Cyclobutanon

Cyclobutanon

Strukturformel
Struktur von Cyclobutanon
Allgemeines
Name Cyclobutanon
Summenformel C4H6O
CAS-Nummer 1191-95-3
PubChem 14496
Kurzbeschreibung

farblose Flüssigkeit[1]

Eigenschaften
Molare Masse 70,09 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

0,9547 g·cm−3 (0 °C)[1]

Schmelzpunkt

−50,9 °C[1]

Siedepunkt

99,75 °C[2]

Löslichkeit

löslich in Wasser, Diethylether, Benzol, Chloroform und Toluol[1]

Brechungsindex

1,4215 (20 °C)[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [3]
02 – Leicht-/Hochentzündlich

Achtung

H- und P-Sätze H: 226
P: keine P-Sätze [3]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [4][3]
keine Gefahrensymbole
R- und S-Sätze R: 10
S: 23-24/25
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C
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Cyclobutanon ist ein Vierring-Keton und in der homologen Reihe der cyclischen Ketone (Cycloalkanone) das zweite Glied. Im Gegensatz zum Cyclopropanon, dem kleinsten, aber äußerst unbeständigen cyclischen Keton, ist Cyclobutanon eine bei Raumtemperatur stabile, lagerfähige Flüssigkeit, die destilliert werden kann.

Geschichte und Darstellung

Der russische Chemiker Nikolai Kischner berichtete im Jahre 1905 erstmals über diese Substanz.[5] Er erhielt Cyclobutanon in geringer Ausbeute aus Cyclobutancarbonsäure in mehreren Reaktionsschritten. Das Syntheseverfahren ist nach heutigen Maßstäben umständlich und uneffektiv.

Synthese von Cyclobutanon aus Cyclobutancarbonsäure

In der Folge wurden ergiebigere Synthesen ausgearbeitet.[6] Bei den älteren Verfahren handelt es sich um Abbaureaktionen von C5-Bausteinen. Zum Beispiel wurde die oxidative Decarboxylierung von Cyclobutancarbonsäure durch Einsatz anderer Reagenzien und Methoden verbessert. Ein neuer, aufbauender Weg zum Cyclobutanon wurde von P. Lipp und R. Köster gefunden, die eine Lösung von Diazomethan in Diethylether mit Keten reagieren ließen.[7] Diese Reaktion beruht auf einer Ringerweiterung des primär gebildeten Cyclopropanons, wobei molekularer Stickstoff abgespalten wird. Die Umsetzung ist jedoch mit Vorsicht durchzuführen, da Diazomethan explosiv ist; das gasförmige Keten muss in einer speziellen Apparatur erzeugt werden.[8] Der Reaktionsmechanismus konnte durch eine Umsetzung unter Verwendung von 14C-markiertem Diazomethan bestätigt werden.[9]

Bildung von Cyclobutanon aus Keten und Diazomethan via Cyclopropanon

Die „beste Methode“ zur Synthese von Cyclobutanon soll die durch Lithiumiodid katalysierte Umlagerung von Oxaspiropentan sein, welches durch Epoxidierung aus dem leicht zugänglichen Methylencyclopropan entsteht:[10][11]

Synthese von Cyclobutanon durch Umlagerung

Seebachs Dithian-Methode und die solvolytische Cyclisierung von Butinyltriflat werden in Organic Synthesis als weitere synthetische Zugänge zu dem Vierringketon empfohlen.[12][13] Während Seebachs Synthese aufbauend ist (C3 + C1-Bausteine), repräsentieren die beiden anderen Verfahren Umwandlungen von C4-Bausteinen.[11][13]

Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

Cyclobutanon liegt bei Raumtemperatur als farblose Flüssigkeit vor. Der Siedepunkt unter Normaldruck liegt bei 99,75 °C.[2] Die entsprechende Verdampfungswärme beträgt 38,2 kJ·mol−1.[2][14] Die Dampfdruckfunktion ergibt sich nach Antoine entsprechend log10(P) = A−(B/(T+C)) (P in bar, T in K) mit A = 5,00324, B = 1740,994 und C = −19,419 im Temperaturbereich von 249,1 bis 298,4 K.[15]

Chemische Eigenschaften

Auf ca. 350 °C erhitzter Dampf von Cyclobutanon (C4H6O) zerfällt in Ethen (C2H4) und Keten (H2C2O). Die Aktivierungsenergie für diese [2+2]-Cycloreversion beträgt 52 kcal/mol.[16] Die formal simple Retroreaktion, d. h. die [2+2]-Cycloaddition von Keten an Ethen, wurde nie beobachtet. Offenbar ist sie sehr viel langsamer als die Dimerisierung von Keten zu Diketen.

