Nickel-Metallhydrid-Akkumulator

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Dieser Artikel behandelt den NiMH abgekürzten Nickel-Metallhydrid-Akkumulator. Für die Abkürzung NIMH, siehe National Institute of Mental Health.

Ein Nickel-Metallhydrid-Akkumulator (NiMH) ist ein Akkumulator mit einer positiven Elektrode aus Nickel(II)-hydroxid und einer negativen Elektrode aus einem Metallhydrid. NiMH-Akkumulatoren werden oft mechanisch baugleich zu handelsüblichen Batterien hergestellt und liefern pro Zelle eine ähnliche Spannung von 1,2 V. Sie können somit häufig als nachladbare Alternative im Batteriefach von mit Strom zu versorgenden Geräten verwendet werden. Die Vorteile gegenüber den ähnlichen Nickel-Cadmium-Akkumulatoren (NiCd) bestehen im Fehlen des giftigen Cadmiums und einer höheren Energiedichte.

Handelsübliche NiMH-Akkuzellen in Mignon-Bauform (Größe "AA")

Eigenschaften

Vergleich von Leistungs- und Energiedichte einiger Energiespeicher

Die Energiedichte einer NiMH-Zelle beträgt etwa 80 Wh/kg und ist damit fast so groß wie die einer Alkali-Mangan-Batterie und mehr als doppelt so groß wie die eines Akkus auf NiCd-Basis. Für die Baugröße AA sind Kapazitäten von 1300 bis 2850 mAh erhältlich, für Ersatzzwecke zum Austausch von NiCd-Zellen gibt es auch Sonderausführungen mit nur 600 bis 900 mAh. Diese sollen mit alten Ladeschaltungen besser verträglich sein. Für die Größe AAA gibt es Akkus mit bis zu 1450 mAh (Stand 2012). Es werden auch NiMH-Zellen mit Kapazitäten von 2900, 3200 oder mehr mAh angeboten, durch die fehlenden Angaben zur Messmethode kann der Wahrheitsgehalt dieser Angaben jedoch nicht überprüft werden. Besonders bei Kapazitäten von 3200 mAh oder mehr ist von Etikettenschwindel auszugehen. Mittlerweile (Stand Dezember 2012) werden in den Größen SUB-C Kapazitäten bis zu 5100 mAh erreicht. Diese Zellen zeichnen sich zudem durch eine sehr gute Hochstromfähigkeit aus und finden vor allem im Modellbaubereich und in Akku-Werkzeugen Anwendung.

Typische Entladekurve bei gleichmäßiger Belastung. Die Spannung bleibt nahezu konstant bis zur Entladung.

Die niederohmigen NiMHs (geringerer Innenwiderstand gegenüber Batterien) können im Unterschied zu Zink-Kohle-Zellen ihre gespeicherte Energie innerhalb kurzer Zeit mit nahezu gleichbleibender Spannung abgeben.

NiMH-Akkumulatoren haben wie NiCd-Akkus eine nominale Spannung von 1,2 Volt. Dennoch werden sie in vielen Anwendungen als Ersatz für Zink-Kohle- und Alkaline-Batterien verwendet, welche 1,5 V Zellspannung aufweisen. Bei manchen Anwendungen kann die niedrigere Nennspannung aber von Nachteil sein. Z. B. leuchten ungeregelte Taschenlampen, die für 1,5-V-Batterien ausgelegt sind, mit 1,2-V-Akkus durch die niedrigere Spannung in der Regel deutlich weniger hell. Unter hoher Last kann der Akku mit dem Vorteil seines geringeren Innenwiderstandes eine höhere Spannung halten.

Einschränkungen

NiMH-Akkus reagieren empfindlich auf Überladung, Überhitzung, falsche Polung, Tiefentladung (Stromentnahme bis zur nahezu vollständigen Erschöpfung der Ladekapazität) oder Tiefentladung mit Umpolung, wie sie z. B. bei in Reihe geschalteten Zellen auftreten kann. Die dabei mögliche Abnahme der Lademenge („Kapazität“) lässt sich auch durch besondere Maßnahmen wie vollständiges Entladen (bis auf 1 V unter Last) oder gar wiederholtes Laden und Entladen nicht wieder rückgängig machen (das hat sogar den negativen Effekt, dass sich die Lebensdauer aufgrund der beschränkten Zahl möglicher Ladezyklen verringert). Zum Erreichen der Solllebensdauer von typischerweise 500 Ladezyklen (entsprechend zehn Jahren bei wöchentlicher Ladung) ist ein intelligentes Ladegerät unentbehrlich.

NiMH-Akkus sind nicht für den Betrieb bei Temperaturen unterhalb von 0 °C geeignet. Bereits in der Nähe des Gefrierpunktes weisen sie durch die Verringerung der Beweglichkeit der Elektronen einen deutlich höheren Innenwiderstand auf, durch den die Spannung unter Last einbricht und nur geringe Ströme (Leistungen) entnehmbar sind. Bei etwa −20 °C werden sie völlig unbrauchbar, aber nicht zerstört.

