Seife
Seifen (von ahd. seifa „Seife, Harz“) sind Natrium- oder Kalium-Salze von Fettsäuren.[1][2] Als Tenside finden sie Verwendung als Reinigungsmittel, die vor allem zur Körper- und in gewissem Maße auch zur Oberflächenreinigung verwendet werden. Ihre Bedeutung als Waschmittel für Textilien haben sie verloren, da sie in härterem Wasser unlösliche Calcium- und Magnesium-Salze, die so genannten Kalkseifen, bilden. Die Fettsäuresalze anderer Metalle nennt man Metallseifen[1][3]; sie haben Bedeutung in verschiedenen Industriezweigen und werden dort beschrieben.
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird unter Seife Feinseife oder Toilettenseife verstanden. Sie sind feste Zubereitungen, die auf Natriumsalzen der Fettsäuren (der Kernseife) basieren.[2]
Geschichte der Seife
Erste Hinweise auf Seifenherstellung finden sich bei den Sumerern. Sie erkannten, dass Pflanzenasche (القلية / al-qalya, der Ursprung des Wortes alkalisch; enthält Pottasche) vermengt mit Ölen besondere Eigenschaften hat, und schufen die Basis einer Seifenrezeptur. Man vermutet, dass sie den reinigenden Effekt des alkalischen Gemisches übersahen und sie als Heilmittel für Verletzungen verwendeten. Ägypter und Griechen übernahmen die Anleitung zur chemischen Herstellung, wobei die reinigende Wirkung der Seife erst von den Römern festgestellt wurde. Im Alten Testament bei Jesaja wurde der Gebrauch von seifenähnlichen Produkten aus Fetten und Kaliumsalzen erwähnt. Plinius beschrieb eine altertümliche Seife aus Ziegentalg und Holzasche und dass bei den Germanen eine weiche Seifenart im Gebrauch sei. Galen fand bei den Galliern einen häufigen Gebrauch von seifenähnlichen Stoffen. Araber verkochten dann im 7. Jahrhundert erstmals Öl und Lauge miteinander und schufen somit die Seife in ihrer heute bekannten Form. Rasch breitete sich dieses Wissen über Europa aus. Frankreich und Spanien gehörten später zu den Zentren der Seifenherstellung weltweit.
Hygiene und Körperpflege waren wichtige Themen. Im Mittelalter war der Besuch des Badehauses sehr beliebt und die Körperreinigung war besser als gemeinhin angenommen. Erst der Ausbruch von Pest und Cholera führte dazu, dass das Waschen mit Wasser eingestellt wurde. Da die Übertragungswege unbekannt waren, war man der Meinung, das Badewasser öffne den Körper für die Erreger. Dass es an den dreckigen Straßen und Rinnsalen vor den Häusern sowie den Ratten lag, erkannte man nicht. Die Trockenreinigung fand ihre Anwendung. Krankheitserreger, sowie Läuse und Flöhe als Überträger, konnten sich ungehindert ausbreiten. Bis ins 17. Jahrhundert vertraten Ärzte in Europa die Meinung, dass Wasser und Luft dem Körper schade. Kleidung diente als Schutz vor diesen schädlichen Elementen. Auch das Einpudern erfüllte den Zweck, den Körper nach außen hin abzuschließen. Unterwäsche saugte den Körperschweiß auf; man dachte, dass der Körper so gereinigt würde.
Im 17. Jahrhundert verhalf der französische König Ludwig XIV. der Seife zu neuer Blüte, indem er die besten Seifensieder nach Versailles holte. Er war es auch, der 1688 das noch heute bekannte Reinheitsgebot für Seife erließ. Demzufolge galt eine Seife als besonders hochwertig, wenn sie mindestens 72 % reines Öl enthielt. In der Mitte des 17. Jahrhunderts entstanden in den französischen Städten wie Marseille (Stadt mit sehr langer Seifentradition, seit Christi Geburt), Toulon und Lyon größere Seifenfabrikationen. Dem Franzosen Nicolas Leblanc (1742–1806) gelang es erstmals im Jahr 1790, größere Mengen Soda, das die zuvor verwendete Pottasche ersetzen kann, künstlich herzustellen. Im Jahr 1829 wurden in Frankreich etwa 4000 Tonnen Seife produziert.[4] Auch in England und Deutschland gab es damals bereits bedeutende Seifenfabrikationen. Damals wurden Seifen auch zur Reinigung von Stoffen, Textilien, Holz verwendet. Auch bei der Dampfwäsche von Textilien fand Seife eine Anwendung, nachteilig waren jedoch die Bildung von Kalkseife, daher wurde mit Sodalösung das eingesetzte Wasser vorab kalkfrei gemacht.
