Tugtupit
Tugtupit | |
Tugtupit in Quarz vom Kuannersuit (Kvanefjeld) Plateau, Narsaq, Provinz Kitaa, Grönland | |
Chemische Formel |
Na4[(Cl,S)|BeAlSi4O12] |
Mineralklasse | Silicate und Germanate 9.FB.10 (8. Auflage: VIII/J.11) nach Strunz 76.02.03.07 nach Dana |
Kristallsystem | tetragonal |
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin | tetragonal-disphenoidisch $ {\bar {4}} $ |
Farbe | weiß, rosa, rot, bläulich |
Strichfarbe | weiß |
Mohshärte | je nach Quelle 4 oder 5 bis 6 |
Dichte (g/cm3) | 2,36 |
Glanz | Glasglanz |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Bruch | uneben bis muschelig |
Spaltbarkeit | unvollkommen nach {111} |
Habitus | kleine Kristalle; körnige bis massige Aggregate |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | ω=1,496 ; ε=1,502 [1] |
Doppelbrechung (optischer Charakter) |
δ=0,006 [1] ; einachsig positiv (anormal auch zweiachsig) [1] |
Tugtupit (auch Berylliumsodalith oder Rentierstein) ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der Silicate (und Germanate). Er kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Na4[(Cl,S)|BeAlSi4O12] [2] und entwickelt meist körnige bis massige, glasglänzende und durchscheinende Mineral-Aggregate bis etwa 10 cm Größe, selten auch Kristalle im Millimeterbereich.
Besondere Eigenschaften
Im Tageslicht reicht das Farbspektrum von Tugtupit von weiß über pink bis zu einem tiefen Rot. Sehr selten werden auch bläuliche Steine gefunden. Die rote Farbe resultiert aus kleinen Mengen Schwefel im Tugtupit. Wenn ein blasser Tugtupit dem UV-Licht oder dem Sonnenlicht ausgesetzt wird, verstärkt sich das Rot. Diese Farbvertiefung kann wochenlang andauern. In der Dunkelheit verblasst das Rot wieder (Photochromie). Tugtupite können auch auf Wärme reagieren.
Tugtupit ist bekannt für seine ausgezeichnete Fluoreszenz. Wenn es UV-Licht oder dem Sonnenlicht ausgesetzt wird, verstärkt sich das Rot. Unter kurzwelligem UV-Licht leuchtet es kirschrot, unter langwelligem UV-Licht mehr oder weniger stark orange. Dunkelroter Tugtupit aus dem Kvanefjeld-Gebiet zeigt die stärkste Reaktion auf UV-Licht, wobei die Farbvertiefung einige Wochen erhalten bleibt. Dieser Tugtupit zeigt keine Phosphoreszenz. Blassrosa Tugtupit aus dem Taseq-Gebiet zeigt eine andere UV-Reaktion: ein schwächeres Rot unter kurzwelligem UV, lachs-orange unter langwelligem UV und pink-violett unter mittelwelligem UV. Dieser Tugtupit zeigt eine starke, weißliche Phosphoreszenz. Wieder anders reagieren Steine von anderen Fundgebieten im Ilímaussaq-Komplex ein pink-orange unter kurzwelligem UV, ein sehr helles Weiß unter mittelwelligem UV und orange unter langwelligem UV, dabei auch phosphoreszierend.
Die Angabe der Mohs'schen Härte wird je nach Quelle mit 4 [3] bzw. 5,5 bis 6 [4] angegeben.
Etymologie und Geschichte
Europäische Geologen entdeckten Tugtupit im Jahre 1957. Die grönländischen Inuit kannten diesen Stein allerdings schon seit Jahrhunderten. Sie benannten Tugtupit nach dem Blut von Rentieren („tuttu“). Seinen offiziellen Namen erhielt das Mineral allerdings 1962 von seinem Erstbeschreiber H. Sørensen, der es nach seiner Typlokalität Tugtup Agtakorfia (Tuttup Attakoorfia) benannte.
