Aragonit
Aragonit | |
Farblose Aragonit-Stufe aus der Provinz Agrigent, Sizilien | |
Chemische Formel |
Ca[CO3] |
Mineralklasse | Carbonate und Nitrate 5.AB.15 (8. Auflage: V/B.04) nach Strunz 14.01.03.01 nach Dana |
Kristallsystem | rhombisch [1] |
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin | orthorhombisch-dipyramidal $ 2/m\ 2/m\ 2/m $ [2] |
Farbe | farblos, weiß, grau, gelb, rot, grün, violett, blau |
Strichfarbe | weiß |
Mohshärte | 3,5 bis 4,5 |
Dichte (g/cm3) | 2,95 |
Glanz | Glasglanz, Bleiglanz, Fettglanz |
Transparenz | durchsichtig bis undurchsichtig |
Bruch | muschelig |
Spaltbarkeit | undeutlich |
Habitus | prismatische, oft pseudohexagonale Kristalle, oolithische, gebänderte, säulige und dendritische Aggregate |
Zwillingsbildung | häufig nach {110}, zyklische Drillinge oder Viellinge, polysynthetische Viellinge |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | α = 1,529 bis 1,530 β = 1,680 bis 1,682 γ = 1,685 bis 1,686 [3] |
Doppelbrechung (optischer Charakter) |
δ = 0,156 [3] ; zweiachsig negativ |
Optischer Achsenwinkel | 2V = 18° bis 19° (gemessen)
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Pleochroismus | nicht vorhanden |
Weitere Eigenschaften | |
Chemisches Verhalten | in HCl unter CO2-Abgabe löslich |
Ähnliche Minerale | Calcit, Vaterit, Baryt, Gips |
Besondere Kennzeichen | Lumineszenz |
Aragonit ist ein häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Carbonate und Nitrate“. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem und entwickelt meist prismatische bis säulige, aber auch gebänderte oder dendritische (Bäumchenartige) Kristalle sowie oolithische oder massige Aggregate von großer Farbenvielfalt.
Chemisch gesehen handelt es sich bei Aragonit um ein Calciumcarbonat mit der Zusammensetzung Ca[CO3][4]
Aragonit ist das namensgebende Mineral einer Gruppe von Mineralen ähnlicher Struktur und/oder Zusammensetzung, der Aragonitgruppe.
Besondere Eigenschaften
Reiner Aragonit ist entweder farblos oder weiß. Er kann durch Fremdbeimengungen bzw. Verunreinigungen auch grau bis bräunlich, gelblich, rötlich, grünlich, bläulich oder violett gefärbt sein. Aragonit hat eine Dichte von 2,95 g/cm³ und eine Mohssche Härte von 3,5 bis 4,5. Bis auf eine Varietät des Aragonits sind alle lichtundurchlässig.
Aragonit weist Lumineszenz auf, dabei verhalten sich die Minerale je nach Fundort verschieden. In Agrigent werden Aragonite gefunden, die unter UV-Licht rosarot aufleuchten und anschließend grün fluoreszieren. Aragonite aus Tsumeb leuchten hellgelb bis grünlich.
Aragonit löst sich leicht in Säuren unter Abgabe von Kohlendioxid. Schon von schwachen Säuren wie Borsäure, Essigsäure oder Citronensäure wird der Kristall geschädigt. Aragonit ist in kohlendioxidgesättigtem Wasser leichter löslich als Calcit.
Etymologie und Geschichte
Das Mineral wurde von Abraham Gottlob Werner 1796 beschrieben und von ihm nach seinem Fundort in Aragonien in Nordost-Spanien benannt.[5]
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Karl Hugo Strunz gehörte der Aragonit zur gemeinsamen Klasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort zur Abteilung der „Wasserfreien Carbonate ohne fremde Anionen“. Das Mineral ist dort Namensgeber der „Aragonitgruppe“ mit der System-Nr. V/B.04 und den weiteren Mitgliedern Alstonit, Barytocalcit, Cerussit, Olekminskit, Paralstonit, Strontianit und Witherit.
