Klimageschichte
Die Klimageschichte der Erde beschreibt den Ablauf von Wetter- und Klimageschehnissen in der Vergangenheit. Je nach Betrachtungszeitraum geht es um wenige Jahrzehnte oder um mehrere Jahrmilliarden. Die Wissenschaften, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Klimageschichte zu erforschen, sind die Paläoklimatologie und die Historische Klimatologie.
Genaue und als relativ zuverlässig geltende Messdaten sind nur aus der jüngsten Vergangenheit der letzten etwa 150 Jahre verfügbar. Informationen über das Klima der Erde vor diesem Zeitpunkt müssen generell als wesentlich unsicherer eingestuft werden.
Datengewinnung
Vergangene Klimageschehnisse können anhand verschiedenster Untersuchungen rekonstruiert werden. Dazu eignen sich verschiedene Klimaarchive wie die Dendrochronologie (Baumringanalyse), die Untersuchung von Sedimenten (hauptsächlich von Ablagerungen in Seen und Ozeanen), Eisbohrkernen, Faunenvergesellschaftungen, Korallen, speläologische Untersuchungen sowie die Auswertung historischer Darstellungen und Chroniken. Um diesen „Archiven“ ihre Daten zu entlocken werden vielfältige Methoden angewandt. So können an organischen Resten mit der Radiokohlenstoffdatierung Messungen zum Gehalt an Kohlenstoff-Isotopen durchgeführt werden, um das Alter der Reste zu bestimmen. Die Bestimmung der Sauerstoff-Isotopen-Verhältnisse an fossilen Schalentieren und an Eisbohrkernen gibt Hinweise auf den Verlauf des Klimas und den Ablauf von Eiszeiten. Das Isotop 10Be kann zur Ermittlung der früheren Sonneneinstrahlung genutzt werden. Mittels der Pollen- und der Diatomeenanalyse lassen sich frühere ökologische Bedingungen rekonstruieren.
Frühe Klimageschichte
Die Klimageschichte beginnt mit der Entstehung der Erde vor etwa 4,6 Milliarden Jahren. Im Anfangsstadium der Erde kurz nach der Entstehung betrug die bodennahe Temperatur etwa 180 °C. Die Abkühlung dauerte sehr lange, vor 4 Milliarden Jahren unterschritt die Temperatur das erste Mal die 100-°C-Grenze. Das Klima in dieser Zeit war daher nicht nur heiß, sondern auch sehr trocken. So gab es noch keine Meere, Niederschläge oder sonstiges flüssiges Wasser auf der Erde, und die Zusammensetzung der reduzierenden Uratmosphäre unterschied sich stark von der heutigen Erdatmosphäre. Ungeachtet der Umweltverhältnisse kam zu diesem Zeitpunkt die Chemische Evolution in Gang, bei der sich organische Moleküle bildeten, die als Bausteine der Entstehung von Leben unerlässlich waren.
Mit der fortschreitenden Abkühlung erreichte der Wasserdampf zum ersten Mal in der Geschichte der Erde seinen Kondensationspunkt, so dass sich flüssiges Wasser bilden konnte. Ohne dieses wäre die Entstehung von Leben und die nachfolgende Biologische Evolution auf der Erde unmöglich gewesen.
Nachdem das erste Wasser kondensiert war, entstand allmählich der Wasserkreislauf und damit die Hydrosphäre. Die ältesten Anzeichen für Ozeane auf unserer Erde sind in Gesteinen vorhanden, die inzwischen ein Alter von 3,2 Milliarden Jahren erreicht haben.
