Generikum

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Dieser Artikel beschreibt generische Arzneimittel. Zu anderen generischen Objekten, ebenfalls Generikum genannt, siehe Generik.

Als Generikum (Plural Generika) bezeichnet man ein Arzneimittel, das eine wirkstoffgleiche Kopie eines bereits unter einem Markennamen auf dem Markt befindlichen Medikaments ist. Von diesem Originalpräparat kann sich das Generikum bezüglich enthaltener Hilfsstoffe und Herstellungstechnologie unterscheiden. Generika werden zumeist unter dem internationalen Freinamen (INN) des Wirkstoffes mit dem Zusatz des Herstellernamens angeboten. Hingegen bieten sogenannte Markengenerika (branded generics) patentfreie Wirkstoffe unter einem neuen Handelsnamen an.

Ein Generikum soll dem Originalprodukt in dessen beanspruchten Indikationen therapeutisch äquivalent sein, d. h., es muss ihm in Wirksamkeit und Sicherheit entsprechen.[1] Diese therapeutische Äquivalenz wird für niedermolekulare Wirkstoffe dann angenommen, wenn der statistische Vertrauensbereich der Bioverfügbarkeit eines Generikums innerhalb von 80 % bis 125 % der Bioverfügbarkeit des Originalpräparats liegt (Bioäquivalenz). In der Praxis beträgt die Abweichung vom Originalpräparat zumeist weniger als 5 %.[2]

Die Regelungen für eine therapeutische Äquivalenz von biologischen Arzneistoffen befinden sich noch in der Diskussion. Zumeist werden heute noch klinische Studien bei Patienten zum Beleg der therapeutischen Äquivalenz gefordert (siehe Biosimilars).

Generika sind in der Regel billiger als das Arzneimittel des Erstanbieters, da keine Forschungskosten anfallen und die Entwicklungskosten für ein Generikum vergleichsweise gering sind. Die Stiftung Warentest hat in einer Untersuchung im September 2004 festgestellt, dass die Preise für generische Medikamente teilweise nur ein Drittel des Originalpräparates betragen.[3] Um den durch die pharmazeutische Forschung erzielten Nutzen nicht sofort an die Generika-Hersteller zu verlieren, sind die von den forschenden Arzneimittelherstellern (in Deutschland organisiert im Verband Forschender Arzneimittelhersteller) entwickelten Produkte durch Patente geschützt. Der Patentschutz bewirkt, dass die Originalpräparate in den ersten Jahren nach der Markteinführung keine Konkurrenz durch Generika haben. Er behindert aber auch die Nutzung billiger neuer Arzneimittel in Entwicklungsländern.

Beispiel

Mit zu den ältesten und bekanntesten Generika gehören Acetylsalicylsäure-haltige Präparate. Der ursprünglich von der Bayer AG in Leverkusen entwickelte und in verschiedenen Arzneiformulierungen unter dem Namen Aspirin vertriebene Wirkstoff ist nunmehr Bestandteil zahlreicher Generika wie beispielsweise ASS Ratiopharm.

Rechtliche Schranken für den Markteintritt von Generika

Der Markteintritt von Generika wird durch verschiedene Rechtsvorschriften beschränkt. Dazu zählt einerseits das Patentrecht, andererseits greift auch ein arzneimittelrechtlicher Unterlagenschutz für die Zulassungsunterlagen des Originalherstellers. In der Regel ist eine Markteinführung von Generika erst zehn bis 15 Jahre nach Erstzulassung des Referenzarzneimittels zulässig.

Die Patentgesetze sehen eine Patentlaufzeit von 20 Jahren vor. Da Arzneimittel eine lange Entwicklungszeit haben und ein zeitraubendes Zulassungsverfahren durchlaufen müssen, wodurch die effektive Marktexklusivität deutlich verkürzt wird, wurden in der Europäischen Union, aber auch in anderen Ländern ergänzende Schutzzertifikate eingeführt. Nach der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 kann einem Patentinhaber ein solches Zertifikat für fünf Jahre erteilt werden; die Dauer der Marktexklusivität ab der ersten Arzneimittelzulassung ist auf höchstens 15 Jahre beschränkt.[4] Abweichend davon kann das Patent oder Schutzzertifikat um weitere sechs Monate verlängert werden, wenn das Arzneimittel für eine pädiatrische Indikation nach der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 (Kinderarzneimittel-Verordnung) zugelassen wird.[5]