Mit der Überarbeitung der Strunz'schen Mineralsystematik in der 9. Auflage wurden einerseits die Borate in eine eigene Klasse ausgelagert und andererseits die nun reduzierte Klasse der „Carbonate und Nitrate“ präziser nach der Art der beteiligten Kationen weiter unterteilt. Der Aragonit findet sich daher jetzt entsprechend in der Unterabteilung „B. Erdalkali- (und andere M2+) Carbonate“, wo er nach wie vor Mitglied der nach ihm benannten „Aragonitgruppe“ mit der System-Nr. 5.AB.15 ist, die allerdings nur noch die weiteren Mitglieder Cerussit, Strontianit und Witherit enthält. Die Minerale Alstonit, Barytocalcit, Olekminskit und Paralstonit wurden in eigene Gruppen innerhalb der Unterabteilung ausgelagert.
Die im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Aragonit ebenfalls in die Klasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“, dort allerdings in die Abteilung der „Wasserfreien Carbonate mit einfacher Formel A+CO3“, wo er ebenfalls zusammen mit Cerussit, Strontianit und Witherit die „Aragonitgruppe (Orthorhombisch: Pmcn)“ mit der System-Nr. 14.01.03.01 bildet.
Modifikationen und Varietäten
Aragonit ist eine von insgesamt drei natürlich vorkommenden Modifikationen des Calciumcarbonats (Ca[CO3]). Die weiteren Modifikationen sind Calcit (Kalkspat) und Vaterit. Die stabilste der drei Modifikationen ist der Calcit, welcher vor allem als Kalkstein, Kreide, Marmor und Kalksinter (Onyxmarmor) in der Natur vorkommt.
Vom Aragonit existieren mehrere Farb- und Formvarietäten:
- Eisenblüte: Korallenartiges Wachstum bei überwiegend weißer oder weiß-gräulicher Farbe. Selten werden auch hellblaue bis blass-blaugrüne Eisenblüten gefunden.
- Erbsenstein oder auch Pisolith: Meist konzentrische Schalen bzw. radialstrahlige Kugeln bei überwiegend weiß-gräulicher Farbe.
- Nicholsonit: Durch Beimengungen an Smithsonit (Zn[CO3]) meist weiß, gelblich, grünlich oder schwach rosafarben
- Perlmutt: variabel
- Sprudelstein: Wellenförmiger, meist weiß, grau, gelblich oder rötlich gebänderter Kalksinter
- Sr-Aragonit: Strontium-haltiger Aragonit
- Tarnowitzit (engl.: Plumboan Aragonite[6]): Durch feinverteilte Einschlüsse von Cerussit (Pb[CO3]) meist weiß, grau bis schwarz oder gelb gefärbt
- Zeiringit: Durch Aurichalcit türkisblau bis türkisgrün gefärbter Aragonit
Es gibt viele dem Aragonit ähnliche Minerale wie zum Beispiel Baryt, Gips, Calcit und Quarz.
Bildung und Fundorte
Aragonit ist der Hauptbestandteil des Perlmutts und daher der Perlen, welche vom Mantel der Muscheln gebildet werden. Auch das Skelett der Steinkorallen besteht aus Aragonit.
In den Hohlräumen von Ergusssteinen kommt es als Eisenblüte vor, in Thermalquellen als Sprudelstein und als Erbsenstein.
Es bildet sich entweder hydrothermal oder als Neubildung bei sich zersetzenden Ca-haltigen Gesteinen (sogenannte „Eisenblüte“). In der Natur tritt Aragonit häufig bei Sinterbildung im Umfeld kalkhaltiger und heißer Quellen auf. Ablagerungen in Wasserrohren, Wasserleitungen und Wasserkessel bestehen oft aus Aragonit.
Aragonit kristallisiert in unterschiedlichster Form. Prismatische Kristalle kommen ebenso vor wie Aggregate, die kugelig, gebändert, säulig und dendritisch, parallelfaserig, radialstrahlig oder nadelig sein können.
Bei der Biorock-Technologie wird Aragonit gemeinsam mit Brucit durch Mineralakkretion an schwach stromführendem Stahl aus dem Meer gewonnen.
Die Typlokalität des Aragonits ist der Fluss Aragón.
Fundorte von Aragonit sind unter anderem das Municipio Corocoro in Bolivien, der Erzberg in Österreich, Špania Dolina und Podrečany in der Slowakei, Cianciano in Italien, Tarnobrzeg in Polen und Molina de Aragón in Spanien.
