche bezogene Höchstmasse $ q $ für große Flächen der Dicke $ h $[6]:
- $ q=h\cdot 83{\rm {\,{\frac {kg}{m^{3}}}}} $
Aufgrund der von einer Last erzeugten Durchbiegung können begrenzte Teilflächen einer Eisdecke erheblich höher belastet werden. Es ist daher immer zu beachten, dass durch die zulässige Belastung von Teilflächen die Höchstbelastung der gesamten Eisdecke nicht überschritten wird.
Die Tragfähigkeit einer Eisstraße lässt sich auch mit der sogenannten „Gold-Formel“ schätzen (benannt nach Lorne W. Gold)[7]:
- $ m=h^{2}\cdot 7,03{\rm {\,{\frac {kg}{cm^{2}}}}}{\rm {\quad {}oder\quad }}m=(h+0,5\,w)^{2}\cdot 7,03{\rm {\,{\frac {kg}{cm^{2}}}}} $
mit
- $ m $ = Gesamtmasse eines einzelnen Fahrzeugs (als Angabe für die Belastungskapazität des Eises)
- $ h $ = Dicke des Blaueises
- $ w $ = Dicke des weißen Eises
Die kanadische Provinz Manitoba benutzt diese Formeln, um die Tragfähigkeit einer Eisfläche für die Nutzung als Winterstraße zu bestimmen. Die Formel wird als Hilfe für die Entscheidung benutzt. Die Entscheidung, für welche Belastung die Eisstraße freigegeben wird, trifft immer ein Experte für Eisstraßen.
Das Betreten von Eisflächen ist prinzipiell gefährlich und ist im Zweifel zu vermeiden. Dies gilt vor allem auch, weil die Dicke und Beschaffenheit des Eises häufig nicht zuverlässig zu bestimmen ist. Zur Bestimmung der Dicke des Eises eignet sich die Eisschraube.
Anomalien
Wasser weist zahlreiche Anomalien auf: Eigenschaften, die vom erwarteten Regelfall abweichen. Folgende Anomalien sind für seinen festen Zustand, als Eis, von Bedeutung:
- Eis ist weniger dicht, also leichter als Wasser, damit schwimmt es auf dem Wasser. Zu dieser Dichteanomalie kommt es, da die Wassermoleküle im hexagonalen Gitter einen größeren Abstand zueinander haben als im flüssigen, ungeordneten Zustand.
- Im Phasendiagramm hat Wasser mehr feste Modifikationen als jeder andere Stoff: 16 kristalline, fünf amorphe sowie je eine flüssige, eine überkritische und eine gasförmige. Das Phasendiagramm enthält elf Tripelpunkte – ein weiterer, nicht nachweisbarer Tripelpunkt bei 0 K kann vermutet werden – und zwei kritische Punkte.
- Wasser ermöglicht in höherem Maße Unterkühlung als andere Stoffe: Auch unter natürlichen Bedingungen kann es bis −23 °C flüssig bleiben.
- Wasser hat einen zweiten kritischen Punkt bei −91 °C.
- Unterkühltes Wasser hat zwei Phasen (ES und CS). Es ist unter hohem Druck auch bei Temperaturen von bis zu −149 °C flüssig.
- Als amorphes Eis wird ein Zustand bezeichnet, in dem festes glasiges Wasser wie eine Flüssigkeit erscheint, nur können sich die Moleküle darin nicht gegeneinander verschieben. Physiker in Kanada entdeckten dies etwa 1985, als sie bei minus 200 Grad auf einen Eisklotz drückten. Mittlerweile sind drei Glaswässer bekannt, zwei dichte und eines, das eine geringere Dichte als flüssiges Wasser besitzt.
- Heißes Wasser gefriert manchmal schneller als kaltes Wasser (Mpemba-Effekt); der Effekt tritt auch bei anderen Flüssigkeiten auf, ist also nicht unbedingt eine Anomalie des Wassers.
- Erhöhter Druck setzt den Schmelzpunkt von Wasser herab, anstatt ihn heraufzusetzen (siehe Phasendiagramm). Pro Bar Druckanstieg sinkt der Schmelzpunkt um zirka 0,0077 K. Dies wird auch als Druckaufschmelzung bezeichnet.
