Fischer-Tropsch-Synthese

Fischer-Tropsch-Synthese

Die Fischer-Tropsch-Synthese (auch Fischer-Tropsch-Verfahren) ist ein von Franz Fischer und Hans Tropsch am Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohleforschung in Mülheim an der Ruhr 1925 entwickeltes großtechnisches Verfahren zur Kohleverflüssigung durch heterogenkatalytische Umwandlung von Synthesegas, einem Kohlenstoffmonoxid-Wasserstoff-Gemisch, in ein breites Spektrum gasförmiger und flüssiger Kohlenwasserstoffe. Diese werden als schwefelarme synthetische Kraftstoffe (XtL-Kraftstoffe), als synthetische Motoröle und als Rohstoffbasis für die chemische Industrie genutzt.

Als Nebenprodukte fallen sauerstoffhaltige Kohlenwasserstoffe wie Ethanol und Aceton sowie Ethen, Propen und höhere Olefine an. Als Quellen für die Synthesegaserzeugung stehen neben Kohle auch Erdgas und Biomasse zur Verfügung.

Geschichte

Altbau des Max-Planck-Instituts für Kohlenforschung

Die ersten Arbeiten zur Hydrierung von Kohlenstoffmonoxid mit Wasserstoff führte Paul Sabatier bereits im Jahr 1902 durch.[1] Bei atmosphärischem Druck und Temperaturen zwischen 200 und 300 °C erhielt er Methan als Hauptprodukt. Die BASF meldete im Jahr 1913 ein Patent an, in dem die Produktion von sauerstoffhaltigen Produkten und aliphatischen Kohlenwasserstoffen mittels Hydrierung von Kohlenstoffmonoxid beschrieben wird, wobei alkaliaktivierte Cobalt- und Osmiumoxide verwendet wurden. Während die BASF im Folgenden den Forschungsschwerpunkt bei der Hydrierung von Kohlenstoffmonoxid auf die Methanolherstellung legte, entwickelten Franz Fischer und Hans Tropsch im Jahr 1923 am damaligen Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohleforschung in Mülheim an der Ruhr ein auf eisenhaltigen Katalysatoren basierendes Verfahren zur Kohleverflüssigung, das so genannte Synthol-Verfahren. Bei Drücken von 100 bis 150 bar erhielten sie Gemische aus sauerstoffhaltigen Verbindungen wie Aldehyden, Ketonen, Carbonsäureestern, Alkoholen und Carbonsäuren, so genanntes Synthol. Der hohe Sauerstoffgehalt dieser Produkte führte jedoch zu starken Korrosionserscheinungen, so dass eine Verwendung als Motorkraftstoff fehlschlug.

Basierend auf diesen Forschungen zur Kohlenstoffmonoxidhydrierung entwickelten Franz Fischer und Hans Tropsch im Jahr 1925 die Fischer-Tropsch-Synthese. Bei Drücken um 7 bar erhielten sie Kohlenwasserstoffgemische.[2] Im Gegensatz zum Bergius-Pier-Verfahren konnten mit dem FT-Verfahren auch magere Kohlensorten verwertet werden.

Die FT-Synthese war während des Zweiten Weltkriegs für Deutschland von Bedeutung. Damit konnte der Bedarf an flüssigen Kraftstoffen, so genanntes Kogasin, wie das Syntheseprodukt nach seiner Herstellungsfolge aus Koks, Gas, Benzin, genannt wurde, aus einheimischer Kohle gedeckt werden.[3] Insgesamt wurden bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs neun Anlagen mit einer Kapazität von 0,6 Mio. t/a für die Fischer-Tropsch-Synthese aufgebaut, deren Produkte auch zur Fettsäuresynthese nach dem Verfahren von Arthur Imhausen genutzt wurden.[4]

