Schwerkraft

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen finden sich unter Schwerkraft (Begriffsklärung) und unter Gravitation (Begriffsklärung)
Ein schräg nach oben gerichteter Strahl eines Springbrunnens verformt sich auf der Erde unter dem Einfluss der Gravitation zu einer Parabel.
Zwei Spiralgalaxien, die sich unter dem Einfluss der Gravitation der jeweils anderen verformen

Die Schwerkraft, auch Gravitation (von lateinisch gravitas, Schwere), ist eine der vier Grundkräfte der Physik. Sie bewirkt die gegenseitige Anziehung von Massen, besitzt unbegrenzte Reichweite und lässt sich nicht abschirmen. Auf der Erde bewirkt die Gravitation, dass alle Körper nach unten fallen, sofern sie nicht durch andere Kräfte daran gehindert werden. Im Sonnensystem bestimmt sie die Bahnen der Planeten, Monde, Satelliten und Kometen. Die Gravitation bestimmt auch die Bildung von Sternen und von Galaxien, und in der Kosmologie die Entwicklung des Universums.

Überblick

Nach Isaac Newton ist die Gravitation eine Kraft zwischen je zwei Massen. Sein Gravitationsgesetz, eine der Grundgleichungen der klassischen Mechanik, bestimmt Betrag und Richtung der Kraft zwischen zwei Massepunkten. Unmittelbare Wirkung dieser Gravitationskraft ist die Gravitationsbeschleunigung, also die ständige Änderung von Richtung oder Betrag der Geschwindigkeit aller sich frei bewegender Körper. Die newtonsche Theorie konnte die Beobachtungen zur Gravitation zuverlässig erklären, bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit der Periheldrehung der Bahn des Merkur erstmals eine kleine Abweichung gefunden wurde.

In der allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein erfährt die Gravitation eine grundsätzlich andere Interpretation. Nach dem Äquivalenzprinzip kann die Wirkung der Gravitation nicht von der Auswirkung einer Beschleunigung des Bezugssystems unterschieden werden; insbesondere heben sich in einem frei fallenden Bezugssystem die Wirkungen von Gravitation und Beschleunigung exakt auf. Man sagt, die Gravitation sei durch den Übergang zu den neuen Koordinaten „wegtransformiert“. In der allgemeinen Relativitätstheorie wird zu jedem Punkt im Raum das entsprechende Lokale Inertialsystem ermittelt, worin es keine Gravitation gibt und die Spezielle Relativitätstheorie mit ihrer vierdimensionalen Raumzeit in Euklidischer Geometrie gilt. Die Wirkung der Gravitation tritt dann bei der Rücktransformation in das Bezugssystem des Beobachters zutage.

Über größere Entfernungen treten allerdings Gezeitenkräfte auf, die sich in einem „gekrümmten“ Raum mit Riemannscher Geometrie vermeiden lassen. Die kräftefreie Bewegung verläuft darin überall geradlinig und gleichförmig, siehe Geodäte. Zur Bestimmung der an einem Punkt herrschenden Krümmung der Raumzeit dienen die einsteinschen Feldgleichungen. Sie wurden so formuliert, dass im Grenzfall schwacher Gravitation Übereinstimmung mit dem newtonschen Gravitationsgesetz sichergestellt ist.

Die allgemeine Relativitätstheorie behandelt die Gravitation also als Trägheitskraft und stellt sie mit Zentrifugalkraft, Corioliskraft oder der Kraft, die man in einem Fahrzeug beim Anfahren oder Abbremsen spürt, auf eine Stufe. Innerhalb des Sonnensystems, wo es sich um schwache Felder bzw. geringe Krümmung der Raumzeit handelt, ergeben sich nur geringe Abweichungen von den Vorhersagen des newtonschen Gravitationsgesetzes. Bei starker Krümmung, wie sie durch starke Konzentration großer Masse auf kleinem Raum hervorgerufen wird, werden völlig neue Phänomene wie z. B. Schwarze Löcher vorhergesagt.

Als Quelle wie auch als Angriffspunkt der Gravitation gilt in der newtonschen Mechanik allein die Masse, die, von dem ursprünglich ungenauen Begriff einer gegebenen Materiemenge ausgehend, hier ihre erste präzise physikalische Definition erfuhr. In der allgemeinen Relativitätstheorie ist die Gravitation Ausdruck der Krümmung der Raumzeit, die ihrerseits nicht nur von der Anwesenheit von Materie, sondern auch von Energie in jeder Form und darüber hinaus von Massen- und Energieströmen beeinflusst ist.

