Wärmeleitfähigkeit

Wärmeleitfähigkeit

(Weitergeleitet von Wärmeleitkoeffizient)
Dieser Artikel behandelt die Stoffeigenschaft. Für eine konkrete Geometrie oder ein Bauteil siehe Wärmewiderstand.
Physikalische Größe
Name Wärmeleitfähigkeit
Formelzeichen der Größe $ \lambda ,\,\kappa ,\,k $
Größen- und
Einheitensystem
Einheit Dimension
SI W·m−1·K−1 M·L·T−3·Θ−1

Die (spezifische) Wärmeleitfähigkeit, auch Wärmeleitzahl (λ, k oder κ) ist eine Stoffeigenschaft zur Berechnung der Wärmestromdichte aus dem Temperaturgradienten:

$ {\dot {\vec {q}}}=-\lambda \,\nabla T $

Die Wärmeleitfähigkeit hat die Einheit Watt je Kelvin und Meter. Sie ist temperaturabhängig. Ihr Kehrwert ist der spezifische Wärmewiderstand.

Bei instationären Temperaturfeldern (siehe Wärmeleitungsgleichung) wird manchmal anstelle der Wärmeleitfähigkeit die Temperaturleitfähigkeit verwendet, die sich von ihr durch die auf das Volumen bezogene Wärmekapazität unterscheidet.

Im Allgemeinen, anisotropen Fall ist die Wärmeleitfähigkeit ein Tensor zweiter Stufe. So leitet Holz in Faserrichtung die Wärme besser als quer dazu. Verläuft der Temperaturgradient schräg zu den Materialachsen, so weicht die Richtung des Wärmestromes von der des Gradienten ab.

Die Werte der Wärmeleitfähigkeit für verschiedene Stoffe variieren um viele Größenordnungen. Hohe Werte sind gefragt für Kühlkörper, Dämmstoffe haben geringe Werte.

Rechenbeispiel

Quader mit Querschnitt A und Länge l

Über die Länge $ l $ eines Quaders mit der Querschnittsfläche A bestehe eine Temperaturdifferenz ΔT. Durch die Seitenflächen fließe keine Wärme (sie seien isoliert), das Material sei isotrop (z. B. Kupfer) und der Zustand stationär. Der Temperaturgradient beträgt dann überall $ \Delta T/l $ und die Dichte des von heiß nach kalt gerichteten Wärmestromes $ \lambda \Delta T/l $. Über den Querschnitt $ A $ fließt also der Wärmestrom

$ {\dot {Q}}=A\lambda \Delta T/l\,. $

Mit den Werten A = 1,5 mm2 = 1,5·10−6 m2, $ l $ = 3 cm = 0,03 m, ΔT = 200 K und λ = 350 W/(m·K) ergibt sich ein Wärmestrom von

$ {\dot {Q}}=A\lambda \Delta T/l=1{,}5\cdot 10^{-6}\cdot 350\cdot 200\,/\,0{,}03\,\mathrm {Watt} =3{,}5\,\mathrm {Watt.} $

Beiträge zur Wärmeleitfähigkeit

Zur Wärmeleitfähigkeit in kompakten, nichtmetallischen Feststoffen und Flüssigkeiten trägt meist hauptsächlich der Transport von Schwingungsenergie durch mechanische Kopplung benachbarter Atome bei. In manchen Kristallen, insbesondere in isotopenreinem Diamant, können Schwingungsanregungen sich so ungestört ausbreiten (große freie Weglänge), dass bei kleinen Abmessungen die Wärmeleitungsgleichung nicht mehr gilt.

In Metallen transportieren Leitungselektronen nicht nur Ladung, sondern auch Energie über größere Entfernung, siehe Wiedemann-Franzsches Gesetz.

In Gasen sind die Moleküle die Träger der Energie. Die kinetische Gastheorie erklärt die weitgehende Unabhängigkeit vom Druck durch Kompensation: Die Teilchenzahl nimmt zu, die freie Weglänge ab. Die leichte Zunahme der Wärmeleitfähigkeit mit der Temperatur beruht auf der Abnahme der Streuquerschnitte bei härter werdenden Stößen und auf zunehmender Beteiligung von Schwingungsfreiheitsgraden. Schwere Moleküle bewegen sich langsamer als leichte, was den größten Teil des Unterschieds in der Wärmeleitung zwischen Wasserstoff und Luft (Faktor 7) erklärt. Die Atome von Edelgasen transportieren nicht wie Moleküle auch Vibrations- und Rotationsenergie, sondern nur kinetische, weshalb Argon nur 2/3 der Wärmeleitfähigkeit von Luft aufweist.