Vor 2,6 Milliarden Jahren bildete sich im Laufe der Entwicklung der Erdatmosphäre durch die Aktivität von Cyanobakterien der erste Sauerstoff in der Uratmosphäre und erreichte vor circa 2,2 Milliarden Jahren signifikante Konzentrationen. Der Wasserdampf kondensierte größtenteils und wurde als Wasser in Meeren und Seen gebunden. Mit dem Wasserdampf verschwand auch ein großer Teil des Kohlendioxids aus der Atmosphäre. Er wurde durch die Cyanobakterien verbraucht, die ihn im Zuge der Photosynthese als Kohlenstoffquelle nutzten. Der Kohlenstoff wurde dem normalen Kreislauf entzogen, weil die Cyanobakterien nicht von anderen Organismen verstoffwechselt wurden, sondern sich am Meeresboden absetzten, wo sie fein verteilt in den Sedimenten ablagerten oder im küstennahen, lichtdurchfluteten Flachwasserbereich als Stromatolithe fossilisierten. Erst dadurch war der Aufbau einer oxidierenden Sauerstoffatmosphäre möglich, wobei über einen langen Zeitraum keine wesentlichen Konzentrationssteigerungen auftraten, da der freigesetzte Sauerstoff zunächst nur Eisenverbindungen oxidierte. Dieses resultierte in großen Ablagerungen so genannter Bändererze, die als ergiebige Lagerstätten erhalten blieben und intensiv abgebaut werden. Die Sauerstoffkonzentration in der Atmosphäre stieg weiter an, so dass damit aerobes Leben auf der Erde möglich wurde. Die Veränderung der Konzentration der Klimagase und ihrer Zusammensetzung veränderte zudem den Strahlungshaushalt der Erde und brachte den Treibhauseffekt in Gang, der die Erde seitdem erwärmt.
Dieser sehr frühe Teil der Klimageschichte wird in vier Teile aufgeteilt. Das Präkambrium beschreibt dabei den größten Zeitraum von etwa 3,8 bis 0,57 Milliarden Jahren. Er ist bisher noch relativ schlecht rekonstruierbar, weil die Gesteine aus dieser Zeit weitreichenden Veränderungen unterlagen, so dass es nur wenige Daten aus diesem Erdzeitalter gibt, die für die Rekonstruktion des Klimas verwendet werden können. Trotzdem ist der frühe Teil der Klimageschichte besonders interessant, da in ihm die ersten Eiszeitalter lagen. Das erste von ihnen liegt etwa 2,3 Milliarden Jahre zurück. Etwa ab dem Ende des Präkambriums ist es heute möglich, das Klima genügend zu rekonstruieren und zu verstehen. Dieses gelingt vor allem durch die Analyse von Sedimenten.
Methanhypothese
In der Frühzeit der Erde betrug die Leuchtkraft der Sonne nur 70 Prozent des heutigen Wertes. Das hätte nicht ausgereicht, um eine globale Vereisung zu verhindern. Geologische Hinweise sprechen im Gegensatz dazu eher für eine höhere Erdtemperatur als im Mittel der letzten 100.000 Jahre. Dieser Widerspruch wird das Paradoxon der schwachen jungen Sonne genannt.
Zur Erklärung der Erwärmung wird in der Wissenschaft der atmosphärische Treibhauseffekt diskutiert:
- Ammoniak ist zwar eines der effektivsten Treibhausgase, es wird aber in der Atmosphäre schnell durch UV-Strahlen zerstört, die im Zeitraum vor 2,3 Milliarden Jahren auf Grund des fehlenden Ozons ungehindert die Erde erreichen konnten.
- Kohlenstoffdioxid – ebenfalls ein Treibhausgas – gelangte durch den Vulkanismus in die Erdatmosphäre. In Abwesenheit von Sauerstoff reagiert CO2 mit Eisenoxid zu Siderit (Eisen(II)-carbonat). Diese Reaktion würde bei einer Konzentration von 3.040 ml/m³ einsetzen. In den Gesteinsschichten aus der Zeit von 2,2 bis 2,8 Milliarden Jahren ist kein Siderit zu finden. Die CO2-Konzentration muss damals also niedriger gewesen sein und hätte nicht ausgereicht, eine globale Vereisung zu verhindern.
- Die favorisierte Methanhypothese besagt, dass im Zeitraum vor 2,3 Milliarden Jahren (Beginn der Sauerstoff bildenden Photosynthese) das Treibhausgas Methan die notwendige Erwärmung verursachte, gebildet durch anaerobe Archaebakterien.
