Colistin

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Strukturformel
Struktur von Colistin
Allgemeines
Freiname Colistin
Andere Namen

Polymyxin E

Summenformel C52H98N16O13
CAS-Nummer
  • 1066-17-7
  • 1264-72-8 Colistin·Sulfat
PubChem 5311054
ATC-Code

J01XB01
A07AA10

DrugBank APRD00886
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Polypeptid-Antibiotikum

Wirkmechanismus

Störung der Permeabilität der Zellmembran

Verschreibungspflichtig: ja
Eigenschaften
Molare Masse 1155,43 g·mol−1
Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
06 – Giftig oder sehr giftig

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301
P: 301+310 [1]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [2][3]

T
Giftig
Colistin·Sulfat
R- und S-Sätze R: 25
S: 22-36/37-45
LD50

236 mg·kg−1 (Maus i.p.)[4]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Colistin (auch Polymyxin E) ist ein Antibiotikum aus der Gruppe der Polymyxine. Es steht seit 1959 zur Therapie zur Verfügung.[5]

Anwendung

Colistin wird wegen seiner Toxizität bei systemischer Anwendung fast nur lokal als Salbenzusatz, oral zur Darmbehandlung oder als Aerosol zur Inhalationstherapie eingesetzt, insbesondere bei Mukoviszidose mit chronischer Pseudomonas-Besiedelung.[6] Für die parenterale systemische Therapie beim Menschen gibt es seit dem Jahr 2012 in Deutschland wieder zugelassene Fertigarzneimittel.[7] In der Tiermedizin wird der Wirkstoff bei Schweinen und Rindern mit schweren Septikämien auch parenteral angewendet.[8] Im mikrobiologischen Labor wird die Substanz in Nährböden zur Selektion grampositiver Bakterien eingesetzt (häufig in Kombination mit Nalidixinsäure), da Colistin das Wachstum vieler gramnegativer Bakterien hemmt, nicht jedoch das grampositiver Bakterien.

Wirkungsmechanismus

Colistimethat-Natrium (CMS) ist ein so genanntes Prodrug, welches nach parenteraler Applikation zunächst durch Hydrolyse in die pharmakologisch aktive Colistin-Base umgewandelt wird. Aus 80 mg CMS (= 1 Mio. I.E.) werden ca. 33 mg Colistin-Base freigesetzt.[9] Colistin wirkt über eine Schädigung der äußeren Membran auf gramnegative Bakterien.[10]

  • empfindlich: Salmonellen, Shigellen, Haemophilus influenzae, Pasteurellen, Acinetobacter
  • meist empfindlich: Pseudomonas aeruginosa, Escherichia coli, Enterobacter, Klebsiellen
  • resistent: Proteus, Gonokokken, Meningokokken und grampositive Bakterien

Mit Polymyxin B besteht eine Kreuzresistenz.

Resistenz

Colistin gilt als Reserveantibiotikum für die Behandlung von multiresistenten Acinetobacter baumanii. Auf Intensivstationen werden immer häufiger Resistenzen beschrieben, wobei es weltweit keinen einheitlichen Grenzwert (MHK) für die Resistenzbeschreibung gibt.[11][12][13]

Nebenwirkungen

  • Neuro- und Nephrotoxizität insbesondere bei systemischer Anwendung
  • Kontaktdermatitis bei Anwendung als Salbe
  • Asthmaanfälle bei Inhalation

Wechselwirkungen

Verstärkung der Nebenwirkungen mit nephrotoxischen Wirkstoffen (etwa Aminoglykosiden, Vancomycin und Schleifendiuretika) und Wirkstoffen mit neuromuskulärer Blockade (wie Muskelrelaxantien)

Gegenanzeigen

Überempfindlichkeit gegen Colistin oder Polymyxin B.

Bei Nierenschäden ist eine Dosisanpassung (anhand der gemessenen Kreatinin-Clearence) notwendig.

Rechtliches

Colistin ist verschreibungspflichtig und damit auch apothekenpflichtig.

Handelsnamen

  • Humanmedizin: Diarönt mono (D), als Generikum (D, CH) [14][15]
  • Zur Inhalation: Colistin CF (D), Promixin (D)
  • Zur i.v.-Gabe: Promixin (D), Colistimethat-Natrium INFECTOPHARM 1 Mio. I.E. (D)
  • Tiermedizin: Animedistin, Belacol, Carbophen, Coliplus, Colipur, Colivet, Enteroxid, Klato Col

Literatur

  • Falagas ME, Kasiakou SK, Tsiodras S, Michalopoulos A: The use of intravenous and aerosolized polymyxins for the treatment of infections in critically ill patients: a review of the recent literature. In: Clin Med Res. 4, Nr. 2, Juni 2006, S. 138–46. PMID 16809407. Volltext bei PMC: 1483888.
  • Falagas ME, Kasiakou SK: Toxicity of polymyxins: a systematic review of the evidence from old and recent studies. In: Crit Care. 10, Nr. 1, Februar 2006, S. R27. doi:10.1186/cc3995. PMID 16507149. Volltext bei PMC: 1550802.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Datenblatt Colistin sulfate salt bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 23. März 2011.
  2. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  3. Datenblatt COLISTIN SULPHATE CRS beim EDQM, abgerufen am 1. Oktober 2009.
  4. Colistin bei ChemIDplus.
  5. http://www.zct-berlin.de/neueinfuehrungen/colistin.html
  6. Heijerman H, Westerman E, Conway S, Touw D, Döring G: Inhaled medication and inhalation devices for lung disease in patients with cystic fibrosis: A European consensus. In: J. Cyst. Fibros.. 8, Nr. 5, September 2009, S. 295–315. doi:10.1016/j.jcf.2009.04.005. PMID 19559658.
  7. Fachinformation Promixin; Fachinformation Colistimethat-Natrium INFECTOPHARM 1 Mio. I.E.
  8. Löscher et al. (Hrsg.): Pharmakotherapie bei Haus- und Nutztieren. Paul Parey Verlag, 7. Aufl. 2006, S. 266, ISBN 3-8304-4160-6
  9. de With, DMW 2012;137: 186-9
  10. Mortensen NP, Fowlkes JD, Sullivan CJ, et al.: Effects of colistin on surface ultrastructure and nanomechanics of Pseudomonas aeruginosa cells. In: Langmuir. 25, Nr. 6, April 2009, S. 3728–33. doi:10.1021/la803898g. PMID 19227989.
  11. http://jac.oxfordjournals.org/content/59/4/786.full
  12. http://jac.oxfordjournals.org/content/early/2012/03/22/jac.dks084.short?rss=1
  13. https://ars.rki.de/Projekt_Acibau.aspx
  14. Rote Liste online, Stand: Oktober 2009.
  15. AM-Komp. d. Schweiz, Stand: Oktober 2009.
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