Alle der Beobachtung zugänglichen Vorhersagen der allgemeinen Relativitätstheorie wurden durch Messungen bestätigt. Experimentell nicht zugänglich sind extrem hohe Konzentrationen von Energie auf engstem Raum, für deren Beschreibung neben der Gravitation auch Quanteneffekte berücksichtigt werden müssten. Versuche einer Quantenfeldtheorie der Gravitation gibt es in Ansätzen. Es mangelt allerdings an Vorhersagen, die sowohl berechenbar als auch beobachtbar wären.

Geschichte

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Das Konzept der Gravitation von Galilei und Hooke besitzt recht alte Vorläufer. Altindische Autoren führten den freien Fall auf eine Kraft zurück, die proportional zur Masse eines Objektes ist und in Richtung des Erdmittelpunkts wirkt. Aristoteles beschrieb die Erde als den Körper, der die Anziehung aller anderen Körper hervorruft. Der persische Astronom Muhammad ibn Musa erklärte im 9. Jahrhundert die Bewegungen der Himmelskörper durch eine Anziehungskraft. Al-Biruni übersetzte im 11. Jahrhundert die Werke der indischen Autoren ins Arabische und ins Persische. Sein Zeitgenosse Alhazen formulierte eine Theorie der Massenanziehung. Der Perser Al-Khazini stellte im 12. Jahrhundert die Vermutung auf, dass die Stärke der Erdanziehung abhängig vom Abstand zum Erdmittelpunkt ist und unterschied zwischen Masse, Gewicht und Kraft. Im 16. Jahrhundert beschrieb Galileo Galilei den freien Fall eines Körpers als gleichmäßig beschleunigte Bewegung, die unabhängig von seiner Masse oder sonstigen Beschaffenheit ist. Der englische Gelehrte Robert Hooke erklärte um 1670 die Wirkung der Gravitation mit Hilfe von „Gravitationstrichtern“ und erklärte, dass die Gravitation eine Eigenschaft aller massebehafteten Körper sei und umso größer, je näher sich zwei Körper zueinander befänden. Die Theorie, dass die Schwerkraft umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstands vom Massezentrum ist, taucht 1680 in einem Brief Hookes an Newton erstmals auf.

Mathematisch wurde die Gravitation erstmals von Hookes Landsmann und Zeitgenossen Isaac Newton in seinen Principia beschrieben. Das von ihm formulierte newtonsche Gravitationsgesetz war die erste physikalische Theorie, die sich in der Astronomie anwenden ließ. Es bestätigt die bereits zuvor entdeckten keplerschen Gesetze der Planetenbewegung und lieferte damit ein grundlegendes Verständnis der Dynamik des Sonnensystems mit der Möglichkeit präziser Vorhersagen bezüglich der Bewegung von Planeten, Monden und Kometen.

Zur Erklärung der Gravitation im Sinne eines Prozessgeschehens wurden seit der Zeit Newtons bis zur Entwicklung der allgemeinen Relativitätstheorie im frühen 20. Jahrhundert eine Reihe mechanischer respektive kinetischer Erklärungen vorgeschlagen (siehe Mechanische Erklärungen der Gravitation). Eine der bekanntesten ist die von Fatio und Le Sage entwickelte Theorie der Le-Sage-Gravitation. Diese argumentiert, dass die Gravitationsanziehung zweier Körper auf der Abschirmung des aus Richtung des jeweils anderen wirkenden Drucks beruht. Im Zusammenhang hiermit stehen die Theorien eines Äthers als Vermittler von Wechselwirkungen (anstelle einer Fernwirkung), zu diesen Wechselwirkungen gehört auch der Elektromagnetismus. Eine der letzten dieser Theorien war die um 1900 entstandene lorentzsche Äthertheorie, die schließlich von dem neuartigen Ansatz der einsteinschen Relativitätstheorie verdrängt wurde. In dieser 1916 von Albert Einstein aufgestellten allgemeinen Relativitätstheorie (ART) wird die Gravitation auf eine geometrische Eigenschaft der Raumzeit zurückgeführt[1], die von jeder Form von Energie gekrümmt wird.