- Magnetfelder können den Schmelzpunkt geringfügig verändern. Vermutet wird, dass das Magnetfeld indirekt die Wasserstoffbrücken der Wassermoleküle stärkt. Bei einem Magnetfeld von sechs Tesla steigt der Schmelzpunkt von normalem Wasser um 5,6 mK und bei schwerem Wasser um 21,8 mK.[8]
Klassifikation
Nach der 8. und 9. Auflage der Strunzschen Systematik der Minerale gehört Eis aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung zur Mineralklasse der Oxide mit einem Stoffmengenverhältnis von 2:1 und 1:1.
Die 9. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz untergliedert die Oxide allerdings weiter, sodass Eis zur Gruppe mit nicht näher bestimmter Ionengröße und dem Kation-Anion-Verhältnis von 2:1 und 1,8:1 zählt.
Die Mineralsystematik von Dana ordnet die Minerale nach ihrer Kristallstruktur. Eis gehört hier zur Abteilung der einfachen Oxide mit einer Kationenladung von +1 und bildet aufgrund seiner speziellen Kristallstruktur eine eigene Gruppe.[9]
Bildung und Fundorte
Auf der Erde
Eis bildet sich weltweit dort, wo die Luftfeuchtigkeit hoch genug und die Temperatur auf und unter den Gefrierpunkt gesunken ist.
Freie Eiskristalle entstehen in Form von Reif und Raureif durch Resublimation (direkter Übergang vom gasförmigen in den kristallinen Zustand) des atmosphärischen Wasserdampfs. Graupel und Hagel besteht aus rundlichen Eiskörnern. Sie bilden sich in Gewitterwolken aus Wassertröpfchen, welche in tiefen Wolkenschichten kondensieren und dann durch Aufwinde in höhere und kältere Luftschichten transportiert werden, wo sie dann gefrieren. Größere Hagelkörner sind oft Zusammenballungen kleinerer Eispartikel und durchlaufen in ihrer Entstehungsgeschichte mehrmals den Prozess des Aufstiegs durch Winde und des Absinkens durch ihre Gewichtskraft. Schnee besteht aus mehr oder weniger filigran verästelten Eiskristallen. Schneeflocken bilden sich durch langsames Anlagern und Gefrieren von feinsten Wassertröpfchen an einem Kristallisationskeim (zum Beispiel Staubteilchen).
Dauerhaft mit dem Festland verbundene Eisflächen werden Schelfeis genannt. Die Schelfeisflächen werden meist durch fließende Gletscher gespeist. Eisberge sind von Gletschern abgebrochene (gekalbte) Eismassen.
Bei der Kristallisation von Meerwasser entsteht so genanntes Meereis; dabei wird das Salz an das Meer abgegeben oder sammelt sich in Sole(Salz)-Einschlüssen (Eis selbst ist immer festes Süßwasser). Je nach Größe und Zusammenballung des Eises unterscheidet man Nadeleis, Grieseis, Pfannkucheneis, Eisschollen und Packeis. Eine natürliche eisfreie Fläche, die jedoch vollständig von Packeis umgeben ist, heißt Polynja. Künstliche, in das Eis geschlagene Rinnen und Löcher werden Wuhnen genannt.
Eis, welches sich ausnahmsweise wegen seiner Entstehungsgeschichte am Boden eines Gewässers befindet, wird Grundeis genannt. Die Bildung von Neueis auf dem Meer wird als Nilas bezeichnet.
Die Eisverhältnisse auf Meeresgebieten werden mit einem internationalen Ice Code bezeichnet:
- 0: No ice; kein Eis, eisfrei
- 1: Slush or young ice; Schlamm- oder Neueis (junges Eis)
- 2: Fast ice; Festeis
- 3: Drift ice; Treibeis, Eisstoß
- 4: Packed slush or strips of hummocked ice; zusammengepacktes Schlammeis oder Höckereisstreifen (Eishöckerstreifen)
- 5: Open lead near shore; offene Eisrinne (durchgehende Fahrrinne im Eis) nahe der Küste
- 6: Heavy fast ice; starkes Festeis
- 7: Heavy drift ice; starkes Treibeis
- 8: Hummocked ice; Höckereis, Eishöcker (über das glatte Eis sich erhebende Eispyramiden), aufgepresstes Eis
- 9: Ice jamming; Eisblockierung
Im Sonnensystem
Eisvorkommen wurden in unserem Sonnensystem nachgewiesen in Kometen, Asteroiden [10] auf dem Mars und auf einigen Monden der äußeren Planeten.
Von zahlreichen Kometen ist bekannt, dass sie zu einem Großteil aus Wassereis bestehen, weshalb sie auch hin und wieder als „Schmutzige Schneebälle“ tituliert werden. Es wird spekuliert, dass ein Großteil der irdischen Wasservorkommen auf ein lang anhaltendes Bombardement der noch jungen Erde durch Kometen zurückgeht. Das meiste Wasser im Universum liegt als Eis vor.
