Koerzitivfeldstärke
Als magnetische Koerzitivfeldstärke (Hc, H für die magnetische Feldstärke und c für coercivity von lateinisch coercere = bändigen, zusammenhalten) bezeichnet man die magnetische Feldstärke, die notwendig ist, um eine ferromagnetische Substanz vollständig zu entmagnetisieren, so dass der resultierende Gesamtfluss bzw. die lokale Flussdichte gleich null ist. Je höher die Koerzitivfeldstärke ist, desto besser behält ein Magnet seine Magnetisierung, wenn er einem Gegenfeld ausgesetzt wird. Die SI-Einheit ist wie bei allen magnetischen Feldstärken $ {\tfrac {\mathrm {A} }{\mathrm {m} }} $. Gelegentlich wird noch die veraltete Einheit Oe (Oersted) verwendet.
Werden ferromagnetische oder ferrimagnetische Werkstoffe einem Magnetfeld ausgesetzt, so bleibt auch nach Entfernen des Feldes ein Restmagnetismus, die Remanenz. Dies gilt auch für Spingläser, wenn auch in abgeschwächter Form.
Analog dazu nennt man die elektrische Feldstärke, die nötig ist, um die remanente dielektrische Verschiebung (Polarisation) eines Ferroelektrikums aufzuheben, elektrische Koerzitivfeldstärke. Je höher sie ist, desto besser behält der ferroelektrische Stoff seine Polarisation und insbesondere die damit verknüpften piezoelektrischen Eigenschaften (Piezoelektrizität) bei.
Anwendung
Man unterscheidet zwischen der Koerzitivfeldstärke (HcB) der magnetischen Flussdichte und der Koerzitivfeldstärke (HcJ) der magnetischen Polarisation. Wird ein Permanentmagnet einer Feldstärke HcB ausgesetzt, verschwindet die magnetische Flussdichte im Magneten. Er ist jedoch nach dem Entfernen aus dem Feld immer noch magnetisch. Erst bei einer entmagnetisierenden Feldstärke HcJ verliert der Permanentmagnet seine magnetische Polarisation und somit seine Magnetisierung vollständig, das heißt die angelegte Feldstärke verursacht eine magnetische Flussdichte der Größe µ0 · H, sodass in diesem Punkt der Werkstoff sich in Bezug auf seine magnetischen Eigenschaften wie Vakuum bzw. ungefähr wie Luft verhält.
In derselben Weise kann man auch die elektrische Koerzitivfeldstärke definieren.
Zu beachten ist die starke Temperaturabhängigkeit dieser Feldstärken, die nicht zuletzt auch in der Temperaturabhängigkeit des Ferromagnetismus bzw. der Ferroelektrizität zu suchen ist.
Praktische Bedeutung
Gemessen wird die magnetische Koerzitivfeldstärke mit einem sogenannten Koerzimeter, welches in Abhängigkeit einer angelegten äußeren magnetischen Feldstärke die Polarisation über Induktion in einer bewegten Spule misst. Da die Magnetisierbarkeit und damit auch die Remanenz bzw. die Koerzitivfeldstärke vom Gefüge des Werkstoffes abhängt, lassen sich aus den magnetischen Eigenschaften Erkenntnisse über das Werkstoffgefüge (z.B. Verformungsgrad) ableiten.
Um die elektrische Koerzitivfeldstärke zu messen, werden auf den zu untersuchenden Stoff feste Elektroden aufgedampft oder flüssige aufgebracht. Die Anordnung entspricht dann der eines Plattenkondensators. Aus der angelegten Spannung und den gemessenen Plattenladungen kann man zusammen mit den Abmessungen die elektrische Feldstärke und die dielektrische Verschiebung bestimmen. Aus deren grafischer Darstellung, der Hysteresekurve, lässt sich, wie im Bild gezeigt, die elektrische Koerzitivfeldstärke ablesen.
Werte
Material | magnetische Koerzitivfeldstärke in A/m |
---|---|
Eisen (technisch rein) |
10 bis 200 |
Dynamoblech I | 200 |
Dynamoblech IV | 25 bis 60 |
Kaltgewalzte Bleche | 20 bis 35 |
Nickeleisen (50 % Ni) |
3 bis 16 |
Mu-Metall (76 % Ni, 5 % Cu, 2 % Cr) |
0,8 bis 5 |
Neodym-Eisen-Bor | 0,87... 2,75·106 |
Fachliteratur
- Horst Kuchling: Taschenbuch der Physik. 4. Auflage, Verlag Harry Deutsch, Frankfurt am Main, 1982
- Günter Springer: Fachkunde Elektrotechnik. 18.Auflage, Verlag - Europa - Lehrmittel, Wuppertal, 1989, ISBN 3-8085-3018-9
- Hans Fischer: Werkstoffe in der Elektrotechnik. 2. Auflage, Carl Hanser Verlag, München Wien, 1982 ISBN 3-446-13553-7
- Horst Stöcker: Taschenbuch der Physik. 4. Auflage, Verlag Harry Deutsch, Frankfurt am Main, 2000, ISBN 3-8171-1628-4