Ubichinon-10

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Strukturformel
Strukturformel von Ubichinon-10
Allgemeines
Name Ubichinon-10
Andere Namen
  • 6-all-trans-Decaprenyl-2,3-dimethoxy-5-methyl-1,4-benzochinon (IUPAC/IUBMB)
  • Q-10
  • veraltet: Coenzym Q10
Summenformel C59H90O4
CAS-Nummer 303-98-0
PubChem 5281915
ATC-Code

C01EB09

Eigenschaften
Molare Masse 863,34 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

50 °C [1]

Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze [1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
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Ubichinon-10 (auch UQ von engl. Ubiquinon, oder Q-10, veraltet: Coenzym Q10) ist ein Chinon-Derivat mit lipophiler Isoprenoid-Seitenkette, strukturell verwandt mit Vitamin K und Vitamin E. Die reduzierte, phenolische Form wird Ubihydrochinon oder Ubichinol (kurz QH2) genannt. Ubichinon-10 gehört zu den Ubichinonen.

Q-10 ist ein Elektronen- und Protonen-Überträger zwischen dem Komplex I bzw. Komplex II und dem Komplex III der Atmungskette.

Q-10 wird als Bestandteil von kosmetischen Cremes sowie auch als Nahrungsergänzungsmittel zum Verkauf angeboten.

Eigenschaften

Q-10 ist ein gelb-oranges, kristallines Pulver ohne Geruch und Geschmack.

Die hydrophobe Isoprenoid-Seitenkette ermöglicht die Verankerung des Moleküls im ebenfalls hydrophoben Bereich der Biomembranen, die die Mitochondrien aufbauen.

Biologische Funktion

Q-10 ist eine körpereigene Substanz. Es wird zum Teil über die Nahrung aufgenommen, aber auch im Körper selbst produziert. In jeder menschlichen Zelle wird die Energie aus der Nahrung in körpereigene Energie (ATP) umgewandelt. Q-10 ist als Coenzym an der oxidativen Phosphorylierung beteiligt, über die 95 % der gesamten Körperenergie (ATP) erzeugt wird.[2][3] Die Organe mit dem höchsten Energiebedarf – wie Herz, Lunge und Leber – weisen deshalb auch die höchste Q-10-Konzentration auf.[4]

Biochemie

Die Atmungskette in den Mitochondrien der Zelle ermöglicht den stufenweisen Transfer von Elektronen und Protonen auf Sauerstoff bei gleichzeitiger Gewinnung von ATP als biochemisches Energieäquivalent. Diese Reaktionsfolge, die gelegentlich als „kontrollierte Knallgasreaktion“ bezeichnet wird, findet an lokalisierten Membranproteinen, den Komplexen I bis V, und mobilen Komponenten, Ubichinon und Cytochrom c, statt. Letztere dienen als Shuttlesysteme zwischen den Komplexen: Ubichinon vermittelt zwischen den Komplexen I/II und III, Cytochrom c zwischen den Komplexen III und IV.

Die Elektronen zur Reduktion des Ubichinons entstammen der Oxidation des NADH am Komplex I der Atmungskette, der NADH-Dehydrogenase, bzw. von der Oxidation von Succinat am Komplex II, welcher mit der Succinat-Dehydrogenase des Citratzyklus identisch ist. Ein Ubichinon-Molekül kann dabei schrittweise zwei Elektronen aufnehmen. Im ersten Schritt bildet sich QH, ein recht stabiles Semichinon-Radikal. Die Aufnahme des zweiten Elektrons lässt nach der Protonierung das Hydrochinon Ubichinol entstehen, also die reduzierte Form. Dies ermöglicht neben dem Elektronentransport auch die Bindung zweier Protonen – Ubichinon kann somit auch als Protonencarrier dienen. Diese Vorgänge sind innerhalb der Atmungskette im Q-Zyklus am Komplex III von Bedeutung.

Prooxidante und antioxidante Eigenschaften

Ubichinon ist auch involviert bei der Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) durch die Entstehung von Superoxid durch Ubisemichinon-Radikale, die oxidative Beschädigungen verursachen, die vielen degenerativen Krankheiten zugrunde liegt. Paradoxerweise ist der Ubichinon-Pool auch ein wichtiges mitochondriales Antioxidans.[5]

Mangel

Ein permanenter Q-10-Mangel kommt selten vor. Man findet ihn gehäuft bei Patienten mit Myopathien. Da die an der Biosynthese von Q-10 beteiligten Enzyme noch nicht alle bekannt sind, ist es ohne weiteres möglich, dass Mutationen in einem der betroffenen Gene noch nicht identifiziert sind.[6][7][8]

