Boson
Bosonen (nach dem indischen Physiker Satyendranath Bose) sind im Standardmodell der Teilchenphysik alle Teilchen, die der Bose-Einstein-Statistik genügen. Nach dem Spin-Statistik-Theorem besitzen sie einen ganzzahligen Spin, also $ 0\!\, $, $ \hbar $, $ 2\hbar $ etc. Anschaulich gesprochen sind Bosonen diejenigen Teilchen, welche die Kräfte zwischen den Fermionen, den Materieteilchen, vermitteln.
Zu den Bosonen gehören:
- unter den Elementarteilchen: die Eichbosonen als Vermittler der Grundkräfte
- unter den zusammengesetzten Teilchen: die aus jeweils einem Quark und einem Antiquark zusammengesetzten Mesonen, alle Atomkerne mit gerader Nukleonenzahl (z. B. der Kern des schweren Wasserstoffs Deuterium), sowie auch Quasiteilchen wie z. B. Phononen.
Bosonen grenzen sich ab von den Fermionen, die der Fermi-Dirac-Statistik genügen und nach dem Spin-Statistik-Theorem einen halbzahligen Spin besitzen. Ein Elementarteilchen in drei Raumdimensionen ist immer entweder ein Boson oder ein Fermion.
In sehr dünnen Schichten, also zweidimensionalen Systemen, gibt es außer Bosonen und Fermionen die sogenannten Anyonen, die einer eigenen Quantenstatistik genügen.
Einteilung nach dem Spin
Bosonen werden je nach Spin verschieden bezeichnet. Grundlage dieser Bezeichnung ist ihr Transformationsverhalten unter eigentlich orthochronen Lorentz-Transformationen.
Spin | Bosontyp | Vertreter |
---|---|---|
0 | Skalarboson | Pionen, Higgs-Boson des SM |
1 | Vektorboson | Eichbosonen (bspw. Photon) |
2 | Tensorboson / symmetrischer Tensor 2. Stufe | Graviton (hypothetisch) |
Tensoren höherer Stufen (d. h. Bosonen mit einem Spin > 2) sind physikalisch weniger relevant, da sie nur als zusammengesetzte Teilchen auftreten.
Makroskopische Quantenzustände
Eine besondere Eigenschaft der Bosonen ist, dass sich bei Vertauschung zweier gleicher Bosonen die quantenmechanische Wellenfunktion nicht ändert (Phasenfaktor +1). Im Gegensatz dazu ändert sich bei einer Vertauschung zweier gleicher Fermionen das Vorzeichen der Wellenfunktion. Die Begründung für die Invarianz der Wellenfunktion bei Bosonen-Vertauschung erfolgt über das relativ komplizierte Spin-Statistik-Theorem.
Eine Konsequenz ist, dass sich gleichartige Bosonen zur selben Zeit am selben Ort (innerhalb der Unschärferelation) befinden können. Mehrere Bosonen nehmen dann den gleichen Quantenzustand ein, sie bilden makroskopische Quantenzustände. Beispiele sind:
- das Bose-Einstein-Kondensat,
- die Supraleitung (Cooper-Paare),
- der Laser (Photonen),
- die Suprafluidität des Helium.
Zusammengesetzte Teilchen
Fermionisches oder bosonisches Verhalten zusammengesetzter Teilchen kann nur aus größerer Entfernung (verglichen mit dem betrachteten System) beobachtet werden. Bei näherer Betrachtung (in einer Größenordnung, in der die Struktur der Komponenten relevant wird) zeigt sich, dass ein zusammengesetztes Teilchen sich entsprechend der Eigenschaften (Spins) der Bestandteile verhält. Beispielsweise können zwei Helium-4-Atome (Bosonen) nicht den gleichen Raum einnehmen, wenn der betrachtete Raum vergleichbar mit der inneren Struktur des Heliumatoms (~ 10-10 m) ist, da die Bestandteile des Helium-4-Atoms selbst Fermionen sind. Dadurch hat flüssiges Helium ebenso eine endliche Dichte wie eine gewöhnliche Flüssigkeit.
Supersymmetrische Bosonen
Im um die Supersymmetrie erweiterten Modell der Elementarteilchen existieren weitere elementare Bosonen. Auf jedes Fermion kommt rechnerisch ein Boson als supersymmetrisches Partnerteilchen, ein so genanntes Sfermion, so dass sich der Spin jeweils um ±1/2 unterscheidet. Die Superpartner der Fermionen werden allgemein durch ein zusätzliches vorangestelltes S- benannt, so heißt z. B. das entsprechende Boson zum Elektron dann Selektron.
Genau genommen wird zunächst im Wechselwirkungsbild jedem fermionischen Feld ein bosonisches Feld als Superpartner zugeordnet. Im Massebild ergeben sich die beobachtbaren oder vorhergesagten Teilchen jeweils als Linearkombinationen dieser Felder. Dabei muss die Zahl und der relative Anteil der zu den Mischungen beitragenden Komponenten auf der Seite der bosonischen Superpartner nicht mit den Verhältnissen auf der ursprünglichen fermionischen Seite übereinstimmen. Im einfachsten Fall (ohne oder mit nur geringer Mischung) kann jedoch einem Fermion (wie dem Elektron) ein bestimmtes Boson bzw. Sfermion (wie das Selektron) zugeordnet werden.
Darüber hinaus benötigt bereits das minimale supersymmetrische Standardmodell (MSSM) im Unterschied zum Standardmodell (SM) mehrere bosonische Higgs-Felder inklusive ihrer Superpartner.
Bisher wurde keines der postulierten supersymmetrischen Partnerteilchen experimentell nachgewiesen. Sie müssen demnach eine so hohe Masse haben, dass sie unter normalen Bedingungen nicht entstehen. Man hofft, dass die neue Generation der Teilchenbeschleuniger zumindest einige dieser Bosonen nachweisen kann. Anzeichen sprechen dafür, dass das leichteste supersymmetrische Teilchen (LSP) im Bereich einiger hundert GeV/c² liegt.
Weblinks
- Was sind Bosonen? aus der Fernseh-Sendereihe alpha-Centauri. Erstmalig ausgestrahlt am 1. Okt. 2003.
- Was sind W&Z-Bosonen? aus der Fernseh-Sendereihe alpha-Centauri. Erstmalig ausgestrahlt am 2. Aug. 2006.