Gravitation auf der Erde

Schwerkraft auf der Erdoberfläche im Vergleich zum idealen Erdellipsoid. Die Schwereanomalien können etwa ±0,02 Prozent erreichen.


Die Begriffe „Gravitationskraft“ und „Schwerkraft“ bzw. „Gewichtskraft“ bedeuten nicht dasselbe: Während bei der Gravitationskraft (und den damit zusammenhängenden Begriffen Gravitationsbeschleunigung, Gravitationsfeld oder -potential) nur die Massenanziehung eine Rolle spielt, fließt in die Schwer- bzw. Gewichtskraft (und die damit zusammenhängenden Begriffe Schwerebeschleunigung, Schwerefeld, Schwerepotential, oder speziell Erdbeschleunigung und Erdschwerefeld) aufgrund der Erdrotation außerdem die Zentrifugalkraft (bzw. Zentrifugalbeschleunigung) mit ein. Gemeinsam ist ihnen, dass sowohl Gravitations- als auch Gewichts- bzw. Schwerkraft eines Körpers stets seiner Masse proportional sind, in der Summe:

$ {\vec {F}}_{G}=m{\vec {g}} $

Als Betrag der Gravitationsbeschleunigung $ |{\vec {g}}| $ ergibt sich auf der Erdoberfläche ein durchschnittlicher Zahlenwert von g = 9,81 m/s2, variiert aber wegen Erdabplattung, Zentrifugalkraft und Höhenprofil regional um einige Promille. Nach internationaler Konvention wurde ihr Standardwert auf g = 9,80665 m/s2 festgelegt.

Gravitation im Erdinnern nach dem seismischen PREM-Erdmodell, sowie Näherungen durch konstante und linear nach innen zunehmende Gesteinsdichte.

Schwerkraft auf der Erde

Der (beispielsweise mit einem Gravimeter) tatsächlich beobachtete Wert von $ |{\vec {g}}| $ weicht in aller Regel vom oben angegebenen Durchschnittswert ab. Für solche Schwereanomalien gibt es mehrere Gründe:

Abweichung von der Kugelform

An erster Stelle stehen dabei Abweichungen aufgrund der Tatsache, dass die Erde keine perfekte homogene Kugel ist: Lokale Unterschiede in der Dichte des Untergrunds (z.B. Erzvorkommen, bzw. Kontinentalplatten oder Meere) sowie die Abplattung der Erde zu einem Geoid ziehen örtliche Schwankungen der Gravitationsbeschleunigung von bis zu ±0,5 Prozent nach sich.

Zentrifugalkraft

Ein weiterer Aspekt ist die Tatsache, dass zur real beobachteten Schwerkraft nicht nur die Gravitationskraft $ {\vec {F}}_{G} $ beiträgt, sondern infolge der Erdrotation auch eine Zentrifugalkraft, die mit der geografischen Breite variiert. Die verursacht die Erdabplattung, die immerhin 0,3 Prozent ausmacht (der Erdradius ist an den Polen um 21 km kürzer als am Äquator).

Gravitationsbeschleunigung und effektive Schwerebeschleunigung sind also nicht dasselbe, sondern nur am Nord- und Südpol ident, wo keine Zentrifugalbeschleunigung auftritt. Die effektive Schwerebeschleunigung nimmt von den Polen in Richtung Äquator um etwa 0,5 % ab, wovon je die Hälfte auf die zunehmende Fliehkraft und auf den größeren Äquatorradius des Erdellipsoids entfallen.

Höheneffekt

Als dritter Effekt kommt die Abhängigkeit der Gravitationsbeschleunigung vom Abstand $ \ r $ zur anziehenden Masse ins Spiel, wobei die gesamte Masse der Erde in der Näherung der Erde als Kugel im Erdmittelpunkt angenommen wird. Die Schwerkraft verringert sich umso mehr, je weiter der Ort eines Beobachters vom Erdmittelpunkt entfernt ist. Gegenüber dem Ausgangswert an der Erdoberfläche (Meeresspiegel) verringert sich die lokale Fallbeschleunigung in einem in 10 km Höhe fliegenden Verkehrsflugzeug bereits auf etwa 99,7 Prozent, in einer Satellitenbahn von 200 km Höhe auf nur noch 94,0 Prozent.

Wegen dieser lokalen Unterschiede ist es erforderlich, den Ort mit anzugeben, auf den sich Zahlenangaben beziehen. Die Erdbeschleunigung wird daher auch Ortsfaktor genannt. Die Methoden, mit denen das lokale Schwerefeld der Erde vermessen wird, fasst man unter Gravimetrie zusammen.