Unabhängig vom Patentschutz sieht das Europäische Arzneimittelrecht in der Richtlinie 2001/83/EG vor, dass Generika erst zehn Jahre nach Zulassung des Originalpräparats in den Verkehr gebracht werden dürfen. Wenn der Originalhersteller vorher eine Zulassung in weiteren Indikationen mit bedeutendem klinischen Nutzen im Vergleich zu den bestehenden Therapien erhält, wird dieser Unterlagenschutz auf höchstens 11 Jahre verlängert.[6] Erst nach Ablauf dieser Frist darf der Generikahersteller auf die in den Zulassungsunterlagen für das Referenzarzneimittel dokumentierten Ergebnisse der vorklinischen und klinischen Versuche des Originalherstellers verweisen.

Die Durchführung klinischer Studien durch Generikafirmen wird vom Patentschutz nicht berührt (Versuchsprivileg; Roche-Bolar-Regelung).[7]

Zulassung von Generika

Anteil bezugnehmender Anträge in abgeschlossenen Zulassungsverfahren für Humanarzneimittel ent­sprechend Richtlinie 2001/83/EG und Verordnung (EG) Nr. 726/2004
Dezentrale Verfahren
(MRP + DCP)[8]
Zentrale
Ver­fahren[9]
Jahr Total Generika Total Generika Biosimilars
2011 1.640 1.285 91 34 0
2010 1.777 1.439 54 20 1
2009 1.682 1.343 125 51 0
2008 1.145 912 72 4 6
2007 833 641 65 5 5
2006 592 419
2005 954 613
2004 760 495
2003 529 319
2002 420 226
2001 443 226
2000 306 124

Die Zulassung von Generika läuft grundsätzlich nach denselben Prinzipien ab wie die Zulassung sonstiger Medikamente: dem Zulassungsantrag sind sowohl umfangreiche qualitative Unterlagen wie bei allen anderen Medikamenten vorzulegen als auch entsprechende klinische Daten. Für die klinischen Daten sind allerdings in der Regel Bioäquivalenzstudien ausreichend, daneben darf der Antragsteller auf die klinischen Daten des Originators Bezug nehmen („bezugnehmende Zulassung“). Seit 2002 hat die Bewertung der Bioäquivalenzstudien einer Richtlinie der Agentur zu entsprechen,[10] welche in einer seitens der „Pharmacokinetics Working Party“ (Arbeitsgruppe des Ausschusses für Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittelagentur) überarbeiteten Form seit August 2010 in Kraft ist.[11] In den USA gelten vergleichbare Anforderungen, wobei allerdings neben den allgemeinen Richtlinien[12][13] derzeit (Dezember 2012) über 1000 Produkt-spezifische Richtlinien zu beachten sind.[14]

Generika können in Europa, wie andere Medikamente auch, entweder über das zentrale Zulassungsverfahren (CP: „Centralised Procedure“; gilt in allen Ländern des EWR und ist für Generika nur mit spezieller Genehmigung der Europäischen Arzneimittelagentur möglich), über das dezentralisierte oder gegenseitige Anerkennungsverfahren (DCP/MRP „Decentralised Procedure“/„Mutual Recognition Procedure“; gilt wahlweise in mehreren Ländern des EWR) oder über ein nationales Zulassungsverfahren (gilt jeweils nur in einem Land) die Vermarktungserlaubnis erhalten. Der Anteil von Zulassungsanträgen für Generika am Gesamtantragsvolumen im Humanarzneimittelbereich ist beträchtlich: für die dezentralen Verfahren hat er sich seit 2008 bei circa 80 % eingependelt gegenüber einem Anteil von 40 % in 2000. Unter den 2009 bis 2011 abschließend bearbeiteten zentralen Zulassungsverfahren betrafen knapp 40 % Generika.

In den USA überwiegt der Anteil an bezugnehmenden Arzneimittelzulassungen (Abbreviated New Drug Appplications, ANDA, zu deutsch etwa: Verkürzte Neu-Medikamentenbeantragung) im Gesamtvolumen deutlich. Von den 2011 durch die FDA erteilten über 700 Neuzulassungen betrafen rund 85 % Generika.[15]

Therapeutischer Einsatz von Generika

Generika haben heute einen festen Platz in der Arzneimitteltherapie. Grundsätzlich ist ihr Einsatz aus therapeutischer Sicht etabliert. Generika sind heute oft das wichtigste Standbein der Arzneimittelversorgung, in Deutschland waren 2008 über 60 % aller zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arzneimittel Generika.