Ohne eine oxidierende Erdatmosphäre, die Methan zu Kohlenstoffdioxid und Kohlenstoffmonoxid verwandeln würde, könnte die Verweildauer des Methans in der Erdatmosphäre 10.000 Jahre betragen, während sie heute in etwa bei 10 Jahren liegt. Viele Methangärer benötigen Wasserstoffgas und CO2, die von Vulkanen ausgestoßen werden, zum Aufbau ihrer Strukturen und als Energiequelle. Die Methanbildner bevorzugen heute eine Umgebungstemperatur von über 40 °C. Je wärmer also die Erde durch das Treibhausgas Methan wurde, umso besser konnten sie sich vermehren und umso mehr Methan wurde gebildet, so dass die globale Erwärmung Werte hätte erreichen müssen, bei dem höheres Leben nicht möglich gewesen wäre. Da Methan durch Sonnenlicht zu längerkettigen Kohlenwasserstoffen reagiert, die sich an Staubpartikel in der Luft anlagern, entstand in großer Höhe ein Dunstschleier, der die weitere Erwärmung verhinderte.
Dass die Atmosphäre zu dieser Zeit weitgehend sauerstofffrei gewesen sein muss, beweisen Sedimente, die älter als etwa 2,2 Milliarden Jahre alt sind. Sie enthalten zweiwertiges Eisen in großen Mengen, das sich nur in Abwesenheit von Sauerstoff bilden kann. In jüngeren Gesteinen ist fast ausnahmslos nur Hämatit zu finden, ein dreiwertiges Eisenoxid. Dieses ist ein Hinweis, dass in größeren Mengen Sauerstoff – offenbar gebildet durch Photosynthese – in die Atmosphäre gelangte. Da für die Methangärer und andere anaerobe Organismen Sauerstoff giftig ist, starben sie entweder aus oder besiedelten die sauerstofffreien ökologischen Nischen am Boden der Tiefsee und in Sümpfen (siehe auch Kohlenstoffzyklus). Der Rückgang der Methangärer und die Oxidation des Methans durch Sauerstoff führte zu einer Verminderung des Methangehalts der Atmosphäre und damit zu einer Verminderung des Treibhauseffektes.
Eiszeitalter
Ein Eiszeitalter ist eine Zeitepoche, in der es auf der Erde vereiste Pole gab beziehungsweise gibt. Heute können wir uns eine Erde ohne Eis nicht vorstellen, jedoch sind Eiszeiten eher Ausnahme als die Regel. Die Vereisung beider Polkappen bedeutet, dass sich unsere Erde klimatisch derzeit in einem Eiszeitalter befindet. Dieses ist eine „Ausnahmesituation“, da eisfreie Pole – auch „akryogenes (nicht eisbildendes) Warmklima“ genannt – der eigentliche „Normalzustand“ der Erde sind. Während des größten Teils der Klimageschichte war die Erde, ausgenommen von manchen Hochgebirgen, nahezu eisfrei. Diese wärmeren Zeiträume machen etwa 80 bis 90 Prozent der Erdgeschichte aus. In Hinsicht auf die periodische Wiederkehr von Kalt- und Warmzeiten wird als Ursache unter anderem stets auf die Milanković-Zyklen verwiesen.
Das erste überlieferte Eiszeitalter, das etwa vor 2,3 Milliarden Jahren begann und etwa 300 Millionen Jahre anhielt, war das „Archaische Eiszeitalter“, das wahrscheinlich durch die große Sauerstoffkatastrophe ausgelöst wurde. Regional hat dieses Eiszeitalter andere Namen, beispielsweise wird es in Nordamerika „Huronische Eiszeit“ genannt, nach dem Huronsee, in dessen Gesteinsschichten zahlreiche Hinweise darauf zu finden sind.
Das zweite Eiszeitalter in der Erdgeschichte ließ relativ lange auf sich warten. Erst in 950 Millionen Jahre alten Gesteinsschichten, also über 1 Milliarde Jahre später, lassen sich Hinweise darauf finden, dass sich erneut Eis auf der Erde bildete. Dieses Eiszeitalter trägt den Namen „Algonkisches Eiszeitalter“ oder auch „Griesjö-Vereisung“. Es gibt bisher nur in Europa Hinweise auf dieses Eiszeitalter durch Spuren von Eisbewegungen in den Gesteinen. Daraus wird abgeleitet, dass nur ein im Gebiet des heutigen Europa liegender Pol der Erde mit Eis bedeckt war.
