Cinnabarit
Cinnabarit | |
Cinnabarit auf Calcit aus Charcas, Municipio de Charcas, San Luis Potosí, Mexiko (Größe: 5,0 x 3,5 x 3,0 cm) | |
Andere Namen |
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Chemische Formel | |
Mineralklasse | Sulfide, Sulfosalze ; Metall:Schwefel, Selen, Tellur = 1:1 2.CD.15a (8. Auflage: II/C.18) nach Strunz 02.08.14.01 nach Dana |
Kristallsystem | trigonal |
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin | trigonal-trapezoedrisch; 32[2] |
Raumgruppe (Raumgruppen-Nr.) | P3121 oder P3221 (Raumgruppen-Nr. 152 oder 154) |
Farbe | Zinnoberrot, Braunrot, Bleigrau |
Strichfarbe | Scharlachrot |
Mohshärte | 2 bis 2,5 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 8,176 ; berechnet: 8,20[3] |
Glanz | Diamantglanz, Metallglanz, matt |
Transparenz | durchscheinend bis undurchsichtig |
Bruch | muschelig bis uneben; splitterig, spröde |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {1010} |
Habitus | tafelige bis prismatische, rhomboedrische, dipyramidale und über 50 weitere Kristallformen |
Häufige Kristallflächen | {0001}, {1011} |
Zwillingsbildung | nach (0001) Berührungs- und Durchdringungszwillinge[4] |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | nω = 2,905 ; nε = 3,256[5] |
Doppelbrechung (optischer Charakter) |
δ = 0,351[5] ; einachsig positiv |
Weitere Eigenschaften | |
Chemisches Verhalten | kann aus Quecksilber(II)salz-Lösungen durch Schwefelwasserstoff als Quecksilber(II)sulfid ausgefällt werden |
Ähnliche Minerale | Cuprit, Krokoit, Proustit, Realgar, Rutil |
Magnetismus | Diamagnetismus |
Cinnabarit, im deutschen Sprachraum auch als Zinnober bekannt, ist ein häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“. Er kristallisiert im trigonalen Kristallsystem mit der Zusammensetzung HgS, ist also chemisch gesehen ein Quecksilbersulfid.
Cinnabarit ist durchscheinend bis undurchsichtig und entwickelt nur selten größere, aber meist sehr flächenreiche Kristalle mit tafeligem bis prismatischem, rhomboedrischem oder dipyramidalem Habitus. Bekannt wurden bisher über 50 Kristallformen sowie Kristallzwillinge.[4] Meist findet er sich allerdings in Form krustiger Überzüge oder körniger bis massiger Mineral-Aggregate. Sichtbare Kristallflächen weisen einen diamantähnlichen Glanz auf, derbe Aggregate oder Krusten sind dagegen eher matt.
Die Farbe von Cinnabarit ist überwiegend von einem charakteristisch leuchtenden, leicht ins gelbe tendierenden und auch als Farbe bekannten Zinnoberrot. Durch Fremdbeimengungen kann das Mineral aber auch eine braunrote bis bleigraue Farbe annehmen. Seine Strichfarbe ist jedoch immer ein kräftiges Rot, das als Scharlachrot beschrieben wird.[3]
Mit einer Mohshärte von 2 bis 2,5 gehört Cinnabarit zu den weichen Mineralen, die sich ähnlich wie das Referenzmineral Gips oder Halit gerade noch mit dem Fingernagel ritzen lassen. Cinnabarit kann farblich leicht mit Realgar verwechselt werden, mit dem er häufig vergesellschaftet vorkommt. Er unterscheidet sich allerdings durch seine viel höhere Dichte von diesem (Cinnabarit ≈ 8,2 g/cm3; Realgar ≈ 3,6 g/cm3). Weitere farblich ähnliche Minerale sind Cuprit, Krokoit, Proustit und Rutil.
Besondere Eigenschaften
Cinnabarit weist eine auffällig hohe Doppelbrechung (δ = 0,351), die etwa doppelt so hoch ist wie die des dafür bekannten Calcits (Doppelspat, δ = 0,154 bis 0,174). Zudem zeigt er eine sehr starke, den Quarz um das 15-fache übertreffende[6], zirkulare Polarisation.