Generika sind für Entwicklungsländer mit hohen HIV-Ansteckungs-Raten (speziell in Afrika) von großer Bedeutung. Während die Original-Präparate für Patienten dieser Regionen unerschwinglich sind, können vor allem Generika-Hersteller aus Indien Medikamente aufgrund geringer Lohnkosten zu erschwinglichen Preisen anbieten.[16]

Dennoch werden etwaige Nachteile einer Behandlung mit Generika diskutiert. Bei der Therapie mit Generika können folgende Fälle auftreten:

  • Neueinstellung auf einen Wirkstoff: Bei einer Neueinstellung auf einem Wirkstoff spielen eventuell existierende Unterschiede in der Bioverfügbarkeit keine Rolle, da die Dosis des Arzneimittels individuell nach Wirksamkeit und Verträglichkeit gewählt werden kann. Es bestehen, auch aus theoretischer Sicht, keine Unterschiede zwischen dem Einsatz eines Originalpräparates oder eines Generikums.
  • Wechsel von einem Originalpräparat auf ein Generikum: Die von Zulassungsbehörden vorgegebenen Limits für den 90 %-Vertrauensbereich des Quotienten der für die zu vergleichenden Kenngrößen ermittelten Durchschnittswerte für Generikum und Originalpräparat betragen 80–125 %. In der Praxis sind die Abweichungen sogar deutlich geringer.[2] In der Fachöffentlichkeit wird jedoch diskutiert, ob ein solcher Wechsel bei Arzneimitteln, die für schwerwiegende Erkrankungen verordnet werden und eine enge therapeutische Breite haben, vertretbar und sinnvoll ist. Beispiele für solche Arzneimittel sind Antikonvulsiva,[17][18] Antiarrhythmika[19] oder Antikoagulantien.[20] Für Wirkstoffe mit geringer therapeutischer Breite kann daher von den Zulassungsbehörden auch ein engerer Bioäquivalenzbereich von 90–111 % gefordert werden.[10][11] Die Entscheidung erfolgt im Rahmen der Zulassung; engere Grenzen sind derzeit für Tacrolimus und Ciclosporin vorgeschrieben.[21]
  • Wechsel von einem Generikum auf ein anderes Generikum: Die vergleichende Untersuchung der Bioäquivalenz bezieht sich immer auf das Originatorprodukt, ein Vergleich mit anderen Generika wird nicht durchgeführt. Für Arzneistoffe mit geringer therapeutischer Breite wird daher auch diskutiert, ob eine Umstellung von einem (generischen) Präparat auf ein anderes vertretbar ist. So zeigte beispielsweise eine mehrfache Präparateumstellung (verschiedene Generika) während der Therapie der Epilepsie mit Topiramat mehr Nachteile als eine einfache Präparateumstellung.[22]

Wirtschaftliche Bedeutung

Schwellenländer

Einen bedeutenden wirtschaftlichen Einfluss haben die Ersatzpräparate in Schwellenländern (auch Pharmerging Markets), allen voran in den BRIC-Staaten China (Tier-1), Brasilien, Indien und Russland (Tier-2).[23]:22 Dort decken Generika bis zu 80 % des Arzneimittelmarkets ab. Indien ist der größter Generika-Hersteller der Welt und wird zusammen mit den anderen Staaten auf dem Gebiet noch weiter wachsen. Einige Gründe dafür sind, dass sich ein steigender Bevölkerungsanteil in den Schwellenländern die Medikamente leisten kann und die Regierungen weiterhin versuchen die Kosten zu kontrollieren.[24]

Brasilien wächst seit 2005 im Bereich Arzneimittel zweistellig. 2011 betrug das Wachstum 19 %, der Umsatz kletterte auf 26 Milliarden US-Dollar. Schätzungen zufolge wird Brasilien 2015 hinter den USA und China der drittgrößte Generika-Markt der Welt sein. Momentan werden circa 80 % der Arzneimittel-Gesamtkosten von den Verbrauchern getragen und 60 % der gesamten Ausgaben im Gesundheitswesen vom Staat übernommen.[25] Der Anteil an Generika betrug 2002 ungefähr 5,7 % und steigerte sich 2012 auf 24 % aller verkauften Medikamente. Dies sei laut dem Leiter des Programms Farmácia Popular[26] auf eine Werbekampagne der Regierung aus dem Jahre 1999 zurückzuführen. Der brasilianische Staat unterhält zudem ein Gesundheitsprogramm mit dem Namen Sistema Único de Saúde, kurz: SUS, welches in 2012 über 25 verschiedene Arzneimittel kostenlos zur Verfügung stellt.[27]

In Südafrika profitiert das Generika-Unternehmen Aspen Pharmacare von einem Trend, nach dem private und staatliche Krankenkassen nur die Kosten für Generika übernehmen.