1865 entwickelte der Belgier Ernest Solvay das Solvay-Verfahren, das das Leblanc-Verfahren ablöste. So war genügend Soda für die Seifenherstellung vorhanden und Seife wurde zu einem bezahlbaren Produkt. Der Körper konnte nun regelmäßig mit Seife gewaschen und von unangenehmen Gerüchen befreit werden.
Die traditionelle Seifenherstellung hat in Marseille bis heute Bestand (Savon de Marseille).
Seifenherstellung
Seifen werden in der Regel aus pflanzlichen oder tierischen Fetten hergestellt. Zur Herstellung von Seifen werden üblicherweise minderwertige Fette verwendet, die auch durch Heißpressungen oder durch Extraktion mit Lösungsmitteln gewonnen sein können. Hauptsächlich werden pflanzliche Fette wie Kokosfett, Palmkernfett, Palmöl, Olivenöl, Sonnenblumenöl, Maisöl, Sojabohnenöl und tierische Fette wie Talg, Schmalz oder Fett aus Knochen, die bei der Tierverwertung anfallen, verwendet.[1]
Zur Herstellung werden Fette mit einer Lauge (wie Natronlauge oder Kalilauge, früher auch Pottasche oder Soda) gekocht. Man nennt dieses Verfahren Seifensieden, die chemische Reaktion Verseifung. Die Fette werden dabei in Glycerin und in die Alkalisalze der Fettsäuren (die eigentlichen Seifen) zerlegt. Die Herstellung erfolgte früher in offenen Kesseln. Heute werden Seifen bei großtechnischer Herstellung in geschlossenen Anlagen im kontinuierlichen Betrieb gewonnen.
Die beim Sieden erhaltene zähflüssige Emulsion wird Seifenleim genannt und mit Natriumchloridlösung versetzt. Dabei trennt sich die Emulsion (Aussalzen) in den aufschwimmenden Seifenkern, der hauptsächlich die Natriumsalze der Fettsäuren enthält, und in die Unterlauge, die hauptsächlich überschüssige Lauge, Glycerin und gelöstes Kochsalz enthält.[3] Der Seifenkern wird durch Abscheidung von der Unterlauge getrennt und mit reichlich Wasser und etwas Lauge aufgekocht, um die restlichen Verunreinigungen herauszulösen. Erneute Aussalzung führt dann zu der Kernseife.
Alternativ lassen sich Seifen direkt aus freien Fettsäuren herstellen (Laugenverseifung), indem sie mit Laugen zu ihren Salzen umsetzt werden. Geeignete Fettsäuren sind beispielsweise Laurinsäure, Myristinsäure, Palmitinsäure, Stearinsäure, Ölsäure und Ricinolsäure.[1]
Die Konsistenz eines Seifenprodukts hängt von der Kettenlänge der Fettsäuren ab. Langkettige gesättigte Fettsäuren wie Stearinsäure oder Palmitinsäure führen zu eher festen Konsistenz. Entscheidend ist jedoch, ob Kalium- oder Natriumsalze der Fettsäuren gewonnen wurden. Wird aus dem Seifenleim durch Zusatz von Natriumchlorid der Seifenkern gewonnen, bildet sich tendenziell eine festere Seife, die Kernseife. Wird hingegen mit Kalilaugen und Kaliumsalzen gearbeitet, bilden sich Kaliumsalze der Fettsäuren, die weich bis schmierig und gut mischbar mit Wasser sind. Man erhält Schmierseifen.
