Pentobarbital

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Strukturformel
Strukturformel von Pentobarbital
Allgemeines
Freiname Pentobarbital
Andere Namen
  • (±)-5-Ethyl-5-(1-methylbutyl)- barbitursäure
  • (±)-5-Ethyl-5-(pent-2-yl)- 1,3-diazinan-2,4,6-trion
  • (RS)-5-Ethyl-5-(1-methylbutyl)- barbitursäure
  • (RS)-5-Ethyl-5-(pent-2-yl)- 1,3-diazinan-2,4,6-trion
  • rac-5-Ethyl-5-(1-methylbutyl)- barbitursäure
  • rac-5-Ethyl-5-(pent-2-yl)- 1,3-diazinan-2,4,6-trion
Summenformel C11H18N2O3
CAS-Nummer
  • 76-74-4
  • 57-33-0 (Pentobarbital-Natrium)
PubChem 4737
ATC-Code

N05CA01

DrugBank DB00312
Kurzbeschreibung

farbloses bis weißes, kristallines Pulver [1]

Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Barbiturat

Verschreibungspflichtig: BtMG, mit Ausnahmen
Eigenschaften
Molare Masse 226,27 g·mol−1
Schmelzpunkt

133 °C[1]

pKs-Wert

8,11 (25 °C)[2]

Löslichkeit
  • wenig löslich in Wasser (679 mg·l−1 bei 25 °C)[2]
  • leicht löslich in absolutem Ethanol, sehr leicht löslich in Aceton und Methanol [1]
Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [3]
06 – Giftig oder sehr giftig 08 – Gesundheitsgefährdend

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301-361
P: 281-​301+310 [3]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [4][3]

T
Giftig
R- und S-Sätze R: 25-63
S: 22-36/37/39-45
LD50

125 mg·kg−1 (Ratte, peroral)[2]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
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Pentobarbital ist ein mittellang wirkendes Barbiturat (Derivat der Barbitursäure). Es wurde in der Humanmedizin als Schlafmittel verwendet, in der Tiermedizin wird es zum Einschläfern eingesetzt.

Pentobarbital wurde 1916 von Bayer patentiert.

Geschichte

Im Jahr 1915 hatte die Firma Bayer das Patent für diese Substanz angemeldet[5]. Es wurde viele Jahre in der Humanmedizin als Schlafmittel verwendet, wobei sowohl die Form der freien Säure (Nembutal® (USA)) als auch das Natrium-Salz (Medinox® mono, Nembutal®) zum Einsatz kamen. Durch vermehrten Missbrauch sowie das Aufkommen neuer Präparate wurde es jedoch als Schlafmittel abgelöst. Durch die neueren Diskussionen um die Thematik der Sterbehilfe ist Pentobarbital wieder etwas mehr im Gespräch, da es von einigen Organisationen als Sterbehilfepräparat verwendet wird (Siehe auch Verwendung).

Synthese

Pentobarbital wird durch Kondensation von Ethyl-(1-methyl-propyl)-malonsäurediemthylester und Harnstoff hergestellt.[6]

Pentobarbital synthesis.svg

Pentobarbital besitzt ein Stereozentrum wird aber aufgrund der Synthese als Racemat, also ein Gemisch der Enantiomere erhalten.

Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

Pentobarbital besitzt ein optisch aktives Zentrum, das heißt, es gibt eine (R)-Form und eine (S)-Form die sich zueinander Verhalten wie Bild und Spiegelbild. Der Drehwinkel für die Ebene des polarisierten Lichtes (NatriumD-Lampe) der (S)-Form beträgt dabei α20 = −13,19°, die der (R)-Form α20 = +13,13°.

Stereochemie

Der Bedeutung der Enantiomerenreinheit der synthetisch hergestellten Wirkstoffe wird zunehmend Beachtung eingeräumt, denn die beiden Enantiomeren eines chiralen Arzneistoffes zeigen fast immer eine unterschiedliche Pharmakologie und Pharmakokinetik. Das wurde früher aus Unkenntnis über stereochemische Zusammenhänge oft ignoriert.[7]

Verwendung

Früher wurde Pentobarbital, ähnlich wie beispielsweise Heptabarbital, Cyclobarbital und Aprobarbital, als Durchschlafmittel verwendet. Die mittlere Dosis lag zwischen 100 und 200 mg. Die Substanz kann zu psychischer und körperlicher Abhängigkeit führen. Beim plötzlichen Absetzen des Medikamentes kann es vor allem bei höheren Dosierungen – ähnlich wie beim Alkoholismus – zu einem Delirium tremens kommen. Barbituratabhängige müssen einen langsamen Entzug durchmachen, da ein abrupter Entzug zu epileptischen Anfällen und Kollapszuständen führen kann. Bei einer Überdosis lähmt Pentobarbital das Atemzentrum und führt zum Tod durch Erstickung.