Vor dem Lötrohr sublimiert Cinnabarit sehr leicht (ab 200 °C) und mit Soda im Glührohr erhitzt, setzt sich reines Quecksilber ab. Gegenüber Säuren und Laugen ist Cinnabarit allerdings sehr beständig, nur in Königswasser und konzentrierten Alkalisulfid-Lösungen löst er sich auf.[7]
Etymologie und Geschichte
Der Name „Cinnabarit“ nimmt Bezug auf die charakteristische rote Farbe des Minerals und leitet sich aus dem lateinischen cinnabaris bzw. dem griechischen κιννάβαρι (kinnabari) und dieses wiederum aus dem persischen زینجیفرح („zinjifrah“: „Drachenblut“) ab. Unter dem Namen „Drachenblut“ ist auch ein aus Pflanzen gewonnener roter Farbstoff bekannt.
Zinnober-Minen aus der Zeit der Badener Kultur sind unter anderem aus Šuplja Stena in Serbien nachgewiesen.
Historische Anwendung fand Cinnabarit als rotes Pigment, dem „Zinnoberrot“. Das enthaltene Quecksilber wurde nach Reduktion des Quecksilbersulfids als Material für Spiegel verwendet. Als Pigment wurde das Mineral seit dem Altertum in der Wand-, Tafel- und Buchmalerei eingesetzt. Die Herstellung aus den beiden Elementen Quecksilber und Schwefel wurde wahrscheinlich in China bereits im Mittelalter erfunden (daher der Trivialname „Chinesischrot“), während in Europa Zinnober erst ab 1778 industriell hergestellt wurde.
Abraham Gottlob Werner (1749-1817) wählte für das Mineral in seiner Mineral-Systematik die Bezeichnung Zinnober und ordnete es als Quecksilber-Erz in die Klasse der Metalle ein.[8] Den bis heute gültigen Namen Cinnabarit prägte allerdings 1859 Carl Friedrich Naumann (1798-1873), der sich auf die ursprüngliche, lateinische Form bezieht. H. Hugo A. Francke schlug zwar 1890 die der griechischen Schreibweise entsprechende Bezeichnung Kinnabarit vor, diese konnte sich jedoch nicht durchsetzen; ebenso wenig wie der von August Breithaupt (1791-1873) gewählte Name Merkurblende nach dem römischen Gott Mercurius als Symbolträger für das Quecksilber.[1]
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Cinnabarit zur Abteilung der „Sulfide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : S,Se,Te ≈ 1 : 1“, wo er zusammen mit Hypercinnabarit die unbenannte Gruppe II/C.18 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Cinnabarit ebenfalls in die Abteilung der „Metallsulfide, M : S = 1 : 1 (und ähnliche)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „mit Zinn (Sn), Blei (Pb), Quecksilber (Hg) usw. “ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 2.CD.15a bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Cinnabarit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 02.08.14 innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Seleniden und Telluriden – mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m+n):p=1:1“ zu finden.
Modifikationen und Varietäten
Cinnabarit ist eine von drei Modifikationen des Quecksilbersulfids (HgS). Die beiden anderen sind der kubisch kristallisierende Metacinnabarit und der hexagonal kristallisierende Hypercinnabarit.
Als Stahlerz wird eine bläuliche Varietät mit metallischem Glanz bezeichnet.[9]
Bildung und Fundorte
Zinnober bildet sich hydrothermal hauptsächlich in Bruchzonen um vulkanische Schlote und an heißen Quellen. Begleitminerale sind unter anderem Antimonit, Arsenopyrit, Calcit, Chalcedon, Dolomit, Fluorit, Markasit, Pyrit, Quarz, Quecksilber und Realgar.
Als häufige Mineralbildung ist Cinnabarit an vielen Fundorten anzutreffen, wobei bisher (Stand: 2013) über 2300 Fundorte[5] als bekannt gelten. Zu den wichtigsten Lagerstätten gehören allerdings der Monte Amiata in Italien, Idrija in Slowenien, Almadén in Spanien, Nikitovka (Oblast Donezk) in der Ukraine und Fargʻona in Usbekistan.