Mit den erdölbasierten Kraftstoffen waren die Produkte der FT-Synthese nicht konkurrenzfähig, so dass sie nach dem Krieg nahezu vollständig aufgegeben wurde. Die Anlagen wurden gemäß dem Washingtoner Beschluss der Westmächte demontiert.[5] Dennoch wurde die Forschung in diesem Bereich in den 1970er Jahren nach der Ölkrise wieder aufgenommen und in Bottrop eine Pilotanlage errichtet. Sie wurde Ende der 1980er Jahre eingestellt, da der Erdölpreis zwischenzeitlich unter 20 Dollar pro Barrel gesunken war und sich das Verfahren nicht mehr rentierte.[6]

Holzvergaser Güssing (2006)

In der Republik Südafrika, die ebenfalls über ausreichend Kohleressourcen verfügte und Erdöl importieren musste, wurde aus politischen Gründen 1955 die erste moderne Coal-to-Liquid(CtL)-Anlage Südafrikas in Betrieb genommen. Gebaut wurde sie durch die eigens gegründete Suid Afrikaanse Steenkool en Olie (Sasol) unter Beteiligung der deutschen Lurgi AG. Die Pilotanlage Sasol 1 wurde für etwa 6.000 barrel Kraftstoff pro Tag ausgelegt. Ab 1980 wurden die Kapazitäten deutlich ausgeweitet, bedingt durch die politische Entwicklung Südafrikas.

So wurden 1980 und 1982 Sasol II und Sasol III in Betrieb genommen.[4] Damit stand eine Gesamtkapazität von 104.000 Barrel/Tag zur Verfügung. Mit der politischen Öffnung wurde das Programm auf Erdgas als Rohstoffquelle ausgedehnt, und 1995 sowie 1998 wurden weitere Kapazitäten für 124.000 Barrel/Tag CtL- und GtL-Kraftstoff geschaffen. Da die Steinkohle im Tagebau relativ preisgünstig gewonnen werden kann, deckte das Land noch 2006 etwa 30 % seines Kraftstoffbedarfs aus Kohlebenzin.[6]

Sasol wurde durch die südafrikanischen Entwicklungen Weltmarktführer auf dem Gebiet der XtL-Technologien und baute 2006 ein modernes Gas to Liquids(GtL)-Werk in Katar mit einer Kapazität von 34.000 barrel/Tag. Dabei handelt es sich um ein Hochtemperaturverfahren mit Prozesstemperaturen von 350 °C (Synthol und Advanced Synthol), bei dem Ottokraftstoffe und Alkene als Plattformchemikalien produziert werden. Gemeinsam mit Foster Wheeler plante Sasol zudem eine Fischer-Tropsch-Anlage in China mit einer Jahreskapazität von 60.000 barrel/Jahr, ein Niedrigtemperaturverfahren bei 250 °C zur Gewinnung von Dieselkraftstoff und Wachsen.

1993 nahm der Mineralölkonzern Royal Dutch Shell die erste GtL-Anlage in Betrieb. Die Anlage in Bintulu in Malaysia hat eine Kapazität von 12.000 barrel/Tag und wird in einem eigens entwickelten Fischer-Tropsch-Verfahren, der Shell Middle Distillate Synthesis oder SMDS-Verfahren, betrieben. Gemeinsam wollen Shell und Sasol weitere GtL-Kapazitäten von etwa 60.000 Barrel GtL/Tag aufbauen.

Im Zuge der Rohstoffwende rückten vor allem Biokraftstoffe in den Fokus der Kraftstoffherstellung. Dabei erhielt die Fischer-Tropsch-Synthese wieder das Interesse der Forschung und Entwicklung. Biomass to Liquid-Kraftstoffe werden als Biokraftstoffe der zweiten Generation besonders in Europa gefördert. Derzeit gibt es jedoch noch keine BtL-Produktion. Einzelne Pilotprojekte sind angelaufen, und die insolvente Choren Industries wollten in einem Werk in Freiberg, Sachsen, den von ihnen als SunFuel und SunDiesel bezeichneten BtL-Kraftstoff herstellen.