Kernseife wird in Blöcken geformt und getrocknet. Zur Herstellung von Toiletteseifenstücken werden die Blöcke entweder zu Quadern aufgeschnitten oder grob gemahlen, die Stücke mit Farbstoffen und Duftstoffen und Füllstoffen angeteigt, auf Walzenstühlen kalandriert (um Luft einzuschließen und schönen Glanz zu erzeugen) und ausgewalzt, die Bänder anschließend in einer Heißpresse stranggepresst bzw. extrudiert und aus dem Strang Formen gestanzt und gleichzeitig zu Seifenstücken gepresst.
Handwerkliche Seifenherstellung
Neben den industriellen Verfahren werden, der steigenden Nachfrage nach Naturkosmetik folgend, auch Seifen im Kaltverseifungsverfahren handwerklich hergestellt. Dabei wird den zumeist hochwertigen Fetten, Ölen und Wachsen eine genau abgemessene Menge an Natronlauge beigefügt. Ziel ist eine unvollständige Verseifung der Fette und Öle, um eine pflegende Wirkung zu erzielen (Überfettung genannt). Da die Zutaten natürlichen Schwankungen unterliegen, wird die notwendige Menge an Natronlauge über die Verseifungszahl berechnet, aber die Überfettung nur grob angegeben, etwa „ca. 7 % Überfettung“.
Typischerweise werden diese Seifen als Seifenleim in Blockformen gegossen und anschließend in Stücke geschnitten oder in Silikonformen als Einzelstücke gegossen. Oft werden den Seifen noch Düfte und Farben zugesetzt. Diese Seifen sind oft in Bioläden, auf Handwerker- und Weihnachtsmärkten zu finden und bieten teilweise wegen des Verzichtes auf allergene Bestandteile (künstliche Konservierungsmittel, Duftstoffe und Tenside) für Allergiker eine Alternative zu industriellen Seifen.
Grundsätzlich ist die Herstellung eigener Seifen auch als Hobby möglich, wegen des notwendigen Einsatzes von Natronlauge und teilweise allergen-haltiger Zusatzstoffe (z. B. Parfümölen) jedoch nicht ungefährlich. Im Internet findet ein reger Austausch sowohl gewerblicher als auch reiner Hobby-Seifensieder statt und es gibt eine Reihe von Online-Rechenhilfen zur Bestimmung der nötigen Laugenmenge.[5]
Waschwirkung der Seife
Seifen sind eine Mischung verschiedener, längerkettiger Alkalisalze der Fettsäuren und zählen zu den Tensiden, genauer zu den anionischen Tensiden. Die Seifenmoleküle verdanken ihre Eigenschaften der Tatsache, dass sie aus einer langen, wasserabweisenden (hydrophoben) Kohlenwasserstoffkette und einem wasseranziehenden (hydrophilen) Teil, der sogenannten Carboxylatgruppe (–COO−) bestehen. Seifen lösen sich nicht richtig in Wasser, sondern bilden sogenannte Mizellen. In reinem Wasser sind die Mizellen (Abb. 1) sehr klein und nicht zu sehen. Im Inneren dieser kleinsten „Tröpfchen“ befinden sich die langen, unpolaren Kohlenwasserstoffketten, während die polaren Enden in das Wasser hinausragen. Durch die Ladungen, die auf den Enden sitzen, wird ein Zusammenballen der Mizellen verhindert.
Seifen senken die Oberflächenspannung (allgemeiner: Grenzflächenspannung) von Wasser, da sie sich auch an der Wasseroberfläche anordnen (Abb. 2). Durch diesen Benetzungseffekt kann das Wasser deutlich intensiver mit Oberflächen in Kontakt kommen, wodurch sich die eigentliche Reinigungswirkung der Seife und des Wassers an unzugänglichen Stellen erst entfalten kann.
