Glimepirid

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Strukturformel
Struktur von Glimepirid
Allgemeines
Freiname Glimepirid
Andere Namen

3-Ethyl-4-methyl-N-[2-[4- [(trans-4-methylcyclohexyl) carbamoylsulfamoyl]phenyl]ethyl]- 2-oxo-5H-pyrrol-1-carboxamid (IUPAC)

Summenformel C24H34N4O5S
CAS-Nummer 93479-97-1
PubChem 3476
ATC-Code

A10BB12

DrugBank DB00222
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Antidiabetika, Sulfonylharnstoffe

Wirkmechanismus

Kaliumkanal-Blocker

Verschreibungspflichtig: ja
Eigenschaften
Molare Masse 490,62 g·mol−1
Schmelzpunkt

207 °C [1]

Löslichkeit

unlöslich in Wasser [1]

Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [2]
keine Einstufung verfügbar

H- und P-Sätze H: siehe oben
P: siehe oben
LD50

> 10.000 mg·kg−1 (Ratte, peroral) [3]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Glimepirid ist ein orales Antidiabetikum aus der Stoffgruppe der Sulfonylharnstoffe, welches direkt in den β-Zellen der Bauchspeicheldrüse die Insulinfreisetzung steigert. Der Wirkstoff ist nicht mehr patentgeschützt und es sind verschiedene Generika verfügbar. Da es für den Wirkungseintritt nötig ist, dass der Körper zumindest eingeschränkt selbst Insulin produziert, kann Glimepirid nicht zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 1 eingesetzt werden. Arzneimittel, die Glimepirid enthalten, sind verschreibungspflichtig.

Wirkungsweise und Pharmakologie

Physiologie der Insulin-Sekretion

Die β-Zellen des Pankreas erzeugen und speichern Insulin in speziellen Vesikeln, um es bei Bedarf in die Blutbahn abgeben zu können. Dieses Hormon wird benötigt, um nach einer Mahlzeit den Blutzuckerspiegel zu senken, indem es die Glucose-Transportproteine in den Leber- und Muskel-Zellen anregt, die Glucose aus dem Blut in die Zellen zu befördern. Eine rasche Blutzuckerspiegel-Senkung ist wichtig, da eine dauerhaft zu hohe Glucose-Konzentration im Blut verschiedene Körpergewebe schädigt.

Steigt nun durch eine Mahlzeit der Blutglucosespiegel an, so gelangt über spezielle, niederschwellig arbeitende GLUT2-Glucosetransporter eine entsprechend erhöhte Menge an Glucose in die β-Zelle. Die Glucose wird über die Glycolyse und den Citratzyklus verstoffwechselt, letztendlich entsteht unter anderem der Energieträger Adenosintriphosphat (ATP). ATP besitzt eine Hemmwirkung auf den ATP-abhängigen Kaliumkanal der β-Zelle, der ab einer genügend hohen ATP-Konzentration schließt. Dadurch ändert sich das Membranpotential der Zelle, sie depolarisiert (anschaulich, aber ungenau gesprochen: im Zellinneren steigt die positive elektrische Ladung an), was zur Öffnung von spannungsempfindlichen Calciumkanälen führt. Der darauf erfolgende Calcium-Einstrom in die β-Zelle führt zur Migration (Wanderung) der insulinhaltigen Vesikel zur Zellmembran. Dort geben sie durch Exozytose ihren Inhalt, das Insulin, in die Blutbahn ab.

Wirkungsweise des Glimepirids

Glimepirid schließt, wie auch die anderen Sulfonylharnstoffe, den ATP-abhängigen Kaliumkanal in der β-Zelle. Dadurch erfolgt die oben beschriebene Depolarisation und die Öffnung der spannungsabhängigen Calciumkanäle mit sich anschließender Insulin-Exkretion durch Exozytose.

Außerhalb der β-Zelle bewirkt Glimepirid eine erhöhte Insulin-Empfindlichkeit und eine verminderte Glucose-Aufnahme in die Leberzellen. In den Muskelzellen und Fettzellen steigert Glimepirid die Anzahl aktiver Glucosetransporter in den Plasmamembranen der Zellen, wodurch die Glucoseaufnahme in diese Gewebe stark erhöht wird.

Anwendung

Glimepirid wird angewendet zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2, sofern Diät, sportliche Aktivität und Gewichtsreduktion keinen befriedigenden Behandlungserfolg zeigen. Je nach Behandlungserfolg wird die Dosis beibehalten oder durch den behandelnden Arzt eine Dosiserhöhung vorgenommen. Diabetes-mellitus-Typ-2-Patienten, die eine Tageshöchstdosis Metformin erhalten, jedoch keine befriedigende Blutzuckerspiegel-Einstellung erreichen, erhalten eventuell durch den behandelnden Arzt eine zusätzliche Verordnung von Glimepirid. Auch die Kombinierung von Glimepirid mit einer Insulintherapie ist möglich. Üblicherweise geschieht die Einnahme der Tablette unmittelbar vor oder während einer Mahlzeit.

Gegenanzeigen

Glimepirid darf nicht eingenommen werden, wenn ein insulinpflichtiger Diabetes besteht, also die β-Zellen gar nicht oder kaum noch in der Lage sind, Insulin zu produzieren. Auch das Vorliegen eines diabetischen Komas, einer Ketoazidose, von schweren Nieren- und Leber-Funktionsstörungen schließt die Anwendung von Glimepirid aus. Überempfindlichkeiten gegenüber Sulfonylharnstoffen, Sulfonamiden und Tablettenhilfsstoffen dürfen ebenfalls nicht vorliegen. Auch während einer Schwangerschaft darf Glimepirid nicht eingenommen werden, und da Sulfonylstoff-Derivate wie Glimepirid in die Muttermilch übertreten, ist die Einnahme auch während der Stillzeit kontraindiziert.