Schwerelosigkeit

Wenn von „Schwerelosigkeit“ gesprochen wird, ist (meist) Gewichtslosigkeit gemeint, also nicht die Abwesenheit von Gravitation, sondern die Abwesenheit eines spürbaren Gewichts als einer ihrer gewöhnlich bemerkbaren Folgen. Dies tritt z. B. genau dann auf, wenn die (räumlich konstante) Gravitation als einzige äußere Kraft überhaupt auf den Körper wirkt und alle im Normalfall wirkenden Gegenkräfte fehlen.[2] Das geschieht etwa bei einem freien Fall im Vakuum oder in einem Satelliten, näherungsweise auch in einem zu heftig nach unten anfahrenden Fahrstuhl oder im Riesenrad vor und nach dem Erreichen des höchsten Punktes.[3] Der freie Fall hat auf der Erde ein baldiges Ende. Außerhalb der Erdatmosphäre ist es aber möglich, unentwegt um die Erde herumzufallen, wenn die Umlaufgeschwindigkeit mindestens 8 km/s beträgt. Für größere Körper begrenzen die Gezeitenkräfte die möglichen Kreisbahnen, siehe Roche-Grenze.

Schwerelosigkeit ohne Bewegung relativ zur Verbindungslinie zweier Himmelskörper, z. B. Erde und Sonne, ist an wenigen Stellen, den sogenannten Lagrange-Punkten möglich. Dort heben sich die Gravitationskraft der Erde, die Gravitationskraft der Sonne und die Zentrifugalkraft der Bahnbewegung gegenseitig auf. Dies wird etwa für das Planck-Weltraumteleskop genutzt.

Gravisphäre

Nahe Massen haben mehr Einfluss auf die Gravitationsbeschleunigung als ferne Massen. Daher sind auch um relativ kleine Körper im Schwerefeld großer Körper Satellitenbahnen möglich. Der Raumbereich, in dem dies der Fall ist, ist die Gravisphäre des jeweiligen Himmelskörpers.[4] Aus dem gleichen Grund ist die Gravitationsbeschleunigung eines unregelmäßig geformten Körpers nicht an allen Raumpunkten auf sein Baryzentrum ausgerichtet.

Newtonsches Gravitationsgesetz

Das newtonsche Gravitationsgesetz besagt, dass sich die Gravitationskraft $ {\vec {F}}_{m1} $, mit der ein Massenpunkt $ m_{1} $ von einem anderen Massepunkt $ m_{2} $ angezogen wird, proportional zu den beiden Massen und umgekehrt proportional zum Quadrat ihres Abstandes $ r $ verhält. Anders als die Coulombkraft wirkt die Gravitation stets anziehend. Auf den Massepunkt $ m_{1} $ wirkt die Kraft:

$ {\vec {F}}_{m1}=G\,{\frac {m_{1}m_{2}}{r^{2}}}\,{\vec {e}}_{r} $,

wobei $ \ G $ die Gravitationskonstante ist. Ihr Wert kann zum Beispiel mit einer Gravitationswaage ermittelt werden. Der Einheitsvektor $ {\vec {e}}_{r} $ gibt die Richtung der Gravitationskraft an. Er zeigt in Richtung des anderen Massenpunktes.

In Übereinstimmung mit dem dritten newtonschen Gesetz wirkt auf den Massepunkt $ m_{2} $ die gleiche, aber in der Richtung entgegengesetzte Kraft wie auf den Massepunkt $ m_{1} $:

$ {\vec {F}}_{m2}=-{\vec {F}}_{m1} $

Gravitationskonstante

Die Gravitationskonstante $ G $ ist eine Fundamentalkonstante der Physik. Ihre genaue Bestimmung ist sehr schwierig, denn zwischen irgend zwei durch Wägung bestimmten Massen ist die Gravitationskraft äußerst gering. Ihr Wert ist daher nur auf vier Dezimalstellen bekannt, im Unterschied zu den mindestens acht Dezimalstellen anderer Fundamentalkonstanten.[5]

Die erste Bestimmung gelang 1798 Henry Cavendish. Das in seinem Labor durchgeführte Experiment hat historische Bedeutung für die Entwicklung der experimentellen und theoretischen Grundlagen der Gravitation.