Grundlagen

Beim Fischer-Tropsch-Verfahren wird die Kohle zunächst bei Temperaturen von über 1000 °C in der Kohlevergasung, zum Beispiel im Lurgi-Druckvergaser, Winkler-Generator oder Koppers-Totzek-Reaktor, mit Wasserdampf und Luft oder Sauerstoff zu Synthesegas umgesetzt. Da bei dieser Umsetzung im ersten Schritt nur ein Wasserstoff- zu Kohlenstoffmonoxidverhältnis von 0,7 erreicht wird, wird ein Teil des Kohlenstoffmonoxids mit Wasser in einer Wassergas-Shift-Reaktion zu Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff umgesetzt, bis ein Verhältnis von 2 : 1 erreicht ist. Das Synthesegas wird abgekühlt, wobei Phenol und Ammoniak abgetrennt werden, und dann einer Rectisolwäsche unterworfen, wobei Kohlenstoffdioxid, Schwefelwasserstoff, Blausäure und organische Bestandteile entfernt werden.[4] Die Katalysatoren sind schwefelempfindlich, der Schwefelwasserstoffanteil wird meist auf einen Volumengehalt von weniger als 30 ppb herabgesetzt.[4] Das Reingas enthält noch etwa 12 % Methan, Ethan, Stickstoff und Edelgase sowie etwa 86 % Kohlenstoffmonoxid und Wasserstoff im Verhältnis von eins zu zwei.[4]

Danach wird das gereinigte Rohgas heterogen-katalytisch in einer Aufbaureaktion zu Kohlenwasserstoffen wie Paraffinen, Olefinen und Alkoholen umgesetzt. Endprodukte sind Benzin (Synthetisches Benzin), Diesel, Heizöl sowie Rohstoffe für die chemische Industrie. Die Reaktion findet bereits bei Atmosphärendruck und bei einer Temperatur von 160 bis 200 °C statt; technisch werden je nach Verfahren höhere Drücke und Temperaturen verwendet. Die Synthese verläuft nach folgendem Reaktionsschema:

$ \mathrm {n\,CO+(2n+1)\,H_{2}\leftrightharpoons C_{n}H_{2n+2}+n\,H_{2}O} $ (Alkane)
$ \mathrm {n\,CO+(2n)\,H_{2}\leftrightharpoons C_{n}H_{2n}+n\,H_{2}O} $ (Alkene)
$ \mathrm {n\,CO+(2n)\,H_{2}\leftrightharpoons C_{n}H_{2n+1}OH+(n-1)\,H_{2}O} $ (Alkohole)

In der Fischer-Tropsch-Synthese wird eine Vielzahl von Katalysatoren eingesetzt. Die am häufigsten verwendeten basieren auf den Übergangsmetallen Cobalt, Eisen, Nickel und Ruthenium. Als Träger finden poröse Metalloxide mit großen spezifischen Oberflächen wie Kieselgur, Aluminiumoxid, Zeolithe und Titandioxid Verwendung.[7]

Die Katalysatoren können durch Imprägnierung der porösen Metalloxide mit Metallsalzlösungen und anschließende Kalzinierung hergestellt werden.[8] Die Aktivität des Katalysators wird durch Promotoren wie Alkalimetalle oder Kupfer, die Porengrößenverteilung des Trägers, die Kalzinierungs- und Reduktionsbedingungen und durch die daraus resultierenden Partikelgrößen des aktiven Katalysatormetalls beeinflusst. Substanzen wie Alkalimetalle, die für Eisenkatalysatoren gute Promotoren darstellen, wirken etwa bei Cobaltkatalysatoren als Katalysatorgift. Cobalt, Nickel und Ruthenium verbleiben während der Reaktion im metallischen Zustand, während Eisen eine Reihe von Oxiden und Carbiden bildet. Es wird jedoch vermutet, dass Cobaltoxide, die durch unvollständige Reduktion des eingesetzten Salzes zurückbleiben, eine Promotorenrolle zukommt.

