Pyrolyse

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Pyrolyseöl aus Getreideabfällen

Die Pyrolyse bzw. pyrolytische Zersetzung (von altgriechisch πῦρ pyr ‚Feuer‘ und λύσις lýsis ‚(Auf)Lösung‘)[1] ist eine thermo-chemische Spaltung organischer Verbindungen, wobei durch hohe Temperaturen (500–900 °C) ein Bindungsbruch innerhalb großer Moleküle in kleinere erzwungen wird. Im Gegensatz zur Vergasung und zur Verbrennung geschieht dies ausschließlich unter der Einwirkung von Wärme und ohne zusätzlich zugeführten Sauerstoff, das Verbrennungsluftverhältnis ist $ \lambda =0 $.[2] Bei sauerstoffhaltigen Brennstoffen, beispielsweise bei Biobrennstoffen wie Holz mit einem Sauerstoffanteil von etwa 44 Massen-Prozent, können jedoch trotzdem Oxidationsreaktionen an den Zersetzungsprozessen beteiligt sein.[2]

Ältere Bezeichnungen für die Pyrolyse sind Brenzen, Trockene Destillation oder Entgasung. Der Wortstamm "Brenz-" in den Namen chemischer Verbindungen wie Brenzcatechin, Brenzschleimsäure und Brenztraubensäure geht hierauf zurück. Auch beim Verkoken von Kohle und bei der Holzkohle-Herstellung bzw. Holzvergasung finden Pyrolysevorgänge statt, neben Koks bzw. Holzkohle entsteht brennbares Gas und Teer. Chemisch gesehen ist auch das Cracken von Erdöl ein Pyrolyseverfahren, wird jedoch nicht so genannt.

Geschichte

Durch Verschwelung gewonnener Teer und Pech, sind die ältesten Kunststoffe der Menschheit. Bereits in der europäischen Mittelsteinzeit (8300-4000 v. Chr.) kannte man die Teer- und Pechgewinnung (Birkenpech) durch Pyrolyse.

Im Laufe der Jahrhunderte entstanden unterschiedliche Anlagen zur Teergewinnung. Man nutzte Gruben, die Doppeltopf-Methode und Teeröfen oder -schwelen. In Abhängigkeit von der Zielstellung der Verschwelung (Holzkohle oder Teer oder Holzkohle und Teer und andere Nebenprodukte) kann man zwei wesentliche Verfahren unterscheiden:

  • das autotherme Verfahren, es gibt keine Trennung zwischen Reaktions- und Brennholz. Hierzu gehören Meiler, die Teergruben, die Graben- oder Hangmeiler oder der Kiln-Ofen (Einkammerofen).
  • das allotherme Verfahren, hier sind Reaktions- und Brennholz voneinander getrennt. Zu nennen sind die Doppeltopfmethode, der Zweikammerofen (Wiethagen) und heute die Retorte.

Als Ausgangsmaterial für die Teerherstellung ist harzreiches Kiefernholz, gewonnen aus den Wurzeln (Stubben) alter Bäume besonders geeignet. In den slawischen Ländern (Teerschwelen von Nettelsee, Schleswig-Holstein) nutzte man vor allem das Holz der Birke.

Museen und Anwendungen

Auf dem Forst- und Köhlerhof Wiethagen (Rostock) und im Museumsdorf Düppel (Berlin) finden sich historische Teeröfen und in einem Modellpark Originale und Modelle der wichtigsten Holzverschwelungsanlagen aus Mitteleuropa.

Holzteer und Pech wurde genutzt als Klebemittel und zum Abdichten eingesetzt. Beim Hufbeschlag und beim Klauenschneiden wird heute noch Holzteer als Desinfektionsmittel verwandt.

Die Trockendestillation ist eines der ältesten vom Menschen genutzten chemischen Verfahren. Die Trockendestillation von Birkenrinde lieferte Birkenpech. Auch der steinzeitliche Mann, der um 3340 v. Chr. auf dem Similaun starb und als Gletschermumie aufgefunden wurde, Ötzi genannt, verband die Schäfte seiner Pfeile mit den Spitzen aus Feuerstein mittels Pflanzenfasern und Birkenpech.

