Orbital
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Ein Orbital ist im quantenmechanischen Modell des Atoms die Wellenfunktion eines einzelnen Elektrons in einem stationären Zustand. Sein Formelzeichen ist meist
Anders als die älteren Modelle von Niels Bohr (1913) oder Arnold Sommerfeld (1916) beschreibt ein Orbital keine genaue Elektronenbahn, sondern eine diffuse Verteilung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons. Diese erstreckt sich vom Atomkern im Zentrum nach außen bis ins Unendliche, wo sie asymptotisch gegen Null geht. Der wahrscheinlichste Abstand vom Atomkern ist für das innerste Orbital gleich dem Radius der 1. bohrschen Kreisbahn.
Anschaulich stellt man ein Orbital gewöhnlich durch die Oberfläche des kleinstmöglichen Volumens dar, in dessen Inneren sich das Elektron mit großer (z. B. 90%iger) Wahrscheinlichkeit aufhält. Man erhält damit Körper, die ungefähr der Größe und Form der Atome entsprechen, wie sie sich in chemischen Molekülen, kondensierter Materie und der kinetischen Gastheorie bemerkbar machen.
Für das einzige Elektron des Wasserstoffatoms ergeben sich die verschiedenen Orbitale als Lösungen der Schrödinger-Gleichung des Wasserstoffproblems, die 1926 erstmals veröffentlicht wurden. Sie haben verschiedene Formen, die mit
Im Orbitalmodell für Atome mit mehreren Elektronen nimmt man an, dass die Elektronen sich unter Berücksichtigung des Pauli-Prinzips auf die Orbitale verteilen. Ein solcher Zustand heißt Elektronenkonfiguration und stellt oft eine brauchbare Näherung für die in Wirklichkeit viel kompliziertere Struktur der Atomhülle dar.
Klassifikation
Orbitale werden anhand der drei Quantenzahlen
Hauptquantenzahl : Schale
Die Hauptquantenzahl
Je größer
Die Anzahl der Orbitale in einer Schale ergibt sich zu
Neben- oder Bahndrehimpuls-QZ
Form
Die Neben- oder Bahndrehimpulsquantenzahl
Statt der Ziffern 0, 1, 2,... findet man in der Literatur meist die Buchstaben s, p, d, f, g als Bezeichnung für die Nebenquantenzahl, abgeleitet aus den englischen Adjektiven für die korrespondierenden Spektrallinien; diese konkrete Bedeutung ist seit langem unwesentlich geworden:
Name | ehemalige Bedeutung | Nebenquantenzahl | Form | Anzahl |
---|---|---|---|---|
s-Orbital | sharp | kugelsymmetrisch | 1 | |
p-Orbital | principal | hantelförmig | 3 [3] | |
d-Orbital | diffuse | gekreuzte Doppelhantel | 5 | |
f-Orbital | fundamental | rosettenförmig | 7 | |
g-Orbital[1][2] | (alphabetische Fortsetzung) | ? | 9 | |
h-Orbital[1] | (alphabetische Fortsetzung) | ? | 11 |
Anmerkungen:
- [1] noch hypothetisch
- [2] kann als angeregter Zustand vorkommen. Für den Grundzustand wird es theoretisch erst für Atome ab der Ordnungszahl 121 erwartet.
- [3] entsprechend den drei Raumachsen
Die Orbitale charakterisieren streng genommen nur die stationären Elektronen-Wellen in Systemen mit nur einem Elektron (wie z. B. Wasserstoffatom H, Heliumion He+, Lithiumion Li2+ usw.). Da die Form der Orbitale auch in Mehrelektronensystemen in etwa erhalten bleibt, reicht ihre Kenntnis aus, um viele qualitative Fragen zur chemischen Bindung und zum Aufbau von Stoffen zu beantworten.
Dabei ist zu beachten, dass die in der Literatur dargestellten Orbitale zuweilen nicht die Eigenzustände zur magnetischen Quantenzahl
Unterschale
Je größer
- bei
ist das Orbital kugelförmig und hat auch bei , also im Kern, eine nicht verschwindende Aufenthaltswahrscheinlichkeit. - Der Maximalwert
entspricht der bohrschen Kreisbahn, hier konzentriert sich die Aufenthaltswahrscheinlichkeit genau bei dem Radius wie im bohrschen Modell berechnet.
