Resveratrol

Resveratrol

Strukturformel
Strukturformel von Resveratrol
Allgemeines
Name Resveratrol
Andere Namen
  • trans-3,5,4'-Trihydroxystilben
  • 3,4',5-Stilbentriol
  • trans-Resveratrol
  • (E)-5-(p-Hydroxystyryl)resorcinol
Summenformel C14H12O3
CAS-Nummer 501-36-0
PubChem 445154
Kurzbeschreibung

weißer Feststoff[1]

Eigenschaften
Molare Masse 228,25 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

254 °C (Zersetzung) [2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [3]
05 – Ätzend 07 – Achtung

Gefahr

H- und P-Sätze H: 302-315-317-318-335
P: 261-​280-​305+351+338 [3]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [4][3]
Reizend
Reizend
(Xi)
R- und S-Sätze R: 37/38-41
S: 26-39
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
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Resveratrol ist ein Phytoalexin mit antioxidativen Eigenschaften, das zu den Polyphenolen zählt. 1963 wurde die Verbindung erstmals aus dem Japanischen Staudenknöterich (Polygonum cuspidatum) isoliert und identifiziert. 1976 gelang der Nachweis in Weinbeeren.

Physikalische und chemische Eigenschaften

Resveratrolkristalle unter einem Polarisationsmikroskop, mit gekreuzten Polarisatoren.

Resveratrol ist ein in Alkohol und Ölen gut und in Wasser gering löslicher weißer Feststoff. Chemisch gesehen ist Resveratrol ein Stilbenoid, ein Derivat des Stilben. In Pflanzen wird es unter der katalytischen Einwirkung des Enzyms Stilbensynthase produziert.[5]

Resveratrol kommt als trans- und cis-Isomer vor. Die trans-Form kann unter Einwirkung von UV-Strahlung in die cis-Form umgewandelt werden.[6] trans-Resveratrol ist die stabilere Form der beiden Isomeren.[7] In der Haut von Trauben beziehungsweise von Trester übersteht Resveratrol den Gärungsprozess und lange Lagerzeiten.[8]

Vorkommen

Rote Weintrauben enthalten besonders viel Resveratrol.

Resveratrol findet sich in einer Anzahl von Pflanzen beziehungsweise pflanzlichen Lebensmitteln, vor allem in Weintrauben, Himbeeren, Maulbeeren, Pflaumen, Erdnüssen, und im Japanischen Staudenknöterich. Im Rahmen eines Screening-Programms des National Cancer Institute, bei dem mehrere tausend Pflanzen auf antikarzinogene Inhaltsstoffe untersucht wurden, hat man Resveratrol in 72 Pflanzenarten gefunden. Besonders vorherrschend ist es in der Haut von roten Weintrauben. In frischem weißen Traubensaft hat man bis zu 200 µg/l, in frischem roten bis zu 1100 µg/l der Substanz nachweisen können. In Rotwein ist die Konzentration wesentlich höher und liegt bei etwa 30 bis 50 mg/l. Weißwein und Rosé enthalten niedrigere Konzentrationen an Resveratrol.

In seiner Funktion als Phytoalexin schützt es Pflanzen in feuchten Perioden vor Parasiten und Pilzinfektionen. So wird es von den Rebstöcken hauptsächlich in den Blättern und Beerenschalen bei Befall durch falschen Mehltau oder Botrytis gebildet. Stress, wie beispielsweise ultraviolettes Licht, führt ebenfalls zu erhöhter Resveratrolbildung.

3-β-D-Glucopyranosid des Resveratrols (Piceid).

In der Natur existieren beide Isomere der Substanz – wobei die trans-Form weitaus häufiger vorkommt – sowie die abgeleiteten Glucoside, die auch als Piceide bezeichnet werden.

Wirkung

In-vitro-Studien haben Hinweise auf eine mögliche Wirksamkeit gegen Krebszellen erbracht. Versuche am lebenden Organismus stehen jedoch noch aus. Andere Studien haben positive Effekte der Substanz bei Krankheiten wie Arteriosklerose, Herzkrankheiten, Alzheimer-Krankheit[9], Arthritis und manchen Autoimmunkrankheiten zeigen können.

