Gelelektrophorese

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Moderne Gelelektrophoreseapparatur
Gelelektrophoreseapparatur

Gelelektrophorese (Wortteile: Gel|elektro|phorese – letzterer abgeleitet von griech. pherein φερειν = tragen) ist eine analytische Methode der Chemie und Molekularbiologie, um verschiedene Arten von Molekülen zu trennen. Dabei wandert eine Mischung aus zu trennenden Molekülen unter Einfluss eines elektrischen Felds (siehe dazu: Elektrophorese) durch ein Gel, welches in einer ionischen Pufferlösung liegt. Je nach Größe und Ladung der Moleküle bewegen sich diese unterschiedlich schnell durch das als Molekularsieb wirkende Gel. Dabei wandern kleine, negativ geladene Moleküle (Anionen) am schnellsten in Richtung der positiv geladenen Anode und positiv geladene Moleküle (Kationen) in Richtung der negativ geladenen Kathode. Die zugrunde liegenden Theorien sind die sich ergänzenden Ogston Siebtheorie und die Reptationstheorie. Während die Siebtheorie das Zurückhalten (synonym Retention) von sphärischen Makromolekülen (z. B. Proteine oder Micellen) durch eine definierte Porosität der Gelmatrix beschreibt, handelt die Reptationstheorie von einer Retention von Makromolekülen durch Reibung nichtsphärischer Makromoleküle an der Gelmatrix (z. B. DNA und RNA).

Gel-Matrix

Die Moleküle des Gels, beispielsweise Agarose (siehe Agarose-Gelelektrophorese) oder polymerisiertes Acrylamid (Polyacrylamid; siehe Polyacrylamid-Gelelektrophorese), bilden ein engmaschiges Netz, das die zu trennenden Moleküle bei ihrer Wanderung im elektrischen Feld behindert.

Agarose-Gele sind relativ großporig (150 nm bei einprozentigen, 500 nm bei 0,16-prozentigen Gelen) und eignen sich gut zur Trennung von DNA und hochmolekularen Proteinen. Polyacrylamid-Gele weisen wesentlich kleinere Poren auf (3–6 nm). Die Porengröße hängt von der Acrylamidkonzentration und dem Vernetzungsgrad ab. Die Agarose-Gelelektrophorese kommen vor allem bei der Auftrennung von DNA-Fragmenten zum Einsatz, während Proteine meist per Polyacrylamid-Gelelektrophorese aufgetrennt werden. Als gelelektrophoretische Verfahren kommen bei Proteinen oftmals die SDS-PAGE und der Western Blot zum Einsatz.

Proteine müssen als Zwitterionen mit zusätzlichen Ladungen durch ein Detergens wie Natriumdodecylsulfat (engl. sodium dodecyl sulfate, SDS) beladen werden, um von einer Auftrennung nach den heterogenen Ladungsdichten zu einer Auftrennung nach der Molekülmasse zu kommen. Durch Zugabe von SDS und Aufkochen (Denaturieren) adsorbieren die Proteine proportional zu ihrer aufgefalteten Länge (und auch proportional zur Molekülmasse) das aliphatische Ende des negativ-geladenen Natriumlaurylsulfats. Dabei binden circa 1,4 Gramm SDS pro Gramm Protein in einprozentigen SDS-Lösungen. Die negativ geladenen Sulfatgruppen der SDS-Moleküle stoßen sich gegenseitig ab, was die Auffaltung (Linearisierung) der Proteine fördert, sofern die Proteine keine Disulfidbrücken aufweisen. Daher werden bei der Molmassenbestimmung zusätzlich Reduktionsmittel zur Überführung der Disulfide in Thiole hinzugegeben. Da mehrere hundert negativ geladene SDS-Moleküle an die Proteinmoleküle binden, kann die Eigenladung der Proteine im basischen pH des Gels vernachlässigt werden. Die Ladungsdichte von SDS-beladenen Proteinen ist, unabhängig von ihrer Länge, ungefähr gleich. Aus diesem Grunde haben die SDS-Protein-Komplexe in freier Lösung, d. h. ohne die zusätzliche bremsende Einwirkung von Gelen, gleiche Wanderungsgeschwindigkeiten, in einem Gel ist die Wandergeschwindigkeit jedoch nicht mehr gleich und es erfolgt eine Trennung nach der Größe.