Da bei Atomen mit mehreren Elektronen die inneren Elektronen die anziehende Kernladung abschirmen, verringert sich die Bindungsenergie der äußeren Elektronen. Dadurch ergeben sich je nach Nebenquantenzahl bzw. Kernabstand verschiedene Energieniveaus innerhalb derselben Schale, die auch als Unterschalen bezeichnet werden.
Die Anzahl der Unterschalen je Schale ist gleich der Hauptquantenzahl
- für
gibt es nur die 1s-Schale. - für
sind also drei Unterschalen möglich, die als 3s, 3p, 3d bezeichnet werden.
Pro Unterschale gibt es
Magnetquantenzahl : Neigung des Drehimpulsvektors
Die Magnetquantenzahl
- (genau genommen)
beschreibt die Neigung
- bei
liegt er (etwa) parallel zur Achse, - bei
(etwa) antiparallel.
Dass bei gegebenem
Wenn kein äußeres Feld anliegt, haben die
Magnetische Spinquantenzahl
Bei den leichteren Atomen braucht man den Elektronenspin nur in der Form zu berücksichtigen, dass jedes Orbital
Gesamtdrehimpuls und magnetische Quantenzahl
Zu den schweren Atomen hin wird die Spin-Bahn-Wechselwirkung stärker. Sie bewirkt die Aufspaltung der Energie einer Unterschale zu festem
Quantentheorie
Aus der nichtrelativistischen Quantentheorie ergeben sich die Orbitale wie folgt: Die Wechselwirkung zwischen Elektron und Atomkern wird vereinfacht durch das Coulombpotential beschrieben, der Atomkern als fix angenommen. Der Hamiltonoperator für das Ein-Elektron-System ist
Da der Hamiltonoperator mit dem Drehimpulsoperator kommutiert, bilden
Die Schrödingergleichung
lässt sich in einen radius- und einen winkelabhängigen Teil zerlegen. Die Eigenfunktionen
Diese sind bis
Die dargestellten Orbitale sind alle um die z-Achse ausgerichtet, weil es sich um Eigenfunktionen des
Hybridisierung
Einige Symmetrien von chemischen Bindungen scheinen den charakteristischen Formen der Orbitale zu widersprechen. Diese Bindungssymmetrien werden erst durch die Bildung von Hybrid-Orbitalen verständlich, die in Mehrteilchen-Wellenfunktionen auftreten (siehe oben).
Mehr-Elektronen-Wellenfunktionen
Die direkte Interpretation von Orbitalen als Wellenfunktionen ist nur bei Einzelelektronensystemen möglich. Bei Mehrelektronensystemen werden aber diese Orbitale in Slater-Determinanten eingesetzt, um Mehrelektronen-Wellenfunktionen zu konstruieren. Solche Orbitale können durch Hartree-Fock-, Kohn-Sham-Rechnungen (siehe: Dichtefunktionaltheorie (Quantenphysik)) oder MCSCF-Rechnungen (MCSCF: Multiconfiguration Self Consistent Field) bestimmt werden. Dabei ist zu beachten, dass man aus einer gegebenen Mehrteilchen-Wellenfunktion nicht eindeutig auf die einzelnen besetzten Orbitale zurückschließen kann, denn verschiedene Sätze von Linearkombinationen der Orbitale können mathematisch die gleiche Mehrteilchen-Wellenfunktion ergeben.
Siehe auch
Weblinks
- Erklärung des Orbitalmodells mit Abbildungen der Orbitale
- 3D-Darstellung der Orbitale des Wasserstoffatoms mit dem Elektroniummodell
- Orbitalbilder und Erklärungen im Netchemie Lexikon
- 3D-Darstellungen von Orbitalen
- 3D-Darstellung der 1s bis 5g Orbitale des Wasserstoffatoms
- 3D-Darstellung aller möglichen Orbitale, Programm zum Erzeugen derselben
- Elektronenbelegung der Orbitale im Zusammenhang mit dem Aufbau des Periodensystems (PDF-Datei; 10 kB)
- Wasserstoff-Orbitals