Eisen- und cobalthaltige Katalysatoren können durch Fällung oder Schmelzen, oft zusammen mit anderen Metallen und sonstigen Promotoren, gewonnen werden.[9][10] Der ursprüngliche Katalysator von Fischer und Tropsch wurde durch Co-Fällung von Cobalt-, Thorium- und Magnesiumnitrat hergestellt, wobei dem frisch gefällten Katalysator das Kieselgur zugesetzt wurde.[11] Die weiteren Schritte wie Formgebung, Trocknung und Reduktion des Cobaltsalzes beeinflussen die Aktivität des Katalysators maßgeblich. Cobaltkatalysatoren zeigen nur geringe Aktivität in der Wassergas-Shift-Reaktion, während Eisenkatalyatoren diese katalysieren.

Das typische Fischer-Tropsch-Produkt enthält rund 10 - 15 % Flüssiggase (Propan und Butane), 50 % Benzin, 28 % Kerosin (Dieselöl), 6 % Weichparaffin (Paraffingatsch), 2 % Hartparaffine. Das Verfahren ist für die großtechnische Produktion von Benzin und Ölen aus Kohle, Erdgas oder Biomasse von Bedeutung. Die Kettenlängenverteilung der während der Reaktion gebildeten Kohlenwasserstoffe folgt einer Schulz-Flory-Verteilung.[12] Die Kettenlängenverteilung kann wie folgt beschrieben werden:

$ \ W_{n}=n(1-a)^{2}a^{(n-1)} $

wobei Wn der Gewichtsanteil der Kohlenwasserstoffmoleküle mit n Kohlenstoffatomen ist und α die Kettenwachstumswahrscheinlichkeit. Im Allgemeinen wird α durch den Katalysator und die spezifischen Prozessbedingungen bestimmt. Durch Variation der Prozeßbedingungen und dem Design des Katalysators lässt sich die Selektivität zu verschiedenen Produkten, etwa Olefinen als Rohstoffe für die chemische Industrie, steuern.

Die USA verfügt über große, dicht an der Oberfläche liegende Kohleflöze, die relativ leicht im Tagebau abgebaut werden können. Die US-Luftwaffe testete angesichts gestiegener Treibstoffpreise bei gleichzeitig hohem Bedarf am 19. September 2006 auf der Edwards Air Force Base eine Boeing B-52H mit einem 50:50-Gemisch aus gewöhnlichem JP-8-Treibstoff und synthetisch aus Kohle gewonnenem Treibstoff. Der Testflug sollte die Frage klären, wie sich dieser Treibstoff in der Praxis bewährt und ob ein wirtschaftlicher Betrieb zuverlässig möglich ist.

Reaktionsmechanismus

Ursprünglich wurde angenommen, dass die Bildung von Kohlenwasserstoffen über die Hydrierung von oberflächengebundenen Metallcarbidspezies abläuft. Durch mechanistische Untersuchungen mit 14C-markiertem Kohlenstoffmonoxid konnte nachgewiesen werden, dass dieser Mechanismus nur einen kleinen Beitrag zur Gesamtreaktion leisten konnte.[13] In der Folgezeit wurden verschiedene Mechanismen vorgeschlagen und untersucht, wobei der Einbau von 14C-markierten Komponenten und die nachfolgende Untersuchung der 14C-Verteilung in den Produkten eine oft angewandte Untersuchungsmethode darstellte.

Der Reaktionsmechanismus lässt sich in die Schritte Chemisorption von Kohlenstoffmonoxid und dissoziative Chemisorption von Wasserstoff, Kettenwachstum, Wasserstoffübertragung, Hydrogenolyse und Desorption unterteilen. Analog zur Hydroformylierung angenommen, dass oberflächengebundene Metallcarbonyle Teil des katalytisch aktiven Systems sind. Der Kettenwachstumschritt könnte über die Bildung von Acylkomplexen und deren anschließende Hydrierung zum Alkylkomplex verlaufen. In die Metall-Alkylbindung könnte dann ein weiteres Molekül Kohlenstoffmonoxid insertieren.[4]