Beim Brandverhalten von Holz bezeichnet man als Pyrolyse auch den Zeitpunkt, an dem die oberste Holzschicht langsam verkohlt und somit für den Restquerschnitt eine wärmedämmende Schutzschicht bildet. Im sogenannten Temperaturbrandzeitkurvendiagramm geschieht die Pyrolyse in Phase 1 (Zündung) bei Temperaturen zwischen 100 und 200 °C.

Technischer Prozess

Differenzierung Pyrolyse – Vergasung

Zumeist bezeichnet man mit dem Wort Vergasung Vorgänge, bei denen unter Zugabe eines Vergasungsmittels (Dampf, Luft oder Sauerstoff) der gesamte organische Gehalt des Einsatzstoffs in gasförmige Stoffe umgewandelt wird, wobei nur die mineralische Asche oder Schlacke zurückbleibt. Dabei wird der Feststoff zu Kohlenmonoxid oxidiert und damit teilverbrannt[2]

Das Wort Pyrolyse wird im engeren Sinne für Vorgänge verwendet, bei denen neben den mineralischen Bestandteilen des Einsatzstoffes auch fester Kohlenstoff zurückbleibt. Dieser Rest wird bei nennenswertem Kohlenstoffgehalt auch als Pyrolysekoks bezeichnet.

Pyrolyseprodukte

Holzkohle als Pyrolyseprodukt

Generell entstehen Gase, Flüssigkeiten und Feststoffe. Die Mengenanteile und die Zusammensetzung hängen nicht nur vom Einsatzstoff, sondern auch von der Pyrolysetemperatur, den zugegebenen Hilfsstoffen, den Druckverhältnissen und der Behandlungsdauer ab. Je nach zu pyrolysierendem Produkt und Reaktionstemperatur entstehen z. B. eher langkettige oder kurzkettige Moleküle. Bei der Pyrolyse von Polymeren entsteht in vielen Fällen das zugehörige Monomer als bedeutsamer Anteil des Pyrolysegases.

An Kältebrücken am Reaktor können dampfförmige Pyrolyseprodukte (z. B. Teeröl) kondensieren und möglicherweise an Undichtigkeiten heraustropfen.

Grundvarianten des Verfahrens

Es gibt zwei Grundvarianten, zum einen die direkte, und zum anderen die indirekte Pyrolyse.

Die direkte Pyrolyse erhitzt das zu pyrolysierende Gut durch Verbrennungsgase. Die Pyrolyse kann die erforderliche Wärmeenergie aus dem Pyrolysegut selbst gewinnen. Hier wird die Reaktionstemperatur durch die Luftzufuhr in einen geschlossenen Behälter gesteuert.

Bei der indirekten Pyrolyse (abgeschlossener, von außen erhitzter Raum) können gezielt sauerstofffreie Atmosphären eingestellt werden. Die Beheizung von außen erfolgt in den meisten Systemen durch heiße Gase. Insbesondere bei Laboranlagen gibt es auch elektrische Heizungsysteme.

Meistens geschieht die Pyrolyse unter Sauerstoffausschluss (anaerob), um die Verbrennung zu verhindern. Man spricht dann auch von Verschwelung. Gegebenenfalls werden Dehydrierungs- oder Dehydratisierungsmittel während des Vorgangs hinzugesetzt.

Die sogenannte Kohleverflüssigung ist die Reaktion von Kohle unter Zugabe von Wasserstoff zu Kohlenwasserstoffen. Es ist kein Pyrolyseverfahren, obwohl auch hier ein Feststoff zu einer Flüssigkeit wird. Die Herstellung von Kraftstoffen aus Biomasse, BtL-Kraftstoff, ist dagegen ein Pyrolyse- und Destillationsverfahren.

Technische Anwendungen

Anwendungsbeispiele für Pyrolyse in Drehrohröfen

Diese Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass das Pyrolysegas in der gesamten Anlage nahezu drucklos ist.

Aktivkohleherstellung und -regenerierung

Nachdem Kohle und Binder zu einer definierten Masse gemischt sind, werden Pellets gepresst und in einer sauerstofffreien Atmosphäre erhitzt.

