Äquipartitionstheorem
Das Äquipartitionstheorem (auch Gleichverteilungssatz genannt) besagt, dass im thermischen Gleichgewicht bei der Temperatur T im Mittel jeder Freiheitsgrad die gleiche Energie
Dabei ist
Der Gleichverteilungssatz gilt nur für Freiheitsgrade, deren Variable im Ausdruck für die Energie, das heißt in der Hamilton-Funktion, als Quadrat vorkommen. Des Weiteren dürfen diese Freiheitsgrade nicht "eingefroren" sein, das heißt, dieser Freiheitsgrad muss tatsächlich angeregt werden. Beispielsweise werden Molekülschwingungen „kleiner Moleküle“ wie H2 oder O2 bei Raumtemperatur nicht angeregt, weil die für den Übergang auf den niedrigsten angeregten Zustand nötige Energie nicht erreicht wird.
Freiheitsgrade, deren Variable nicht in der Hamilton-Funktion vorkommen, führen natürlich zu keinem Beitrag zur Energie; für Freiheitsgrade, die anders als in rein quadratischer Form vorkommen, lässt sich die mittlere Energie nicht so einfach berechnen.
Beispiele
Spezifische Wärme von Gasen
Aus dem Äquipartitionstheorem lässt sich beispielsweise die Wärmekapazität (spezifische Wärme)
Die Energie des Gases ist durch seine kinetische Energie der Atome gegeben; für jedes Atom gilt
,
wobei
Daraus ergibt sich durch Differenzieren nach der Temperatur
für ein einatomiges Gas mit N Atomen.
Bei zweiatomigen Gasmolekülen, wie sie beispielsweise Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff bilden, sind zusätzlich zwei Rotationsfreiheitsgrade zu berücksichtigen (die Rotation um die Molekülachse, also um die dritte Raumrichtung, ist nicht relevant, und die Molekülschwingungen sind „eingefroren“). Daraus ergeben sich 5 Freiheitsgrade je Molekül, und somit
für ein Gas mit N Molekülen. Schwingungsfreiheitsgrade ergeben sich erst bei Temperaturen über 1000 K.
Wärmekapazität von Festkörpern
Bei Festkörpern kann die Schwingung der Atome um ihre Ruheposition durch das Potential eines harmonischen Oszillators angenähert werden. Je Raumrichtung
gegeben, wobei
Bei
.
Diese Gleichung ist als Dulong-Petit-Gesetz bekannt. Auch hier gilt, dass die Freiheitsgrade nicht „eingefroren“ sein dürfen (die Temperatur muss deutlich über der Debye-Temperatur liegen); ansonsten kann die Wärmekapazität nur mit dem Debye-Modell berechnet werden.
Herleitung
Im Folgenden wird der Gleichverteilungssatz für klassische Systeme hergeleitet. Ausgangspunkt ist ein abgeschlossenes System, das energetisch an ein Wärmebad gekoppelt ist. Es bietet sich daher die Betrachtung des kanonischen Ensembles an.
Wir betrachten den Mittelwert der Größe
Die Integration erfolgt über den zugänglichen Phasenraum.
wobei wir annehmen, dass
Die allgemeinste Formulierung des Gleichverteilungssatzes für klassische Systeme im thermischen Gleichgewicht lautet
Die Herleitung wurde hier mit Hilfe des kanonischen Ensembles durchgeführt, sie ist auch mittels mikrokanonischen Ensembles möglich.
Anwendungen
Aus dem allgemeinen Gleichverteilungssatz lässt sich folgern: Jede Variable, die quadratisch in die Hamiltonfunktion eingeht, trägt mit
Dies gilt auch allgemeiner für die quadratische Form:
Einatomiges ideales Gas
Für
Die Anwendung des obigen Ergebnisses
liefert
Das heißt, pro Translationsfreiheitsgrad (hier
Zweiatomiges ideales Gas
Für ein zweiatomiges ideales Gas, das heißt, die einzelnen Moleküle wechselwirken nicht miteinander, lautet die Hamiltonfunktion unter Vernachlässigung der Rotations-Vibrationskopplung (konstantes Trägheitsmoment)
wobei
Diese mittlere Energie ist so nur bei hohen Temperaturen gültig, wenn auch Rotationen und Vibrationen thermisch angeregt werden.
Thermische Zustandsgleichung
Betrachten wir ein reales Gas in einem Behälter, so lautet der Hamiltonian
wobei
Dabei wurde die Heaviside-Funktion
Betrachte nun den ersten Term auf der rechten Seite
Es wurde ausgenutzt, dass die distributive Ableitung der Heaviside-Funktion die Delta-Distribution ist. Im vorletzten Schritt konnte das Volumen
Somit erhält man die thermische Zustandsgleichung:
Diese entspricht der idealen Gasgleichung, die um einen Zusatzterm – dem Virial – erweitert ist. Das Virial kann in Potenzen der Teilchendichte
Literatur
- Schwabl: Statistische Mechanik. Springer-Verlag, Berlin, 3. Auflage 2006, ISBN 978-3-540-31095-2