Kinetische Untersuchungen in Rohrreaktoren, mit denen bei anderen heterogen-katalysierten Reaktion der geschwindigkeitsbestimmende Schritt, etwa die chemische Reaktion, die Diffusion durch die Grenzschicht oder die Porendiffusion, bestimmt werden konnte, führten bei der Untersuchung der Fischer-Tropsch-Synthese zu keinem eindeutigen Ergebnis.[4] Das Reaktionsnetzwerk besteht aus einer Reihe von komplexen, teilweise reversiblen chemischen und Transportreaktionen. Es wird außerdem angenommen, dass sich das katalytische aktive Zentrum unter Reaktionsbedingungen durch Chemisorption der Reaktanden ausbildet und sich über die Länge der Katalysatorschüttung ändert.[4] Durch Untersuchungen in gradientenfreien Reaktoren wurde eine Aktivierungsenergie von 93 bis 95 kJ mol-1 und einen inhibierenden Einfluss der Kohlenstoffmonoxidkonzentration gezeigt.[14][15] Bei kinetischen Untersuchungen in gradientenfreien Spinning-Basket-Reaktoren wurde die Bildung einer oberflächengebundenen Methylenspezies, die durch Hydrierung von chemisorbierten Kohlenstoffmonoxid entsteht, als geschwindigkeitsbestimmender Schritt identifiziert. Als geschwindigkeitsbestimmender Schritt der Wassergas-Shift-Reaktion gilt die Bildung einer oberflächengebundenen Fornylspezies.[16]

Anderson-Emmett-Mechanismus

In Untersuchungen von Anderson und Emmet wurde gefunden, dass an Metallzentren chemisorbiertes Kohlenstoffmonoxid durch Wasserstoff zu einem enolischen Primärkomplex der Art M=CH(OH) (M = Metall) hydriert wird. Das Kettenwachstum erfolgt durch Kohlenstoff - Kohlenstoff - Verknüpfung zweier benachbarter Enole unter Wasserabspaltung. Durch Hydrierung dieser Zwischenstufe entsteht ein Methylhydroxycarbenkomplex, der wiederum für den Aufbau einer Kohlenstoffkette mit benachbarten Enolkomplexen unter Wasserabspaltung bereitsteht. Es wurde gefunden, dass 14C-markiertes 1-Propanol schnell in den entstehenden Kohlenwasserstoff eingebaut wurde. Dies wurde als Hinweis auf intermediäre Enolkomplexe gewertet.[17]

Pichler-Schulz-Mechanismus

Beim Pichler-Schulz-Mechanismus ist das Kettenwachstum durch Insertion von Kohlenstoffmonoxid in eine Metall-Alkylbindung mit anschließender Hydrierung zum um eine CH2-Gruppe gewachsenen Alkylrest bestimmt. Dieser Mechanismus impliziert, dass die Insertion und anschließende Hydrierung schnell im Vergleich zur Kettenabbruchreaktion verläuft. Unterstützt wird dieser Mechanismus unter anderem durch das Verschwinden der Infrarot-Bande von adsorbiertem Kohlenstoffmonoxid während der Fischer-Tropsch-Reaktion.[18]

Verfahren

Arge-Synthese

Fischer-Tropsch-Kolonne

Das Verfahren wird in mehreren Varianten durchgeführt. Neben dem von Fischer und Tropsch entwickelten Normaldruckverfahren wurde das von Pichler entwickelte Mitteldruckverfahren, auch Hochlast- oder Arge-Synthese genannt, von einer Arbeitsgemeinschaft der Firmen Ruhrchemie und Lurgi kommerzialisiert. Dabei erfolgt die Umsetzung der Kohlevergasungsprodukte an mit Kupfer und Kaliumcarbonat dotierten Eisenkontakten im Festbettverfahren bei Temperaturen um 220 bis 240 °C und Drücken bis 25 bar. Das Kohlenstoffmonoxid-zu-Wasserstoff-Verhältnis liegt bei 1 zu 1,7. Als Produkte werden Paraffin/Olefin-Gemische, sogenanntes Gatsch, erhalten.