Verbrauchte, d.h. mit dem Schadstoff belastete Aktivkohle wird in einer sauerstofffreien Atmosphäre erhitzt und die Schadstoffe werden bei Temperaturen um die 800 °C ausgetrieben und auch teilweise gecrackt.

Pyrolyse von Abfall

Die Schwierigkeit bei der Pyrolyse von Abfall liegt in dem inhomogenen Produkt mit einer Vielzahl von Schadstoffen. Die eigentliche Pyrolyse ist relativ problemlos. Die Probleme bereiten die Aufarbeitung des angelieferten Abfalls, sowie die Nutzung des Pyrolysegases. Der mit Schwermetallen durchsetzte Pyrolysekoks ist in der Regel nur auf Deponien zu entsorgen.

Purotherm Pyrolyse
Zunächst wird der Abfall unter Sauerstoffmangel entgast und anschließend das entstandene Gas verbrannt. Die heißen Abgase werden zur Energiegewinnung (insbesondere Dampferzeugung durch Wärmetausch) genutzt. Die anfallende Asche ist ohne Nachbehandlung deponiefähig. Diese Pyrolysemethode wird vor allem in Kleinanlagen mit Durchsatzleistungen bis 600 kg/h angewendet.
Contherm-Verfahren
Seit 2001 ist im Kraftwerksblock des Steinkohlekraftwerks Hamm (Westfalen) eine Vorschaltanlage in Betrieb und entsorgt seitdem ca. 100.000 t/a an Restmüll. Das entstehende Pyrolysegas ersetzt einen Teil des vom regulären Kraftwerksblock benötigten Kohlenstaubes. Die Verfahrenskonzeption entstand Mitte der 1980er Jahre bei der 1996 an die Mannesmann MDEU gegangene Firma PLEQ, die sich auf den Bau von Drehrohröfen spezialisiert hatte. Von Mannesmann MDEU bzw. Technip Germany wurde diese Anlage gebaut und in Betrieb genommen.
Babcock-Pyrolyse
Seit Mitte der 1980er Jahre ist die bei Burgau (Landkreis Günzburg) angesiedelte MPA Burgau in Betrieb und entsorgt seitdem 26.000 t pro Jahr (t/a) Hausmüll, zerkleinerten Sperrmüll und Klärschlamm. Das Pyrolysegas wird direkt verbrannt. Die heißen Rauchgase werden zur Beheizung der beiden Pyrolysetrommeln und zur Erzeugung von Dampf verwendet. Aus dem Dampf wird Strom erzeugt. Diese Anlage war über Jahre die einzige funktionierende Müllpyrolyseanlage in Deutschland.
Thermoselect-Verfahren
Das Thermoselect-Verfahren wurde großtechnisch in der Karlsruher Anlage umgesetzt. Diese wurde allerdings aufgrund der sehr hohen Kosten 2004 stillgelegt. Nach Pressemitteilungen von EnBW summierten sich die mit der Anlage erzielten Verluste auf über 400 Millionen €. Aufgrund von Lizenzvergaben wurden in Japan Anlagen dieses Systems errichtet, die Autoshredder-Leichtfraktion verarbeiten. Eine weitere Anlage zur Verarbeitung von Hausmüll sollte bei Ansbach (Bayern) in Betrieb gehen. Zu einer Fertigstellung kam es aufgrund von Vertragsstreitigkeiten zwischen dem Abfallentsorgungsverband und Thermoselect nicht. Am 13. April 2007 entschied das Landgericht Ansbach, dass Thermoselect das Gewerbegrundstück räumen muss.
Schwel-Brenn-Verfahren (Siemens)
Der Zweckverband Abfallbeseitigung Rangau (ZAR), in dem sich die Stadt Fürth und zwei umliegende Landkreise zusammengeschlossen haben, beschloss am 14. Januar 1999 einstimmig, die Anfang 1997 fertiggestellte Anlage zur Verschwelung von Haus- und Gewerbemüll nicht in Betrieb zu nehmen.[3]) Mit der Anlage am Fürther Hafen wollte die Firma Siemens das von ihr entwickelte Schwel-Brenn-Verfahren erstmals im großtechnischen Maßstab verwirklichen. Bis dahin war diese Technik nur in einer Pilot-Anlage in Ulm-Wiblingen erprobt worden. Der Ausstiegsbeschluss des Zweckverbandes erfolgte wegen Störfällen beim Probebetrieb der Anlage, bei denen Schwelgas austrat. Die folgenschwerste Panne ereignete sich am 12. August 1998, als zahlreiche Anwohner über Augen- und Hautreizungen klagten und die Anlage vorläufig stillgelegt werden musste.
PKA-Verfahren
Beim PKA-Verfahren werden die Pyrolysegase nicht direkt verbrannt, sondern einem Crackprozess unterworfen. Derartige Anlagen wurden in Aalen (Baden-Württemberg), Freiberg (Sachsen) und Kawasaki (Japan) errichtet. Die Hausmüllpyrolyseanlage Aalen wurde nach Insolvenz des Betreibers zunächst weiterbetrieben, jedoch 2002 stillgelegt und anschließend demontiert. Die Industriemüllpyrolyseanlage Freiberg wurde nach Insolvenz des Betreibers an die Pyral AG verkauft, umgebaut und ist heute nach einem anderen Verfahrenskonzept in Betrieb. Die Anlage in Kawasaki wurde nach dem ursprünglichen PKA-Konzept betrieben, d. h., aus dem gecrackten Pyrolysegas wird in Gasmotoren Strom erzeugt. Die Anlage wurde 2007 aus betriebswirtschaftlichen Gründen stillgelegt. Die Firma PKA selbst ging 2002 in Insolvenz.[4]