Die nächsten beiden Eiszeitalter folgten zwischen 750 und 620 Millionen Jahren nach einer Warmzeit. Sie traten mit relativ kurzem Abstand auf, beide Erdhalbkugeln waren vereist. Man bezeichnet die Eiszeitalter als „Sturtische Vereisung“, „Marinoische Vereisung“ und „Varanger-Vereisung“, zusammen als „Eokambrisches Eiszeitalter“. Hinweise darauf, dass in dieser Zeit der gesamte Erdball bis zum Äquator von Eis bedeckt war, werden unter der Bezeichnung Schneeball Erde diskutiert.
Das darauf folgende „Silur-Ordovizisches Eiszeitalter“ begann vor 440 Millionen Jahren. Dieses wahrscheinlich nur recht schwache Eiszeitalter beschränkte sich auf das Gebiet der heutigen Sahara und wird daher auch „Sahara-Vereisung“ genannt. Von einigen Wissenschaftlern wird eine Verbreitung bis nach Südamerika und Südafrika vertreten.
Die beiden folgenden Eiszeitalter waren wieder stärker ausgeprägt. Vor 280 Millionen Jahren fand das „Permokarbonische Eiszeitalter“ statt, das auch als „Gondwana-Vereisung“ bekannt ist.
Das letzte Eiszeitalter begann vor 2,6 Millionen Jahren und hält bis heute an. In diesen Zeitraum fällt die Entwicklungsgeschichte des Menschen. Es wird „Quartäres Eiszeitalter“ genannt und ist mit Abstand am besten erforscht, weil die Zeugnisse der Vereisungen in vielen Gebieten der Erde noch gut erhalten sind. Zu dieser jüngsten Periode der Erdgeschichte lässt sich in verschiedenen Klimaarchiven eine Fülle von Daten über das Klima finden. Neben sehr kalten Phasen, den Kaltzeiten (Glaziale), in denen weite Teile Antarktikas, Europas, Asiens, Süd- und Nordamerikas vergletschert waren, gab es auch Warmzeiten (Interglaziale), in denen das Klima ungefähr dem heutigen entsprach. Das bis heute andauernde Holozän, das etwa 9620 v. Chr. begann, ist ein solches Interglazial.
Das aktuelle Eiszeitalter
Vor etwa 2,6 Millionen Jahren begann das jüngste Eiszeitalter, das Quartär, das bis heute andauert. Während des Tertiärs war die Temperatur allmählich gesunken, so dass die Antarktis bereits seit dem Oligozän vor rund 30 Millionen Jahren mit einer Eiskappe bedeckt war. Vor etwa 3,2 Millionen Jahren, so belegen es zumindest Tiefseesedimente, fiel die Temperatur noch einmal deutlich ab. Im Gelasium bildete sich mit einiger Verzögerung am Nordpol eine Eiskappe, und die bis heute andauernden Temperaturschwankungen begannen.
Im Zeitraum von 3,2 bis 1,6 Millionen Jahren konnte eine Zykluszeit von 41.000 Jahren für die Temperaturschwankungen ermittelt werden. Im Temperaturverlauf der letzten 2,6 Millionen Jahren, also innerhalb des Pleistozäns, treten die beobachteten Temperaturschwankungen in Zyklen von etwa 100.000 Jahren auf. Bei den Temperaturen ist dabei der Bezug zu beachten: Gemessen an der Klimageschichte der letzten 100 Millionen Jahre ist es derzeit kalt, da wir uns im quartären Eiszeitalter bewegen. Innerhalb dieses Eiszeitalters ist es aber derzeit relativ warm, weil wir uns seit etwa 11.625 Jahren in einer Warmzeit des Eiszeitalters befinden, dem Holozän.
