Realgar
Realgar | |
Realgar auf Calcit aus der Jiepaiyu Mine (Shimen Mine), Hunan, China | |
Chemische Formel |
As4S4 |
Mineralklasse | nichtmetallartige Sulfide 2.FA.15a (8. Auflage: II/F.02) nach Strunz 02.08.22.01 nach Dana |
Kristallsystem | monoklin |
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin | monoklin-prismatisch $ \ 2/m $ |
Farbe | rot, orangerot |
Strichfarbe | rot bis orangegelb |
Mohshärte | 1,5 bis 2 |
Dichte (g/cm3) | 3,6 |
Glanz | Diamantglanz, Fettglanz |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Bruch | muschelig |
Spaltbarkeit | unvollkommen |
Habitus | prismatische, längsgestreifte Kristalle; körnig; massig |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | α=2,538 β=2,684 γ=2,704 |
Doppelbrechung (optischer Charakter) |
Δ=0,166 ; zweiachsig negativ |
Pleochroismus | dunkelrot-dunkelrot-orangerot |
Weitere Eigenschaften | |
Chemisches Verhalten | in Säuren und Kalilauge teilweise löslich |
Ähnliche Minerale | Auripigment, Pararealgar, Cinnabarit, Rubin |
Besondere Kennzeichen | hochgiftig |
Realgar, Rubinschwefel, als Pigment auch als Rauschrot oder Opperment, ist ein häufig vorkommendes Arsen-Schwefel-Mineral aus der Mineralklasse der nichtmetallartigen Sulfide. Es kristallisiert im Monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Formel As4S4 und entwickelt prismatische, längsgestreifte Kristalle oder körnige, massige Aggregate in den Farben rot bis orangegelb.
Etymologie und Geschichte
Der Name Realgar stammt aus dem Arabischen rahdsch al-ghar / رهج الغار / rahǧ al-ġār und bedeutet so viel wie „Höhlenpulver“. Eine alternative Namensentstehung wird als Lesefehler aus dem Arabischen diskutiert rhag al-far (Pulver Ratten), was auf die Nutzung als Rattengift hinweist. [1]
Die Erstbeschreibung wurde von Johan Gottschalk Wallerius, einem schwedischen Chemiker und Mineralogen im Jahre 1747 durchgeführt. Die Typlokalität ist nicht definiert, da Realgar schon in der Antike bekannt war.
Besondere Eigenschaften
Realgar ist sehr instabil und zerfällt an der Luft unter Lichteinwirkung im visuellen Spektralbereich[2] in Auripigment (As2S3) und Arsenik (As2O3) beziehungsweise Pararealgar (AsS). Es ist in Säuren und in Kalilauge teilweise löslich und entwickelt dabei giftige Dämpfe, die nach Knoblauch riechen. Das entstehende Gas ist Arsenwasserstoff.
Vor dem Lötrohr lässt sich Realgar leicht schmelzen, wobei er mit bläulichweißer Flamme verbrennt und sich ebenfalls ein starker Geruch nach Knoblauch entwickelt.[3]
Realgar hat zumindest farbenmäßig eine gewisse Ähnlichkeit mit Cinnabarit (Zinnober) und Rubin. Beide kristallisieren jedoch trigonal und sind entweder viel schwerer oder härter als Realgar.
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Realgar zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort zur allgemeinen Abteilung der „nichtmetallartige Sulfide“, wo er zusammen mit Alacránit, Dimorphin, Duranusit, Laphamit, Auripigment, Pararealgar und Uzonit eine gemeinsame Gruppe bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Realgar ebenfalls in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ ein, dort allerdings in die Abteilung der „Sulfide, Arsenide, Alkaide; Sulfide mit Halogeniden, Oxiden, Hydroxiden (H2O)“. Diese Abteilung ist zudem präziser unterteilt nach der Art der in der Formel enthaltenen Elemente, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „mit As, (Sb), S“ zu finden ist, wo es, nur noch zusammen mit Pararealgar die unbenannte Gruppe 2.FA.15 bildet.
Auch die Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Realgar in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er namensgebendes Mineral der „Realgargruppe“ mit der System-Nr. 02.08.22 und den weiteren Mitgliedern Alacránit, Pararealgar und Uzonit innerhalb der Unterabteilung der „Sulfide - einschließlich Seleniden und Telluriden - mit der allgemeinen Zusammensetzung AmBnXp, mit (m+n):p=1:1“.