Heute wird Pentobarbital nicht mehr als Schlafmittel eingesetzt. Es wird jedoch von einigen Sterbehilfeorganisationen wie z. B. Exit oder Dignitas verwendet, um den Tod durch Einschlafen und Ersticken herbeizuführen. Am 16. Dezember 2010 wurde es in den USA laut Medienberichten angeblich erstmals als alleiniges Mittel zur Vollstreckung der Todesstrafe benutzt,[8] wobei bisher bereits in der einschlägigen Literatur Pentobarbital als gängiger Wirkstoff zu Hinrichtungszwecken in den USA beschrieben wird.[9] In einer Pressemitteilung[10] hat das Georgia Department of Corrections am 17. Juli 2012 mitgeteilt, seine Hinrichtungsmethode von einem Giftcocktail aus drei nacheinander verabreichten Chemikalien auf Pentobarbital als alleinige Chemikalie umzustellen. Mit der Umstellung des Hinrichtungsverfahrens auf Pentobarbital wurde die Verschiebung der umstrittenen Hinrichtung des geistig behinderten Verurteilten Warren Lee Hill auf den 23. Juli 2012 begründet.

Aufgrund der beschriebenen Risiken und Nebenwirkungen wird Pentobarbital in der Humanmedizin nur noch nach strenger Indikationsstellung und Ausschöpfen anderer Maßnahmen im Bereich der Behandlung und Anfallsprophylaxe von epileptischen Anfällen angewendet.

Einschläfern von Tieren

In der Veterinärmedizin wird Pentobarbital (Handelsname: Release ad us. vet. (D, A)) durch intravenöse oder intraperitoneale Injektion zum schmerzlosen und sicheren Einschläfern von Groß- und Kleintieren verwendet, wobei das wasserlösliche Natriumsalz (Pentobarbital-Natrium) zum Einsatz kommt. Die Tiere fallen schnell in einen tiefen Schlaf, der bei Warmblütern rasch, schmerz- und reflexlos und ohne Exzitationen in den Tod durch Herz- und Atemstillstand übergeht. Pentobarbital darf nicht bei Tieren eingesetzt werden, die zur Gewinnung von Lebensmitteln dienen.[11]

Gewinnung und Darstellung

Pentobarbital ist ein synthetisch hergestelltes Derivat der Barbitursäure und kommt in der Natur nicht vor.

Die Darstellung kann theoretisch durch Reaktion von Harnstoff mit 2-Ethyl-2-(1-methyl-butyl)-malonsäurediethylester, dem entsprechend alkylierten Diethylmalonat, erfolgen.

Beispiel für die theoretische Herstellung:

Synthese von Pentobarbital

Sicherheitshinweise

Pentobarbital wirkt bei Dosierung im Milligramm-Bereich als Hypnotikum (Schlafmittel), in höheren Dosen kann es tödlich wirken. Die letale Dosis für Menschen liegt im Bereich von einigen Gramm, abhängig vom Körpergewicht.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Thieme Chemistry (Hrsg.): Römpp Online. Version 3.1. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2007.
  2. 2,0 2,1 2,2 Pentobarbital bei ChemIDplus.
  3. 3,0 3,1 3,2 Datenblatt Pentobarbital bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 18. April 2011.
  4. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  5. Patent DE293163A: Verfahren zur Herstellung von Derivaten der Barbitursäure.. Angemeldet am 12. Februar 1915, veröffentlicht am 15. Juli 1916, Anmelder: Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co..
  6. A. W. Frahm, H. H. J. Hager, F. v. Bruchhausen, M. Albinus, H. Hager: Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis: Folgeband 4: Stoffe A-K. Seite 70, Birkhäuser, 1999, ISBN 978-3-540-52688-9.
  7. E. J. Ariëns, Stereochemistry, a basis for sophisticated nonsense in pharmacokinetics and clinical pharmacology, European Journal of Clinical Pharmacology 26 (1984) 663-668.doi:10.1007/BF00541922
  8. Häftling in USA mit Tier-Narkosemittel hingerichtet, Spiegel online, 17. Dezember 2010.
  9. Stephen Trombley: The Execution Protocol. Inside America's Capital Punishment Industry. New York (Crown): 1992.
  10. Corrections to Change Execution Protocol,Pressemitteilung Georgia Department of Corrections, 17. Juli 2012
  11. Datenblatt Pentobarbital bei Vetpharm, abgerufen am 3. Dezember 2011.

Handelsnamen

Humanmedizin:
Nembutal® (Hersteller: Ovation Pharmaceuticals, Inc.)
Tiermedizin:
Eutha 77® (Hersteller: Pfizer Animal Health S.A.), Euthadorm® (Hersteller: CP-Pharma GmbH), Narcoren® (Hersteller: Merial GmbH), Narkodorm® (Hersteller: CP-Pharma GmbH)

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