Richtungsquantelung
Als Richtungsquantelung oder Richtungsquantisierung wird die physikalische Beobachtung bezeichnet, dass der Winkel, den der Drehimpulsvektor mit einer beliebig gewählten Achse bildet, nur bestimmte, diskrete Werte einnehmen kann. Dies gilt für Systeme, die durch die Quantenmechanik beschrieben werden müssen und sich in einem gemeinsamen Eigenzustand zum Quadrat des Drehimpulsoperators ($ {\hat {\vec {J}}}^{2} $) und zu seiner Komponente längs der betreffenden Achse ($ {\hat {J}}_{z} $, wenn die Achse als z-Achse bezeichnet wird) befinden. Betroffen sind
- Spin und Bahndrehimpuls von freien Teilchen
- und praktisch ausnahmslos alle möglichen Energieeigenzustände von freien Atomen, Molekülen etc.
Diese Zustände mit wohldefiniertem Winkel zwischen dem Drehimpuls und der z-Achse werden auch als "an der z-Achse ausgerichtet" bezeichnet. Die möglichen Winkel zur z-Achse liegen symmetrisch zu 90°, wobei 0° und 180° (genau parallel bzw. entgegengesetzt zur z-Achse) immer ausgeschlossen sind. In an der z-Achse ausgerichteten Zuständen sind die Winkel zwischen dem Drehimpuls und den zur z-Achse senkrechten Achsen vollständig unbestimmt. Jedoch lässt sich ein Zustand, der an einer beliebigen anderen Achse (auch einer schräg liegenden) ausgerichtet ist, immer als quantenmechanische Superposition von den an der z-Achse ausgerichteten Zuständen darstellen.
Die Richtungsquantelung wurde 1916 im Rahmen des Bohr-Sommerfeldschen Atommodells theoretisch vorhergesagt. Sie erlaubt die quantenphysikalische Deutung der Aufspaltung der Energieniveaus im Magnetfeld, wie sie beim Zeeman-Effekt beobachtet wird. Direkt beobachtet wurde die Richtungsquantelung zuerst 1922 durch magnetische Ablenkung von Silberatomen mit verschieden orientierten Drehimpulsen im Stern-Gerlach-Experiment.
Magnetische Quantenzahl und erlaubte Winkel
Die zur Richtungsquantelung gehörende Quantenzahl $ m $, auch als magnetische Quantenzahl bezeichnet, gibt den Eigenwert $ m\hbar $ der z-Komponente des Drehimpulses an ($ \hbar $ ist das reduzierte Plancksche Wirkungsquantum). Hat der Betrag des Drehimpulses die Quantenzahl $ J $ (der Operator $ {\hat {\vec {J}}}^{2} $ hat dann den Eigenwert $ J(J{\mathord {+}}1)\hbar ^{2} $), kann die magnetische Quantenzahl die Werte $ m=J,(J{\mathord {-}}1),\ldots ,-(J{\mathord {-}}1),-J $ annehmen. Für jede Quantenzahl $ m $ liegt der Winkel $ \theta _{m} $ zwischen Drehimpuls und z-Achse fest, es gilt $ \cos \theta _{m}={\tfrac {m}{\sqrt {J(J{\mathord {+}}1)}}} $.
Andere Winkel können sich nur als Mittelwert einer Wahrscheinlichkeitsverteilung ergeben, wenn sich das System in einem Zustand befindet, worin sich mehrere Zustände zu verschiedenen $ m $ überlagern. Ein Zustand mit bestimmtem Einstellwinkel bezüglich einer Achse kann immer auch als eine Superposition von Zuständen mit bestimmten Einstellwinkeln bezüglich einer anderen Achse dargestellt werden. Damit löst sich der scheinbare Widerspruch zur Anschauung auf, dass es einerseits längs einer bestimmten Achse nur diskrete Einstellwinkel gibt, andererseits diese Achse aber frei wählbar ist oder - gleichbedeutend - das physikalische System in seinem Zustand um beliebige Winkel gedreht werden kann.