Bildung und Fundorte
Als typisches Sekundärmineral findet sich Realgar zusammen mit dem verwandten Auripigment in Hydrothermal-Adern und -Quellen. Es entsteht durch Zersetzung anderer arsenhaltiger Minerale wie dem Arsenopyrit, aber auch durch Resublimation vulkanischer Gase.
Weltweit konnte Realgar bisher (Stand: 2010) an rund 500 Fundorten nachgewiesen werden[4]. Bedeutende Fundorte sind die Grube Lengenbach, Kanton Wallis in der Schweiz, Baia Sprie und Siebenbürgen in Rumänien, Shimen/Hunan in China, Nevada in den USA und Allchar in Makedonien.
Kristallstruktur
Die Elementarzelle der chemischen Verbindung ist käfigförmig, wobei im Kristall innerhalb der Käfige starke, kovalente Atombindungen und zwischen den Käfigen schwache Van-der-Waals-Bindungen herrscht, was auch die chemische Unbeständigkeit erklärt. Im einzelnen Käfig sind die Arsen-Atome (Oxidationsstufe: +2) jeweils mit einem weiteren Arsen- und zwei Schwefelatomen verbunden. Die Schwefelatome (Oxidationsstufe: -2) besitzen jeweils 2 Bindungen zu Arsen-Atomen. [5]
Verwendung
Im Mittelalter fand Realgar hauptsächlich in der Medizin und der Glasherstellung Verwendung, heute wird es in der Pyrotechnik, aber auch bei der Pestizidproduktion eingesetzt.
Realgar wurde wegen seiner nicht mischbaren orangeroten Farbe bereits im Altertum als Pigment verwendet. Es findet sich auch in mittelalterlicher Buch- und Tafelmalerei.
Heute darf es wegen seiner extremen Giftigkeit nur noch in Ausnahmefällen und unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen verwendet werden. Für Spezialanwendungen der Restaurierung ist es noch im Fachhandel erhältlich. In allen anderen Anwendungen lässt es sich durch moderne synthetische Pigmente wie etwa Teerfarbstoffe (Perylenrots) ersetzen.
Vorsichtsmaßnahmen
Realgar enthält einen hohen Arsenanteil von ca. 70 Gewichtsprozent und wird daher als giftige Substanz (R-Sätze R 23/25 Giftig beim Einatmen und Verschlucken, R 50/53 Sehr giftig für Wasserorganismen) eingestuft.[6] Präzise Angaben über die Giftigkeit sind aber kaum möglich, da ein Zerfallsprodukt von Realgar an der Luft das Arsenik ist, welches auf Grund seiner guten Löslichkeit eine wesentlich höhere Giftigkeit als reines Arsen besitzt. Die oral aufgenommene, tödliche Dosis kann für den Menschen allerdings bereits bei weniger als 0,1 g liegen.
Der Umgang mit Realgar erfordert besondere Vorsichtsmaßnahmen, wie unter Verschluss aufbewahren; Schutzhandschuhe und Augenschutz benutzen; bei der Arbeit nicht essen, trinken, rauchen; Freisetzung in die Umwelt vermeiden und als gefährlicher Abfall zu entsorgen. Beim Transport relevanter Mengen fällt es unter Gefahrgutklasse 6.1 mit der Gefahrnummer 60 über der UN-Nummer 1557.
Siehe auch
Quellen
- ↑ Centre National der Ressource Textuelles et Lexicales: Realgar französisch
- ↑ http://www.minsocam.org/ammin/AM77/AM77_1266.pdf
- ↑ Paul Ramdohr, Hugo Strunz: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 482.
- ↑ Mindat - Localities for Realgar
- ↑ M.Binnewies: Allgemeine und anorganische Chemie Spektrum Verlag, 2004
- ↑ Eintrag zu CAS-Nr. 1303-33-9 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 30. März 2008 (JavaScript erforderlich)
Literatur
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0.
- Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie: Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7. Auflage. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 2005, ISBN 3-540-23812-3.
- Karl Krüger: Das Reich der Mineralien und Gesteine. Safari Verlag., Berlin, ISBN 3-7934-1339-X.
Weblinks