Alleine in den letzten 850.000 Jahren gab es eine Vielzahl von Warm- und Kaltzeiten. Nach Untersuchungen von Sauerstoff-Isotopen an Meeressedimenten ereigneten sich in dieser Zeit mindestens neun Wechsel zwischen Kalt- und Warmzeiten.[1] Die Eisvorstöße und Rückzüge haben dabei an Land einen komplizierten Flickenteppich von Ablagerungen hinterlassen. In Norddeutschland werden heute folgende Abschnitte unterschieden, die zum Teil mehrere Kalt- und Warmzeiten umfassen:[2]
- ab etwa 850.000 Jahren: Cromer-Komplex
- ab etwa 400.000 Jahren: Elster-Kaltzeit
- ab etwa 320.000 Jahren: Holstein-Warmzeit
- ab etwa 300.000 Jahren: Saale-Kaltzeit
- ab etwa 126.000 Jahren: Eem-Warmzeit
- ab etwa 115.000 Jahren: Letzte Kaltzeit (regional Weichsel-Kaltzeit, Würm-Kaltzeit usw. benannt)
- seit etwa 11.625 Jahren: rezente Warmzeit oder Holozän
Bei den Warm- und Kaltzeiten gibt es das Problem, dass sie in den betroffenen Regionen unterschiedliche Namen tragen. So wird die Letzte Kaltzeit im Bereich der Alpen „Würm-Kaltzeit“ genannt, in Nordeuropa „Weichsel-Kaltzeit“, England „Devensian“, in Russland „Waldai“ und in Nordamerika „Wisconsin“. Darüber hinaus lassen die gebräuchlichen Namen sich nicht so ohne weiteres gleichsetzen, da sich mit zunehmendem Kenntnisstand gezeigt hat, dass selbst die Phasen der letzten Kaltzeit einander nicht immer entsprechen, und dass dies für die älteren Warm- und Kaltzeiten fast unmöglich ist.
Die unterschiedlichen Temperaturen innerhalb der Warm- und Kaltzeiten werden als „Stadiale“ für relativ kalte Zeiten und als „Interstadiale“ für relativ warme Zeiten bezeichnet. Allein in der Würm-Kaltzeit gab es drei Stadiale, etwa vor 60.000, 40.000 und 18.000 Jahren. Damals wich die Temperatur zwar nur um etwa vier bis fünf Kelvin nach unten von unserer heutigen Erdmitteltemperatur ab, was jedoch dazu führte, dass sich etwa dreimal soviel Eis wie heute bilden konnte. Vor 18.000 Jahren hatte das zur Auswirkung, dass der Meeresspiegel um etwa 135 Meter niedriger lag als heute. Der Golfstrom wurde dadurch stark abgeschwächt, und die Nordsee verschwand fast ganz. Nur in den Tropen war das Klima ähnlich. Die Januarmitteltemperatur Deutschlands lag damals etwa bei –20 °C, heute bei 0,3 °C. Auf die Tierwelt hatte das große Auswirkungen. In Norddeutschland war zu dieser Zeit beispielsweise der Eisbär heimisch.
Das zeigt, dass selbst ein nach heutigen Maßstäben überaus strenger Winter nicht vergleichbar mit einem Winter in einer Kaltzeit ist. Der Umschwung der Weichsel-Kaltzeit zur heutigen Warmzeit wird von den Wissenschaftlern als eine abrupte Klimaveränderung gesehen, obwohl er sich im Laufe mehrerer tausend Jahre (vor 15.000 bis vor 7000 Jahren) vollzog. Der Wechsel zwischen der Kalt- und der Warmzeit wird auf 11.000 Jahre vor heute datiert.
Beitrag der Korallenriffe zur letzten Temperaturerhöhung
Im Zeitraum von vor 16.000 bis 10.000 Jahren vor unserer Zeit
- stieg die Temperatur in der Antarktis von –8 °C auf etwas unter 0 °C an;
- stieg der Kohlenstoffdioxidgehalt der Erdatmosphäre von 180 ml/m³ auf 260 ml/m³, wobei ein Anteil dieser Erhöhung auf die mit steigender Temperatur geringere Löslichkeit von Kohlenstoffdioxid in den Meeren zurückgeht;
- stieg der Meeresspiegel um 100 Meter.