Bei der Isoelektrischen Fokussierung (IEF) werden Ampholyte für die Errichtung eines pH-Gradienten verwendet.

Gele können ohne großen Aufwand selbst hergestellt werden. Fertige Gele und die entsprechenden Puffersysteme können zudem kommerziell erworben werden.

Durchführung

Die klassische Gelelektrophorese wird als Zonenelektrophorese durchgeführt. Eine Methode zur Erzielung einer höheren Auflösung ist die diskontinuierliche Elektrophorese.

Bei der Gelelektrophorese entsteht Wärme. Diese muss abgeführt werden, um optimale Bedingungen zu gewährleisten. Deswegen sollte die Gelelektrophorese in gekühlten Apparaturen bei konstanten Temperaturen durchgeführt werden, um reproduzierbare Ergebnisse zu erzielen.

Im Idealfall wird die Elektrophorese beendet, wenn die kleinsten beziehungsweise mobilsten Moleküle das Ende des Gels erreicht haben. Das garantiert die höchstmögliche Auftrennung der Moleküle.

Auswertung

Agarose-Gel mit DNA und Lauffarbstoff in den Geltaschen, vor der Elektrophorese.
DNA-Banden unter UV-Licht im durch Ethidiumbromid gefärbten Agarose-Gel.

Zur Auswertung des Gels nach der Elektrophorese werden die zu trennenden Moleküle entweder vor der Elektrophorese radioaktiv markiert und anschließend in einer Autoradiographie nachgewiesen oder nach der Elektrophorese mit verschiedenen Farbstoffen wie beispielsweise Ethidiumbromid „gefärbt“ und unter UV-Licht betrachtet. So verfährt man etwa mit DNA-Fragmenten. Proteine können angefärbt werden (siehe dazu: Färbung nach Fairbanks, Silberfärbung) und/oder immunologisch nachgewiesen werden (Western Blot).

Gleiche Moleküle laufen in diskreten Zonen – umgangssprachlich als Banden bezeichnet – durch das Gel. Mehrere Proben können parallel nebeneinander gleichzeitig durch dasselbe Gel laufen. Ist die Größe einiger Moleküle bekannt, kann man durch Vergleich von deren Banden mit den restlichen Banden die Größe der anderen Moleküle abschätzen. Solche Molekülmassenstandards sind kommerziell erhältlich. Ähnlich funktioniert auch ein Comigrationsstandard, mit dessen Hilfe eine unbekannte mit einer bekannten Probenzusammensetzung verglichen wird. Als Molekülmassenstandards werden DNA (Desoxyribonukleinsäure) oder Proteine verwendet.

Eine Bestimmung der Menge einer Substanz in einer Bande beziehungsweise der relative Anteil einer Bande (siehe: Quantifizierung) ist nach der Färbung des Gels und einer anschließenden densitometrischen Auswertung möglich, mit der Einschränkung, dass bei sehr dunklen Banden der innere Bereich der Bande mangels Lichteinstrahlung nicht mit gewertet werden kann. Zur Bestimmung der Messwerte eines Geles wie z. B. Laufweiten, Molekülmassen, Quantifizierungen oder Normalisierung wird in den meisten Fällen eine Auswertungssoftware genutzt (siehe 1D-Gelelektrophorese-Software).

Einsatzgebiete

Gelelektrophorese wird in der Molekularbiologie und der Biochemie häufig verwendet:

Gelelektrophorese Variante Einsatzgebiet
Agarose-Gelelektrophorese Analytik von
Desoxyribonukleinsäure (DNA)
Ribonukleinsäure (RNA)1
Nativ-Gelelektrophorese Saure Nativ-Gelelektrophorese
Blaue Nativ-Gelelektrophorese
Proteinanalytik2
SDS-PAGE 2D-Gelelektrophorese Proteinanalytik2
Isoelektrische Fokussierung Proteinanalytik2
QPNC-PAGE Analytik von
Metalloproteinen

Siehe auch

Literatur

  • Friedrich Lottspeich, Haralabos Zorbas: Bioanalytik. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1998, ISBN 978-3827400413.
  • Hubert Rehm, Thomas Letzel: Der Experimentator: Proteinbiochemie / Proteomics. 6. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2009, ISBN 978-3827423122.

Weblinks

 Commons: Gelelektrophorese – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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