Ein weiterer Grund für das anhaltende Wachstum von Generika-Herstellern ist das stetige Auslaufen von Patenten auf Markenarzneimittel. Für 2012 wird geschätzt, dass Patente mit einem Umsatzvolumen von 37 Milliarden US-Dollar auslaufen.[24]

Europäische Länder

Vorlage:Balkendiagramm Marktzahlen in Europa ab Juli 2007 zeigen, dass die Marktdurchdringung mit Generika zwischen den EU Mitgliedstaaten stark variiert. Die Spannweite der Marktanteile (nach Umsatz) reicht von unter 20 % in Belgien, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien und Spanien über 20 bis 40 % in Österreich, Dänemark, Deutschland, den Niederlanden, Portugal, Schweden, Ungarn und dem Vereinigten Königreich (UK) bis hin zu über 40% in Polen. Dabei spiele eine politische Einflussnahme eine Rolle, insbesondere dort, wo die Verschreibung von Medikamenten unter dem Arzneistoffnamen gefördert werde wie z. B. in UK.[28] Der Marktanteil der Generika ist signifikant höher in denjenigen neuen EU-Mitgliedstaaten, welche historisch bedingt geistiges Eigentum auf nur niedrigem Niveau schützen.[29]

Eine 2008 von der EU-Kommission eingeleitete Untersuchung zu eventuell wettbewerbsverzerrenden Bedingungen im Arzneimittelsektor ergab, dass Verbraucher nach Ablauf der Schutzfristen durchschnittlich bis zu sieben Monate auf die Markteinführung von Generika warten müssen. Die Kommission sagte den Zulassungsbehörden die Unterstützung hinsichtlich der Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und die Überprüfung des Rechtsrahmens für die Preisfestsetzung zu und forderte die Mitgliedsstaaten auf, die rasche Markteinführung von Generika ebenfalls zu unterstützen und den Preiswettbewerb voranzutreiben. Die Maßnahmen sollen bewirken, dass die Patienten in der EU erschwingliche Arzneimittel erhalten und sollen die Wettbewerbsfähigkeit der Arzneimittelindustrie stärken.[30]

In Deutschland ist im generikafähigen Markt, also im Markt der nicht mehr patentgeschützten Medikamente, der Anteil der Generika kontinuierlich angestiegen. Lag der Verordnungsanteil von Generika bei gesetzlich Krankenversicherten Anfang der 80er Jahre noch bei etwa 30 %, erreichte er 2002 ungefähr 75 % und 2008 etwa 85 %. Nimmt man alle Medikamente als Grundlage, lag der Verordnungsanteil von Generika 2008 bei etwa 62 %. Im weltweiten Maßstab sind dies hohe Werte.

Nach Berechnungen des deutschen Generikaherstellerverbands Progenerika sollen durch die Verwendung von Generika im Jahr 2008 Einsparungen in Höhe von 11 Mrd. Euro in der deutschen Gesetzlichen Krankenversicherung erreicht worden sein.[31] Privatversicherte erhalten in Deutschland anteilig weniger Generika und dafür mehr Originalpräparate. Der Verordnungsanteil am generikafähigen Markt bei Privatpatienten beträgt etwa 46,4 %.[32]

Vereinigte Staaten

Generika wurden 1984 durch das Bundesgesetz 98-417 Drug Price Competition and Patent Term Restoration Act (auch Hatch-Waxman Act) gesetzlich verankert. Generika müssen, wie andere Arzneimittel auch, von der Behörde Food and Drug Administration (kurz: FDA) genehmigt werden. Die FDA stellt mit dem Orange Book[33] ein online durchsuchbares Arzneimittelverzeichnis mit allen genehmigten Medikamenten zur Verfügung.