Vor ungefähr 10.000 Jahren waren auch die Regionen überflutet, in denen Korallenriffe existieren konnten. Diese benötigen eine relativ hohe Wassertemperatur und flaches, lichtdurchflutetes Wasser. Die Korallen hatten in der Zeit von 9000 bis 6000 Jahren vor heute ihre Blütezeit. Ihre Wachstumsgeschwindigkeit und der weitere Anstieg des Meeresspiegels um 20 Meter hielten sich gerade die Waage. (Heute hat die Wachstumsgeschwindigkeit der Korallenriffe stark abgenommen, weil der Meeresspiegel kaum noch steigt.) Da bei der Ausfällung des Kalkgehäuses der Korallen Kohlenstoffdioxid frei wird (siehe Kohlenstoffzyklus), wurde der Kohlendioxidgehalt in den vergangenen 14.000 Jahren nach Schätzungen von Wissenschaftlern durch die Korallenriffe um etwa 50 ml/m³ erhöht. Es wird vermutet, dass kalkbildendes Plankton einen ebenso hohen Anteil an der CO2-Erhöhung der Atmosphäre hat wie die Korallen.
Die aktuelle Warmzeit
Auch in der aktuellen Warmzeit, dem Holozän, gibt es noch viele relative Klimaveränderungen. In Annäherung an die Jetzt-Zeit gelingt die Rekonstruktion des Klimas immer detaillierter und vielfältiger. Doch sind die ältesten drei Viertel des Holozäns noch weitgehend unerforscht. Erst mit der Entwicklung der ersten Hochkulturen wird die Beobachtung genauer. Forschungen in der Sahara und Seebodenuntersuchungen im Mittelmeer ergaben, dass in Nordafrika vor etwa 10.000 Jahren nicht die heutige Wüste vorherrschend war, sondern eine Grassavanne, die von einer Vielzahl von Tieren bevölkert war und Menschen Lebensraum bot. Davon zeugen fossile Pflanzen ebenso wie Fels- und Höhlenmalereien. Eine These geht von einer zyklischen Begrünung der Wüstengebiete Nordafrikas aus, deren Zykluszeit etwa 22.000 Jahre beträgt. Demzufolge ist eine stetige langfristige Änderung des Klimas Teil eines natürlichen Zyklus, in dem es „Gewinner und Verlierer“ gibt.
Der Wechsel von der letzten Kaltzeit zur aktuellen Warmzeit verlief relativ schnell, dauerte aber trotzdem mehrere tausend Jahre. Dies hing vor allem damit zusammen, dass die großen Eisschilde nicht so schnell schmelzen konnten. Der skandinavische Eisschild war etwa vor 7000 Jahren verschwunden und damit im Vergleich zu den Schilden in Nordamerika und Nordasien relativ schnell abgeschmolzen. Der Laurentische Eisschild in Nordamerika war erst vor 4000 Jahren völlig aufgelöst. Ein Abschmelzen des heutigen Antarktischen Eisschildes würde mindestens 15.000 Jahre dauern.
Vor etwa 8000 bis 4000 Jahren hatte die heutige Warmzeit einen Höhepunkt überschritten, so dass eine langsame Entwicklung zur nächsten Kaltzeit vermutet werden kann. Allerdings ist diese Bewegung so langsam, dass die Temperatur über eine Zeit von tausend Jahren nur rund 0,1 °C abnimmt. Diese geringe Veränderung wird jedoch von so vielen anderen Einflüssen auf das Klima überdeckt, dass sie praktisch nur noch über einen sehr langen Zeitraum im Mittel erkannt werden kann. Auch diese überlagernden Veränderungen haben im Durchschnitt auf einer großen Fläche, etwa über die Südhemisphäre, nicht mehr als etwa 1 °C Temperaturanstieg oder -abstieg zu verzeichnen.
Das „holozäne Temperatur-Optimum“, oder „Atlantikum“ dauerte zumindest auf der Nordhalbkugel etwa von 7000 v. Chr. bis 4000 v. Chr., mit markanten Unterbrechungen zwischen 6500–6100 v. Chr. (das sogenannte 8.2ka event durch das Einströmen des nordamerikanischen Eisstausees Agassizsee in den Atlantik) sowie um etwa 5200 v. Chr. aus bisher ungeklärter Ursache.