Anstelle des besonders bei älteren NiCd-Akkus relevanten Memory-Effektes kommt es bei NiMH-Akkus nach häufigen Teilentladungen zum Batterieträgheitseffekt, einem Abfall der erzielbaren Entladespannung, der aber weitgehend reversibel ist.

Vergleich mit NiCd-Akkumulatoren

NiMH-Akkus bieten im Vergleich mit Nickel-Cadmium-Akkumulatoren (NiCd-Akkus) bei gleicher Spannung ungefähr die doppelte Energiedichte. Sie haben NiCd-Akkus, welche in bestimmten Anwendungen und Bauformen wie den Mignonzellen durch ein EU-weites Handelsverbot belegt sind, weitgehend verdrängt. NiMH-Akkus kommen ohne das giftige Schwermetall Cadmium aus.

NiCd-Akkus bieten aber auch Vorteile gegenüber NiMH-Akkus: Höhere Zyklenfestigkeit, höherer maximaler Lade- und Entladestrom, größerer Temperaturbereich und größere Robustheit gegen minderwertige Ladeverfahren oder Tiefentladung sowie eine einfachere Ladeschlusserkennung.

Funktionsweise

Aufbau

Aufbau eines NiMH-Akkus.

Das Bild rechts zeigt die Komponenten eines geöffneten NiMH-Akkus. Die Lochfolie (links) dient als Träger für die Metall-Legierung bzw. das Metallhydrid-Pulver, welches die negative Elektrode bildet. Hierfür wird zum Beispiel eine Legierung mit der Verhältnisformel La0.8Nd0.2Ni2.5Co2.4Si0.1 verwendet. Der Separator (Mitte) nimmt den Elektrolyten, eine 20%ige Kalilauge mit einem pH-Wert von 14, auf und verhindert den unmittelbaren Kontakt zur positiven Elektrode. Diese besteht aus einem Blech aus Nickel(II)-hydroxid und schwarzem Nickeloxidhydrat (Nickel(III)-hydroxid) (rechts).

Die Folien werden mit außen liegender negativer Elektrode aufgewickelt und mit einem Metallzylinder ummantelt (aufgesägt, unten links). Das Gehäuse ist elektrisch leitend mit der negativen Elektrode verbunden und bildet den Minuspol des Akkus. Eine elektrische Zuleitung vom Nickeloxid-Blech (rechts, blauisolierter Metallstreifen) führt zum Kopf der Zelle und bildet den Pluspol.

Elektrochemie

Beim Ladevorgang werden am Minuspol H+-Ionen (Protonen) zu Wasserstoff reduziert, der reversibel von der Metalllegierung gebunden und als Metallhydrid gespeichert wird. Am Pluspol wird beim Ladevorgang Nickel der Oxidationsstufe +II (in Form von Nickel(II)-hydroxid) zu Nickel der Oxidationsstufe III (zu Nickel(III)-oxidhydrat NiO(OH)) oxidiert.

Beim Entladen wird das Metallhydrid (M+H) zu Metall der Oxidationsstufe 0 (M0) und einem Proton (H+) oxidiert. Die entstehenden Protonen reagieren mit den OH-Ionen (Hydroxidionen) der Kalilauge zu Wasser. Das Redoxpotential bei pH 14 beträgt ca. −0,83 V(1). Durch die ebenfalls bei der Reaktion entstehenden freien Elektronen wird dieser Pol zum Minuspol. Am anderen Pol wird Nickel der Oxidationsstufe +III (NiO(OH) oder Ni2O3·H2O) zu Nickel der Oxidationsstufe +II (Ni(OH)2) reduziert. Dabei werden freie Elektronen gebunden, so dass dieser Pol zum Plus-Pol wird. Die Redoxspannung beträgt ca. +0,49 V(2). Die Gesamtspannung der Summen-Reaktion beträgt 1,32 V(3).

$ \mathrm {{\overset {+1}{M}}H+OH^{-}\longrightarrow {\overset {0}{M}}+H_{2}O+e^{-}} $ −0,83 V
$ \mathrm {{\overset {+3}{Ni}}O(OH)+H_{2}O+e^{-}\longrightarrow {\overset {+2}{Ni}}(OH)_{2}+OH^{-}} $ +0,49 V
$ \mathrm {{\overset {+1}{M}}H+{\overset {+3}{Ni}}O(OH)\longrightarrow {\overset {0}{M}}+{\overset {+2}{Ni}}(OH)_{2}} $ Summe: 1,32 V Leerlaufspannung

Damit gegen Ende der Entladung nicht das Metall statt des Wasserstoffs oxidiert, verbaut man eine negative Elektrode, die viel größer ist als die positive Elektrode. Letztere bestimmt damit die Kapazität des Akkumulators: Das Nickel(III)-oxidhydrat an der kleineren positiven Elektrode ist erschöpft, bevor der Wasserstoff an der größeren negativen Elektrode vollständig aufgebraucht ist.