Der Generika-Anteil in Verordnungen betrug anfänglich (d.h. 1984) 19 % und lag 2007 bereits bei 63 %.[34]:6 Laut dem Marktforschungsinstitut IMS Health lagen 2007 die Umsätze mit Markenmedikamenten auf dem US-Markt bei 228 Milliarden US-Dollar, mit Generika wurden 58,5 Milliarden US-Dollar (beide Werte vorläufig) umgesetzt. Damit stellten Generika ungefähr 20,5 % des US-Gesamtumsatzes. Bezogen auf den Marktanteil an verschreibungspflichtigen Medikamenten (Kurzform: Rx oder ℞) machten Generika mit circa 66,9 % den größten Anteil aus.[34]:24

Die USA führen weltweit den Generikamarkt an.

Führende Generikamärkte 2000[35]:37
nach Umsatz
Rang Land Generika-Marktwert
(in Milliarden US-Dollar)
Generika anteilig
am Gesamtpharmamarkt
(in %)
Generika-Marktanteil unter
verordneten Medikamenten
(in %)
1. USA 31,7 11,01 44,62
2. Deutschland 5,7 17,01 403
3. Großbritannien 4,5 21,71 472
4. Frankreich 4,4 2,0 3,04
5. Italien 3,0 27,9
6. Brasilien 2,4 47,5
7. Spanien 2,2 31,2
8. Argentinien 2,0 58,6
9. Mexiko 2,0 40,0
10. Kanada 1,9 15,01 401
Anmerkungen: 11997, 21998, 31988, 41996

Länder mit hoher Generika-Marktdurchdringung

Im Jahr 2000 wiesen folgende Länder die höchsten Anteile an auf Generika entfallende Umsätze im Pharmamarkt auf: Bangladesch (70,9 %), Dominikanische Republik (63,0 %), Uruguay (61,5 %), Südkorea (58,7 %) und Argentinien (58,6 %).[35]:37

Hersteller und Verbände

Die Hersteller von innovativen, forschungsintensiven Medikamenten und von Generika bilden meist zwei scharf voneinander getrennte Gruppen innerhalb derselben Branche, da die forschenden Pharma-Unternehmen in den Generika-Produzenten lediglich Nutznießer sehen, die die Früchte ihrer eigenen Arbeit ohne Forschungsaufwand einsammeln und zu Kampfpreisen in den Markt drücken. Umgekehrt vertreten die Generika-Hersteller den Standpunkt, dass die Hersteller der Originalpräparate die hohen Preise ihrer Produkte auch dann noch einfordern, wenn die Forschungskosten sich längst amortisiert haben, wodurch das Gesundheitssystem bzw. die Kostenträger unmäßig finanziell belastet werden. Kritiker bemerken ferner, dass die Marketingausgaben die Forschungsausgaben der Pharmaunternehmen überwiegen. Allerdings produzieren immer mehr forschende Pharmaunternehmen selbst auch Generika. So ist zum Beispiel die Novartis-Tochter Sandoz mit Hauptsitz in Holzkirchen die zweitgrößte Generika-Firma der Welt. Auch Generikahersteller selber haben oft Tochterfirmen, die das inhaltsgleiche Präparat noch günstiger anbieten (z. B. gehört AbZ Pharma zu Ratiopharm und 1A-Pharma zu Hexal, die wiederum zu Novartis gehört).

Bekannte Hersteller von Generika in Deutschland sind Ratiopharm, Hexal und Stada. Bei diesen Herstellern handelt es sich um Anbieter umfangreicher Produktpaletten zu unterschiedlichen Indikationen. Andere Hersteller konzentrieren sich auf wenige Schwerpunkte, wie beispielsweise der Hautspezialist Dermapharm. Über die Bedeutung der Generikaindustrie für die Gesundheitsversorgung in Deutschland informiert eine Studie aus dem Juni 2005, die die Accenture GmbH in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Ingolstadt durchgeführt hat.[36]

Der Verband Pro Generika ist der wichtigste Verband der Generika-Industrie in Deutschland. Seine 18 Mitglieder[37] decken einen Marktanteil von gut 90 Prozent der Hersteller ab, die ausdrücklich als Generikaunternehmen auftreten. Der seit 1986 bestehende Deutsche Generikaverband gab Ende 2012 seine Auflösung bekannt.[38] Er vertrat vor allem die Interessen kleinerer und mittlerer Generikahersteller in Deutschland und setzte sich insbesondere für Wettbewerb durch möglichst viele Wettbewerber ein. Die Generika-Industrie in Österreich wird durch den Österreichischen Generikaverband (ÖGV), in der Schweiz durch Intergenerika vertreten.