Das „Lösen von Fett“ (Öl, Staub, Schmutz) von der zu reinigenden Fläche und die Abführung dieser über das Waschwasser ist die eigentliche reinigende Wirkung der Seifen. Die langen Kohlenwasserstoffketten der Seifenmoleküle lösen sich leicht in kleinen Fetttropfen (Abb. 3). Die polaren Enden ragen jedoch in das umgebende Wasser hinaus. Der Fetttropfen wird von den Seifenmolekülen schließlich vollständig umhüllt und von der zu reinigenden Fläche abgelöst. Die Vielzahl der so mit Seifenmolekülen ummantelten Fett- und Öltropfen bildet im Wasser eine sogenannte Emulsion, die am Ende des Waschvorganges durch Abspülen mit frischem Wasser abgeführt werden kann.
In Leitungswasser können regional erhöhte Konzentrationen an Calcium- und Magnesiumionen gegeben sein. Sie machen dieses Wasser „hart“ und blockieren die polaren Enden der Seife. Es bilden sich im Wasser unlösliche Kalkseifen ohne Waschwirkung, die entweder als weiße Oberflächenhaut auf dem Wasserspiegel schwimmen und sich an dessen Rändern sowie als weißlicher Belag auf verchromten Armaturen absetzen.
Seifensorten
Leimseife
Leimseifen (Seifenleim) sind homogene Massen, bei denen nach der Verseifung das Glycerin nicht abgetrennt wird und somit im Produkt enthalten bleibt. Kaltgesiedete Seifen werden gelegentlich als Leimseife angeboten. Dabei werden die Fette und die Lauge bei 40 °C verseift und die Masse unmittelbar danach in ein Behältnis gegossen. Es werden viele hausgemachte Leimseifen angeboten.
Kernseife
Kernseifen sind feste Seifen und bestehen in der Regel aus den Natriumsalzen von Fettsäuren. Sie werden durch das Aussalzen des Seifenleims gewonnen, wobei das Glycerin abgetrennt wird. Kernseifen sind die meisten handelsüblichen Körperseifen, also auch die Feinseifen. Im Handel werden vor allem billigere, unparfümierte Seifen „Kernseifen“ genannt, welche besonders für das Waschen oder Filzen verwendet werden.
Schmierseife
Schmierseifen sind flüssige oder halbfeste Seifen, die aus preiswerten Fetten oder Ölen durch Verseifen mit Kalilauge hergestellt werden.[6] Sie sind somit ein Gemisch von Kalium-Salzen von höheren Fettsäuren, also Kaliumseifen. Sie werden auch Flüssigseife oder historisch Fassseife genannt. Als Flüssigkeiten lassen sie sich leicht zu Wasser hinzufügen und zu Reinigungszwecken z. B. im Haushalt verwenden. Die Bildung von Kalkseifen ist hier besonders nachteilig, da relativ kleine Seifenmengen mit relativ viel und möglicherweise hartem Wasser versetzt werden.
Vor 1859 unter dieser Bezeichnung bereits bekannt, damals häufig aus Leinöl, Rapsöl und Hanföl (grüne Seife) zubereitet.
Feinseife
Feinseifen oder auch Toilettenseifen sind in der Regel Zubereitungen auf der Basis von reinen, geruchsneutralen Kernseifen und werden hauptsächlich zum Waschen der Hände verwendet. Sie sind mit pflegenden Zusätzen, etwa Lanolin (Wollwachs), sowie Parfümen und Farbstoffen versetzt. Manchmal werden auch Leimseifen als Feinseifen angeboten.
Bereits vor 1859 war Name und Anwendung von Toilettenseifen bekannt, damals diente der Zusatz von Parfümölen zur Geruchsüberdeckung von Talgresten in der Seife.
Rückfettende Seifen
In Werbung und Verkauf hört man häufig von sogenannten rückfettenden Seifen. Diese Seifen sollen beim normalen Waschvorgang – der zur Entfettung der Haut führt – wieder „rückfettend“ wirken, also Fette an die Haut zurückgeben. Dazu werden bei den Feinseifen (Hauptbestandteil: Kernseife) oft Fette hinzugefügt, oder bei den so genannten kaltgesiedeten Seifen bei der Verseifung ein Überschuss von Fetten eingesetzt, so dass nicht sämtliche Fette verseifen, aber die ganze Lauge aufgebraucht wird.