Die Reaktion ist exotherm mit 158 kJ pro Mol gebildeter CH2-Gruppe bei 250 °C:[4]

$ \mathrm {n\,CO+(2n)\,H_{2}\leftrightharpoons -(CH_{2})_{n}-+\ n\,H_{2}O\,;\,H_{R}\,=\,-158\,kJ/mol_{(CH_{2})}} $

Ein Problem ist die Abführung der hohen Hydrierwärme, um eine möglichst isotherme Reaktionsführung zu gewährleisten. Der Arge-Reaktor hatte ursprünglich einen Durchmesser von drei Metern und war mit 2052 Katalysatorrohren bestückt, die etwa 35 Tonnen oder 40 Kubikmeter Katalysator fassen. Der Katalysator ist dabei in engen, von Wasser umspülten Rohren angeordnet. Die Reaktionswärme wird durch Siedewasser unter Druck abgeführt. Eine ungenügende Wärmeabfuhr führt zu einem Temperaturgradienten über der Katalysatorschüttung und kann zu erhöhter Methanproduktion oder einer Verkokung der Kontakte führen.[4] Eine nachlassende katalytische Aktivität der Kontakte wird durch eine Erhöhung der Reaktionstemperatur ausgeglichen.

Das Katalysatorvolumen beträgt in modernen Reaktoren circa 200 m3. Eine Fischer-Tropsch-Anlage mit mehreren Reaktoren benötigt pro Stunde etwa 1.500.000 Nm3 Synthesegas und stellt dabei pro Jahr etwa 2.000.000 t Kohlenwasserstoffe her. Die Synthese wird dreistufig durchgeführt mit einem Gesamtumsatz von circa 94 %. Neben der Durchführung im Festbettreaktor gibt es Verfahrensvarianten mit Wirbelschichtverfahren (Hydrocol-Verfahren), als Flugstaubsynthese oder in einer Ölsuspension (Köbel-Rheinpreußen-Verfahren).

Synthol-Verfahren

Eine Reaktionsvariante ist die Synthol-Synthese, die von den Firmen Sasol und Kellogg entwickelt wurde. Sie ist nicht mit dem durch Fischer und Tropsch entwickelten, gleichnamigen Verfahren zu verwechseln. Bei dem Verfahren handelt es sich um eine Flugstaubsynthese; bei ihm wird der Katalysator als Pulver mit dem Reaktionsgas eindosiert. Das Verfahren arbeitet bei 25 bar und Temperaturen über 300 °C. Dadurch bilden sich bevorzugt niedermolekulare Kohlenwasserstoffe. Das Verhältnis Kohlenstoffmonoxid zu Wasserstoff beträgt circa eins zu zwei.[4]

Literatur

  • Thorsten Gottschau: Biomass-to-Liquid (BtL)-Kraftstoffe – Übersicht und Perspektiven. (darin Exkurs XtL.) In: Rainer Schretzmann, Jörg Planer (Hrsg.): Kraftwerk Feld und Wald. Bioenergie für Deutschland. Tagungsband zum AID-Forum Landwirtschaft am 10. November 2006 in Bonn. AID, Bonn 2007, ISBN 978-3-8308-0680-6 (AID. 3934), online (PDF; 50 KB).
  • Steffen Bukold: Öl im 21. Jahrhundert. Band 2: Alternativen und Strategien. Oldenbourg, München 2009, ISBN 978-3-486-58898-9.
  • F. Benthaus u.a.: Rohstoff Kohle. Eigenschaften, Gewinnung, Veredelung, Verlag Chemie, Weinheim, 1. Auflage, 1978, ISBN 3-527-25791-8

Weblinks

Commons: Fischer-Tropsch-Synthese – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Einzelnachweise