So gab es im Verlauf des Holozäns immer wieder „kleinere“ Klimaschwankungen (Misox-Schwankung, Piora-Schwankung), die sich spürbar auf die Vegetation und damit auf die Fauna und den Menschen auswirkten. In diesem Zusammenhang werden die beiden Begriffe „Pluvial“ (relativ niederschlagsreiche Phase) und „Interpluvial“ (relativ trockene Phase) verwendet. Dieses ist notwendig, da in der Geschichte die Temperatur- und Niederschlagsschwankungen nicht immer parallel verliefen. Vor etwa 2000 Jahren gab es in der Zeit zwischen etwa 100 v. Chr. und 500 n. Chr. das „Optimum der Römerzeit“. Als diese Klimaepoche langsam zu Ende ging und sich das Klima verschlechterte („Pessimum der Völkerwanderungszeit“), kam die Zeit der großen Völkerwanderungen (etwa um 370 bis 570 n. Chr.). Eventuell ist es nur Zufall, doch gibt es viele solcher Parallelen zwischen Klima- und Menschheitsgeschichte.
Nach dieser relativ „schlechten“ Zeit für die Menschheit entwickelte sich wieder eine wärmere Epoche. Ab etwa 800 n. Chr. folgte die Mittelalterliche Warmzeit. Anfangs hielt sich der Niederschlag noch in Grenzen, was sich gegen Ende dieser Phase änderte, als die Niederschlagsraten stark anstiegen. Aus dieser Zeit stammen viele deutsche Ortsnamen, die auf Weinanbau hinweisen, obwohl zwischenzeitlich der Weinanbau dort nicht mehr möglich war.
Auf das Optimum des 11.-14. Jahrhunderts folgte wieder eine Klimawende mit niedrigeren Temperaturen beginnend etwa im 15. Jhdt. Das Klima der Nördlichen Hemisphäre war im 17. Jhdt. weniger als 1 °C kühler im Vergleich zur Durchschnittstemperatur des 20. Jahrhunderts, mit einer lokal stärkeren Abkühlung in Regionen nahe dem Nordatlantik.[3] Für das globale Klima wird eine Abkühlung von rund 0,2°C gegenüber dem Mittelalterlichen Optimum vermutet.[4] Obwohl der Begriff Eiszeit hierfür eine Übertreibung darstellt, wird diese Zeit die Kleine Eiszeit genannt. Ein weiteres Beispiel für die Zusammenhänge zwischen Menschheitsgeschichte und Klimageschichte geben uns die Wikinger. 982 n. Chr. ließen sie sich das erste Mal auf Grönland nieder und siedelten dort mehr als 200 Jahre lang erfolgreich. Als jedoch die Klimawende eintrat, nahm die Besiedlung der Insel ein mehr oder weniger jähes Ende. Etwa um 1500 wurde die letzte Siedlung der Normannen auf Grönland aufgegeben. Sicherlich spielte dabei die Klimawende eine große Rolle, auch wenn es für diesen Zusammenhang noch keine letzten Beweise gibt.
Festzuhalten bleibt, dass wir uns nun in einer relativ warmen Phase einer Warmzeit befinden, die wiederum Bestandteil eines Eiszeitalters ist.
