Richterskala

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Jesuit der Santa Clara University, Kalifornien, mit Seismograph 1929

Die Richterskala ist eine der gebräuchlichen Magnitudenskalen, die in der Seismologie zum Vergleich der Stärke (Energiefreisetzung) von Erdbeben bis zu einem Wert von 6,5 herangezogen werden. Sie basiert auf Amplitudenmessungen von Seismogrammaufzeichnungen, die in relativ geringer Distanz von wenigen hundert Kilometern zum Epizentrum gewonnen wurden. Sie ist daher auch unter dem Begriff Lokalbeben-Magnitude bekannt.

Für die Bestimmung der Stärke von Erdbeben werden heutzutage Aufzeichnungen von Messgeräten genutzt, die auf der gesamten Erdoberfläche verteilt sind. Die daraus ermittelte Intensität wird meist in Momenten-Magnituden-Werten angegeben. Fälschlicherweise wird in der Presse dabei häufig von Werten der Richterskala gesprochen.

Entstehung

Die Skala wurde von Charles Francis Richter und Beno Gutenberg am California Institute of Technology 1935 entwickelt und anfänglich als ML-Skala (Magnitude Local) bezeichnet. In seiner grundlegenden Veröffentlichung An instrumental Earthquake Magnitude Scale im Bulletin of the Seismological Society of America wandte Charles Francis Richter die erstmals von K. Wadati 1931 publizierte grundlegende Idee einer instrumentellen Erdbebenskala auf kalifornische Erdbeben an.

Grundlagen

Aufgrund ihrer Definition ist die Richterskala nach oben unbegrenzt, die physischen Eigenschaften der Erdkruste machen aber ein Auftreten von Erdbeben der Stärke 9,5 oder höher nahezu unmöglich, da das Gestein nicht genug Energie speichern kann und sich vor Erreichen dieser Stärke entlädt. Die häufig in den Medien verwendete Bezeichnung „nach oben offen“ soll die instrumentelle Richterskala von den Intensitätsskalen abgrenzen, mit denen häufig Stärke und Zerstörungskraft eines Erdbebens charakterisiert werden.

Die meisten Magnitudenskalen erreichen im oberen Wertebereich eine Sättigung: Wächst die beim Beben freigesetzte Energie weiter an, ändert sich die Magnitude dann nur noch wenig und die Skala verliert ihre Linearität. Auch die Richterskala unterliegt diesem Phänomen, sie ist für Angaben oberhalb der Magnitude 6,5 daher nicht geeignet. Darüber hinausgehende Werte beziehen sich in der Regel auf andere Magnitudenskalen.

Ableitung

Der angegebene Wert, die Magnitude oder Größenklasse, leitet sich aus dem dekadischen Logarithmus der maximalen Amplitude (Auslenkung) im Seismogramm ab. Die Bestimmung der Magnitude erfolgt nach folgender Beziehung[1]:

$ M_{\mathrm {L} }=\log _{10}\left({\frac {A_{\max }}{A_{0}}}\right) $,

wobei Amax den maximalen Ausschlag in Mikrometer (μm) angibt, mit der ein kurzperiodisches Standardseismometer (Wood-Anderson-Seismograph) ein Beben in einer Entfernung von 100 km zum Epizentrum aufzeichnen würde. Der Bezug $ A_{0} $ muss zwecks Korrektur gegebenenfalls auf die Verhältnisse für Beben in abweichenden Entfernungen angepasst werden. Dazu wird die Dämpfung der Amplitude berücksichtigt, die wiederum von der regionalen Geschwindigkeits- und Dämpfungsstruktur, vom Alter der Erdkruste und deren Zusammensetzung, von der Herdtiefe sowie von den Wärmeflussbedingungen abhängt. Streng genommen sind diese Kalibrierungsfunktionen nach Richter nur für Südkalifornien gültig und müssen für andere Regionen der Erde gesondert bestimmt werden[1].

Wegen des dekadischen Logarithmus bedeutet der Anstieg der Magnitude um einen Punkt auf der Skala einen etwa zehnfach höheren Ausschlag (Amplitude) im Seismogramm und näherungsweise die 32-fache Energiefreisetzung (exponentielles Wachstum) im Erdbebenherd. Eine Magnitude von zwei oder weniger wird als Mikroerdbeben bezeichnet, da es von Menschen oft nicht wahrgenommen werden kann und nur von lokalen Seismographen erfasst wird. Beben mit einer Stärke von etwa 4,5 und höher sind stark genug, um von Seismographen auf der ganzen Welt erfasst zu werden. Allerdings muss die Stärke über 5 liegen, um als mäßiges Erdbeben angesehen zu werden.

