Reizstoff

Reizstoff

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Einsatz von Tränengas durch die französische Gendarmerie mobile

Reizstoffe sind chemische Substanzen, die die Funktionsfähigkeit des menschlichen Körpers beeinträchtigen sollen, indem sie ihn reizen. Die Hauptanwendungen von Reizstoffen zielen auf Atemwege und Augen (Tränengas). Wie viele andere so genannte nicht-tödliche Waffen können Reizstoffe nachhaltige Gesundheitsschädigungen oder sogar den Tod verursachen.

Stoffe

Augenreizstoffe

Augenreizstoffe (Lachrymatoren[1]; von lat. lacrima für Träne) und nicht-schädigende Augenkampfstoffe wirken, indem sie die Nerven der Hornhaut der Augen reizen und dadurch Tränenfluss auslösen, Schmerzen verursachen oder zu zeitlich begrenzter Erblindung führen können. Landläufig werden Augenreizstoffe als Tränengas bezeichnet, wobei es sich in der Regel nicht um ein Gas sondern um ein Aerosol handelt.

Die früher oft verwendeten Substanzen auf Acetonbasis (vor allem Bromaceton) werden wegen ihrer Gesundheitsgefahren heute nicht mehr eingesetzt. Verbreitete Augenreizstoffe sind Chloracetophenon (CN) – welches mittlerweile weitgehend durch 2-Chlorbenzylidenmalonsäuredinitril (CS) abgelöst wurde – oder auch Dibenzoxazepin (CR). Zunehmend werden Augenreizstoffe auf Basis von Oleoresin Capsicum (sogenannte Pfeffersprays) eingesetzt.

Nasen- und Rachenreizstoffe

Nasen- und Rachenreizstoffe bzw. nicht-schädigende Nasen- und Rachenkampfstoffe reizen die oberen Atemwege. Die Symptome sind vor allem Husten- und Niesreiz, Absonderung von Nasensekret, Tränenfluss, sowie Effekte am Zentralnervensystem wie Übelkeit, Brechreiz, Kopfschmerzen, Druckempfindungen in den Ohren, Koordinationsstörungen. In hohen Dosen sind Schädigungen der Haut, des Atemtrakts bis zum toxischen Lungenödem, Krämpfe der Extremitätenmuskulatur sowie zeitweilige Bewusstlosigkeit möglich.[2] Zu den Nasen- und Rachenreizstoffen gehören beispielsweise Diphenylchlorarsin und Adamsit.

Einsatzgebiete

Im Ersten Weltkrieg wurden ähnliche Stoffe (Nasen-Rachen-Reizstoffe wie zuerst Clark 1) beim sogenannten Buntschießen in Kombination mit Giftgasen (Diphosgen) verwendet, um die Giftgase effektiver zu machen. Diese Reizstoffe führen zu Übelkeit und sollten ihre Opfer dazu bringen, die Atemschutzmasken abzunehmen (sogenannte Maskenbrecher).

Nach den Polizeirechten der Länder wird der Reizstoff mitunter als Waffe, überwiegend aber als „Hilfsmittel bei der Ausübung körperlicher Gewalt“ bezeichnet. Einige Mittel sind frei verkäuflich und werden in der individuellen Selbstverteidigung eingesetzt.

Reizstoffe dienen ferner zur Dichtigkeitsprüfung von Atemschutzmasken sowie als Bestandteil von Schädlingsbekämpfungsmitteln (Pestizide) oder zur Geruchswarnung vor hochgiftigen Stoffen (Blausäure).

Einsatzformen

Verwendet werden Reizstoffe in Reizstoffsprühgeräten, Reizstoffwurfkörpern oder -geschossen (Granaten), als Zumischungen in Wasserwerfern oder auch in Reizgasmunition für Schreckschusspistolen.

Völkerrecht

Das Genfer Protokoll von 1925 ächtete den Einsatz von Reizstoffen für die Kampfführung nicht explizit, woraufhin diese Stoffe in den folgenden Kriegen verwendet wurden. Die Chemiewaffenkonvention von 1992 hingegen ächtete alle Chemikalien, die eine auch nur vorübergehende Handlungsunfähigkeit herbeiführen[3]. Nach diesem Übereinkommen gilt Tränengas als „Mittel zur Bekämpfung von Unruhen“ und wird deshalb weltweit von Polizeikräften gegen Demonstranten eingesetzt.[4]

Da in der asymmetrischen Kriegsführung die Trennlinie zwischen militärischem und polizeilichem Einsatz verwischt ist, werden Reizstoffe auch in kriegsähnlichen Zuständen angewendet.[5]

Probleme

Moderne Tränengase können in großen Mengen zu Gesundheitsproblemen wie leichter Verätzung der Augen und Schleimhäute führen. Bei Personen mit Atemwegsproblemen (wie Asthma oder Bronchitis), Nieren- oder Leberschäden kann es zu ernsthaften Komplikationen kommen.

Schutz und Neutralisation

Gasmasken bieten zuverlässigen Schutz vor Tränengas. Um die Wirkung von Tränengas subjektiv abzumildern, kann eine Schwimmbrille verwendet werden, die die Gase von den Augen fern hält. Auf Kontaktlinsen sollte dabei verzichtet werden. Nach einer Kontamination hilft die Anwendung von Neutralisationsprodukten. Spülen mit kaltem Wasser ist weniger effektiv.

Siehe auch

Literatur

  • Markus Schnedlitz: Chemische Kampfstoffe, GRIN Verlag, 2008, ISBN 978-3-640-23360-1

Einzelnachweise