Neodym-Eisen-Bor

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Zwei Neodym-Magnete (je ∅ 20 mm × 10 mm, Oberfläche vernickelt), welche mit bloßen Händen kaum zu trennen sind

Neodym-Eisen-Bor ist eine Legierung aus Neodym, Eisen und Bor mit der Zusammensetzung Nd2Fe14B, aus der als Werkstoff die derzeit stärksten Dauermagnete hergestellt werden.

Eigenschaften

Herausragende Eigenschaften sind (Angaben bei Raumtemperatur):

  • Remanenz von bis zu 1,4 Tesla.
  • höchstes maximales Energieprodukt mit (BH)max = 512 kJ/m3
  • Sättigungsmagnetisierung JS = 1,61 T
  • hohe Koerzitivfeldstärken jHc von 870 bis 2750 kA/m (je nach Mikrostruktur/Herstellungsprozess)
  • Curietemperatur TC = 583 K

NdFeB verdankt, ähnlich SmCo-Magneten, seine hervorragenden Eigenschaften der Kombination der Elemente Neodym und Eisen. Dauermagnetische Werkstoffe sollen neben einer hohen spontanen Polarisation (Eisen) eine große uniaxiale Anisotropie besitzen. Damit bezeichnet man eine magnetische Vorzugsrichtung („leichte Richtung“), die bei Dauermagneten auf Seltenerden-Basis durch die Kristallstruktur und Elektronenstruktur bestimmt ist. NdFeB besitzt eine hohe Kristallanisotropie, da die „magnetische“ 4f-Schale durch die äußeren 5s25p6-Schalen vom Ligandenfeld des Kristalls abgeschirmt wird und so das Bahnmoment der Schale voll wirksam bleibt. Durch die Spin-Bahn-Kopplung sind die Spins an das anisotrope Kristallfeld gekoppelt, und ein Verdrehen der Spins und damit der magnetischen Momente aus der leichten Richtung ist mit Energieaufwand verbunden.

Ein Neodym-Eisen-Bor-Magnet trägt das 1300-fache seines Eigengewichtes

Große Kristalle aus Nd2Fe14B lassen sich relativ leicht entmagnetisieren und sind daher als Permanentmagnet nicht brauchbar. NdFeB-Werkstoffe haben daher eine feinkristalline Struktur. Die Nd2Fe14B-Kristalle werden zudem von einer feinen Schicht umgeben, in der das Seltenerdelement stark angereichert ist. Diese Struktur wird in einem, von General Motors und der japanischen Firma Sumitomo zusammen entdeckten, patentierten, Sinterverfahren hergestellt.[1] Nach diesem Verfahren werden die Magnete legiert, zu Pulver vermahlen, gepresst und gesintert. Durch die Pressung, vor allem aber durch das Anlegen eines externen Magnetfeldes während des Prozesses, werden die Kristalle anisotrop ausgerichtet. Erst dadurch werden die hervorragenden magnetischen Eigenschaften voll genutzt.

Magnete, die nur aus Neodym, Eisen und Bor bestehen, entmagnetisieren sich bereits bei Temperaturen von 80 °C teilweise und sind sehr korrosionsempfindlich. Durch Zusätze anderer Seltenerdelemente, insbesondere Dysprosium oder Terbium, kann die Temperaturstabilität auf über 200 °C angehoben werden. Zur Erhöhung der Korrosionsstabilität werden oft andere Legierungsbestandteile wie Kobalt hinzulegiert. Dadurch wurden wesentliche Einschränkungen für den Einsatz dieses Materials gelindert. Dennoch sind NdFeB-Materialien den Samarium-Cobalt-Magneten in diesen beiden Punkten unterlegen. Deshalb müssen auch verbesserte NdFeB-Magnete für die meisten Einsatzgebiete durch eine Schutzschicht vor Korrosion geschützt werden. Am häufigsten werden hierfür Nickel- oder Epoxidharzbeschichtungen verwendet.