Einteilung der Skalenwerte

Den Magnitudenwerten lassen sich typische Effekte im Bereich des Epizentrums zuordnen. Es ist zu beachten, dass die Intensität und dadurch die Bodeneffekte nicht nur von der Magnitude abhängen, sondern auch von der Distanz zum Epizentrum, der Tiefe des Erdbebenherdes unter dem Epizentrum und den lokalen geologischen Bedingungen.[2]

Richter-Magnituden Einteilung der Erdbebenstärke Erdbebenauswirkungen Häufigkeit der Ereignisse weltweit
< 2,0 Mikro Mikro-Erdbeben, nicht spürbar ≈ 8000-mal pro Tag
2,0 … < 3,0 extrem leicht Generell nicht spürbar, jedoch gemessen ≈ 1000-mal pro Tag
3,0 … < 4,0 sehr leicht Oft spürbar, Schäden jedoch sehr selten ≈ 49.000-mal pro Jahr (geschätzt)
4,0 … < 5,0 leicht Sichtbares Bewegen von Zimmergegenständen, Erschütterungsgeräusche; meist keine Schäden ≈ 6200-mal pro Jahr (geschätzt)
5,0 … < 6,0 mittelstark Bei anfälligen Gebäuden ernste Schäden, bei robusten Gebäuden leichte oder keine Schäden ≈ 800-mal pro Jahr
6,0 … < 7,0* stark Zerstörung im Umkreis bis zu 70 km ≈ 120-mal pro Jahr
7,0* … < 8,0* groß Zerstörung über weite Gebiete ≈ 18-mal pro Jahr
8,0* … < 9,0* sehr groß Zerstörung in Bereichen von einigen hundert Kilometern ≈ einmal pro Jahr
9,0* … < 10,0* extrem groß Zerstörung in Bereichen von tausend Kilometern ≈ alle 1 bis 20 Jahre
≥ 10,0* globale Katastrophe Noch nie registriert Extrem selten (unbekannt)

* Die Richterskala ist messtechnisch nach oben auf Magnitude 6,5 begrenzt. Höhere Magnituden stärkerer Beben werden mit der Momenten-Magnituden-Skala (MW) bestimmt.

Bezug zu anderen Skalen

Trotz des grundlegend anderen Ansatzes der Richterskala wird häufig versucht, diese mit den Intensitätsskalen, wie etwa der modifizierten und mehrfach weiterentwickelten Mercalliskala des Italieners Giuseppe Mercalli (1850–1914), in Bezug zu setzen. Auf einer weiteren Intensitätsskala, der so genannten MSK-Skala (Medvedev-Sponheuer-Karnik-Skala), wird die Stärke eines Bebens beispielsweise in zwölf Stärkegraden angegeben. Die Abstufung orientiert sich sowohl an subjektiven als auch an objektiven Kriterien.

Seit geraumer Zeit wird in vielen Fällen auch die Momenten-Magnituden-Skala (Abkürzung MW) angegeben, deren Bestimmungsgrößen auf den physikalischen Parametern im Erdbebenherd beruhen.

Der logarithmische Zusammenhang zwischen Energie und Magnitude lässt sich näherungsweise zusammenfassen mit

$ M=2+{\frac {2}{3}}\log _{10}W{\textrm {\quad bzw.\quad }}W=10^{{\frac {3}{2}}(M-2)}\,, $

wobei M die Magnitude und W die äquivalente (explosive) Energie in Tonnen TNT ist.

Siehe auch

  • JMA-Skala
  • MSK-Skala (Medvedev-Sponheuer-Karnik-Skala)
  • Mercalliskala
  • Momenten-Magnitude
  • Raumwellenmagnitude (Abkürzung mb) oder die Oberflächenwellenmagnitude (Abkürzung MS) sind ebenfalls logarithmische Energieskalen.
  • Seismograph
  • Sieberg-Skala
  • Vulkanexplosivitätsindex
  • Erdbeben von Valdivia 1960, das Erdbeben mit der weltweit größten jemals aufgezeichneten Magnitude

Literatur

  •  Charles F. Richter: An instrumental earthquake magnitude scale. In: Bulletin of the Seismological Society of America. Vol. 25, Nr. 1, Januar 1935, ISSN 0037-1106, S. 1–32.
  •  B. Gutenberg, C. F. Richter: Seismicity of the Earth and Associated Phenomena. Princeton University Press, Princeton NJ 1949.

Belege

  1. 1,0 1,1 Peter Bormann (Hrsg.): IASPEI New Manual of Seismological Observatory Practice, GeoForschungsZentrum Potsdam 2002
  2. USGS: FAQ- Measuring Earthquakes

Weblinks


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