Zersetzung von Cyclobutanon

Verwendung

Cyclobutanon kann in der organischen Synthese im Labor als Ausgangsmaterial zur Herstellung anderer Cyclobutan-Derivate dienen. In der industriellen Chemie hat es vermutlich keine Bedeutung.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 David R. Lide: CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage, 2009, CRC Press, Kap. 3, S. 124.
  2. 2,0 2,1 2,2 G. Wolf: Thermochemische Untersuchungen an cyclischen Ketonen, in: Helv. Chim. Acta 55 (1972) S. 1446–1459; doi:10.1002/hlca.19720550510.
  3. 3,0 3,1 3,2 Datenblatt Cyclobutanone, 99 % bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 4. August 2011.
  4. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  5. N. Kishner: Über das Cyklobutanon, Journal der Russischen Physikalisch-Chemischen Gesellschaft, 37, S. 106–109 (1905); Über die Einwirkung von Brom auf die Amide α-bromsubstituierter Säuren, ibid. 37, S. 103–105 (1905), zitiert nach Chemisches Zentralblatt, 1905 I, 1220 bzw. 1219.
  6. Dieter Seebach: Isocyclische Vierringverbindungen in Houben-Weyl-Müller, Methoden der Organischen Chemie, Band IV/4, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1971.
  7. P. Lipp und R. Köster, Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft, 64, S. 2823–2825 (1931).
  8. S. Kaarsemaker, J. Coops, Recueil des Travaux Chimiques des Pays-Bas, 70, S. 1033 (1951).
  9. D. A. Semenow, E. F. Cox, J. D. Roberts: Small-Ring Compounds. XIV. Radioactive Cyclobutanone from Ketene and Diazomethane-14C, in: J. Am. Chem. Soc., 78 (1956) S. 3221–3223, doi:10.1021/ja01594a069.
  10. J. R. Salaün, J. M. Conia: Oxaspiropentane. A Rapid Route to Cyclobutanone, Journal of the Chemical Society D: Chemical Communications, 1971, S. 1579b–1580; doi:10.1039/C2971001579B.
  11. 11,0 11,1 J. R. Salaün, J. Champion, J. M. Conia: Cyclobutanone from Methylenecyclopropane via Oxaspiropentane. In: Organic Syntheses. Coll. Vol. 6, p. 320 (1988); Vol. 57, S. 36 (1977); PDF.
  12. D. Seebach, A. K. Beck: Cyclic Ketones from 1,3-Dithiane: Cyclobutanone. In: Organic Syntheses. Coll. Vol. 6, p. 316 (1988); Vol. 51, S. 76 (1971); PDF.
  13. 13,0 13,1 M. Hanack, T. Dehesch, K. Humm, A. Nierth: Cyclobutanone. In: Organic Syntheses. Coll. Vol. 6, S. 324 (1988); Vol. 54, p. 84 (1974); PDF.
  14. K. B. Wiberg, K. M. Morgan, H. Maltz: Thermochemistry of carbonyl reactions. 6. A study of hydration equilibria, in: J. Am. Chem. Soc., 116 (1994) S. 11067–11077; doi:10.1021/ja00103a024.
  15. S. W. Benson, G. B. Kistiakowsky: The Photochemical Decomposition of Cyclic Ketones, in: J. Am. Chem. Soc., 64 (1942) S. 80–86; doi:10.1021/ja01253a021.
  16. M. N. Das, F. Kern, T. D. Coyle und W. D. Walters: The Thermal Decomposition of Cyclobutanone, in: J. Am. Chem. Soc., 76, S. 6271–6274 (1954); doi:10.1021/ja01653a013.