Riebeckit
Riebeckit | |
Schwarze Riebeckitkristalle in Alkali-Pegmatit bei Évisa im Kanton Les Deux-Sevi, Korsika, Frankreich | |
Chemische Formel |
□Na2(Fe32+Fe23+[(OH)2|Si8O22][1] |
Mineralklasse | Silikate und Germanate – Kettensilikate und Bandsilikate 9.DE.25 (8. Auflage: VIII/F.08) nach Strunz 66.01.03c.05 nach Dana |
Kristallsystem | monoklin |
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin | monoklin-prismatisch 2/m[2] |
Farbe | schwarz bis dunkelblau; dunkelblau bis gelbgrün in dünnen Schichten[3] |
Strichfarbe | blaugrau[4] |
Mohshärte | 5 bis 6[4] |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 3,28 bis 3,44 ; berechnet: 3,380[3] |
Glanz | Glasglanz bis Seidenglanz |
Transparenz | durchscheinend bis undurchsichtig |
Bruch | muschelig bis uneben; spröde[3] |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {110}[3] |
Habitus | lange, prismatische bis nadelige Kristalle; faserig (Krokydolith) |
Häufige Kristallflächen | {110}, {010}, 101} |
Zwillingsbildung | einfach oder mehrfach // {100} |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | nα = 1,680 bis 1,698 nβ = 1,683 bis 1,700 nγ = 1,685 bis 1,706[5] |
Doppelbrechung (optischer Charakter) |
δ = 0,005 bis 0,008[5] ; zweiachsig negativ |
Optischer Achsenwinkel | 2V = 68° bis 85° (gemessen), 62° to 78° (berechnet)[5] |
Pleochroismus | grünblau, graublau, gelbbraun |
Das Mineral Riebeckit ist ein eher selten vorkommendes Kettensilikat aus der Gruppe der Alkali-Amphibole. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der Zusammensetzung □Na2(Fe32+Fe23+[(OH)2|Si8O22][1], ist also chemisch gesehen ein komplex zusammengesetztes Natrium-Eisen-Silikat. Mit Magnesioriebeckit (□Na2(Mg,Fe)3Fe23+[(OH)2|Si8O22][1]) bildet Riebeckit eine lückenlose Mischkristallreihe.
Riebeckit entwickelt nur selten lange, prismatische Kristalle, die aber dann bis zu 20 cm lang sein können.[3] Im Allgemeinen ist er in Form feinnadeliger bis faseriger Mineral-Aggregate zu finden, die als Krokydolith bezeichnet werden. Das durchscheinende bis undurchsichtige Mineral ist gewöhnlich von schwarzer bis dunkelblauer, in dünnen Schichten auch von dunkelblauer bis gelbgrüner Farbe. Auf der Strichtafel hinterlässt Riebeckit einen blaugrauen Strich. Sichtbare Kristallflächen weisen einen glasähnlichen Glanz auf, faserige Varietäten schimmern dagegen wie Seide.
Etymologie und Geschichte
Erstmals entdeckt wurde Riebeckit von dem deutschen Ethnologen, Mineralogen und Naturforscher Emil Riebeck (1853-1885) im Sokotra-Archipel (Socotra) im Jemen und beschrieben 1888 von Adolf Sauer, der das Mineral nach seinem Entdecker benannte.[6]
Klassifikation
Bereits in der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Riebeckit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Kettensilikate und Bandsilikate (Inosilikate)“, wo er zusammen mit Arfvedsonit, Crossit, Dellaventurait, Eckermannit, Ferrinybøit, Ferri-Ferronybøit, Ferripedrizit, Ferriwhittackerit, Ferro-Eckermannit, Ferroleakeit, Ferroglaukophan, Fluoro-Ferroleakeit, Fluoro-Magnesio-Arfvedsonit, Fluoronybøit, Glaukophan, Kaliumarfvedsonit, Kaliumleakeit, Kornit, Kozulith, Leakeit, Magnesio-Arfvedsonit, Magnesioriebeckit, Natrium-Ferri-Ferropedrizit, Natrium-Ferripedrizit, Nybøit, Obertiit und Ungarettiit die eigenständige „Amphibolgruppe, Untergruppe Alkali-Amphibole“ mit der System-Nr. VIII/F.08 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Riebeckit ebenfalls in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Ketten- und Bandsilikate (Inosilikate)“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der Art der Ketten- bzw. Bandstruktur sowie teilweise nach der Zugehörigkeit zu besonderen Mineralverwandschaften, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Klinoamphibole“ zu finden ist, wo es zusammen mit Arfvedsonit, Dellaventurait, Eckermannit, Ferri-Ferronybøit, Ferri-Klinoferroholmquistit, Ferrinybøit, Ferri-Ottoliniit, Ferriwhittakerit, Ferro-Eckermannit, Ferroglaukophan, Ferroleakeit, Ferronybøit, Ferropedrizit, Fluor-Arfvedsonit, Fluoro-Ferroleakeit, Fluoro-Kalium-Magnesio-Arfvedsoni, Fluoro-Magnesio-Arfvedsonit, Fluoro-Natriumpedrizit, Fluoronybøit, Fluor-Riebeckit, Glaukophan, Klinoferroholmquistit, Kornit, Kôzulith, Leakeit, Magnesio-Arfvedsonit, Magnesioriebeckit, Nybøit, Obertiit, Ottoliniit, Pedrizit, Kalium-Magnesio-Arfvedsonit, Kaliumarfvedsonit, Kaliumleakeit, Natrium-Ferri-Klinoferroholmquistit, Natrium-Ferri-Ferropedrizit, Natrium-Ferripedrizit, Natrium-Ferropedrizit, Natriumpedrizit, Ungarettiit und Whittakerit die „Alkali-Klinoamphibole, Glaukophan-Eckermannit-Gruppe“ mit der System-Nr. 9.DE.25 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den in die Klasse der „Silikate und Germanate“, dort allerdings in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Kettensilikate: Doppelte unverzweigte Ketten, W=2“ ein. Hier ist er einziges Mitglied/zusammen mit in der „Gruppe 4, Natrium-Amphibole“ mit der System-Nr. 66.01.03c innerhalb der Unterabteilung der „Kettensilikate: Doppelte unverzweigte Ketten, W=2 Amphibol-Konfiguration“ zu finden.
