Tellurit
Tellurit | |
Einzelkristall von Tellurit, Fundort: Moctezuma Mine, Municipio de Moctezuma, Sonora, Mexiko (Bildbreite: 2 mm) | |
Chemische Formel |
β-TeO2 |
Mineralklasse | Oxide und Hydroxide 04.DE.20 (8. Auflage: IV/D.15) nach Strunz 04.04.06.01 nach Dana |
Kristallsystem | orthorhombisch |
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin | orthorhombisch-dipyramidal; 2/m 2/m 2/m[1] |
Raumgruppe (Raumgruppen-Nr.) | Pbca (Raumgruppen-Nr. 61) |
Farbe | Weiß, Gelblichweiß, Strohgelb bis Honiggelb |
Strichfarbe | Weiß |
Mohshärte | 2 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 5,90(2) berechnet: [5,75][2] |
Glanz | Diamantglanz |
Transparenz | transparent bis opak |
Bruch | |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {010} |
Habitus | kleine, büschelförmige Kristalle, derbe Massen |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | nα = 2,00 nβ = 2,18 nγ = 2,35[3] |
Doppelbrechung (optischer Charakter) |
δ = 0,350[3] ; zweiachsig negativ |
Weitere Eigenschaften | |
Chemisches Verhalten | Löslich in starken Säuren; löslich in starken Basen |
Ähnliche Minerale | Dimorph mit Paratellurit |
Besondere Kennzeichen | Schmilzt vor dem Lötrohr zu einer roten Kugel |
Tellurit (veraltet Tellurocker) ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der Zusammensetzung β-TeO2, ist also chemisch gesehen ein β-Tellurdioxid.
Tellurit entwickelt meist durchsichtige Kristalle mit nadeligem bis prismatischem Habitus von etwa zwei Zentimetern Größe, aber auch büschelförmige Aggregate oder krustige Überzüge von weißer, gelblichweißer oder stroh- bis honiggelber Farbe bei weißer Strichfarbe. Unverletzte Kristallflächen frischer Proben weisen einen schwachen Diamantglanz auf.
Mit einer Mohshärte von 2 gehört Tellurit zu den weichen Mineralen, die sich ähnlich wie das Referenzmineral Gips mit dem Fingernagel ritzen lassen.
Besondere Eigenschaften
Tellurit ist praktisch nicht in Wasser löslich, allerdings kann er bedingt durch den amphoteren Charakter des Te(IV)-Ions in starken Säuren wie Salz- oder Salpetersäure bzw. in starken Basen wie Natriumhydroxid gelöst werden. Die entsprechenden chemischen Reaktionsgleichungen finden sich unter →Tellurdioxid.
Etymologie und Geschichte
Benannt wurde das Mineral nach seinem chemischen Hauptbestandteil dem Tellur. Der Wortstamm kann auf das lateinische Wort Tellus für die Erde zurückgeführt werden.
Erstmals entdeckt wurde Tellurit in der Grube „Fata Baii“ (Facebanya, Faczebaja) bei Zlatna im Kreis Alba in Rumänien und beschrieben 1842 durch Wilhelm Petz, der das Mineral zusammen mit gediegen Tellur in einigen Proben in Form kleiner Kugeln von feinfaserigem Gefüge und gelblichweißer, in’s gräuliche spielender Farbe fand, der er aufgrund der chemischen Reaktionen vor dem Lötrohr, in der offenen Röhre und auf Kohle als tellurige Säure identifizierte.
Seine bis heute gültige Bezeichnung Tellurit erhielt das Mineral 1845 von Wilhelm Ritter von Haidinger.[4]
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte Tellurit zur Mineralklasse der „Oxide, Hydroxide“ und dort zur Abteilung der „Oxide mit Metall : Sauerstoff = 1:2“, wo er zusammen mit Brookit, Carmichaelit, Scrutinyi und Srilankit eine Gruppe bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunzschen Mineralsystematik ordnet den Tellurit ebenfalls in die Klasse der „Oxide (Hydroxide, Vanadate, Arsenide, Antimonide, Bismuthide, Suldide, Selenide, Telluride, Jodide)“ und in die Abteilung der Oxide mit einem Metall-Sauerstoff-Verhältnis von 1:2 ein. Diese Abteilung ist zudem weiter unterteilt nach dem strukturellen Aufbau, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „mit mittelgroßen Kationen; mit verschiedenen Polyedern“ zu finden ist, wo es das einzige Mineral der Gruppe 04.DE.20 ist.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Tellurit in die Klasse der „Oxide“, dort allerdings in die Abteilung der „Einfache Oxide mit einer Kationenladung von 4+ (AO2)“ ein. Hier ist Tellurit in der Unterklasse 04.04.06.01 zu finden.
Modifikationen und Varietäten
Tellurdioxid kommt in der Natur in zwei verschiedenen Mineralien vor: Paratellurit (α-TeO2, tetragonal) und Tellurit (β-TeO2, orthorhombisch). Beide Modifikationen sind strukturell sehr ähnlich. Ein, wenn auch unsicheres, Unterscheidungsmerkmal ist ihre Farbe. Während Tellurit häufig eine gelbe Farbe aufweist, ist Paratellurit praktisch immer farblos. Eine genaue Unterscheidung zwischen diesen beiden Modifikationen ist nur durch eine Kristallstrukturanalyse möglich.
Bildung und Fundorte
Tellurit kommt in der Oxidationszone von Erzlagerstätten vor. Es ist assoziiert mit anderen tellurhaltigen Mineralen wie gediegen Tellur oder Emmonsit.
Als seltene Mineralbildung konnte Tellurit bisher (Stand: 2011) nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden. Als bekannt gelten etwa 45 Fundorte.[5]
Erwähnenswert aufgrund außergewöhnlicher Telluritfunde sind unter anderem die „Kawazu Mine“ bei Shimoda und die Susaki Mine in Japan, wo Kristalle bis etwa einen Zentimeter Länge zutage tragen. Gut ausgebildete Kristalle fanden sich auch in der „Moctezuma Mine“ in Mexiko[6]
Weitere Fundorte liegen unter anderem in Chile, China, Frankreich, Kanada, Myanmar, Polen, Russland, Tschechien, Ungarn, und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[3]
Kristallstruktur
Tellurit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Pbca (Raumgruppen-Nr. 61) mit den Gitterparametern a = 12,03 Å; b = 5,46 Å; c = 5,61 Å, sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[7]
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Webmineral - Tellurite (englisch)
- ↑ Handbook of Mineralogy - Tellurite (englisch, PDF 69 kB)
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Mindat - Tellurite (englisch)
- ↑ W. Haidinger: Zweite Klasse: Geogenide. II. Ordnung. Baryte. VIII. Antimonbaryt. Tellurit, in: Handbuch der Bestimmenden Mineralogie, Bei Braumüller and Seidel, Wien 1845, S. 499-506 (PDF 512 kB)
- ↑ Mindat - Anzahl der Fundorte für Tellurit
- ↑ Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 104 (Dörfler Natur).
- ↑ Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 215.
Literatur
- Wilhelm Petz: Zerlegung einiger Siebenbürger Tellur-Erze, in: Annalen der Physik (Poggendorfs Annalen 1842), Band 133, Ausgabe 11, S. 467–478
- Aristides Brezina: Ueber die Krystallform des Tellurii
- Paul Ramdohr, Hugo Strunz: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 539.
Weblinks