Altholzrecyling

Seit 2005 ist eine Drehrohrpyrolyseanlage (Hersteller TechTrade/MHI) für Altholzrecycling in Japan in Betrieb. Hergestellt wird ein Koks, der für weitere chemische Prozesse verwendet werden kann.[5][6]

Bodensanierung

Zu Beginn der 1980er Jahre im Schatten der großen Tankerunglücke wurde die Pyrolysetechnik von der Firma PLEQ zur Bodensanierung zur Marktreife gebracht und es wurden verschiedene Anlagen für folgende Stoffe gebaut:

  • ölverseuchte Böden,
  • quecksilberverseuchte Böden,
  • dioxinverseuchte Böden.

Organisch belastete Böden werden in einer direkt oder indirekt mit Öl- oder Gasbrennern beheizten Drehtrommel entgast. Die organischen Schadstoffe werden auf diese Weise aus dem Material ausgetrieben und in einer Nachverbrennung zerstört. Falls im Einsatzstoff enthalten, werden leichtflüchtige Schwermetalle (Quecksilber) ebenfalls mobilisiert und dann in einer speziellen Rauchgasreinigung abgeschieden. Dioxine und Furane zerlegen sich ab ca. 500 °C bei Sauerstoffmangel (Hagenmaier-Prozess).

Im Gegensatz zur direkten Befeuerung entstehen bei der indirekten pyrolytischen Bodenreinigung nur geringe Mengen an Pyrolysegas. Dadurch kann die Pyrolysegasreinigung deutlich kleiner und günstiger ausfallen. Dieser Vorteil muss allerdings mit einer aufwendigeren Anlagentechnik für die indirekte Beheizung erkauft werden.

In Deutschland wird eine Anlage von der SITA betrieben. 2007 wurden Pyrolysetrommel und Heizmuffel durch TechTrade vom Typ MAXI-08 auf Typ MASTER-09 vergrößert.

Eine bauartähnliche Anlage, zur Reinigung von Dioxin-verseuchten Böden in der Nähe von Prag, ist mittlerweile stillgelegt, weil das Projekt erfolgreich abgeschlossen wurde.

Flash-Pyrolyse von Biomasse

Flash-Pyrolyse ist ein in vielfachen Varianten patentiertes Verfahren,[7][8] das auf verschiedene Konfiguration der Einsatzstoffe angewendet wird. Die Verfahrensansätze unterscheiden sich insbesondere in der Gestaltung der Reaktionszone, der hydromechanischen Führung des Stoffstroms und den Prozessbedingungen zur Spaltung von Edukten zu einem gewünschten Endprodukt zur weiteren thermischen oder chemischen Ausbeute.