Bekannt aufgrund außergewöhnlicher Cinnabaritfunde ist vor allem China, wo an zahlreichen Fundstellen in Hunan, Guizhou und anderen Provinzen gut entwickelte Kristalle von bis zu sieben Zentimetern Größe zutage traten.[10]
In Deutschland fand sich das Mineral an vielen Stellen im Schwarzwald in Baden-Württemberg, bei Wölsendorf im bayerischen Landkreis Schwandorf, an mehreren Stellen in Hessen und Niedersachsen, im Sauerland und Siegerland in Nordrhein-Westfalen, an vielen Orten in Rheinland-Pfalz sowie an einigen Stellen im Saarland, in Saxony-Anhalt, Sachsen und Thüringen.
In Österreich trat Cinnabarit bisher vor allem in Kärnten, Salzburg, der Steiermark und Tirol auf.
In der Schweiz konnte das Mineral bisher nur an zwei Stellen in Schams im Kanton Graubünden und an mehreren Stellen im Kanton Wallis gefunden werden.
Weitere Fundorte liegen unter anderem in Afghanistan, Australien, Bolivien, Chile, Frankreich, Japan, Kanada, Kirgisistan, Mexiko, Russland, Simbabwe, der Slowakei, Tschechien, Ungarn, im Vereinigten Königreich (Großbritannien) und in vielen Bundesstaaten der USA.[11]
Synthetische Herstellung
Zinnober kann chemisch aus Quecksilber(II)salz-Lösungen durch Einleiten von Schwefelwasserstoff als Quecksilber(II)sulfid ausgefällt werden. Dabei fällt zunächst das metastabile, schwarze, kubische Sulfid (Metacinnabarit) aus. Dieses geht bei Kontakt mit Ammoniumpolysulfidlösung im Verlauf einiger Tage in die schwerer lösliche, hexagonale rote Modifikation über.
Kristallstruktur
Cinnabarit kristallisiert im trigonalen Kristallsystem in der Raumgruppe P3121 (Raumgruppen-Nr. 152) oder P3221 (Raumgruppen-Nr. 154) mit den Gitterparametern a = 4,15 Å und c = 3,26 Å sowie drei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]
Verwendung
Als Rohstoff
Cinnabarit ist mit einem Metall-Gehalt von 87 Prozent das wichtigste und häufigste Quecksilber-Mineral.
Als Pigment
Als rotes Farbpigment ist es extrem schwer wasserlöslich und kann daher in Malerfarben oder im Farbkasten als Zinnoberrot gefahrlos verwendet werden. Zinnober hat eine gute Deckkraft, kann sich aber bei starker Beleuchtung dunkel färben. Als Malerfarbe kann man Zinnober auch unter folgenden Bezeichnungen finden:
Bergzinnober, Cinnabar, Mercurblende, Minium, Quecksilbersulfidrot, Rotes Schwefelquecksilber, Chinesischrot und Vermillion.
Siehe auch
- Liste der Minerale
- Zinnober (Redensart)
Literatur
- Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 307-309.
- Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 216-223.
- Friedrich Klockmann, Paul Ramdohr, Hugo Strunz (Hrsg.): Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978 (Erstausgabe: 1891), ISBN 3-432-82986-8, S. 443-444.
- Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7. Auflage. Springer, Berlin 2005, ISBN 3-540-23812-3.
Weblinks
- Mineralienatlas:Cinnabarit (Wiki)
- Cinnabar auf webmineral.com (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1, S. 348.
- ↑ Liste der Minerale nach Dana bei webmineral.com (englisch)
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Cinnabar, in: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, Mineral Data Publishing, Chantilly (Virginia) 2001 (PDF 58 kB)
- ↑ 4,0 4,1 Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 216.
- ↑ 5,0 5,1 5,2 Mindat - Cinnabar (englisch)
- ↑ Friedrich Klockmann, Paul Ramdohr, Hugo Strunz (Hrsg.): Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978 (Erstausgabe: 1891), ISBN 3-432-82986-8, S. 444.
- ↑ Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 307-308.
- ↑ C. A. S. Hoffmann: Mineralsystem des Herrn Inspektor Werners mit dessen Erlaubnis herausgegeben von C A S Hoffmann, in: Bergmannisches Journal, Band 1 (1789), S. 381 (PDF 1,8 MB; S. 14)
- ↑ Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 217.
- ↑ Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 37 (Dörfler Natur).
- ↑ Mindat - Fundorte für Cinnabarit