Bohrscher Radius

Bohrscher Radius

Physikalische Konstante
Name Bohrscher Radius
Formelzeichen a0
Größenart Länge
Wert
SI 0,52917721092(17)1010m
Unsicherheit (rel.) 3,21010
Gauß 5,2917721092(17)109cm
Bezug zu anderen Konstanten
a0=4πε02mee2
Quellen und Anmerkungen
Quelle SI-Wert: CODATA 2010, Direktlink: NIST

Der bohrsche Radius a0 bezeichnet den Radius des Wasserstoffatoms im niedrigsten Energiezustand und somit auch den Radius seiner ersten und kleinsten Elektronenschale im Rahmen des bohrschen Atommodells; dabei bleibt die kleine Korrektur noch unberücksichtigt, die der Mitbewegung des Atomkerns um den Schwerpunkt entspricht.

Eine quantenmechanische Betrachtung ergibt, dass im niedrigsten Energiezustand die Wahrscheinlichkeit, das Elektron zu messen, beim bohrschen Radius maximal wird. Der relevantere Erwartungswert für den Radius ist jedoch das 1,5-fache des bohrschen Radius.

Formeln und Zahlenwert

Der bohrsche Radius errechnet sich gemäß der Formel:

a0=4πε02mee2.

Dabei ist

Ebenso wird der bohrsche Radius beschrieben durch

a0=λe2πα

mit

Der Wert beträgt nach derzeitiger Messgenauigkeit der in die Rechnung einfließenden Naturkonstanten:[1]

a0=0,52917721092(17)1010m,

wobei die eingeklammerten Ziffern die geschätzte Standardabweichung von 0,000 000 000 17 angeben.

Der bohrsche Radius wird in der Atomphysik als Längeneinheit benutzt, als Näherungen werden 52,9 pm oder ein halbes Ångström (= 50 pm) verwendet.

Berücksichtigt man die endliche Masse MK des Kerns und damit seine Mitbewegung um den gemeinsamen Schwerpunkt, muss man in den mechanischen Formeln die Elektronenmasse me durch die reduzierte Masse μ=me(1+meMK) ersetzen. Der Bahnradius wird dann μa0. Die Korrektur beträgt beim H-Atom nur ca. 0,05 %, beim He+-Ion, das ebenfalls nur ein Elektron besitzt, ca. 0,01 %.

Herleitung

Schon mithilfe einer einfachen Abschätzung und unter Berücksichtigung der Unschärferelation lässt sich der bohrsche Radius ermitteln.

Es wird angenommen, der Abstand des im Wasserstoffatom gebundenen Elektrons zum Kern betrage für gewöhnlich a.

Der Unschärferelation wegen lässt sich der Impuls des Elektrons grob mit

p=/a

angeben, wobei die Ortsobservable x hier durch den Abstand a ersetzt wird.

Die kinetische Energie beträgt demnach

Ekin(a)=12mev2=12p2me=121me(a)2.

Die potentielle Energie ist gemäß dem Coulombschen Gesetz

V(a)=14πε0e2a,

woraus sich die Gesamtenergie ergibt:

E(a)=Ekin.(a)+V(a)=22mea214πε0e2a.

Je weiter sich das Elektron vom Kern entfernt, desto kleiner wird seine kinetische Energie, wegen des negativen Vorzeichens wächst damit aber seine potentielle Energie.

Im Grundzustand realisiert sich eine Art „Kompromiss“, der die Gesamtenergie minimal macht; der zugehörige Radius a ergibt sich, indem man die Energie nach a differenziert und die Ableitung gleich Null setzt (Extremwertermittlung):

dEda=0a0=4π2ε0mee2.

Dies ist genau der bohrsche Radius.

Setzt man nun a0 in E(a) ein, so erhält man die Rydberg-Energie, die Ionisierungsenergie des Wasserstoffs:

E(a0)=12mee4(4π)2ε022=12e24πε0a0=13,6eV.

Historisches

Niels Bohr erwähnt in seinem Aufsatz[2] den österreichischen Physiker Arthur Erich Haas, der die Formel für a0 schon 1910/11 gefunden und damit erstmals die Rolle erkannt hatte, die die Plancksche Konstante h in der Atomphysik, insbesondere in ihren mechanischen Aspekten, spielen könnte. In seinem Modell läuft ein Elektron auf der Oberfläche einer mit 1e positiv geladenen Kugel um, was nach dem Gaußschen Gesetz der Elektrostatik dieselbe Anziehungskraft ergibt wie ein punktförmiger Kern. Dies Modell fand damals keine Beachtung, u. a. weil man vielfach auch beim Wasserstoff noch von einer viel größeren Anzahl von Elektronen ausging, also entsprechend auch von einer größeren positiven Ladung des Rests des insgesamt neutralen Atoms. Auch hielt man es weithin für ausgeschlossen, dass h außerhalb des Themas harmonische Schwingungen eine Bedeutung haben könnte.

Anfangs lagen die mit dem bohrschen Radius a0 berechneten Energien bzw. Wellenlängen des Wasserstoffspektrums um 0,05 % neben den damals bekannten Messwerten, beim Helium-Ion um 0,01 %. Doch dass die kleinen Korrekturen wegen der Mitbewegung des Kerns in beiden Fällen volle Übereinstimmung erbrachten, sicherte dem bohrschen Modell rasch große Anerkennung.

Quellen

  • Feynman, R.P.: „Vorlesungen über Physik. Quantenmechanik.“ Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH, München 2007.
  • Brown, L.M., Pais, A., Pippard, Sir B. (Hrsg.): "Twentieth Century Physics" Bd. 1, Inst. of Phys. Publishing Ltd. Bristol, 1995 (ISBN 0750303530)
  • Max Jammer: The Conceptual Development of Quantum Mechanics. MCGraw-Hill, NewYork 1966.

Einzelnachweise

  1. CODATA Recommended Values. National Institute of Standards and Technology, abgerufen am 18. Juni 2011. Wert für den Bohrschen Radius
  2. N. Bohr: On the Constitution of Atoms and Molecules. In: Philosophical Magazine. 26, 1913, S. 4.