Newtonsches Schalentheorem

Newton leitete die folgenden drei Theoreme aus seinem Gravitationsgesetz ab:

  1. Die Gravitationskraft außerhalb einer kugelsymmetrischen Massenverteilung ist dieselbe, als ob die gesamte Masse in der Kugelmitte punktförmig konzentriert wäre. (Dies gilt auch in der allgemeinen Relativitätstheorie, wo es als Birkhoff-Theorem bekannt ist.) Daher darf man auch ausgedehnte Himmelskörper (sofern ihr Aufbau näherungsweise kugelsymmetrisch angenommen wird) als Massenpunkte behandeln.
  2. Im Innern einer kugelsymmetrischen Massenverteilung (z. B. Hohlkugel) erzeugt diese keine Gravitationskraft. Daraus folgt: in einem beliebigen Abstand r vom Mittelpunkt einer kugelsymmetrischen Massenverteilung rührt die Gravitationskraft genau von dem Anteil der Gesamtmasse her, der innerhalb einer Kugel mit dem Radius r liegt.
  3. Im Innern einer elliptischen Massenschale erzeugt diese keine Gravitationskraft. Das dritte Theorem Newtons stellt eine Verallgemeinerung des zweiten dar.

Wegen der mathematischen Ähnlichkeit des newtonschen Gravitationsgesetzes zum Coulomb-Gesetz gelten diese Theoreme auch für elektrische Kräfte in der Elektrostatik.

Gravitationsfeld

Dem allgemeinen Begriff des Kraftfelds entsprechend ist das Gravitationsfeld diejenige vektorielle Größe $ {\vec {g}}({\vec {r}}) $ , die durch Multiplikation mit der Masse $ m $ eines („Probe“-)Körpers die auf diesen am Ort $ {\vec {r}} $ wirkende Kraft ergibt:

$ {\vec {F}}=m\cdot {\vec {g}}({\vec {r}}) $.

Wirken keine weiteren Kräfte auf den Körper, dann gibt $ {\vec {g}}({\vec {r}}) $ direkt die Beschleunigung an, die das am Ort $ {\vec {r}} $ vorhandene Gravitationsfeld ihm erteilt. Man sagt, der Körper befinde sich im freien Fall. Auf der Erde gibt die Erdbeschleunigung $ g $ die Größe des Gravitationsfelds zuzüglich der oben genannten Korrekturen an.


Die Beschleunigung durch ein Gravitationsfeld hat die einzigartige Eigenschaft, dass sie für alle Körper gleich ist, insbesondere unabhängig von ihrer Masse und deren stofflicher Beschaffenheit. Diese Tatsache, die experimentell auf bisher 12 Dezimalstellen genau bestätigt werden konnte, ist grundlegend für die allgemeine Relativitätstheorie.

Jede Masse M ist von einem Gravitationsfeld umgeben.

$ {\vec {g}}({\vec {r}})=-{\frac {GM}{r^{2}}}\;{\frac {\vec {r}}{r}} $.

Die Felder mehrerer Massen summieren sich vektoriell. Bei einer kontinuierlichen Massenverteilung mit der Dichte $ {\vec {\rho }}({\vec {r}}) $ ist ein entsprechendes Integral über den Raum zu bilden.

Das Gravitationspotential $ \Phi ({\vec {r}}) $ einer punktförmigen Masse M ergibt sich zu

$ {\vec {\Phi }}({\vec {r}})=-{\frac {GM}{r}} $.

Für eine kontinuierliche Massenverteilung lässt sich das Gravitationspotential durch Lösen der Poisson-Gleichung

$ \Delta \Phi ({\vec {r}})=4\pi G\rho ({\vec {r}}) $

bestimmen. Bei einer kugelsymmetrischen Massenverteilung ergibt sich daraus im Außenraum die vorgehende Formel für eine Punktmasse.

Über die Beziehung

$ {\vec {g}}({\vec {r}})=-\nabla \Phi ({\vec {r}}) $

kann aus dem Potential das Gravitationsfeld bestimmt werden. Ähnlich wie das elektrische Feld, das in der klassischen Elektrodynamik das gaußsche Gesetz erfüllt, gilt auch für das Gravitationsfeld $ {\vec {g}}({\vec {r}}) $ einer beliebigen Massenverteilung

$ \oint _{A}{\vec {g}}({\vec {r}})\;\mathrm {d} {\vec {A}}=-4\pi GM $,

worin $ M $ die innerhalb der geschlossenen Fläche $ A $ befindliche Gesamtmasse ist.