Die rückfettende Wirkung ist jedoch zweifelhaft, da diese Fette bereits komplett in Seife gebunden sind und sich mit dem Waschwasser wegspülen lassen. Die angeblich „rückfettende“ Wirkung ist eher ein subjektives Gefühl, die eine Seife mit Fettzusatz milder erscheinen lässt, da die Seife nicht mehr zu hundert Prozent waschaktiv sein kann. Je mehr Fett die Seife bereits gebunden hat, desto weniger aggressiv wirkt sie auf die natürlichen Körperfette der Haut.
Glycerinseife
Glycerinseife (Transparentseife) ist eine Seife, die einen hohen Glycerinbestandteil hat. Sie ist trübe bis glasig durchsichtig. Sie ist auch einfach zu schmelzen (wie viele Wachse) und wird deshalb auch als Bastelseife gebraucht. Glycerinseifen sind auch ohne eingeschlossene Luftblasen in der Badewanne schwimmfähig.
Bereits vor 1859 war die Transparentseife bekannt, damals löste man die Fettsäure in Alkohol und füllte die Mischung dann in Formen, wobei sie erstarrte.
Papierseife
Papierseife ist hauchdünn geschnittene Feinseife. Die Stücke sind so portioniert, dass sie sich zügig auflösen.
Rasierseife
Rasierseife wird mit einem hohen Anteil Stearinsäure aus Stearin und Kokosöl gefertigt, damit der Schaum cremig wird und stabil bleibt. Dabei wird nicht nur mit Natronlauge, sondern häufig mit Kalilauge verseift. Hierdurch wird die Rasierseife geschmeidiger und lässt sich besser anschäumen. Sie wird meist in Stangenform („Sticks“) angeboten.[7]
Gallseife
Eine weitere Seife ist die Gallseife, die bei der Vermengung von Seife mit Rindergalle entsteht. Sie enthält unter anderem als Emulgator fungierende Gallensäuren und dient vor allem der Entfernung von Fett- und Eiweißflecken aus Textilien.
Als Seifenart bekannt wurde sie bereits vor 1859, damals wurden die Vorteile dieser Seife zur Fleckentfernung von Gaultier de Claubry geschildert. Diese Seife wurde auch unter den Namen Fleckseife oder Fleckkugeln in den Handel gebracht.
Arztseife und antibakterielle Seife
Die so genannten Arztseifen sind Seifen mit angeblich hautschonenden Zusammensetzungen. „Arztseife“ ist nicht unbedingt desinfizierend. Häufig werden auch reine Glycerinseifen als Arztseifen angeboten. Einige Seifen enthalten bakterienhemmende Zusätze, wie z. B. Farnesol oder Triclosan. Untersuchungen der Universität von Michigan haben gezeigt, dass spezielle für den Hausgebrauch produzierte antibakterielle Seifen Keime nicht besser entfernen als herkömmliche Seife. Es besteht bei diesen Seifen das Risiko, dass die Wirkung der Zusätze nachlässt. Nicht untersucht wurden Seifen, die im medizinischen Sektor verwendet werden und deutlich höhere Konzentrationen von antibakteriellen Mitteln enthalten.[8]
Benzinseife
Benzinseife ist ein Fleckenentferner auf Benzinbasis zum Entfernen organischer Verschmutzungen und zur Vorbehandlung bei Verschmutzung durch Schmieröl und -fette auf Textilien.
Moderne Flüssigseifen
pH-neutrale Flüssigseifen finden Anwendung zum Händewaschen, mehr aber noch als Duschgel, Shampoo und Schaumbäder. Sie sind zwar aus den Schmierseifen hervorgegangen, haben jedoch völlig andere Inhaltsstoffe (andere Tenside als waschaktive Substanzen) und andere Eigenschaften.
Waschmittel
Als Textilienwaschmittel haben Seifen ihre Bedeutung verloren, da sich durch die Wasserhärte unlösliche, flockige bis klebrige Calcium- und Magnesiumsalze der Fettsäuren bilden und Seifen nur im basischen Bereich waschaktiv sind, was Textilfasern belasten kann. In heutigen Waschmitteln werden Seifen jedoch in kleinen Mengen eingesetzt. Die sich beim Waschvorgang bildenden Kalkseifen mindern die Schaumentwicklung und wirken als Entschäumer.