Außer der Erde ist der Mars der einzige Planet, auf dem Eisvorkommen nachgewiesen sind. Neben den Polkappen, die zweifelsfrei zu einem Teil aus gefrorenem Wasser bestehen, gibt es möglicherweise auch in anderen Regionen Eisvorkommen, und zwar als Permafrost in tieferen Bodenschichten.[11] [12]
Hinweise auf das Vorhandensein von Eis in Meteoritenkratern in Polnähe bei Merkur, dem sonnennächsten Planeten, lieferte 1975 die Raumsonde Mariner 10. Genauere Untersuchungen mithilfe der für 2009 geplanten Mission MESSENGER sollen dies bestätigen bzw. widerlegen.
Von einigen Monden der äußeren Planeten ist bekannt oder wird vermutet, dass sie von einer Eiskruste bedeckt sind. Beispiele sind die Jupitermonde Europa, Ganymed und Kallisto, die Saturnmonde Enceladus und Titan, der Neptunmond Triton sowie der Plutomond Charon. Auch sollen einige dieser Monde unter ihrer Oberfläche Schichten aus Eismodifikationen besitzen, die nur bei hohem Druck vorkommen[13]
Frühe Radarbilder des Mond-Südpols aus den 1990er-Jahren mit vielen, kleinen, auffallend hell erscheinenden Flecken ließen bei zahlreichen Forschern die Hoffnung aufkeimen, dass der Mond über große Wasserreserven verfügt, die unter anderem am Grund tiefer Krater als Relikte von Kometeneinschlägen überlebt haben könnten. Solche Vorkommen wären wichtige Wasser- und Sauerstoffquellen für künftige Mondbasen. Untersuchungen im Jahre 2006 mit Radioteleskopen verliefen negativ.[14] 2009 konnte die LCROSS-Mission Wassereis nachweisen.[15] [16] [17]
Struktur und Modifikationen
Im festen Aggregatzustand des Wassers wird als Eis normalerweise eine hohe Fernordnung durch Ausbildung eines Kristallgitters im Zuge der Kristallisation erreicht. Im flüssigen Zustand herrscht eine Mischung von Ordnung und Chaos, wobei die Moleküle aufgrund ihrer höheren Geschwindigkeit ein größeres Volumen ausfüllen.
Natürliches Eis kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem in der Raumgruppe P63/mmc mit den Gitterparametern a = 6,27 Å und c = 5,79 Å sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle. [1] [18]
Sechs Wassermoleküle schließen sich dabei über Wasserstoffbrücken jeweils zu einem Ring zusammen, wobei jedes Molekül ebenfalls Teil von zwei benachbarten Ringen ist. Die hexagonale Symmetrie der Kristallstruktur spiegelt sich in der makroskopischen Gestalt der Eiskristalle wider. In dieser Struktur ist jedes Sauerstoffatom tetraedrisch von jeweils vier anderen O-Atomen umgeben.[19]
Hexagonales Eis wird mit Eis Ih bezeichnet. Seine Dichte liegt bei etwa 0,92 g/cm3 (0 °C), womit es – im Gegensatz zu den meisten anderen Stoffen – leichter als im flüssigen Zustand ist.
Unter −22 °C und über 207,5 MPa bilden sich jedoch noch andere, zum Beispiel kubische Eisformen aus, etwa das metastabile, kubische Eis Ic, in welchem die Sauerstoffatome eine Diamantstruktur aufweisen.[19] Bisher sind 16 kristalline und 5 amorphe Modifikationen bekannt (Stand Januar 2010). Letztere sind Formen ohne Kristallstruktur.
Die 16 kristallinen Formen werden als Eis Ih, Eis Ic, sowie Eis II bis Eis XV bezeichnet.[20]
Eiswolken im interstellaren Raum haben eine Temperatur von ca. -260 °C und sind amorpher Struktur ("fließen").[21][22]
Nutzung und Behinderung
Schon die Römer nutzten teuer importiertes Gletschereis zur Kühlung von Speisen und zur Herstellung von Erfrischungsgetränken.