In differentieller Form erhält man mit dem gaußschen Integralsatz

$ \nabla \cdot {\vec {g}}({\vec {r}})=-4\pi G\rho ({\vec {r}}) $.

Allgemeine Relativitätstheorie

Das Licht einer weit entfernten Galaxie kann durch die Gravitation eines sehr schweren Körpers so abgelenkt werden, dass es auf der Erde als Einstein-Ring erscheint

In der allgemeinen Relativitätstheorie (ART) wird die Gravitation nicht wie eine Kraft im Sinne der klassischen Physik behandelt. Die Theorie ist daher keine gewöhnliche Feldtheorie. Vielmehr werden Orts- und Zeitkoordinaten wie in der speziellen Relativitätstheorie zusammengefasst zu einer vierdimensionalen Raumzeit, die nun aber nicht mehr „flach“ ist sondern durch eine vierdimensionale pseudo-riemannsche Mannigfaltigkeit beschrieben wird. Die Raumzeit wird durch die Anwesenheit von Masse oder Energie lokal gekrümmt. Ein Körper, der nur dem Einfluss der Gravitation folgt, bewegt sich zwischen zwei Raumzeitpunkten (Ereignissen) stets entlang derjenigen Verbindungslinie, die - gemäß der Vorzeichenkonvention der in der ART üblichen Metrik[Anm. 1] gemessen - die längste ist. Dort wo die Raumzeit flach ist, ist dies eine Gerade. Bei einer gekrümmten Mannigfaltigkeit spricht man allgemein von einer Geodäte. Die Krümmung der Raumzeit wird durch die einsteinschen Feldgleichungen gerade so festgelegt, dass die gleichförmige Bewegung auf einer Geodäte, wenn man sie in die üblichen Koordinaten für Ort und Zeit umrechnet, wie die Bewegung des Körpers im herrschenden Gravitationsfeld aussieht (also freier Fall, Wurfparabel, Planetenbahn etc.). Die Gravitation lässt sich auf diese Weise als ein rein geometrisches Phänomen deuten, für dessen Erklärung keine besondere Kraft mehr herangezogen werden muss. Im Gegensatz zu den Theorien der anderen Grundkräfte ist die allgemeine Relativitätstheorie also keine Feldtheorie in einem durch vorgegebene Koordinaten für Ort und Zeit definierten Raum, sondern die Raumzeit selbst ist das Objekt der Theorie.

In diesem Sinne reduziert die allgemeine Relativitätstheorie die Gravitationskraft auf den Status einer Scheinkraft: Wenn man auf einem Stuhl sitzend fühlt, wie durch eine „Gravitationskraft“ zur Erde hin gezogen wird, deutet die ART dies so, dass man von der Stuhlfläche fortwährend daran gehindert wird, der Geodäte durch die von der Erdmasse gekrümmte Raumzeit zu folgen (das wäre der freie Fall). Dabei ist die Kraft, mit der die Stuhlfläche auf die Sitzfläche des Beobachters einwirkt, keineswegs eine Scheinkraft. Sie geht letztlich zurück auf die elektrostatische Abstoßung bei der Berührung der Atome der Stuhlfläche durch die Atome des Beobachters. Nach der Sichtweise der allgemeinen Relativitätstheorie verschiebt sich also die Interpretation der Ereignisse. Während nach der klassischen Mechanik die Erde ein Inertialsystem darstellt, in dem die nach unten gerichtete Schwerkraft auf den Beobachter durch die nach oben gerichtete Stützkraft des Stuhls ausgeglichen wird, so dass der Beobachter in Ruhe bleiben kann, stürzt das nach der allgemeinen Relativitätstheorie richtige Inertialsystem mit Erdbeschleunigung $ g $ nach unten, doch in diesem Inertialsystem übt der Stuhl eine Kraft auf den Beobachter aus, die ihn konstant mit $ -g $ nach oben beschleunigt.

Senkrecht frei fallende Körper hingegen, aber auch Satelliten, Planeten, Kometen oder Parabelflüge folgen einer Geodäte durch die Raumzeit. Ihre Bewegungen werden in der allgemeinen Relativitätstheorie als (netto) kräftefrei angesehen. Denn die Erdmasse (oder Sonnenmasse) beeinflusst durch die Raumzeitkrümmung die Definition davon, was im Sinne der Trägheit von Körpern „geradeaus“ bedeutet. Direkter tritt die Raumzeitkrümmung z. B. in astronomische Beobachtungen in Erscheinung, in denen der Einfluss großer Massen auf die Geradlinigkeit der Lichtstrahlen nachgewiesen werden konnte (s. Abb.).