Aufladung

NiMH-Akkus in einem Ladegerät
Hauptartikel: Ladeverfahren

Selbstentladung

Herkömmliche NiMH-Akkus haben eine Selbstentladerate von fünf bis zehn Prozent am ersten Tag und stabilisieren sich dann bei einem halben bis einem Prozent pro Tag bei Raumtemperatur. Diese hohe Selbstentladung verhindert den Einsatz solcher Akkus in Geräten, bei denen eine Batterielebensdauer von mehreren Monaten oder Jahren gewünscht ist, wie zum Beispiel Uhren, Fernbedienungen oder gar sicherheitsrelevanten Geräten wie Feuermeldern oder Taschenlampen für den Notfall. Die Umgebungstemperatur hat einen starken Einfluss auf die Höhe der Entladerate, niedrigere Umgebungstemperaturen haben eine niedrigere Selbstentladungsrate, höhere Umgebungstemperaturen eine höhere Selbstentladungsrate zur Folge. Ebenso hat die Kapazität einen Einfluss auf die Selbstentladungsrate: Höchstkapazitative Zellen (> 2700 mAh für Zellen in AA-Größe) haben die höchste Selbstentladungsrate.

2006 wurde ein neuer Typ von NiMH-Akkus vorgestellt, NiMH mit geringer Selbstentladung, die durch Verwendung neuer Separatoren eine deutlich niedrigere Selbstentladungsrate vorweisen. Dadurch können sie vorgeladen verkauft werden und müssen nicht wie herkömmliche Akkus vor dem ersten Gebrauch geladen werden. Ihre Selbstentladungsrate soll bei Raumtemperaturlagerung nur 15 Prozent pro Jahr betragen. Sie können in herkömmlichen Ladegeräten geladen werden und haben ähnliche Ladezyklen (500 bis 1000) wie bisherige NiMH-Akkus. Sanyo war als erster mit solchen Akkus (Eneloop) auf dem Markt, bald darauf folgten andere Hersteller.

Batterieträgheitseffekt

Der Begriff Batterieträgheitseffekt (auch: Lazy-Battery-Effect) bezeichnet einen Abfall der erzielbaren Entladespannung durch unvollständige Entladung vor dem Wiederaufladen des Akkus (Teilentladung). Allerdings fällt dabei die Akkuspannung nicht wie beim Memory-Effekt weit vor Erreichen der Nennlademenge plötzlich stark ab, sondern bleibt über den gesamten Entladevorgang etwas geringer als bei einer nicht unter dem Effekt leidenden NiMH-Zelle.

Der Batterieträgheitseffekt verändert also nicht die Ladungsmenge (abgegebene Stromstärke mal Zeit) des Akkus, sondern verringert durch die herabgesetzte Spannung während des Entladens geringfügig seine abgegebene Leistung, was in praktischen Anwendungen häufig vernachlässigbar ist. Elektronische Geräte, z.B. Digitalkameras, reagieren jedoch je nach Modell recht empfindlich auf eine zu geringe Spannung und erkennen den Akku dann zu früh als "entladen."

Der Batterieträgheitseffekt ist reversibel: Er kann durch etwa fünf vollständige Lade- und Entladezyklen mit einem geeigneten Ladegerät wieder beseitigt werden.

Verwendung

Nickel-Metallhydrid-Akkupack für Elektroautos.
Nickel-Metallhydrid-Traktionszelle 80Ah und Mignon-Zellen ("AA") als Größenvergleich

Vergleichbar NiCd-Akkus, kommen NiMH-Akkumulatoren überall dort zur Anwendung, wo hoher Strombedarf besteht und hohe Batteriekosten vermieden werden sollen.

  • Kleinleuchten, LED-Leuchten
  • Spielzeuge
  • Fernsteuerungen
  • Audio-, Foto- und Videogeräte
  • Elektrische Zahnbürsten und Rasierapparate
  • Schnurlose DECT-Telefone
  • Softairwaffen
  • GPS-Geräte
  • Elektrowerkzeuge
  • Elektroautos

NiMH-Akkus sind auch gebräuchlich als Energiespeicher in Notbeleuchtungsanlagen.

Als Traktionsbatterie wurden NiMh-Akkus erstmals beim EV1 von General Motors eingesetzt. Später verkaufte GM die Mehrheitsanteile von Ovonics, die die Produktion der NiMH-Akkus mittels Patenten kontrollierten, an den Ölkonzern Texaco. Dadurch wurden Weiterentwicklung und Verwendung stark eingeschränkt. Der Toyota Prius verwendet zum Beispiel 228 in Reihe geschaltete 6,5-Ah-NiMH-Akkus mit einer Gesamtspannung über 200 V zur Versorgung eines 60-kW-Elektromotors. Die patentrechtlich erlaubte Obergrenze für die Zellkapazität ist 10 Ah. Es sind verschiedene Rechtsstreite, unter anderem mit Matsushita, anhängig. Alternativ lassen sich große Akkus von der zu Ovonics gehörenden Konzerntochter Cobasys erwerben.

Literatur

  •  David Linden, Thomas B. Reddy (Hrsg.): Handbook of Batteries. 3. Auflage. McGraw-Hill, New York 2002, ISBN 0-07-135978-8.
  •  Andreas Jossen, Wolfgang Weydanz: Moderne Akkumulatoren richtig einsetzen. Printyourbook, 2006, ISBN 978-3-939359-11-1.

Weblinks

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