In Tschechien kommt Aragonit einerseits mikrokristallin als Sprudelstein an Quellaustritten in Karlsbad, aber auch in Form von größeren Kristallen am Číčov im Böhmischen Mittelgebirge vor. Die karlsbader Sprudelstein-Vorkommen wurden bereits von Johann Wolfgang von Goethe beschrieben.[7]
Aragonit ist unter normalen Bedingungen ein metastabiles Mineral, d.h. es wandelt sich allmählich in Calcit um. Lediglich bei hohem Druck, unter den Bedingungen einer Hochdruck-/Niedrigtemperaturmetamorphose, ist Aragonit stabil. Selten findet man deshalb ein Gestein mit Aragonit, eine Ausnahme bildet der Aragonitmarmor.
Kristallstruktur
Aragonit kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem in der Raumgruppe Pmcn mit den Gitterparametern a = 4,95 Å, b = 7,96 Å und c = 5,74 Å sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.
Verwendung
Aragonit wird als Schmuckstein verwendet, der allerdings durch seine Sprödigkeit und gute Spaltbarkeit empfindlich ist.
Die Eigenschaft, dass Aragonit unter UV-Licht leuchtet, nutzt der philippinische Künstler Edd Aragon, um Bilder zu malen, die nur in Dunkelheit mit UV-Lampen besichtigt werden können.[8]
Manipulationen und Imitationen
Aragonit-Schmucksteine werden mithilfe von Kunstharz stabilisiert, da Aragonit recht empfindlich auf Säuren und maschinelle Bearbeitung reagiert, außerdem soll dadurch eine Erhöhung seines Glanzes erzielt werden. Aus modischen Gründen werden Aragonite auch gefärbt angeboten. Aus Verbraucherschutzgründen müssen beide Verfahren angegeben werden.
Aragonit dient oft als Imitationsgrundlage für Chalcedon, Calcit und Jade.
Gebänderter Aragonit wird unter irreführenden Handelsbezeichnungen meist als Kalifornischer Onyx, Mexikanischer Onyx oder Türkischer Onyx angeboten (siehe Onyxmarmor).
Esoterik
Wie schon beschrieben können sich Aragonit und Calcit als Ablagerungen in Warmwasserinstallationen, bzw. -rohren bilden. Durch die Anwendung von Magnetfeldern sollen sich die Aragonitkristalle nicht an der Wand bilden bzw. nicht ablagern können. Die Wirkungsweise solcher Geräte zur Entkalkung darf nach dem heutigen Kenntnisstand als fraglich angesehen werden, da weder die Carbonatanionen, noch die Calciumionen paramagnetisch bzw. ferromagnetisch sind. Aus physikochemischer Sichtweise sind die postulierten Wirkprinzipien nicht möglich (siehe auch Physikalische Wasserenthärtung ).[9]
Siehe auch
- Liste der Minerale
- Künstliches Korallenriff
Einzelnachweise
- ↑ http://www.geologieinfo.de/mineraleigenschaften/kristallsystem.html
- ↑ Webmineral - Aragonite (engl.)
- ↑ 3,0 3,1 3,2 MinDat - Aragonite (engl.)
- ↑ Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. 4. Auflage. Christian Weise Verlag, München 2002, ISBN 3-921656-17-6.
- ↑ Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. Dt. Verl. d. Grundstoffindustrie, Leipzig 1981
- ↑ Mindat - Tarnowitzit
- ↑ Johannes Baier: Goethe und die Thermalquellen von Karlovy Vary (Karlsbad, Tschechische Republik). - Jber. Mitt. oberrhein. geol. Ver., N. F. 94, 87-103, 2012.
- ↑ Art Radar Asia - Invisible paintings by Filipino artist Edd Aragon light up in Yuchengco Museum (übersetzt: Unsichtbare Gemälde des philippinischen Künstlers Edd Aragon leuchten im Yuchengco Museum)
- ↑ Das Kalk-Gespenst in der Wasserleitung (abgerufen 4. November 2011)
Literatur
- Paul Ramdohr, Hugo Strunz: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, 1978, ISBN 3-432-82986-8.
- Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie: Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7. Auflage. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 2005, ISBN 3-540-23812-3, S. 65.
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0.
- Bernhard Bruder: Geschönte Steine. Neue Erde Verlag, 1998, ISBN 3-89060-025-5.
Weblinks