Die bekannten Verfahren erfordern in der Regel sämtlich eine Reduktion des Sauerstoffanteils der Prozessatmosphäre, um den Abbrand des Einsatzstoffes auf die für eine thermische Umsetzung erforderliche Teilmenge zu reduzieren. Das Fertigprodukt ist je nach Prozessumgebung fest (Kokse) oder flüssig (Teer). Wegen des hohen Gehalts an komplexen Phenolen sind die flüssigen Produkte hochgiftig und bedürfen der Destillation vor Einsatz in nicht abgeschlossenen Prozessen.

Die Verfahren können für Holzprodukte und auch für andere geringer karbonisierte Rohstoffe angewendet werden, wie Energiepflanzen oder getrockneten Biomüll. Bisher spielen die Verfahren mengenmäßig und wertmäßig keine Rolle bei Umsetzungen von Biomasse zur Etablierung nachhaltiger Energieerzeugung. Insbesondere sind die angeblich ökologisch vorteilhaften Produktionsmethoden der Einsatzstoffe aus Ackerbau umstritten.[9]

Holz- bzw. Biomassevergasung

Holzvergaser Güssing (2006)

Hauptartikel: Biomassevergasung

Unter Biomassevergasung wird ein Prozess verstanden, bei dem Biomasse in ein Synthese- oder Brenngas umgewandelt wird. Dabei wird die Biomasse über eine Pyrolyse verkohlt, Das entstehende Pyrolysegas stellt ein Gemisch aus Kohlenmonoxid (CO), Wasserstoff (H2), Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) sowie einer Reihe von Spurengasen und Verunreinigungen dar. Als Rohstoffe kommen bei der Biomassevergasung vor allem lignocellulosereiche Agrarrohstoffe sowie Forstholz in Betracht, eine Spezialform ist die Holzvergasung, bei der als Rohstoff Holz eingesetzt wird. Bisherige Biomassevergasungsanlagen sind auf die Vergasung von Holz in Form von Forstholz und Waldrestholz ausgelegt, die als Holzhackschnitzel zugeführt werden.

Für die Biomassevergasung können unterschiedliche technische Vergaser eingesetzt werden, die sich vor allem durch die Art des Kontakts zwischen Biomasse und Vergasungsmittel (Luft, Sauerstoff oder Wasserstoff) unterscheiden. Dabei werden in der Regel drei grundsätzliche Reaktortypen genutzt: Festbettvergaser, Wirbelschichtvergaser und Flugstromvergaser. Die Vergasung im Drehrohr scheint in der allgemeinen Literatur gänzlich unbekannt, wurde aber 2009 erfolgreich getestet.

Verfahrensarten für die Pyrolyse von Altreifen

Bei der Altreifenpyrolyse werden verschiedene Verfahrensansätze bevorzugt. Zum einen sind es Batch-Öfen, die chargenweise arbeiten, zum anderen sind es kontinuierlich arbeitende Öfen. Bei den kontinuierlichen Pyrolyseöfen wird wiederum zwischen Schachtofen und Drehrohrofen unterschieden.

Batch-Verfahren
Von der Firma Carbo-Tech bzw. CCT wird ein Batch-Reaktor angeboten, bei dem komplette Reifen in eine Reaktorzelle gelegt werden können. Die Zellenfahrt dauert zwischen 4 und 8 h und ergibt dann eine Inputleistung von ca 1.000 kg/Füllung.
FORMEX-Verfahren
In einer Zinnbad-Schmelze werden die Reifen bei knapp 500 °C thermisch zerlegt. Eine großtechnische Anlage war im Chemiepark Marl für 2010 angekündigt. Der verfahrenstechnische Leiter des FORMEX-Verfahrens arbeitet seit März 2010 für die CCT.
Depolyse-Verfahren
Für eine erste Anlage wurde im Dezember 2009 von der Firma Pyrolyx Halle GmbH der Spatenstich in Halle (Saale) vorgenommen. Seit 1. März ist die Firma im Besitz der Scutum Capital AG.
Drehrohrpyrolyse-Verfahren
In einem indirekt beheizten Pyrolyse-Drehrohr wird das Altreifengranulat thermisch in Pyrolysegas und Pyrolysekoks zerlegt. Je nach Einsatzfall kann das Pyrolysegas direkt verwendet werden oder es wird kondensiert, um Pyrolyseöl und Permanentgas zu erhalten. Eine erste Anlage (Typ MAXI-08) wurde von DGEngineering im August 2009 in Zypern in Betrieb genommen. Angeboten werden zur Zeit Anlagengrößen mit einer Pyrolyseleistung von 300 kg/h (MINI-05) bis 2.000 kg/h (MASTER-12).