Vor- und Nachteile von Seifen
Die Verwendung von Seife als Waschmittel ist vor allem in den Industrieländern gering, da andere Tenside ihr Konkurrenz machen.[9] Seifen in modernen Waschmitteln dienen kaum der Reinigung der Wäsche, sondern sollen durch Bildung von Kalkseifen starkes Schäumen verhindern.
Die Nachteile der Seife sind:
- Seife entfernt nicht nur vorhandenen Schmutz, sondern auch einen Teil des natürlichen Fettfilmes der Haut. Dies kann, besonders bei zu häufigem Waschen, zu rissiger, rauer Haut führen. Schutz davor bieten Seifen mit hohem Glyceringehalt (das z. B. beim Kaltverseifen im Fertigprodukt bleibt).
- Seife reagiert in Wasser alkalisch, was den Stoff beschädigen kann:
- $ \mathrm {RCOO^{-}+H_{2}O\longrightarrow RCOOH+OH^{-}} $
- Seife bildet mit hartem Wasser auf festen Oberflächen einen weißlichen Niederschlag, die Kalkseife:
- $ \mathrm {2\ RCOO^{-}+Ca^{2+}\longrightarrow (RCOO)_{2}Ca} $
Vorteile von Seife gegenüber synthetischen Tensiden sind:
- gute biologische Abbaubarkeit
- reine Seifen (z. B. Olivenölseifen) sind für Allergiker geeignet, da Seife von natürlichen Fetten von den meisten Menschen vertragen wird. Synthetische Tenside können dagegen als Allergen wirken.
Physiologie des Waschens mit Seife
- Seife entfernt beim Waschen Talgstauungen, Puder- und Cremereste aus den Poren. Dadurch wird die Hautatmung normalisiert.
- Seife greift den Fettmantel der Haut an und löst ihn mehr oder weniger ab.
- Das Seifen-Alkali wirkt auf den Säuremantel der Haut. Diese Wirkung ist jedoch 30 Minuten nach dem Waschen wieder ausgeglichen.
- Seifenlösung bewirkt Quellung der Haut. Diese Quellwirkung ist bei gesunder Haut ohne Bedeutung, kann aber im kranken Zustand zum Austrocknen und zu Rissbildung führen.
- Seifen können Reizungen ausüben, wenn höhere Anteile an kurzkettigen, gesättigten Fettsäuren vorhanden sind. Allergische Hautreaktionen werden jedoch eher durch die verwendeten Parfumöle und Zusatzstoffe als durch die eigentliche Seife ausgelöst.
Seife und Erziehung
In der Kindererziehung vor allem des amerikanischen Kulturraumes fand die Seife bis in die jüngere Vergangenheit Verwendung: Um den Kindern den Gebrauch von Schimpf- und Fäkalwörtern abzugewöhnen, wurde deren Mund zur Strafe mit Seife, meist auf einen Lappen aufgetragen, ausgewaschen. Hiermit sollte die „Schmutzigkeit“ bestimmter Begriffe verdeutlicht werden. Der ekelerregende Geschmack sollte die Kinder darauf konditionieren, den Gebrauch dieser Worte zu vermeiden. Dies ist heute jedoch mehr eine Redewendung.
Verschlucken und Einatmen von Seifen
Immer wieder kommt es vor, dass insbesondere Kleinkinder, auch versehentlich, feste oder flüssige Seifen, insbesondere aromatisierte Produkte, verschlucken (Ingestion). Die Gefährlichkeit bzw. Giftigkeit (Toxizität) der Seifen ist gering, jedoch sind diese schleimhautreizend, was heißt, dass sie neben dem unangenehmen Geschmack zu Brennen im Hals, Übelkeit, Würgen, Erbrechen, Blähungen oder auch einmal Bauchschmerzen führen können. Gelangen die Seifenprodukte in die Lunge, führen sie zu Veränderungen der Oberflächenproteine in den Lungenbläschen und können Entzündungen und Gewebsveränderungen hervorrufen. Ein versehentliches Einatmen (akzidentielle Aspiration), v. a. bei schäumenden Seifen, äußert sich üblicherweise in Hustenreiz und/oder Atemnot, gelegentlich auch einmal verspätet mit Atemnot, Fieber und anderen Lungenbeschwerden (pulmonale Beschwerden) oder mit anschließendem Erbrechen. Um ein Aufschäumen der Seifen noch im Magen und damit ein mögliches Einatmen zu vermeiden, sollte möglichst bald nach Aufnahme ein „Entschäumer“ (Dimeticon) eingenommen und stilles Wasser oder Tee nachgetrunken werden.