Im 19. Jahrhundert begann in Nordamerika die kommerzielle Nutzung von Wintereis, zunächst als Luxusgut für Menschen in tropischen Ländern, später auch als Massengut für den Hausbedarf. Der Eismann brachte Eisblöcke, mittels derer verderbliche Nahrungsmittel, typischerweise in einem Eisschrank, länger frisch gehalten werden konnten. Mit der Elektrifizierung und Einführung des Kühlschranks fand dieses Gewerbe sein Ende. Heute wird fast das gesamte vom Menschen zu Speisezwecken genutzte Eis von Kältemaschinen oder in Kühlschränken hergestellt.
Speiseeis ist dagegen eine aus Fruchtsäften oder Milchmixgetränken hergestellte Schneemasse oder Eisschlamm.
Die entstehende Reibungswärme von Kufen auf festem Eis lässt unter einem Schlittschuh eine wenige µm dicke Wasserschicht entstehen, auf der der hintere Teil der Kufe dann vergleichsweise reibungslos gleitet. Eislauf, aber auch Skifahren, Schlittenfahren oder Schlitten als Transportmittel sind deswegen möglich. Durch den Druck unter den schmalen Kufen wird der Gefrierpunkt des Wassers nur um wenige zehntel Grad gesenkt. [23]
Zugefrorene Wasserflächen können einerseits die Schifffahrt behindern, andererseits aber auch Transportwege verkürzen, indem Land-Transporte direkt über die Wasserfläche geführt werden können, zum Beispiel auf dem Baikalsee.
Früher wurde Eis von Inuit auch zum Bau von Iglus verwendet.
Aus Eisblöcken werden Eisskulpturen errichtet. Auch Häuser aus Eis sind möglich.
Behindernd wirken Eisvorkommen vor allem auf den Verkehr in Form von Packeis für die Schifffahrt (siehe auch Eisbrecher), als glatter Eisfilm auf Straßen (siehe auch Schneeketten), Fußwegen oder an Flugzeugen, sowie als Schneewehen bei allen Land-Verkehrsträgern. Um die Rutschgefahr zu vermindern, werden Eisflächen mit Streusand abgestumpft oder mit Streusalz weggetaut.
Eisblumen an Fensterscheiben behindern die Sicht, sind jedoch künstlerisch oft sehr reizvoll.
Auch Bauvorhaben können durch Verfestigungen des Bodens durch Eis behindert werden. Andererseits kann die Verfestigung des Bodens gewollt sein und zum Beispiel Tunnelarbeiten in losem Boden erst möglich machen. Hierbei wird die Vereisung meist künstlich mit großen Kühlaggregaten erzeugt. In Permafrostgebieten stellt die Aufweichung des Bodens durch den fehlenden Frost eine Gefahr für Bauwerke dar. Teile der Lhasa-Bahn werden hierzu mit großen Wärmerohren (Heatpipes) gekühlt.
Wasserleitungen platzen, wenn sie einfrieren. Zum Schutz werden solche Leitungen unterhalb der Frostgrenze im Boden verlegt oder ein Mindestdurchfluss sichergestellt oder rechtzeitig entleert.
Siehe auch
- Eiszeit
- Synthetisches Eis, Blaueisfeld
- Eishotel, Eisklettern, Eisskulptur
Literatur
- Astrid Döppenschmidt: Die Eisoberfläche – Untersuchungen mit dem Rasterkraftmikroskop. GCA-Verl., Herdecke 2000, ISBN 3-934389-71-6
- Werner F. Kuhs: Physics and chemistry of ice. RSC Publ.,London 2007, ISBN 978-0-85404-350-7
- Victor F. Petrenko, Robert W. Whitworth: Physics of ice. Oxford Univ. Press, Oxford 2006, ISBN 0-19-851894-3
- Miles McPhee: Air-ice-ocean interaction – turbulent ocean boundary layer exchange processes. Springer, New York 2008, ISBN 978-0-387-78334-5
- John D.Castello: Life in ancient ice. Princeton Univ.Press, Princeton 2005, ISBN 0-691-07475-5
- Pat Dasch: Icy worlds of the solar system. Cambridge Univ. Press, Cambridge 2004, ISBN 0-521-64048-2
- Gurij N. Jakovlev: Studies in ice physics and ice engineering. Israel Program for Scientific Translation Jerusalem 1973, ISBN 0-7065-1275-8
Weblinks
- Mineralienatlas:Eis (Wiki)
- Ausführliche Informationen (englisch)
- Ice Testing Information. Formeln zur Berechnung der Tragfähigkeit einer Eisfläche, (engl., PDF)
- Hayley, Proskin: Managing the safety of ice covers used for transportation in an environment of climate warming, 4th Canadian Conference on Geohazards, Université Laval, Québec, Qc, Canada - Ein Artikel über die Tragfähigkeit von Eisstraßen
- Beurteilung der Tragfähigkeit von Eisdecken – Merkblatt des BLfW
- Christine Reinke-Kunze: (Fast) alles über Eis und Schnee. In: NZZ Folio. 7/97.