Eine Möglichkeit für temporären Q-10-Mangel stellt die Medikation mit Statinen dar, wo durch die Hemmung der HMG-CoA-Reduktase die Ausgangsstoffe für die Biosynthese von Q-10 verringert werden, was zu einem Rückgang der Plasmawerte führt. Über die Verfügbarkeit von Q-10 im Muskel ist dagegen nichts bekannt, ebenso wenig wie über eine Wirksamkeit von erhöhter Zufuhr.[9]

Biosynthese

Die Biosynthese von Q-10 in Eukaryoten geht einerseits von 4-Hydroxybenzoesäure aus, die aus der Aminosäure Tyrosin in fünf Schritten, unter anderem über Hydroxyphenylbernsteinsäure und 4-Cumarinsäure, erhalten wird und den Chinon-Teil bildet; auf der anderen Seite wird für die Seitenkette all-trans-Decaprenylphosphat benötigt, das aus Geranylgeranylphosphat (GGP, aus dem Mevalonatweg) in sechs Schritten aufgebaut wird. Beide Ausgangsstoffe werden mithilfe der p-Hydroxybenzoat-Polyprenyltransferase (EC 2.5.1.39) zu 3-Decaprenyl-4-hydroxybenzoat zusammengefügt. In sieben weiteren Schritten entsteht Ubichinol-10, das durch Elektronenübertragung zum Ubichinon-10 wird.[10]

Nahrungsergänzung

Über die Nahrung nehmen wir täglich etwa drei bis fünf Milligramm des Coenzyms auf, was nicht zwingend notwendig ist.[11] Bei seltenem erhöhtem Q-10-Bedarf kann eine Nahrungsergänzung helfen, einen Mangel zu vermeiden oder auszugleichen. Für einen Erwachsenen beträgt die von den meisten Wissenschaftlern in solch einem Fall empfohlene Dosierung von Q-10 als Nahrungsergänzung 30–200 mg pro Tag.[12][13]

Kosmetik

Q-10 ist auch propagierter Wirkstoff von vielfach angebotenen Hautcremes. Sie sollen den angeblich im Alter zunehmenden Mangel an Q-10 ausgleichen und z. B. den Abbau von schädlichen Radikalen sicherstellen.[14]

Vorkommen

Q-10 findet sich reichhaltig im Fleisch von Organen (Leber), öligem Fisch (Sardinen, Makrelen usw.), Nüssen (z. B. Pistazien), Hülsenfrüchten, Sesamsamen, Sonnenblumenkernen, Pflanzenölen, Kohl, Zwiebeln, Kartoffeln, Spinat, Rosenkohl und Brokkoli. Kochen kann das Coenzym jedoch zerstören.

Herstellung

Für die Herstellung von Q-10 werden drei Verfahren eingesetzt: Fermentation von Hefen, Fermentation von Bakterien und chemische Synthese.

Beim Hefefermentationsverfahren entsteht Q-10 in der so genannten trans-Konfiguration, was bedeutet, dass es identisch ist mit dem natürlich auftretenden CoQ10, wie man es in Fleisch, Fisch oder anderen Lebensmitteln findet.

Die Sicherheit von Hefefermentation wurde durch mehrere Sicherheitsstudien bestätigt, die von einem der weltweit führenden Versuchslaboratorien (Covance Laboratories Inc.)[15] durchgeführt wurden. Darüber hinaus wurde in einer doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Studie nachgewiesen, dass CoQ10 von Hefefermentation in Dosierungen bis 900 Milligramm pro Tag absolut sicher und gut verträglich ist.[16]

Das durch chemische Synthese hergestelltes Q-10 enthält das cis-Isomer (eine im natürlich auftretenden Q-10 nicht vorhandene Molekularstruktur), über deren Sicherheit keine intensiven Studien durchgeführt worden sind.

Geschichte

Ubichinon-10 wurde 1957 entdeckt und erstmals von Fred L. Crane aus Rinder-Herzen isoliert.[17] Die chemische Struktur konnte 1958 von Karl August Folkers aufgeklärt werden.[18] Für die Erkenntnisse über die Rolle von Q-10 im Q-Zyklus des Komplex III der Atmungskette erhielt der britische Wissenschaftler Peter D. Mitchell 1978 den Nobelpreis für Chemie.