Klassifikation
In der alten (8. Auflage) und der neuen Systematik der Minerale (9. Auflage) nach Strunz gehört der Tugtupit zur Abteilung der Gerüstsilikate (Tektosilikate). Diese Abteilung ist seit der Neuauflage der Strunz'schen Mineralsystematik weiter unterteilt und teilweise neu definiert worden, sodass sich das Mineral jetzt in der Abteilung und Unterabteilung „Gerüstsilikate (Tektosilikate) ohne zeolitisches H2O - mit weiteren Anionen“ befindet.
Die Systematik der Minerale nach Dana sortiert den Tugtupit in die Abteilung „Tectosilicate Al-Si Framework Feldspathoids and related species“ (Übersetzt: k mit Al-Si-Gerüst, Foidite und Verwandte).[5]
Bildung und Fundorte
Tugtupit bildet sich vorwiegend in Hydrothermal-Adern von Syenit-Pegmatiten, wo es den Chkalovit ersetzt. Das Vorkommen beschränkt sich auf ein 8 x 17 km großes Gebiet im Süden Grönlands, dem „Ilímaussaq-Komplex“. Dort finden sich mehr als 250 unterschiedliche Mineralien (Grönland: mehr als 500 Mineralien, mit 77 Typlokalitäten). Hier wurde 1957 der erste Tugtupit gefunden: in Tugtup Agtakôrfia, am nördlichen Ufer des Tunuljarfik-Fjordes, der diese Nephelin-Syenit-Intrusion durchschneidet. Die kleine Stadt Narsaq liegt 11 km westlich des Zentrums des Ilímaussaq-Komplexes. Das Gebiet ist nur spärlich mit niedrigen Pflanzen bewachsen, sehr verwittert und steigt von SO nach NW an. Mount Ilímaussaq (1390 m) ist die höchste Erhebung des Komplexes. Das Fundgebiet kann nur in den Sommermonaten zu Fuß erreicht werden.
Tugtupit wird auch noch in Mont-Saint-Hilaire (Québec, Kanada) und im Lovozero-Massiv auf der Halbinsel Kola im Norden Russlands gefunden.[6] Das U.S. Geological Survey berichtet, dass größere Mengen Tugtupit in Flüssen Nepals gefunden worden sind.[7]
Kristallstruktur
Tugtupit kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem in der Raumgruppe $ I{\bar {4}} $, den Gitterparametern a = 8,640 Å und c = 8,873 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[8]
Verwendung als Schmuckstein
Durchscheinende oder transparente, tiefrote (im Tageslicht) Steine aus der Region Kvanefjeld werden zu Schmucksteinen verarbeitet (Ringe, Anhänger usw.). Inuit-Künstler bessern sich ihr Einkommen auf, indem sie die Rohsteine schleifen, polieren und dann verkaufen. Gute Tugtupite sind relativ durchscheinend und ohne sonstige sichtbare Einschlüsse von Fremdmineralien. Die besten Steine sind fast transparent, kräftig rot und von Edelstein-Enthusiasten sehr gesucht. Allerdings muss man die geringe Mohs-Härte berücksichtigen. Tugtupite sollten daher nicht in alltäglich gebrauchten Ringen verwendet werden. Nur Grönland kann den internationalen Markt mit ausreichenden Mengen wertvollen, manchmal tiefroten und sehr gesuchten Tugtupits versorgen.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 MinDat - Tugtupite (englisch)
- ↑ Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. 5. Auflage. Christian Weise Verlag, München 2008, ISBN 3-921656-17-6.
- ↑ * Mineraldatenblatt - Tugtupite (engl., PDF 69,1 KB)
- ↑ Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. 13. Auflage. BLV Verlags GmbH, 1976/1989, ISBN 3-405-16332-3, S. 220.
- ↑ Webmineral - New Dana Classification of Tektosilicates Tectosilicate Al-Si Framework (englisch)
- ↑ MinDat - Localities for Tugtupite (englisch)
- ↑ USGS 2006 Minerals Yearbook - The Mineral Industries of Bhutan and Nepal
- ↑ American Mineralogist Crystal Structure Database (engl., 2004)
Literatur
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 269.
Weblinks