Nach den einsteinschen Feldgleichungen trägt nicht nur Masse, sondern auch jede Form von Energie zur Krümmung der Raumzeit bei, einschließlich der mit der Gravitation selber verbundenen Energie. Daher sind die Gleichungen nichtlinear. Sie lassen sich im Bereich schwacher Krümmung durch lineare Gleichungen annähern, in denen sich in Annäherung das newtonsche Gravitationsgesetz wiederfinden lässt. Zu den nach dem newtonschen Gesetz berechneten Phänomenen ergeben sich damit kleine Korrekturen, die durch genaue Beobachtungen sämtlich bestätigt werden konnten (siehe Tests der allgemeinen Relativitätstheorie). Völlig neue Phänomene jedoch ergeben sich bei starker Krümmung der Raumzeit, hier insbesondere die Schwarzen Löcher.

Gravitation und Quantentheorie

Hauptartikel: Quantengravitation und Quantenfeldtheorie

Im Rahmen einer Quantenfeldtheorie wird die Gravitation in linearer Näherung durch den Austausch eines als Graviton bezeichneten masselosen Teilchens beschrieben, das den Spin 2 hat. Darüber hinaus führt schon die Formulierung einer Quantentheorie der Gravitation zu prinzipiellen Problemen, die bisher ungelöst sind. Auch die supersymmetrische Erweiterung führte bisher nicht zu einer konsistenten Theorie. Als derzeit aussichtsreichste Kandidaten gelten die Stringtheorie und die Loop-Quantengravitation. Ein wesentliches Ziel ist dabei, die Gravitation mit den übrigen Wechselwirkungen zu einer „Großen Vereinheitlichten Theorie“ (GUT) zu vereinen, um somit eine Theorie zu formulieren, die alle Naturkräfte auf einmal beschreiben kann. Das bedeutet, dass die Gravitation, welche die Effekte der Quantenfeldtheorie nicht berücksichtigt, um diese erweitert würde. Im Rahmen der vereinigten Superstringtheorien, der M-Theorie, wird das Universum als 11-dimensionale Mannigfaltigkeit beschrieben. Dabei stellt der Teil des Universums, in welchem wir existieren, eine höherdimensionale Membran (D-Brane) dar, welche selbst in eine noch höherdimensionalere Mannigfaltigkeit eingebettet ist, in der noch weitere Branen schwingen könnten und somit parallele Raumzeiten innerhalb desselben Universums darstellen. In der M-Theorie werden die Gravitonen als geschlossene Strings dargestellt, welche nicht an die Grenzen einer Brane gebunden sind. Daher sind sie in der Lage, sich durch alle zusätzlichen Raumdimensionen auszubreiten und auch in andere Branen zu gelangen. Auf diese Weise wird die Stärke der Gravitation hinreichend abgeschwächt, so dass sie im Rahmen unserer 4-dimensionalen Erfahrungswelt als die schwächste der vier Wechselwirkungen erscheint.

Spekulationen im Umfeld der Gravitation

Im Bereich der Science-Fiction gibt es zahlreiche Konzepte einer gravitativen Abschirmung oder einer Antigravitation. Jenseits des Wissenschaftsbetriebs bzw. des wissenschaftlichen Mainstreams gibt es immer wieder Bemühungen, einen solchen Effekt nachzuweisen. Relative Bekanntheit haben Experimente von Quirino Majorana, der um 1920 eine abschirmende Wirkung durch schwere Elemente gefunden haben will[6] (entkräftet u. a. durch Henry Norris Russell[7]), und von Jewgeni Podkletnow, der 1995 bei rotierenden Supraleitern eine Abnahme der Gewichtskraft behauptete,[8] was allerdings ebenfalls nicht bestätigt werden konnte.[9][10][11]

Siehe auch

Anschauungsbeispiel auf dem Mond
  • David Randolph Scott, Commander der Mondmission Apollo 15 (1971), demonstriert anhand einer Feder und eines Hammers, die er im luftleeren Raum auf dem Mond fallen lässt, dass alle Körper unabhängig von ihrer Masse gleich schnell fallen.