Modifikationen und Varietäten
Als einzige Varietät ist zurzeit Krokydolith (auch Hornblendeasbest oder blauer Asbest) bekannt.
Bildung und Fundorte
Riebeckit bildet sich entweder magmatisch in Granit, Rhyolith und Syenit, wo er meist in Paragenese mit Aegirin, Nephelin, Albit oder Arfvedsonite zu finden ist, oder aber mit Tremolit und Ferro-Aktinolith vergesellschaftet in metamorphen Gesteinen wie in Quarziten oder eisenreichen Schiefern. Weitere Begleitminerale sind unter anderem Grunerit, Magnetit, Hämatit, Stilpnomelan, Ankerit, Siderit, Calcit.
Verwitterung durch Oxidation und teilweiser Ersatz des Riebeckits durch Siliciumdioxid (Verkieselung) geht das Mineral mit der Zeit zunächst in die Varietät Falkenauge und schließlich in die Varietät Tigerauge über.
Als eher seltene Mineralbildung kann Riebeckit an verschiedenen Fundorten zum Teil reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Als bekannt gelten bisher (Stand: 2011) rund 300 Fundorte.[5]
Bekannt aufgrund außergewöhnlicher Funde von Riebeckit ist unter anderem Khangay in der Mongolei, wo Kristalle bis etwa 15 cm Länge zutage traten.[7] In den Vereinigten Staaten gibt es mit dem Great Blue Hill einen Berg, der nach dem bläulichen Schimmer seines Granitgesteins benannt wurde, das Riebeckit enthält.
Der bisher einzige bekannte Fundort in Österreich ist der Schlossberg bei Gloggnitz im Industrieviertel Niederösterreichs. In der Schweiz fand sich Riebeckit am Glärnisch im Kanton Glarus, am Piz Lunghin, Plaun Grand (bei Sils im Engadin/Segl) und Kistenpass im Kanton Graubünden sowie auf der Urnerboden und bei Ängisort (nahe Seedorf UR) im Kanton Uri.
Weitere Fundorte liegen unter anderem in Algerien, der Antarktis, Argentinien, Australien, Bolivien, Brasilien, China, Frankreich, Grönland, Indien, Israel, Italien, Jamaika, Japan, im Jemen, Kanada, Kasachstan, Kenia, Kirgisistan, Madagaskar, Malawi, Mongolei, Namibia, Neuseeland, Niger, Nigeria, Nordkorea, Norwegen, Pakistan, Portugal, Réunion, Russland, Saudi-Arabien, Schweden, Simbabwe, Slowakei, Spanien, Südafrika, Tadschikistan, Ukraine, Ungarn, Venezuela, im Vereinigten Königreich (Großbritannien) und den Vereinigten Staaten (USA).[8]
Kristallstruktur
Riebeckit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe C2/m (Raumgruppen-Nr. 12) mit den Gitterparametern a = 9,81 Å; b = 18,01 Å; c = 5,33 Å und β = 103,7° sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]
Verwendung
Von technischer Bedeutung als „Asbest“ war vor allem die faserige Varietät Krokydolith, da sie sich gut verspinnen lässt und wie die anderen Asbestarten hitze- und säurebeständig ist. Aufgrund der starken Gesundheitsgefährdungen, die von den feinen Asbestfasern ausgehen, wird allerdings auch Krokydolith-Asbest mittlerweile nicht mehr verwendet.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 632.
- ↑ Webmineral - Riebeckite
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols: Riebeckite, in: Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 79,1 kB)
- ↑ 4,0 4,1 Walter Schumann: Der große BLV Steine- und Mineralienführer. 7. Auflage. BLV Buchverlag GmbH & Co.KG, München 2007, ISBN 978-3-8354-0212-6, S. 86.
- ↑ 5,0 5,1 5,2 5,3 Mindat - Riebeckite
- ↑ Adolf Sauer: Ueber Riebeckit, ein neues Glied der Hornblendegruppe, sowie über Neubildung von Albit in granitischen Orthoklasen, in: Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft, Band 15, Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung), Berlin 1888, S. 138 – 152 (PDF 1,2 MB)
- ↑ Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 241 (Dörfler Natur).
- ↑ Mindat - Localities for Riebeckite
Literatur
- Friedrich Klockmann, Paul Ramdohr, Hugo Strunz (Hrsg.): Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978 (Erstausgabe: 1891), ISBN 3-432-82986-8, S. 729.
- Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7. vollständige überarbeitete und aktualisierte Auflage. Springer Verlag, Berlin u. a. 2005, ISBN 3-540-23812-3, S. 99.
Weblinks
- Mineralienatlas:Riebeckit (Wiki)
- Webmineral - Riebeckite (englisch)
- MinDat - Riebeckite (englisch)