In den USA sind die Generikahersteller in der Generic Pharmaceutical Association (GPhA) organisiert.

Große Generikahersteller

Größte Generikahersteller der Welt 2010[39]
nach Umsatz in Millionen US-Dollar
Rang Unternehmen Firmensitz Umsatz
1. Teva Israel 000000000011030.000000000011.030
2. Sandoz (Generikasparte von Novartis) Deutschland 000000000008520.00000000008.520
3. Mylan USA 000000000004990.00000000004.990
4. Actavis (2012 von Watson übernommen) Island (ab 2011 Schweiz) 000000000002520.00000000002.520
5. Hospira USA 000000000002350.00000000002.350
6. Watson USA 000000000002270.00000000002.270
7. Sanofi-Aventis (2011 umbenannt in Sanofi) Frankreich 000000000002040.00000000002.040
8. Greenstone (Generikasparte von Pfizer) USA 000000000001720.00000000001.720
9. Stada Deutschland 000000000001500.00000000001.500
10. Dr. Reddy's Indien 000000000001160.00000000001.160
Größte Generikahersteller der Welt 2009[40]
nach Umsatz in Millionen US-Dollar
Rang Unternehmen Firmensitz Umsatz
1. Teva Israel 000000000013900.000000000013.900
2. Sandoz (Generikasparte von Novartis) Deutschland 000000000007400.00000000007.400
3. Mylan USA 000000000005100.00000000005.100
4. Watson USA 000000000002800.00000000002.800
5. Hospira USA 000000000002800.00000000002.800
6. Ratiopharm (seit 2010 Tochter von Teva) Deutschland 000000000002200.00000000002.200
7. Stada Deutschland 000000000002200.00000000002.200
8. Ranbaxy (seit 2008 Tocher von Daiichi Sankyō) Indien 000000000001600.00000000001.600
9. Sanofi-Aventis (2011 umbenannt in Sanofi) Frankreich 000000000001400.00000000001.400
10. KRKA Slowenien 000000000001300.00000000001.300
Größte Generikahersteller der Welt 2007 nach Umsatz in Millionen US-Dollar.[41]
Unternehmen Firmensitz Umsatz
Teva Israel 4672
Sandoz (Generikasparte von Novartis) Deutschland 3577
Ratiopharm (seit 2010 Tochter von Teva) Deutschland 1314
Barr (2008 von Teva übernommen) USA 1241
Watson USA 1241
Stada Deutschland 1168
Mylan USA 1095
Actavis (2012 von Watson übernommen) Island 1022
Ranbaxy Indien 803
Dr. Reddy's Indien 584
Größte Generikahersteller der Welt 2005 nach Umsatz in Millionen US-Dollar.[42]
Unternehmen Firmensitz Umsatz
Teva Israel 5250
Sandoz (Generikasparte von Novartis) Deutschland 4494
Merck KGaA (2007 von Mylan übernommen) Deutschland 2227
Ratiopharm Deutschland 2001
Watson USA 1646
Stada Deutschland 1267
Ranbaxy Indien 1178
Pliva (2006 an Barr verkauft) Kroatien 1174
Andrx USA 1042
Barr USA 1030
Mylan USA 932
Actavis Island 579
Größte Generikahersteller der Welt 2002 nach Umsatz in Millionen US-Dollar.[43]
Unternehmen Firmensitz Umsatz
Teva Israel 2518
Novartis (ab 2003 neue Generikasparte Sandoz) Schweiz 1812
Allergan USA 1385
Watson USA 1223
Ivax (2006 von Teva übernommen) USA 1197
Barr USA 1189
Hexal (inkl. Eon Labs; 2005 von Novartis übernommen) Deutschland 1111
Mylan USA 1104
Merck KGaA Deutschland 1074
Schwarz Pharma (2006 von UCB übernommen) Deutschland 908
Ratiopharm Deutschland 878
Größte Generikahersteller der Welt 1997[35]:39
nach Umsatz in Millionen US-Dollar
Rang Unternehmen Firmensitz Umsatz
1. Novartis Schweiz 000000000000981.0000000000981
2. Teva Israel 000000000000875.0000000000875
3. ICN USA 000000000000752.0000000000752
4. Merck USA 000000000000651.0000000000651
5. Ivax (IVX Biosience) USA 000000000000602.0000000000602
6. Mylan USA 000000000000555.0000000000555
7. Apotex Kanada 000000000000500.0000000000500
8. Schein Deutschland 000000000000490.0000000000490
9. Ranbaxy Indien 000000000000433.0000000000433
10. Ratiopharm Deutschland 000000000000430.0000000000430
11. Hexal Deutschland 000000000000420.0000000000420
12. Novopharm Dänemark 000000000000400.0000000000400
13. Barr USA 000000000000377.0000000000377
14. Alpharma USA 000000000000329.0000000000329
15. Watson USA 000000000000324.0000000000324