NdFeB-Magnete werden heute überall dort eingesetzt, wo man starke Magnetfelder bei kleinem Volumen braucht. Allerdings sind sie deutlich teurer als die schwächeren Ferritmagnete. Sie haben mittlerweile die eher veralteten und leicht zu entmagnetisierenden AlNiCo-Magnete praktisch verdrängt. Unter anderem in der Automobilindustrie kommen kunststoffgebundene isotrope Magnete zum Einsatz. Dabei ist man in der Formgebung der Magnete etwas flexibler und kann auf einen zusätzlichen Oberflächenschutz verzichten. Meist greift man dabei auf ein Spritzgussverfahren zurück; bei besonders hohen Energiedichten werden Presstechniken verwendet, die einen höheren NdFeB-Anteil zulassen.

Umweltauswirkungen

NdFeB-Magnete werden unter Umweltaspekten zur Zeit kritisch betrachtet. Der größte Teil der NdFeB-Magnete wird heute in China produziert. Auch der Ausgangsstoff, das Neodym, wird zu 97 % in China abgebaut und extrahiert.[2] Der Abbau und die Aufbereitung führen vor Ort zu erheblichen Belastungen für die Umwelt und für die Gesundheit der Anwohner, wie das ARD-Magazin Panorama Anfang 2011 recherchierte.[3] Auch Uran und Thorium treten in Verbindung mit Neodym auf, so sind die Abfallstoffe aus den Aufbereitungsprozessen nicht nur giftig, sondern auch radioaktiv. Das Grundwasser im Bereich der Aufbereitungsanlagen ist verseucht, die Menschen in der Umgebung sind zum Teil schwerkrank.[4]

NdFeB-Magnete werden derzeit in rund einem Sechstel der Windkraftanlagen eingesetzt (bei einem Teil der Anlagen mit Direktantrieb). Die Umweltaspekte bei der Neodymaufbereitung wirken sich bei der Gesamtbetrachtung negativ auf die Nachhaltigkeit dieser Windkraftanlagen aus.[5]

Sicherheitshinweise

NdFeB-Magnete sind mittlerweile leicht erhältlich. Dadurch und durch die hohe Stärke der Magnete entstehen sonst eher unerwartete Gefahren. Dazu gehören insbesondere Quetschungen beim Umgang mit ihnen.[6] Wird beispielsweise von einem Kind mehr als ein Magnet verschluckt, besteht Lebensgefahr aufgrund einer möglichen Darmperforation.[7]

Das starke Magnetfeld kann magnetische Aufzeichnungen (Magnetband, Disketten, Festplatten) bereits aus einiger Entfernung schädigen oder löschen. Ebenso können in Bildröhren Verzerrungen und Farbverfälschungen auftreten, die spätestens bei direktem Kontakt von Magnet und Gerät nur noch von einer Fachwerkstatt behoben werden können.

Lieferanten warnen vor einer spanenden Bearbeitung (Feilen, Sägen oder Bohren), da sich NdFeB-Stäube und -Späne durch die bei der Bearbeitung entstehende Hitze selbst entzünden können. Außerdem kann dabei die Stärke des remanenten Feldes sinken und das spröde Material zerbrechen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Patent EP0265413: Process for the manufacture of rare-earth metals and of alloys containing rare-earth metals. Angemeldet am 18. August 1987, veröffentlicht am 26. Februar 1992, Erfinder: Zeiringer, Hans.
  2. Spiegel Online, 10. April 2009: Das neue Gold
  3. Panorama-Sendung vom 28. April 2011: Das schmutzige Geheimnis sauberer Windräder
  4. NDR: Neodym: Das schmutzige Geheimnis sauberer Windräder
  5. Nicole Vormann/Murphy&Spitz: Murphy&Spitz Research: Position zu Neodym und Windkraftanlagen. Juni 2011, abgerufen am 27. Juni 2011 (Hintergrundpapier).
  6. Kein alltäglicher Einsatz: Hand zwischen zwei Magneten gequetscht auf feuerwehr.de
  7. J. A. Cauchi, R. N. Shawis: Multiple magnet ingestion and gastrointestinal morbidity, Arch Dis Child, 2002, 87, S. 539–540; doi:10.1136/adc.87.6.539.

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