Die geringe Wärmeleitfähigkeit von Gasen kann allerdings nur genutzt werden, wenn die gleichzeitig stattfindende Wärmeübertragung durch Konvektion und Wärmestrahlung eingeschränkt wird, siehe Mehrscheiben-Isolierglas.

Während in Gasen die Wärmestrahlung eine relativ große Reichweite hat, findet bei feinporigen Dämmstoffen der Wärmetransport durch Strahlung von Ort zu Ort statt und ist in der Wärmeleitzahl enthalten. Bei faserigen Dämmstoffen ist der Strahlungsanteil größer und steigt mit der Temperatur steil an.[1]

Beispiele für die Wärmeleitfähigkeit

Die Wärmeleitfähigkeit $ \lambda $ ist eine Stoffkonstante bei einem definierten Umgebungsklima (Temperatur und Luftfeuchte) und wird deswegen teilweise mit einem Index versehen: $ \lambda _{20/50} $ , $ \lambda _{23/80} $ oder auch $ \lambda _{dry} $

Die Zahlenwerte gelten, wenn nicht anders angegeben, für 0 °C. Eine höhere Wärmeleitfähigkeit bedeutet eine größere Wärmeübertragung pro Zeiteinheit.

Baustoffe
Stoff Wärmeleit-
fähigkeit λ
in W / (m · K)
Stahl unlegiert 48…58
Stahl niedrig legiert ferritisch
(z. B. 42CrMo4)
42
Stahl hochlegiert (austenitisch)
(z. B. X5CrNi18-10)[2]
15
Granit 2,8
Beton 2,1
Zementestrich 1,4
Kalkzement-Putz 1,0
Glas 0,76
Ziegelmauerwerk
(Vollziegel)
0,5…1,4
Holz senkrecht zur Faser 0,09…0,19
Gummi 0,16
Poroton (Lochziegel) 0,08…0,45
Porenbeton (Gasbeton) 0,08…0,25
Lehm 0,47…0,93
Sand, trocken 0,58
Sandstein 2,3
2,1–3,9[3]
Marmor 2,8
Kalkstein 2,2
Epoxidharzmörtel mit 85 % Quarzsand[4] 1,2
Dämmstoffe
Stoff Wärmeleit-
fähigkeit λ
in W / (m · K)
Vakuumdämmplatte 0,004…0,006
Aerogel 0,013…0,020
Schaumglas 0,040
Glasschaum-Granulat 0,080
Mineralwolle 0,032…0,050
Polyurethan (PUR) 0,021…0,035
Polystyrol mit Grafit (EPS grau) 0,030…0,035
Extrudiertes Polystyrol (XPS) 0,032…0,040
Expandiertes Polystyrol (EPS) 0,035…0,050
Polyethylen-Schaumstoffe 0,034…0,040[5]
Wolle 0,035
Kork 0,035…0,046
Schilfrohrplatte 0,045…0,055
Zellulose 0,037…0,045
Holzfaserdämmplatte 0,040…0,060
Strohballen 0,038…0,067
Perlit (Gestein) 0,040…0,070
Holzwolle-Leichtbauplatte 0,090
Metalle
Stoff Wärmeleit-
fähigkeit λ
in W / (m · K)
Silber 429
Kupfer, rein 401
Kupfer, Handelsware 240…380[6]
Gold, rein 314
Aluminium (99,5 %) 236
Kalium 135
Molybdän 138
Messing 120
Zink 110
Magnesium 170
Wolfram 167
Natrium 133
Nickel 85
Eisen 80,2
Chromstahl 1.400 30
Platin 71
Zinn 67
Tantal 54
Blei 35
Titan 22
Bismut 8,4
Quecksilber 8,3
Gasförmige Stoffe
Stoff Wärmeleit-
fähigkeit λ
in W / (m · K)
Wasserstoff 0,186[7]
Helium 0,1567[7]
Argon 0,0179[7]
Krypton 0,00949
Xenon 0,0055[7]
Luft (21 % Sauerstoff,
78 % Stickstoff)
0,0262[7]
Sauerstoff 0,0263[7]
Stickstoff 0,0260[7]
Wasserdampf 0,0248
Kohlenstoffdioxid 0,0168[7]
Methan (20 °C, 1 bar) 0,0341[7]
Schwefelhexafluorid (0 °C) 0,012
Vakuum 0
Kunststoff-Werkstoffe
Stoff Wärmeleit-
fähigkeit λ
in W / (m · K)
Polyethylenterephthalat (PET) 0,24[8]
Polyurethan kompakt (PUR) 0,245[9]
Polyimide (PI) 0,37…0,52[8]
Polyetherimid (PEI) 0,24[9]
Polytetrafluorethylen (PTFE) 0,25[8]
Polyvinylchlorid (PVC) 0,17[8]
Polyamide (Nylon, Perlon) 0,25…0,35[8]
Polypropylen (PP) 0,23[8]
Polycarbonat 0,20[8]
Epoxidharz (EP) 0,20[8]
Polymethylmethacrylat (PMMA, Plexiglas) 0,19[8]
Polyethylen (PE) 0,33…0,57[8]
Polystyrol (PS) 0,17[8]
Sonstige Stoffe
Stoff Wärmeleit-
fähigkeit λ
in W / (m · K)
Wasser[10] (0,0 °C) 0,5562[11]
Eis (−20,0 °C) 2,33
Kohlenstoff (Graphit) 119…165
Kohlenstoffnanoröhren 6000
Diamant 2300
Siliciumcarbid 350
Aluminiumnitrid 180…220
Silicium 148
Siliciumdioxid (Quarz) 1,2…1,4
Aluminiumoxid (99,6 % α-Al2O3) 28
Öl 0,13…0,15
Kreide 0,92
Schwefel 0,269
Humus 1,26
Wärmeleitpaste 4…10