Siehe auch

Einzelnachweise

  1.  Christoph Baumgärtel: Generika – Ein Update. In: Österreichischer Apothekerverband, Verband Angestellter Apotheker Österreichs (Hrsg.): Österreichische Apotheker-Zeitung. 65, Nr. 9, Österreichische Apotheker-Verlagsgesellschaft m. b. H., Wien 26. April 2011, S. 46–49 (11.8MB PDF, abgerufen am 3. Mai 2011).
  2. 2,0 2,1 P.E. Nwakama, S.H. Haidar, Y.S. Yang, B.M. Davit, D.P. Conner, L.X. Yu: Generic Drug Products Demonstrate Small Differences in Bioavailability Relative to the Brand Name Counterparts: A Review of ANDAs Approved 1996 – 2005. In: 12th Annual FDA Science Forum. Center for Drug Evaluation and Research, Food and Drug Administration, 18.–20. April 2006, abgerufen am 25. Dezember 2012 (english): „The mean (±S.D.) of the absolute value of the difference in point estimates |T - R| for AUC0-T was 3.19% (±2.72) and 3.12% (±2.66) for AUC0-inf. Mean difference for Cmax was 4.50% (±3.57).“
  3. Stiftung Warentest über preiswerte Generika test 10/2004
  4. Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel: siehe Erwägungsgründe und Artikel 13
  5. Verordnung (EG) Nr. 1901/2006: Artikel 36
  6. Richtlinie 2001/83/EG: Artikel 10 (1)
  7. § 11 Patentgesetz (Deutschland)
  8. Statistiken zu nicht zentralen Zulassungsverfahren der Heads of Medicines Agencies
  9. Statistiken zu zentralen Verfahren der European Medicines Agency
  10. 10,0 10,1 Note for Guidance on the Investigation of Bioavailability and Bioequivalence. In: The European Agency for the Evaluation of Medicinal Products. Committee for Proprietary Medicinal Products, 26. Juli 2001, archiviert vom [www.emea.eu.int/pdfs/human/ewp/140198en.pdf Original] am 21. Februar 2007, abgerufen am 29. Dezember 2012 (99KB PDF, english).
  11. 11,0 11,1 Guideline on the Investigation of Bioequivalence. European Medicines Agency, Committee for Medicinal Products for Human Use, 20. Januar 2010, abgerufen am 10. August 2010 (233KB PDF, englisch).
  12. Guidance for Industry. Statistical Approaches to Establishing Bioequivalence. In: U.S. Department of Health and Human Services. Food and Drug Administration, Center for Drug Evaluation and Research, Januar 2001, abgerufen am 29. Dezember 2012 (130KB PDF, english).
  13. Guidance for Industry. Bioavailability and Bioequivalence Studies for Orally Administered Drug Products — General Considerations. In: U.S. Department of Health and Human Services. Food and Drug Administration, Center for Drug Evaluation and Research, März 2003, abgerufen am 29. Dezember 2012 (394KB PDF, english).
  14. Bioequivalence Recommendations for Specific Products. In: U.S. Department of Health and Human Services. Food and Drug Administration, Center for Drug Evaluation and Research, 20. Dezember 2012, abgerufen am 29. Dezember 2012 (english).
  15. Drugs@FDA: Drug Approval Reports
  16. Schweizer Radio DRS; Beitrag im Echo der Zeit, 28. April 2010
  17. Steinhoff BJ, Runge U, Witte OW et al. Substitution of anticonvulsant drugs. Ther Clin Risk Manag. 2009; 5:449-457. PMID 19707254.
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