  • Resveratrol fördert, genauso wie eine kalorienarme Ernährung (Kalorienrestriktion), die Expression der Sirtuin-Gene wie Sir2. Dadurch wurde bei verschiedenen Versuchstieren eine lebensverlängernde Wirkung beobachtet.[10]
  • In einer Tierversuchsstudie bekamen Mäuse eine besonders fettreiche Diät. Die gleichzeitige Gabe von Resveratrol verringerte dabei deutlich die Gewichtszunahme. Unter besonders hohen Resveratrol-Dosen konnte eine Verdoppelung der Ausdauerleistung beobachtet werden.[11][12]
  • Resveratrol hilft bei der Abtötung von Krebszellen, indem es hemmend auf ein Protein einwirkt, welches für das Überleben von Krebszellen entscheidend ist. Dieses als NF-κB (Nukleärer Faktor kappa B) bezeichnete Schlüsselprotein findet sich in den Kernen aller Zellen. Dort ist es verantwortlich für die Aktivierung von Genen, die für das Überleben der Zellen verantwortlich sind. Resveratrol wirkt so auf NF-κB ein, dass dieses seine überlebensfördernde Wirkung nicht mehr entfalten kann.[13] Dies wiederum leitet bei den betroffenen Krebszellen die Apoptose, d. h. Selbstzerstörung ein. Forscher hoffen, dass der Einsatz von NF-κB-Inhibitoren wie Resveratrol die Wirksamkeit bereits etablierter Therapieansätze gegen Krebs deutlich steigern kann. Allerdings könnte die Wasserunlöslichkeit von Resveratrol noch ein Problem darstellen: Möglicherweise kann es vom Körper nicht in ausreichender Menge resorbiert werden und so seine Wirkung gegen Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht ausreichend entfalten.

Neueste Erkenntnisse zeigen auch eine vom NF-kB unabhängige Wirkung des Resveratrols auf diverse Krebszellen. So bewirkt es in diesen eine Senkung der Expression des Proteins Bcl-2, welches die entarteten Zellen vor dem Zelltod schützt. Gleichzeitig konnte man eine erhöhte Expression des zelltodfördernden (proapoptotischen) Proteins Bax feststellen. [14]

In Zusammenhang mit Krebs muss stets erwähnt werden, dass die meisten Studien mit Resveratrol in vitro oder in Tiermodellen gemacht wurden. Es herrscht ein Mangel an klinischen Studien und mögliche Interaktionen mit einer Chemotherapie sollten stets bedacht und genau erwogen werden. Zwei Studien verdeutlichen diesen Aspekt. In Ratten, denen humane Krebszellen implantiert wurden, hat Resveratrol die Wirkung der Chemotherapeutika Cisplatin und Doxorubicin verbessert und gleichzeitig eine kardioprotektive Wirkung entfaltet, also die Herzzellen vor der Toxizität dieser Wirkstoffe geschützt. [15] Wurde Resveratrol gleichzeitig mit dem Wirkstoff Paclitaxel (Taxol) gegen Krebszellen in vitro verabreicht, so schwächte es die krebstötende Wirkung des Paclitaxel ab. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Resveratrol den Eintritt der Krebszellen in die S-Phase des Zellzyklus hemmt und die Wirkung des Paclitaxel sich genau in dieser Phase entfaltet. Die Vorbehandlung der Krebszellen zu einem früheren Zeitpunkt, also vor der Chemotherapie mit Paclitaxel, führte wiederum zu einer synergistischen Wirkung und verursachte einen vermehrten Zelltod der behandelten Krebszellen. [16]

  • Die Aktivierung von NF-κB spielt auch im Krankheitsverlauf der Multiplen Sklerose eine Rolle. NF-κB-Inhibitoren könnten deshalb auch hier in Zukunft eine therapeutische Option darstellen.[17][18]
  • Resveratrol hat eine neuroprotektive Wirkung beim Glaukom.[19] Ein erhöhter Augeninnendruck erhöht den oxidativen Stress an der Netzhaut und Trabekelmaschenwerk.[20] Dieser führt zu erhöhten Entzündungsmarkern wie Interleukin-1α, Interleukin-6, Interleukin-8 und zur schnelleren Zellalterung durch oxidative Spezies wie Lipofuscin in den Zellen des Trabekelmaschenwerkes und des Sehnerves. Resveratrol verringert die Expression dieser Stoffe und wirkt daher antioxidativ und antiapoptotisch im Trabekelmaschenwerk und in den Neuronen des Sehnerves.[21]

Handel

Mittlerweile kann man Resveratrol-Präparate in den USA als Nahrungsergänzungsmittel im freien Verkauf erwerben. Auch in Deutschland werden inzwischen Resveratrol-Präparate, meist aus Weintraubenextrakt, produziert und zum Kauf angeboten.