Insbesondere bei sehr geringen Werten von Stoffen wie z. B. Xenon ist zu beachten, dass Wärmeenergie neben Wärmeleitung zusätzlich durch Wärmestrahlung und Konvektion übertragen werden kann; bei Vakuum jedoch nur durch Wärmestrahlung.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Dissertation Kai-Erhard Wagner (abgerufen am 29. Januar 2011)
  2. Merkblatt 821; Edelstahl Rostfrei – Eigenschaften; Herausgeber: Informationsstelle Edelstahl Rostfrei Tabelle 9; Stand: 29. Mai 2010
  3. Sven Fuchs, Andrea Förster: Rock thermal conductivity of Mesozoic geothermal aquifers in the Northeast German Basin. In: Chemie der Erde - Geochemistry. 70, Supplement 3, 2010, S. 13–22, doi:10.1016/j.chemer.2010.05.010 (PDF).
  4. Handbuch Betonschutz durch Beschichtungen, Expert Verlag 1992, Seite 413
  5. Datenblätter Trocellen PE-Dämmstoffe, abgerufen am 30. Juli 2010
  6. Hans-Jürgen Bargel, Hermann Hilbrans: Werkstoffkunde. Springer, 2008, ISBN 978-3540792963, S. 275 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 7,4 7,5 7,6 7,7 7,8 David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics, Section 4, Physical Constants of Inorganic Compounds. 90. Auflage. CRC Press, 2009, ISBN 978-1-4200-9084-0, S. 6-218 (Werte gelten bei 300 K).
  8. 8,00 8,01 8,02 8,03 8,04 8,05 8,06 8,07 8,08 8,09 8,10 Horst Czichos (Hrsg.): Die Grundlagen der Ingenieurwissenschaften, D Werkstoffe, Wärmeleitfähigkeit von Werkstoffen. 31. Auflage. Springer, 2000, ISBN 3-540-66882-9, S. D 54.
  9. 9,0 9,1 Datenblätter Technische Kunststoffe und deren Eigenschaften, abgerufen am 23. November 2010
  10. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics, Section 4, Physical Constants of Inorganic Compounds. 90. Auflage. CRC Press, 2009, ISBN 978-1-4200-9084-0, S. 6-220.

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