Filme über und mit Seife
- Schaum und Duft von NZZ Format [10]
- Orientalische Seife. In Aleppo, Tripoli und Beirut. Dokumentation, 45 Min., ein Film von Birgitta Ashoff, Produktion: SR, Erstsendung: 17. Januar 2007
- Fight Club von David Fincher, "Tyler sold his soap to department stores at $20 a bar. Lord knows what they charged. It was beautiful. We were selling rich women their own fat asses back to them."[11]
Seifenopern
Unter einer Seifenoper (von engl. soap opera, auch im deutschsprachigen Raum häufig als Soap-Opera oder missverständlich als „Soap“ (=Seife) bezeichnet), versteht man regelmäßig – ein- oder mehrmals wöchentlich („Daily Soap“) – gesendete Endlosserien, wie sie vor allem im Fernsehen, aber auch im Hörfunk vorkommen.
Seifen als Wandfarbe
Die hauptsächlich in Marokko und anderen nordafrikanischen Staaten angewandte Tadelakt-Maltechnik bzw. -(Ver)Putztechnik zur Ausschmückung von Hausinnenwänden nutzt den Effekt der Umsetzung von Natrium- und Kaliumseifen mit Kalk zu wasserunlöslichen Kalkseifen. Dazu wird eine Hauswand frisch gekalkt (mit Kalkputz oder Kalkfarbe versehen) und anschließend mit Seife eingerieben. Je nach Ausführungsart ergibt das zart schimmernde, teils marmorierte, nach der Fettbasis der Seife (etwa Olivenöl) duftende Anstriche, die wasserunlöslich sind. Anstriche mit Seifen aus unraffiniertem naturbelassenem gelbrotem Palmöl duften dabei nach Veilchen, da der dies verursachende Duftstoff Jonon durch Zersetzung des im Öl enthaltenen Carotins entsteht.
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher (Hrsg.): Lexikon der Chemie, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2001.
- ↑ 2,0 2,1 Der Brockhaus in Text und Bild, F. A. Brockhaus, Mannheim, 2000.
- ↑ 3,0 3,1 Jürgen Falbe, Manfred Regitz (Hrsg.): CD Römpp Chemie Lexikon, Thieme, Stuttgart, 1995.
- ↑ Handwörterbuch der reinen und angewandten Chemie, Friedrich Vieweg und Sohn Verlag, Braunschweig 1859, S. 776.
- ↑ Claudia Casper: Seifenrechner bei Naturseife.com. In: Naturseife.com. 2001, abgerufen am 7. November 2012.
- ↑ Werner Städtler in: Autorenkollektiv: Das Grundwissen des Ingenieurs, VEB Fachbuchverlag Leipzig, 1968, S. 732−892, dort S. 876−877.
- ↑ Günter Vollmer und Manfred Franz: Chemische Produkte im Alltag, Georg Thieme Verlag Stuttgart, 1985, S. 150, ISBN 3-13-670201-8.
- ↑ n-tv.de, Antibakterielle Seife - Nicht besser als andere, 24. August 2007.
- ↑ Umbach: Kosmetik und Hygiene, 3. Auflage 2004, Wiley-VCH Verlag, Weinheim S. 113ff. ISBN 3-527-30996-9.
- ↑ NZZ Format: Schaum und Duft.
- ↑ IMDb: Fight Club, 1999, abgerufen am 10. März 2010.
Siehe auch
- Stahlseife
- Handwaschpaste
- Schaum
Weblinks