Chinesische Wissenschaftler haben durch Einschleusung eines zusätzlichen Gens der Stilbensynthase eine Rebsorte entwickelt, die sechsmal mehr Resveratrol in den Rotwein-Trauben aufweist als die Ausgangssorte.[22] Zudem kann das Gen in andere Pflanzen eingeschleust werden, die dann Resveratrol produzieren. Dies wurde versuchsweise bei Silber-Pappeln (Populus alba) erfolgreich durchgeführt.[23]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Datenblatt Resveratrol bei Merck, abgerufen am 14. März 2010.
  2. Resveratrol bei ChemIDplus.
  3. 3,0 3,1 3,2 Datenblatt Resveratrol bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 22. April 2011.
  4. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  5. K. Hanhineva u. a.: Stilbene synthase gene transfer caused alterations in the phenylpropanoid metabolism of transgenic strawberry (Fragaria x ananassa). In: J Exp Bot 60, 2009, S. 2093–2106; PMID 19443619.
  6. R. M. Lamuela-Raventos: Direct HPLC Analysis of cis- and trans-Resveratrol and Piceid Isomers in Spanish Red Vitis vinifera Wines. In: J Agric Food Chem 43, 1995, S. 281–283; doi:10.1021/jf00050a003.
  7. J. Prokop u. a.: Resveratrol and its glycon piceid are stable polyphenols. In: J Med Food 9, 2006, S. 11–14; doi:10.1089/jmf.2006.9.11; PMID 16579722.
  8. A. A. Bertelli u. a.: Stability of resveratrol over time and in the various stages of grape transformation. In: Drugs Exp Clin Res 24, 1998, S. 207–211; PMID 10051967.
  9. Ono K, Condron MM, Ho L, u. a.: Effects of grape seed-derived polyphenol on amyloid beta-protein self-assembly and cytotoxicity. In: Journal of Biological Chemistry 2008; 283:32176-87
  10. D. A. Sinclair und L. Guarente: Schlüssel zur Langlebigkeit. In: Spektrum der Wissenschaft Oktober 2006, S. 34–41.
  11. R. Khamsi: Red wine compound boosts athletic endurance. In: New Scientist vom 16. November 2006.
  12. M. Lagouge u. a.: Resveratrol improves mitochondrial function and protects against metabolic disease by activating SIRT1 and PGC-1alpha. In: Cell 127, 2006, S. 1109–1122; doi:10.1016/j.cell.2006.11.013; PMID 17112576.
  13. U. P. Singh u. a.: Resveratrol (trans-3, 5, 4'-trihydroxystilbene) induces SIRT1 and down-regulates NF-{kappa}B activation to abrogate DSS-induced colitis. In: J Pharmacol Exp Ther November 2009; PMID 19940103.
  14. H.B. Zhou u. a.: Anticancer activity of resveratrol on implanted human primary gastric carcinoma cells in nude mice In: World J Gastroenterol. 2005,S. 280-284; PMID 15633232.
  15. Rezk Y.A. u. a.: Use of resveratrol to improve the effectiveness of cisplatin and doxorubicin: study in human gynecologic cancer cell lines and in rodent heart. In: Am J Obstet Gynecol. 2006,S. e23–e26; PMID 16647892.
  16. Q.Q. Mao u. a.: Resveratrol confers resistance against taxol via induction of cell cycle arrest in human cancer cell lines In: Molecular Nutrition & Food Research 2010, S. 1574–1584; PMID 20521268.
  17. Die Auswirkungen der Multiplen Sklerose mildern. Presseinformation der Georg-August-Universität Göttingen vom 9. August 2006.
  18. K. S. Schindler u. a.: SIRT1 activation confers neuroprotection in experimental optic neuritis. In: Invest Ophthalmol Vis Sci 48, 2007, S. 3602–3609; PMID 17652729.
  19. M. Mozaffarieh u. a.: The potential value of natural antioxidative treatment in glaucoma. In: J Flammer Surv Ophthalmol 53, 2008, S. 479–505; PMID 18929760.
  20. Q. Liu u. a.: Oxidative stress is an early event in hydrostatic pressure–induced retinal ganglion cell damage. In: Invest Ophthalmol Vis Sci 48, 2007, S. 4580–4589; PMID 1789828.
  21. C. Luna u. a.: Resveratrol prevents the expression of glaucoma markers induced by chronic oxidative stress in trabecular meshwork cells. In: Food Chem Toxiol 47, 2009, S. 198–204; PMID 19027816; doi:10.1016/j.fct.2008.10.029.
  22. F. Chaohong Fan u. a.: Agrobacterium-mediated genetic transformation of grapevine (Vitis vinifera L.) with a novel stilbene synthase gene from Chinese wild Vitis pseudoreticulata. In: Plant Cell, Tissue and Organ Culture 92, 2008, S. 197–206; doi:10.1007/s11240-007-9324-2.
  23. A. Giorcelli u. a.: Expression of the stilbene synthase (StSy) gene from grapevine in transgenic white poplar results in high accumulation of the antioxidant resveratrol glucosides. In: Transgenic Res 13, 2004, S. 203–214; PMID 15359598.