Anmerkungen

  1. In der speziellen Relativitätstheorie ist die Minkowski-Metrik für flache Raumzeit gebräuchlich: $ \mathrm {d} s^{2}=c^{2}\mathrm {d} t^{2}-\mathrm {d} x^{2}-\mathrm {d} y^{2}-\mathrm {d} z^{2} $. Darin tritt das Quadrat des räumliche Abstands mit negativem Vorzeichen auf. In der ART treten Koeffizienten in Form ortsabhängiger Funktionen hinzu, verschieden für die Orts- und die Zeitdifferenziale. In diesen drückt sich die Krümmung des Riemannschen Raumes aus.

Literatur

  • Charles W. Misner, Kip S. Thorne, John Archibald Wheeler: Gravitation. Freeman, 2000, ISBN 0-7167-0344-0.
  • Gravitation. In: Sterne und Weltraum. Special 6, 2001, ISSN 1434-2057
  • Claus Kiefer: Gravitation. Fischer, 2002, ISBN 3-596-15357-3.
  • Alexander Unzicker: Why do we Still Believe in Newton's Law? Facts, Myths and Methods in Gravitational Physics. arXiv:gr-qc/0702009
  • Erwin Kohaut, Walter Weiss: Das Rätsel Gravitation: … und seine naturphilosophische Lösung. Va Bene, Klosterneuburg 2007, ISBN 978-3-85167-195-7.
  • Walter Ritz: Theorien über Aether, Gravitation, Relativität und Elektrodynamik. Schritt, Bern 1963.
  • Ephraim Fischbach, Carrick L. Talmadge: The search for non-Newtonian gravity. Springer, New York 1999, ISBN 0-387-98490-9.
  • Gilles Clément, Angie Bukley (Hrsg.): Artificial gravity. Springer, New York 2007, ISBN 978-0-387-70712-9.
  • David Darling: Gravity's arc-the story of gravity from Aristotle to Einstein and beyond. Wiley, Hoboken N. J. 2006, ISBN 978-0-471-71989-2.
  • Richard L. Amoroso: Gravitation and cosmology – from the Hubble radius to the Planck scale. Kluwer Academic, Dordrecht 2002, ISBN 1-4020-0885-6.
  • Roberto de Andrade Martins: The search for gravitational absorption in the early 20th century. In: H. Goemmer, J. Renn, J. Ritter (Hrsg.): The Expanding Worlds of General Relativity. Einstein Studies, Band 7. Birkhäuser, Boston 1999, S. 3-44.

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Gravitation – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Gravitation – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Einzelnachweise

  1. Albert Einstein: Die Grundlagen der Allgemeinen Relativitätstheorie. In: Annalen der Physik. 4, 49. PDF
  2.  Ludwig Bergmann, Clemens Schaefer: Lehrbuch Der Experimentalphysik: Mechanik, Relativitat, Wärme, Band 1. de Gruyter, 1998, ISBN 3110128705 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  3.  Walter Greiner: Klassische Mechanik I. Harri Deutsch, 2007, ISBN 978-3817118151 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  4. M.D. Kislik: Spheres of Influence of Large Planets and the Moon, Cosmic Research, Vol 2, 1964, S. 853-858.
  5. CODATA Recommended Values. National Institute of Standards and Technology, abgerufen am 21. Juni 2011. Relative Unsicherheit 1,2·10-4
  6. Q. Majorana: On gravitation. Theoretical and experimental researches. In: Philosophical Magazine. Band 39, 1920. S. 488–504.
  7. H. N. Russell: On Majorana’s theory of gravitation. In: Astrophysical Journal. Band 54, 1921. S. 334-346.
  8. arXiv:physics/0108005 Podkletnov's Original Paper
  9. N. Li, D. Noever, T. Robertson, R. Koczor, W. Brantley: Static Test for a Gravitational Force Coupled to Type II YBCO Superconductors. In: Physica C. Band 281, 1997. S. 260-267.
  10. C. Woods, S. Cooke, J. Helme, C. Caldwell: Gravity Modification by High Temperature Superconductors. In: Joint Propulsion Conference, AIAA 2001-3363. 2001.
  11. Hathaway, Cleveland, Bao: Gravity modification experiment using a rotating superconducting disk and radio frequency fields. In: Physica C. Band 385, 2003. S. 488–500.

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