Fermi-Dirac-Statistik
Die Fermi-Dirac-Statistik (nach dem italienischen Physiker Enrico Fermi[1] und dem britischen Physiker Paul Dirac[2]) ist ein Begriff der physikalischen Quantenstatistik. Sie beschreibt das makroskopische Verhalten eines Systems, das aus vielen gleichen Teilchen vom Typ Fermion besteht, und gilt z. B. für die Elektronen, die in Metallen und Halbleitern für die elektrische Leitfähigkeit sorgen.
Die Ausgangspunkte der Fermi-Dirac-Statistik sind:
- Keiner der Zustände der einzelnen Teilchen kann mit mehr als einem Teilchen besetzt sein (Pauli-Prinzip).
- Vertauscht man zwei Teilchen miteinander, erhält man keinen neuen Zustand (der in der statistischen Betrachtung extra zu zählen wäre), sondern denselben wie vorher (Prinzip der Ununterscheidbarkeit gleicher Teilchen).
Die Fermi-Verteilung gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit W in einem idealen Fermi-Gas bei gegebener absoluter Temperatur T ein Zustand der Energie E von einem der Teilchen besetzt ist. In der statistischen Physik wird die Fermi-Verteilung aus der Fermi-Dirac-Statistik für gleichartige Fermionen für den wichtigen Spezialfall der Wechselwirkungsfreiheit hergeleitet.[3]
Zur vollständigen Beschreibung der Fermi-Dirac-Statistik siehe Quantenstatistik. Für eine vereinfachte Herleitung siehe Ideales Fermigas.
Beschreibung
Allgemeine Formel
In einem System der Temperatur
mit der Energie
Wird die Energie
Um die bei der Energie
am absoluten Temperaturnullpunkt
Am absoluten Temperaturnullpunkt
Entsprechend hat die Fermi-Verteilung für die Temperatur T = 0 K einen scharfen Sprung bei der Fermi-Energie
- alle Zustände mit E < EF sind besetzt, da hier gilt: W(E) = 1, d.h. die Wahrscheinlichkeit, in einem solchen Zustand eins der Fermionen anzutreffen, ist Eins.
- keiner der Zustände mit E > EF ist besetzt, da hier gilt: W(E) = 0, d.h. die Wahrscheinlichkeit, in einem solchen Zustand eins der Fermionen anzutreffen, ist Null.
Das Fermi-Niveau bei
bei endlichen Temperaturen
Im Temperaturbereich
Im Bereich des entarteten Fermi-Gases, also bei Temperaturen weit unterhalb der Fermi-Temperatur TF, ist die scharfe Fermi-Kante in einem Bereich der Breite ~ 2kBT abgerundet („aufgeweicht“, s. Abb.). Zustände mit kleineren Energien sind nach wie vor nahezu voll besetzt (
Da nach wie vor die gleiche Teilchenzahl auf die möglichen Zustände zu verteilen ist, kann sich die Fermi-Energie mit der Temperatur verschieben. Ist die Zustandsdichte im Bereich der angeregten Teilchen kleiner als bei den Löchern, muss die Fermi-Energie steigen, im entgegengesetzten Fall sinken.
bei sehr hohen Temperaturen
Bei sehr hohen Energien
- .
Hier verhält sich das Fermi-Gas wie ein klassisches Gas, es ist nicht entartet. Die Fermi-Energie ist dann negativ.
Fermi-Verteilung bei Metallen
Für die Leitungselektronen in einem Metall liegt die Fermi-Energie
Fermi-Verteilung bei Halbleitern und Isolatoren
Für Halbleiter und Isolatoren liegt das Fermi-Niveau in der verbotenen Zone. Im Bereich der Fermi-Kante existieren daher keine Zustände, deren Besetzung deutlich von der Temperatur abhängen kann. Dies führt dazu, dass bei einer Temperatur T = 0 K das Valenzband vollständig mit Elektronen besetzt und das Leitungsband unbesetzt ist, und dass es bei T > 0 K nur sehr wenige Löcher bzw. angeregte Elektronen gibt. Durch Einbringen von Fremdatomen mit zusätzlichen Ladungsträgern (Donator- oder Akzeptordotierung) kann das Fermi-Niveau nach unten bzw. nach oben verschoben werden, was die Leitfähigkeit stark erhöht. In diesem Fall verschiebt sich auch mit der Temperatur das Fermi-Niveau deutlich. Daher arbeiten z. B. elektronische Schaltungen auf Basis von Halbleitern (wie im Computer) nur in einem engen Temperaturbereich richtig.
Herleitung der Fermi-Dirac-Statistik aus einem Minimum der freien Energie
Aus der Bedingung, dass im thermischen Gleichgewicht (bei festem
Für eine beliebige Verteilung der Elektronen auf die Niveaus gilt:
- .
Gleichung (1) gibt die Gesamtzahl der Teilchen wieder, die konstant gehalten werden soll, während die einzelnen
Um die Verteilung zu finden, bei der durch Variation der
- für alle.
Darin ist
Dabei ist
der Binomialkoeffizient, d.h. die Anzahl der Möglichkeiten, unter
Mit Hilfe der vereinfachten Stirlingformel
und damit
Insgesamt wird Gleichung (2) zu
- .
Mit der Definition der Besetzungswahrscheinlichkeit
Beobachtungen
In Festkörpern kann die Fermi-Verteilung sehr gut beobachtet werden, wenn die elektronische Besetzungsdichte des Leitungsbandes in Abhängigkeit von der Energie gemessen wird. Ein besonders gutes Beispiel für das ideale Fermigas liegt bei Aluminium vor. Mit solchen Studien lässt sich auch das Auflösungsvermögen einer Messapparatur bestimmen, indem man den Verlauf der Verteilung bei einer bestimmten Temperatur misst und mit der Formel für die Fermi-Verteilung vergleicht.
Weitere Beispiele zur Bedeutung siehe unter Fermi-Energie.
Einzelnachweise
- ↑ Enrico Fermi: Zur Quantelung des einatomigen idealen Gases, Zeitschrift für Physik Bd. 36, 1926, S. 902–912 DOI: 10.1007/BF01400221
- ↑ P.A.M.Dirac: On the Theory of Quantum Mechanics, in: Proceedings of the Royal Society of London. Series A Bd. 112 (1926 S. 661--677
- ↑ Enrico Fermi: Zur Quantelung des einatomigen idealen Gases, Zeitschrift für Physik Bd. 36, 1926, S. 902–912 DOI: 10.1007/BF01400221
Siehe auch
- Intrinsisches Ferminiveau
- Fermi-Dirac-Integral
Literatur
- Ellen Ivers-Tiffée, Waldemar von Münch: Werkstoffe der Elektrotechnik. 10. Auflage. Vieweg+Teubner, 2007, ISBN 978-3-8351-0052-7.
- Michael Reisch: Halbleiter-Bauelemente. 2. Auflage. Springer-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-540-21384-8.
- U. Krey, A. Owen: Basic Theoretical Physics - a Concise Overview. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 2007, ISBN 978-3-540-36804-5 (in Englisch).