- Wachstum von Eiskristallen (Zeitraffer-Video)
- Planet Erde. Eiswelten. (OT: Ice Worlds), Dokumentation, Großbritannien, 2006, 43 Min., ein Film von Alastair Fothergill, Produktion: BBC, Inhaltsangabe bei Arte
Artikel
- „Nassforschers Träume“, Die Zeit, 27. November 2003, Nr. 49, S. 38, „Viereckige Schneeflocken, 500 Grad heißes Eis, wässriges Glas – die Wissenschaft staunt immer wieder neu über H2O“
- Forscher lassen Wasser bei Zimmertemperatur gefrieren, wissenschaft.de, 19. August 2005
- Kay D. Bidle, (et al.) Fossil genes and microbes in the oldest ice on Earth. PNAS August 2007, Vol. 104, no. 33, 13455-13460
- L.W. Gold, Use of ice covers for transportation. Canadian Geotechnical Journal, 1971, Vol. 8, pp. 170-181. doi:10.1139/t71-018
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Webmineral – Ice (engl.)
- ↑ MinDat – Ice (engl.)
- ↑ jom: Fragen Sie nur!: Des Eises Kern. In: badische-zeitung.de, Meinung, Fragen Sie Nur!, 18. Februar 2012 (19. Februar 2012)
- ↑ Dienstleistungszentren Ländlicher Raum Rheinland-Pfalz – Unterkühltes Wasser.
- ↑ Wasserwacht des DRK: Verhalten an und auf winterlichen Gewässern. pdf, 760 KB
- ↑ Beurteilung der Tragfähigkeit von Eisdecken - Merkblatt des Bayerischen Landesamts für Umwelt. Bayerisches Landesamt für Umwelt. Abgerufen am 12. Februar 2012.
- ↑ L. W. Gold: Use of Ice Covers for Transportation. In: Canadian Geotechnical Journal. 8, Nr. 2, 1971, S. 170–181, doi:10.1139/t71-018.
- ↑ Dörte Saße: „Magnetfelder verändern den Schmelzpunkt von Wasser.“ In: Die Welt, 8. Januar 2005.
- ↑ Webmineral – New Dana Classification of Oxide Minerals.
- ↑ Confirming Water Ice on the Surface of Asteroid 24 Themis 2009: American Astronomical Society
- ↑ scinexx – Das Wissensmagazin: „Phoenix findet erstes Mars-Eis“.
- ↑ Water Ice in a Martian Crater – Astronomy Picture of the Day vom 20. Juli 2005 (Englisch).
- ↑ Tilmann Althaus: Planetenmond, Titan - eine Welt mit Charakter, in ASTROnews, Datum: 24. Februar 2012, Abgerufen: 27. Februar 2012
- ↑ raumfahrer.net – Doch kein Eis auf dem Mond.
- ↑ Sonden-Einschlag-Nasa findet Wasser auf dem Mond Spiegel online, 13. November 2009
- ↑ Lunar Impactor Finds Clear Evidence of Water Ice on Moon Wired Science,November 13, 2009
- ↑ LCROSS Impact Data Indicates Water on Moon nasa, 11.13.09
- ↑ American Mineralogist Crystal Structure Database – Ice (engl.)
- ↑ 19,0 19,1 R. Steudel, Y. Drozdova: Chemie der Nichtmetalle: Mit Atombau, Molekülgeometrie und Bindungstheorie. 2. Auflage, S. 206–208, de Gruyter, 1998, ISBN 978-3-11-012322-7
- ↑ H2O - der Sonderling welt.de, 27. Juni 2010; A very special snowball sciencenews.org, 10. Oktober 2009; Ice XV: A New Thermodynamically Stable Phase of Ice, ucl.ac.uk, 22. September 2009; abgerufen am 20. Juli 2010
- ↑ alpha-Centauri: Wie entsteht Eis im Kosmos?
- ↑ David F. Blake, et al.: Eis – Wiege des Lebens? S.22 - 27 in: Leben im All. Spektrum der Wissenschaft Dossier 2002/3, Spektrum-d.-Wiss.-Verl., Heidelberg 2002, ISBN 3-936278-14-8, Eine amorphe Reise S.25
- ↑ Schlittschuhlaufen: Warum ist Eis glatt?, Veröffentlichung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft