Chlorargyrit

Chlorargyrit

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Chlorargyrit
Chlorargyrite-Quartz-290537.jpg
Nieriger, bronzefarbener Chlorargyrit auf Quarz aus Caracoles, Sierra Gorda, Provinz Tocopilla, Región de Antofagasta, Chile
(Gesamtgröße der Stufe: 5,9 x 3,5 x 3,0 cm)
Andere Namen
  • Chlorsilber
  • Hornsilber, Hornerz, Silberhornerz
  • Cerargyrit, Kerargyrit
Chemische Formel

AgCl

Mineralklasse Halogenide
3.AA.15 (8. Auflage: III/A.02) nach Strunz
09.01.04.01 nach Dana
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin kubisch-hexakisoktaedrisch; 4/m 3 2/m
Raumgruppe (Raumgruppen-Nr.) Fm3m (Raumgruppen-Nr. 225)
Farbe Farblos, Graugelb, Braunschwarz
Strichfarbe Weiß bis Perlgrau
Mohshärte 1,5 bis 2
Dichte (g/cm3) gemessen: 5,556 ; berechnet: 5,57[1]
Glanz in frischem Zustand Fett- bis Diamantglanz, bald matt werdend
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Bruch uneben bis muschelig
Spaltbarkeit keine
Habitus Kleine Kristalle; faserige bis massige Aggregate; Krusten
Häufige Kristallflächen {100}, {111}, {110}[2]
Zwillingsbildung nach {111}[1]
Kristalloptik
Brechungsindex isotrop n = 2,071[3]

Chlorargyrit ist ein häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Halogenide“. Es kristallisiert im kubischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung AgCl, ist also chemisch gesehen ein Silberchlorid (auch Chlorsilber).

Chlorargyrit findet sich meist in Form massiger Aggregate oder krustiger Überzüge, entwickelt aber auch kleine, kubische Kristalle und Kombinationen sowie Zwillinge nach der Oktaeder-Fläche. In reiner Form ist das Mineral farblos und durchsichtig, durch Fremdbeimengungen nimmt es jedoch oft eine hellgelbe bis graugelbe Farbe mit einem Stich ins Violette, Bräunliche oder Bräunlichgrüne an, wobei die Transparenz entsprechend abnimmt. In frischem Zustand weist Chlorargyrit einen fett- bis diamantähnlichen Glanz auf, der allerdings durch Verwitterung allmählich matt wird.

Mit einer Mohshärte von 1,5 bis 2 gehört Chlorargyrit ähnlich wie die Referenzminerale Talk (1) und Gips (2) zu den weichen Mineralen, die sich mit dem Fingernagel ritzen lassen.

Besondere Eigenschaften

Chlorargyritstufe, Varietät "Buttermilcherz" in eingetrocknetem Zustand und grau-blau verfärbt, Detailausschnitt (Gesamtgröße der Stufe: 17cm × 14cm)

Chlorargyrit ist lichtempfindlich und verfärbt sich durch die Bildung von elementarem Silber zunächst grau und dessen Verwitterungsprodukt Silbersulfid (Ag2S) schließlich braun bis schwarz.

Vor dem Lötrohr schmilzt Chlorargyrit leicht (ca. 450-500 °C[4]) unter Aufsieden zu einer grauen, braunen oder schwarzen Perle und kann leicht zu elementarem Silber reduziert werden. Von Säuren wird er so gut wie nicht angegriffen, in Ammoniak löst er sich dagegen allmählich.[5]

Mit assoziierten Schichtsilikaten kann Chlorargyrit lockere, blau- bis braungrau gefärbte Gemenge bilden, die im bergfeuchten Zustand eine weiche, halbflüssige Konsistenz hat und daher schon in der Bergmannssprache des 17. Jahrhunderts als Buttermilcherz bezeichnet wurde.[6] Das Buttermilcherz wurde, aus Gängen und Drusen fließend, von den Bergleuten aufgefangen, im Hüttenfeuer zu feinem Silber reduziert. Nach einiger Zeit an der Luft wurde es allerdings auch von alleine hart.[7]

Etymologie und Geschichte

Bekannt war Chlorargyrit bereits im 16. Jahrhundert als Hornsilber, Silberhornerz oder kurz Hornerz, da es meist fettgetränktem und damit durchsichtig gewordenem Horn ähnelte.[8] Eine erste Erwähnung ohne nähere Beschreibung findet sich in den Werken von Georgius Agricola 1530 (Bermannus, sive de re metallica) und seinem Hauptwerk 1546 (De Natura Fossilium), wo das Mineral den Silbererzen mit der Bezeichnung Argentum rude purpureum bzw. Argentum rude jecoris coloris (leberfarbenes Silbererz) zugeordnet ist.[9]

Eine genauere Beschreibung des Minerals ist erst durch Johannes Mathesius und seine Bergpredigten, die er zwischen 1552 und 1562 verfasste, überliefert:

„„Auffm Marienberg ist hornfarb silber gebrochen / welches durchsichtig ist / vnnd schmiltzt vber eim liecht. Im fewer aber wirdt einerley weyß silber drauß / on das von einem gang geschmeydiger silber wirdt / denn vom andern.““

Mathesius, 3. Predigt[9]

sowie

„„Glaßertz aber vnd gediegen weyß silber / vnd das was man newlicher zeyt auff Marienberg gehawen / ist durch sichtig wie ein horn in einer Latern / vnd schmiltzt vberm liecht / das gibt was es geben sol.““

Mathesius, 6. Predigt[9]

weisen hier auf ein durchsichtiges, hornfarbiges Silbererz vom Marienberg im Erzgebirge hin, das sich den Eigenschaften nach dem Chlorargyrit zuordnen lässt.

Eine weitere eindeutige Beschreibung des Chlorargyrits liefern 1565 Johannes Kentmann und Georg Fabricius, zusammengefasst in einem Lehrbuch von Conrad Gesner sowie Georg Fabricius, die das Mineral ebenfalls als „durchsichtig hornfarbs gediegen silber“ (Argentum, Flavi coloris) bzw. „Läberfarben ertz“ (Argentum iecoris colore) von Marienberg im Erzgebirge umschreiben.[9] Dieser Fundort gilt daher auch als Typlokalität.

In späteren Quellen findet sich Chlorargyrit unter verschiedenen Synonymen, so als Hornerz (Werner, 1789), Hornsilber (Hausmann, 1813) und Silberhornerz (Leonhard, 1821) sowie unter dessen griechischen Ableitungen κέρας [kéras] für Horn und ἄργυρος [argyros] für Silber als Kérargyre (Beudant, 1832), Kerat (Haidinger, 1845), Kerargyrite und Cerargyrite (Dana, 1855 und 1868).[8]

Die bis heute gültige Bezeichnung des Minerals als Chlorargyrit in Anlehnung an seine Zusammensetzung, dem Chlor einerseits und dem griechischen Wort für Silber (argyros) andererseits erhielt es schließlich 1875 durch Albin Weisbach, wobei durch Carl Friedrich Naumann 1828 mit Chlorsilber auch noch eine rein deutsche Bezeichnung bekannt war.[8]

Klassifikation

Bereits in der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Chlorargyrit zur Mineralklasse der „Halogenide“ und dort zur Abteilung der „Einfachen Halogenide“, wo er zusammen mit Bromargyrit, Carobbiit, Griceit, Halit, Sylvin und Villiaumit die unbenannte Gruppe III/A.02 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunzschen Mineralsystematik ordnet den Chlorargyrit ebenfalls in die Klasse der „Halogenide“, dort allerdings in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Einfachen Halogenide ohne H2O“ ein. Diese Abteilung ist zudem weiter unterteilt nach dem Stoffmengenverhältnis von Metall (M) zu Halogen (X), so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „M : X = 1 : 1 und 2 : 3“ zu finden ist, wo es nur noch zusammen mit Bromargyrit die „Chlorargyritgruppe“ mit der System-Nr. 3.AA.15 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Chlorargyrit in die Klasse der „Halogenide“ und dort in die Abteilung der „“ ein. Hier ist er zusammen mit Embolit und Bromargyrit in der „Embolitgruppe“ mit der System-Nr. 09.01.04 innerhalb der Unterabteilung der „Wasserfreien und wasserhaltigen Halogenide mit der Formel AX“ zu finden.

Modifikationen und Varietäten

Als Embolit (Ag(Br,Cl)) werden die Mischkristalle der Reihe Chlorargyrit–Bromargyrit und als Jodobromit (Ag(Br,Cl,I)) die Mischkristalle der Reihe Chlorargyrit–Bromargyrit-Jodargyrit bezeichnet.[2]

Bildung und Fundorte

Gruppe aus frei gewachsenen Chlorargyritkristallen in einer Quarz-Druse aus der Grube „Theuerdank“, Sankt Andreasberg, Niedersachsen (Objektbreite: 5mm)
Chlorargyrit (grünlich) und Galenit auf Cerussit aus der Oriziba Mine bei Tat Momoli, Casa Grande, Pinal County, Arizona, USA (Gesamtgröße der Stufe: 5,7 x 4,0 x 3,0 cm)

Chlorargyrit bildet sich als Sekundärmineral in der Oxidationszone von hydrothermalen Silber-Lagerstätten sowie unter ariden Klimabedingungen in Verwitterungslagerstätten des Red Bed Typs. Als Begleitminerale treten neben gediegen Silber unter anderem noch Akanthit, Atacamit, Cerussit, Jarosit, Jodargyrit und Malachit auf.

Als häufige Mineralbildung konnte Chlorargyrit bereits an vielen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand: 2012) rund 1400 Fundorte als bekannt gelten.[3] Neben seiner Typlokalität Marienberg trat das Mineral noch an vielen weiteren Orten in Sachsen auf, so unter anderem in der Grube „Himmlisch Heer“ bei Cunersdorf (Annaberg-Buchholz), im Bezirk Freiberg, bei Johanngeorgenstadt, Neustädtel (Schneeberg) und im Bezirk Schwarzenberg. Des Weiteren fand es sich in Deutschland noch an mehreren Orten im Schwarzwald (Baden-Württemberg), Odenwald (Hessen), bei Sankt Andreasberg im Harz (Niedersachsen), am Königsberg in Rheinland-Pfalz,

Der einzige gesicherte Fundort in Österreich ist der Stockerstollen am Silberberg nahe Brixlegg-Rattenberg in Tirol. Ein weiterer Fund in der „Hocheck Mine“ bei Annaberg in Niederösterreich konnte bisher nicht bestätigt werden.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Argentinien, Australien, Bolivien, Chile, China, Frankreich, Griechenland, Honduras, Italien, Japan, Kanada, Kasachstan, Madagaskar, Marokko, Mexiko, Namibia, Neuseeland, Norwegen, Portugal, Russland, Slowakei, Spanien, Südafrika, Tadschikistan, Tschechien, Ungarn, Peru, im Vereinigten Königreich (Großbritannien) und in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[10]

Morphologie

Chlorargyrit bildet gewöhnlich derbe, hornartige Massen und krustige Überzüge aus. Bekannt sind auch die als Buttermilcherz bezeichneten, wachsartigen Fließmassen. Seltener findet er sich in Form stalaktitischer bzw. korallenähnlicher oder auch faseriger Aggregate.

Gut ausgebildete Kristalle sind sehr selten und meist nur wenige Millimeter groß. Häufige kubische Formen sind Würfel {100}, Oktaeder {111} und Rhombendodekaeder {110} sowie deren Kombinationen. Auch Zwillinge nach der Oktaeder-Fläche (111) sind bekannt.

Kristallstruktur

Chlorargyrit kristallisiert isotyp (Halit-Strukturtyp) mit Bromargyrit im kubischen Kristallsystem in der Raumgruppe Fm3m (Raumgruppen-Nr. 225) mit dem Gitterparameter a = 5,55 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[11]

Verwendung

Chlorargyrit besteht aus bis zu 75,3 % Silber[12] und ist damit ein wichtiges Silbererz.

Siehe auch

Literatur

  • Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Springer Verlag, Berlin / Heidelberg / New York NY 2005, ISBN 3-540-23812-3, S. 293.

Weblinks

Commons: Chlorargyrite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols: Chlorargyrite, in: Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 60,8 kB)
  2. 2,0 2,1 Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 319-320.
  3. 3,0 3,1 Mindat - Chlorargyrite
  4. A. G. Betechtin (А. Г. Бетехтин): Lehrbuch der speziellen Mineralogie. 2. Auflage. VEB Verlag Technik, Berlin 1957 (Originaltitel: Курс минералогии, übersetzt von Wolfgang Oestreich), S. 252-253 (als Kerargyrit).
  5. Friedrich Klockmann, Paul Ramdohr, Hugo Strunz (Hrsg.): Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978 (Erstausgabe: 1891), ISBN 3-432-82986-8, S. 486.
  6. Naturkundemuseum Berlin - Chlorargyrit
  7. Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1, S. 193.
  8. 8,0 8,1 8,2 Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1, S. 240.
  9. 9,0 9,1 9,2 9,3 tw.strahlen.org - Thomas Witzke (Stollentroll): Die Entdeckung von Chlorargyrit
  10. MinDat - Chlorargyrite (englisch)
  11. Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 149.
  12. Webmineral - Chlorargyrite