Die globale Erwärmung und die Zukunft des Klimas
Die aktuellen Erkenntnisse der Klimaforschung besagen, dass die anthropogenen Treibhausgasemissionen seit Beginn der Industrialisierung den natürlichen Treibhauseffekt wesentlich verstärken und damit einen zunehmenden Einfluss auf das Klima ausüben. Die globalen Durchschnittstemperaturen haben im Lauf des 20. Jahrhunderts um 0,74 °C ± 0,18 °C zugenommen. Am ausgeprägtesten ist die Erwärmung von 1976 bis heute. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts rechnen Klimaforscher mit einer Erderwärmung um 1,1 bis 6,4 °C, je nach zukünftigen Verhalten der Menschheit. Diese Erwärmung ist von zum Teil drastischen Folgen begleitet, die sich mit zunehmender Erwärmung weiter verstärken werden.[5]
Siehe auch
- Klimageschichtliche Epochen:
- Mittelalterliche Warmzeit
- Kleine Eiszeit
- Globale Erwärmung
- Klimageschichtliche Anomalien:
- Wetteranomalie von 535/536
- Extremer Winter 1783/84
- Jahr ohne Sommer 1816
Einzelnachweise
- ↑ Global chronostratigraphical correlation table for the last 2.7 million years (pdf-Datei; 433 kB), Korrelationstabelle der Subcomission on Quaternary Stratigraphy der ICS
- ↑ Thomas Litt, Karl-Ernst Behre, Klaus-Dieter Meyer, Hans-Jürgen Stephan und Stefan Wansa: Stratigraphische Begriffe für das Quartär des norddeutschen Vereisungsgebietes. In: T. Litt im Auftrag der Deutschen Stratigraphischen Kommission (Hrsg.): Stratigraphie von Deutschland - Quartär. Special issue. Eiszeitalter und Gegenwart/Quaternary Science Journal. 56, No. 1/2, E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele und Obermiller), Stuttgart 2007, ISSN 0424-7116, S. 7–65, doi:10.3285/eg.56.1-2.02.
- ↑ Climate Change 2001: The Scientific Basis. UNEP/GRID-Arendal. Abgerufen am 28. September 2012.
- ↑ Global signatures and dynamical origins of the Little Ice Age and Medieval Climate Anomaly. Science. Abgerufen am 28. September 2012.
- ↑ Intergovernmental Panel on Climate Change (2007): Climate Change 2007 – IPCC Fourth Assessment Report. Summary for Policymakers. (PDF)
Literatur
deutsch
- Christian-Dietrich Schönwiese: Klima im Wandel, Tatsachen, Irrtümer, Risiken. Deutsche-Verlags-Anstalt, Stuttgart 1992, ISBN 3-421-02764-1
- Martin Schwarzbach: Das Klima der Vorzeit - Eine Einführung in die Paläoklimatologie. Spektrum Akademischer Verlag; 5. Auflage, Berlin 1993 (etwas veralteter Klassiker zur Einführung in die Klimageschichte)
- Christian Pfister: Wetternachhersage. 500 Jahre Klimavariationen und Naturkatastrophen (1496–1995). Paul Haupt, Bern 1999, ISBN 3-258-05696-X
- Elmar Buchner/Norbert Buchner: Klima und Kulturen. Die Geschichte von Paradies und Sintflut. Verlag Bernhard Albert Greiner, Remshalden 2005, ISBN 3-935-38384-3
- Karl-Heinz Ludwig: Eine kurze Geschichte des Klimas. Von der Entstehung der Erde bis heute, Herbst 2006, ISBN 3-406-54746-X
- Rüdiger Glaser: Klimageschichte Mitteleuropas. 1000 Jahre Wetter, Klima, Katastrophen. Mit Prognosen für das 21. Jahrhundert, 2. Aufl. Darmstadt 2008. ISBN 978-3-89678-604-3
englisch
- Raymond S. Bradley: Paleoclimatology: Reconstructing climates of the Quaternary; AP Academic Press, International Geophysics Series Vol 64; New York 1999
- Raymond S. Bradley, Norman Law: Climate change and society; Nelson Thornes; Cheltenham 2001
- Thomas M. Cronin: Principles of Paleoclimatology; Columbia University Press, 1999
- Thomas J. Crowley, G. R. North, Paleoclimatology, Oxford University Press, New York, 1991
- William F. Ruddiman: Earth’s climate. Past and Future. W.H. Freeman and Sons; New York 2001
Weblinks
- Klimaentwicklung
- Globale Klimageschichte
- Klimageschichte des Mittelmeers (PDF-Datei, 264 kB)
- Das Klima der Vergangenheit (PDF-Datei, 269 kB) (UmweltWissen - Bayerisches Landesamt für Umwelt)
- DFG Science TV: "Polares Klimaarchiv" - Bohren in der Arktis: Klimaforschung für die Zukunft – Video-Serie zur Klimaforschung in der Arktis
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