  1. P. Sabatier, J.B. Senderens, J. Soc. Chem. Ind. 21 (1902) 504.
  2. Franz Fischer, Hans Tropsch: Über die direkte Synthese von Erdöl-Kohlenwasserstoffen bei gewöhnlichem Druck. (Erste Mitteilung). In: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft (A and B Series). 59, 1926, S. 830–831, doi:10.1002/cber.19260590442.
  3. Christoph Janiak, Thomas M. Klapötke, Hans-Jürgen Meyer, Erwin Riedel: Moderne anorganische Chemie. 2003, ISBN 3-11-017838-9, S. 769.
  4. 4,00 4,01 4,02 4,03 4,04 4,05 4,06 4,07 4,08 4,09 4,10 F. Benthaus u.a.: Rohstoff Kohle. Eigenschaften, Gewinnung, Veredelung, Verlag Chemie, Weinheim, 1. Auflage, 1978, ISBN 3-527-25791-8, S. 43ff.
  5. Aus strategischen Gründen: Politischer Treibstoff. SPIEGEL, 23. Juni 1949, abgerufen am 5. August 2012..
  6. 6,0 6,1 vgl. Technology Review: Billig, aber schmutzig, Dezember 2006, Seite 44 ff.
  7. Andrei Y. Khodakov, Wei Chu, Pascal Fongarland: Advances in the Development of Novel Cobalt Fischer-Tropsch Catalysts for Synthesis of Long-Chain Hydrocarbons and Clean Fuels. In: ChemInform. 38, 2007, doi:10.1002/chin.200733255.
  8. S. Storsater, B. Totdal, J. Walmsley, B. Tanem, A. Holmen: Characterization of alumina-, silica-, and titania-supported cobalt Fischer-Tropsch catalysts. In: Journal of Catalysis. 236, 2005, S. 139–152, doi:10.1016/j.jcat.2005.09.021.
  9. Wolfgang A. Herrmann: Metallorganische Aspekte der Fischer-Tropsch-Synthese. In: Angewandte Chemie. 94, 1982, S. 118–131, doi:10.1002/ange.19820940205.
  10. Wilfried Rähse: Untersuchung der kondensierten Eisenhydroxide. In: Zeitschrift für anorganische und allgemeine Chemie. 438, 1978, S. 222–232, doi:10.1002/zaac.19784380124.
  11. B.I.O.S. - Final Report No. 447, Item No. 30: Interrogation of Dr. Otto Roelen of Ruhrchemie A.G. Abgerufen am 3. August 2012.
  12. http://www.fischer-tropsch.org/DOE/DOE_reports/510/510-34929/510-34929.pdf P.L. Spath and D.C. Dayton. "Preliminary Screening — Technical and Economic Assessment of Synthesis Gas to Fuels and Chemicals with Emphasis on the Potential for Biomass-Derived Syngas", NREL/TP510-34929,December, 2003, pp. 95
  13. J. T. Kummer, T. W. DeWitt, P. H. Emmett: Some Mechanism Studies on the Fischer-Tropsch Synthesis Using 14C In: Journal of the American Chemical Society. 70, 1948, S. 3632–3643, doi:10.1021/ja01191a029.
  14. Ian C. Yates, Charles N. Satterfield: Intrinsic kinetics of the Fischer-Tropsch synthesis on a cobalt catalyst. In: Energy & Fuels. 5, 1991, S. 168–173, doi:10.1021/ef00025a029.
  15. Gerard P. van der Laan, A. A. C. M. Beenackers: Kinetics and Selectivity of the Fischer-Tropsch Synthesis: A Literature Review. In: Catalysis Reviews. 41, 1999, S. 255–318, doi:10.1081/CR-100101170.
  16. Gerard P. van der Laan, Antonie A.C.M. Beenackers: Intrinsic kinetics of the gas-solid Fischer-Tropsch and water gas shift reactions over a precipitated iron catalyst. In: Applied Catalysis A: General. 193, 2000, S. 39–53, doi:10.1016/S0926-860X(99)00412-3.
  17. W. Keith Hall, R. J. Kokes, P. H. Emmett: Mechanism Studies of the Fischer-Tropsch Synthesis: The Incorporation of Radioactive Ethylene, Propionaldehyde and Propanol In: Journal of the American Chemical Society. 82, 1960, S. 1027–1037, doi:10.1021/ja01490a005.
  18. Hans Schulz: Short history and present trends of Fischer-Tropsch synthesis. In: Applied Catalysis A: General. 186, 1999, S. 3–12, doi:10.1016/S0926-860X(99)00160-X.