Quellen

  1. 1,0 1,1 1,2 Datenblatt Ubichinon-10 bei Carl Roth, abgerufen am 12. April 2010.
  2. Ernster, L. & Dallner, G. (1995): Biochemical, physiological and medical aspects of ubiquinone function. Biochim. Biophys. Acta. Bd. 1271, S. 195-204. PMID 7599208
  3. Dutton, P.L. et al.: Coenzyme Q oxidation reduction reactions in mitochondrial electron transport. In: Kagan, V.E. & Quinn, P.J. (Hrsg.): Coenzyme Q: Molecular mechanisms in health and disease. CRC Press, 2000, S. 65-82.
  4. Shindo, Y., Witt, E., Han, D., Epstein, W., and Packer, L., Enzymic and non-enzymic antioxidants in epidermis and dermis of human skin, Invest. Dermatol., 102 (1994) 122-124.
  5. James, A.M. et al. (2004): Antioxidant and prooxidant properties of mitochondrial Coenzyme Q. In: Arch. Biochem. Biophys. Bd. 423, S. 47-56. PMID 14989264
  6. Mancuso M, Orsucci D, Volpi L, Calsolaro V, Siciliano G: Coenzyme Q10 in neuromuscular and neurodegenerative disorders. In: Curr Drug Targets. 11, Nr. 1, Januar 2010, S. 111–21. PMID 20017723.
  7. Lalani SR, Vladutiu GD, Plunkett K, Lotze TE, Adesina AM, Scaglia F: Isolated mitochondrial myopathy associated with muscle coenzyme Q10 deficiency. In: Arch. Neurol.. 62, Nr. 2, Februar 2005, S. 317–20. doi:10.1001/archneur.62.2.317. PMID 15710863.
  8. Sacconi S, Trevisson E, Salviati L, et al.: Coenzyme Q10 is frequently reduced in muscle of patients with mitochondrial myopathy. In: Neuromuscul. Disord.. 20, Nr. 1, Januar 2010, S. 44–8. doi:10.1016/j.nmd.2009.10.014. PMID 19945282.
  9. Marcoff L, Thompson PD: The role of coenzyme Q10 in statin-associated myopathy: a systematic review. In: J. Am. Coll. Cardiol.. 49, Nr. 23, Juni 2007, S. 2231–7. doi:10.1016/j.jacc.2007.02.049. PMID 17560286.
  10. MetaCyc: ubiquinone-10 biosynthesis (eukaryotic)
  11. Weber, C.: Dietary intake and absorption of coenzyme Q. In: Kagan, V.E. & Quinn, P.J. (Hrsg.): Coenzyme Q: Molecular mechanisms in health and disease. CRC Press, 2000, S. 209-215.
  12. Kalén A, Appelkvist EL, Dallner G: Age-related changes in the lipid compositions of rat and human tissues. In: Lipids. 24, Nr. 7, Juli 1989, S. 579–84. PMID 2779364.
  13. Crane FL: Biochemical functions of coenzyme Q10. In: J Am Coll Nutr. 20, Nr. 6, Dezember 2001, S. 591–8. PMID 11771674.
  14. http://www.chemie-im-alltag.de/articles/0126/.
  15. Williams KD, Maneka JD, AbdelHameed M, Hall RL, PalmerTE, Kitano M, Hidaka T: 52-Week oral gavage chronic toxicity study with ubiquinone in rats with a 4-week recovery. J Agric Food Chem 47 : 3756-3763, 1999.
  16. Ikematsu H, Nakamura K, Harashima S, Fujii K and Fukutomi N: Safety assessment of Coenzyme Q10 (Kaneka Q10) in healthy subjects: A double-blind, randomized, placebo-controlled trial. Regul Toxicol Pharmacol 44:212-218, 2006.
  17. Crane, F.L. et al. (1957): Isolation of a quinone from beef heart mitochondria. In: Biochim. Biophys. Acta. Bd. 25, S. 220-221. PMID 13445756.
  18. Nachruf: Karl Folkers

Literatur

  • Crane, F.L. (2001): Biochemical functions of coenzyme Q10. In: J. Am. Coll. Nutr. Bd. 20, S. 591-598. PMID 11771674 freier Volltextzugriff PDF-Format.
  • Ely, J.T.A. & Krone, C.A. (2000): A brief update on ubiquinone (coenzyme Q10). In: J. Orthomolecular. Med. Bd. 15, S. 63–68. HTML.
  • Ernster, L. & Dallner, G. (1995): Biochemical, physiological and medical aspects of ubiquinone function. Biochim. Biophys. Acta. Bd. 1271, S. 195-204. PMID 7599208.
  • Thomas Spengler: Gesundheit durch Vitalstoffe. Selbstverlag, 2004, ISBN 3-00-012604-X.
  • Fahl, Arnulf: Vitalstoffe, die Medizin der Zukunft. Vitavital GmbH & Co KG, 2004.
  • Weber, Michael: Co-Enzym Q10, Eine Schlüsselsubstanz für ein gesundes Leben. Norderstedt, 2009, ISBN 978-3837023855.

Siehe auch

Weblinks

Wikibooks Wikibooks: Biosynthese von Ubichinon – Lern- und Lehrmaterialien

cosmos-indirekt.de: News der letzten Tage