Aus dem Reifengranulat entstehen ca. 40 % Ruß/Kohlenstoff 50 % Öl (mit dieselähnlichen Eigenschaften) und 10 % Permanentgas. Das Permanentgas wird für den Prozess genutzt. Je nach Prozessparametern können die Werte deutlich schwanken.

Pyrum-Verfahren
In einem vertikalen Schachtreaktor wird das Reifengranulat thermisch in die Bestandteile zerlegt und in einer zweiten Kolonne in die gewünschten Ölbestandteile zerlegt. Die Ausbeute einer Tonne Gummigranulat liegt bei 50 % Öl (bestehend aus 65 % Diesel, 30 % Benzin und 5 % Naphtha), 38 % Koks (bestehend aus 88 % Kohlenstoff, 4 % Zink und 8 % Asche) und 12 % Gas. Die komplette Technologie sowie der Reaktor sind elektrisch betrieben, was die Emissionen der Anlage auf ein Minimum reduziert. Das produzierte Gas (12 %) wird zur Energiegewinnung in einer Turbine verbrannt, die wiederum die Anlage mit elektrischer Energie versorgt. Es werden keine weiteren Energiequellen benötigt, um die Anlage zu betreiben. Eine komplett funktionstüchtige Pilotanlage wird seit September 2008 in Dillingen/Saar (Deutschland) betrieben und diente als Basis für das neuentwickelte Standardmodul, welches 5.000 t/Jahr Gummigranulat recyceln kann. Die Module sind beliebig kombinierbar, was eine hohe Adaptionsfähigkeit der Anlage mit sich bringt.

Kunststoffrecycling

Hauptartikel: Hamburger Verfahren

Zum Kunststoffrecycling wird eine Wirbelschicht-Pyrolyse nach dem sogenannten Hamburger Verfahren eingesetzt.

Sonstige Pyrolyseverfahren und Anwendungsfelder

Explosionssicherheit

Ist die Temperatur der Reaktionskammer zu niedrig oder wird durch fehlerhafte Dichtungen beim Abkühlen Sauerstoff eingesaugt, kann sich ein explosives Gemisch bilden. Ab ca. 450 °C reagiert der freie Sauerstoff jedoch sofort im Sinne einer Teilverbrennung mit dem brennbaren Reaktorinhalt (Gas, Kohlenstoff) und es können sich keine explosiven Gemische mehr bilden.

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Gemoll: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch. München/Wien 1965.
  2. 2,0 2,1 2,2 Martin Kaltschmitt, Hans Hartmann, Hermann Hofbauer (Hrsg.): Energie aus Biomasse. Grundlagen, Techniken und Verfahren. Springer Verlag, Berlin und Heidelberg 2009; S. 378–379. ISBN 978-3-540-85094-6.
  3. SZ , 15. Januar 1999.
  4. Schwäbische Post, Aalen; Freie Presse Freiberg; Yamanaka AG, Japan; Handelsregister Aalen.
  5. Basisdaten und Bild der MIE-Altholz-Pyrolyseanlage in Japan.
  6. Pyrolyse Kleinanlage.
  7. Patentanmeldung Verfahren und Vorrichtung zur dezentralen Pyrolyse von Biomasse Linde AG aus 2006.
  8. Flash Pyrolyse in einem Zyklon.
  9. Jatropha in Mosambik.

Weblinks

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