Wechselwirkungen

Glimepirid wird durch das Cytochrom P450-Isoenzym CYP2C9 metabolisiert. Arzneistoffe, welche die Menge dieses Cytochroms erhöhen (Enzyminduktion) oder die Funktionsfähigkeit verlangsamen (Inhibition), können den Blutspiegel und damit die Wirkung von Glimepirid beeinflussen, was entweder (bei zu niedrigem Glimepiridspiegel) zu einem zu hohen Blutzuckerspiegel führt oder (bei zu hohem Glimepiridspiegel) die Gefahr einer Hypoglykämie steigert. Die Einnahme von einer erheblichen Anzahl verschiedener Arzneistoffe kann zu einer Abweichung der Blutzuckerspiegel führen, da viele Arzneistoffe das CYP2C9 beeinflussen. Eine stärkere Blutzuckerspiegel-Senkung ist durch viele Arzneistoffe möglich, darunter natürlich andere Blutzucker-Arzneien, einige entzündungshemmende Schmerzmittel, Anabolika und manche männliche Sexualhormone, manche Antibiotika und Antimykotika, einige Antidepressiva, durchblutungsfördernde und blutgerinnungshemmende Arzneistoffe, eine Stoffklasse an Blutdrucksenkern und harnsäurespiegelsenkenden Gicht-Therapeutika und anderen Medikamenten.

Eine zu schwache Blutzuckerspiegel-Absenkung, letztendlich eine mangelhafte Blutzucker-Einstellung kann durch Einnahme unter anderem von einigen weiblichen Sexualhormonen, bestimmten Diuretika (Entwässerungsmitteln), Schilddrüsenhormonen und Glucocorticoiden, Abführmitteln, Glucagon, bestimmten Arzneien zur Vermeidung von Epilepsie, einem speziellen Tuberkulose-Mittel und anderen Arzneimitteln auftreten.

Vor einer Einnahme neuer Arzneimittel sollte ein Arzt oder Apotheker auf die Einnahme des Glimepirids hingewiesen werden, sodass eine Prüfung auf mögliche Wechselwirkungen erfolgen kann.

Nebenwirkungen

Unter der Anwendung von Sulfonylharnstoffen, darunter Glimepirid, traten sehr selten (bei weniger als jedem zehntausendsten Anwender) Überempfindlichkeitsreaktionen (von milden Erscheinungen bis hin zum Schock), Blutbildveränderungen und Hypoglykämien auf. Diese Unterzuckerung kann neben den Gesundheitsgefahren auch beim Bedienen von Maschinen und während der Teilnahme am Straßenverkehr eine Gefahr darstellen.

Andere Nebenwirkungen an Organsystemen waren vorübergehende Sehstörungen am Beginn der Glimepirid-Therapie, sehr selten gab es Beeinträchtigungen am Magen-Darm-Trakt wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Druck- und Völle-Gefühl im Magen und Bauchschmerzen. Ein Abbrechen der Therapie war jedoch deswegen fast nie nötig. Erhöhungen der Leberenzymwerte kann eintreten, sehr selten auch Leberentzündung und Leberinsuffizienz. Es wurden sehr selten Photosensibilisierungen der Haut beobachtet, auch Juckreiz und Urtikaria können auftreten.

Pharmakokinetik

Resorption

Der peroral verabreichte Wirkstoff wird vollständig aufgenommen, er ist also vollständig bioverfügbar. Die Aufnahme während einer Mahlzeit verringert die Aufnahme nicht, nur geschieht sie etwas langsamer. Etwa 2,5 Stunden nach dem Schlucken der Tablette wird der maximale Glimepirid-Plasmaspiegel erreicht.

Verteilung

Glimepirid weist ein sehr geringes Verteilungsvolumen von etwa 8,8 Litern auf und hat eine hohe Plasmaproteinbindung von über 99 %, sodass Glimepirid nur in geringem Maße außerhalb der Blutbahn aufzufinden sein wird.

Metabolisierung

Glimepirid wird in der Leber durch das Cytochrom-P450-Isoenzym 2C9 zu einem Hydroxy- und einen Carboxy-Metaboliten biotransformiert.

Elimination

Etwa 58 % des Wirkstoffs und seiner Derivate werden durch den Urin ausgeschieden und etwa 35 % über die Fäzes. Die mittlere Plasmahalbwertszeit des Glimepirids bei wiederholter Gabe beträgt etwa 5 bis 8 Stunden, die der Metaboliten etwa 3 bis 6 Stunden.

Literatur

  • Fachinformation zu Glimepirid-ratiopharm® Tabletten und Fachinformation zu Amaryl®
  • Ernst Mutschler, Gerd Geisslinger, Heyo K. Kroemer, Monika Schäfer-Korting: Arzneimittelwirkungen. Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie. 8. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2001, ISBN 3-8047-1763-2

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Glimepirid. In: DrugBank.
  2. Diese Substanz wurde in Bezug auf ihre Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  3. Glimepirid bei ChemIDplus.

Handelsnamen

Monopräparate

Amaryl (D, A, CH), Glimegamma (D), Glimerax (CH), Glimeryl (CH), Magna (D), Piridoglim (A), zahlreiche Generika (D, A, CH)

Kombinationspräparate

Avaglim (D, A), Tandemact (D, A),

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