Schwache Ladung

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In der Teilchenphysik werden Elementarteilchen, die an der schwachen Wechselwirkung (WW) teilnehmen, als mit einer schwachen Ladung behaftet angesehen (englisch: 'weak charge', auch Q-weak). Dies geschieht in Analogie zur elektromagnetischen WW (elektrische Ladung) und zur starken WW (Farbladung).

Konkret werden in der Praxis allerdings verschiedene physikalische Größen als 'schwache Ladung' bezeichnet. Um diese Verwirrung aufzulösen, betrachtet man am besten zunächst die einfachere Situation im Fall der elektromagnetischen WW.

Die Kopplungsstärke der elektromagnetischen WW ist die Elementarladung e. Alle in der Natur vorkommenden elektrischen Ladungen Q sind ein ganzzahliges Vielfaches dieser Elementarladung, nur bei den nicht frei vorkommenden Quarks gibt es Ladungen von (±2/3)e und (±1/3)e, bei den hypothetischen Leptoquarks (±4/3)e (X-Bosonen) und (±1/3)e (Y-Bosonen). Allgemein gilt also mit der dimensionslosen Ladungsquantenzahl (auch Ladungszahl) z:

$ Q=z\cdot e $

Bei Atomkernen ist z identisch mit der Protonenzahl Z, die ja auch nur eine Ladungszahl ist.

In der Teilchenphysik wird wegen dieser Beziehung oft die elektrische Ladung Q in Einheiten von e angegeben, eigentlich ist also z gemeint.

Der Begriff 'elektrische Ladung' hat also folgende Bedeutungen:

- die elektrische Elementarladung e als Kopplungsstärke der elektromagnetischen WW
- die Ladungszahl z (oder Ladung Q in Einheiten von e)
- das Produkt aus beiden Q = z·e (dimensionsbehaftete Ladung)

Bei der 'schwachen Ladung' liegen nun die Verhältnisse im Prinzip völlig gleich.

Kopplungen der elektroschwachen WW im Standardmodell

Die Kopplungsstärke g der schwachen WW ist mit der Elementarladung e über

$ e=g\cdot \sin \theta _{W} $

verknüpft; dabei ist Θw der sogenannte Weinbergwinkel.

Die Kopplungen der schwachen WW sind abhängig von der Chiralität (Links- oder Rechtshändigkeit) der beteiligten Teilchen.

Die linkshändigen Fermionen (und rechtshändigen Anti-Fermionen) ordnen sich zu Dubletts wie z. B. das Elektron und das zugehörige Neutrino (e,νe)L oder die Quarks Up und Down (u,d)L; genaueres findet sich im Artikel über den 'schwachen Isospin'.

Die rechtshändigen Fermionen (und linkshändigen Anti-Fermionen) treten in Singuletts auf wie z. B. eR, νeR, uR, dR. Bei ihnen ist der schwache Isospin T = 0 und damit auch dessen dritte Komponente Tz = 0.

Rechtshändige Neutrinos (und linkshändige Antineutrinos) kommen im Standardmodell nicht vor. Als 'real neutral particles' würden sie nur über ihre Masse wechselwirken; im 'reinen' Standardmodell haben die Neutrinos jedoch auch keine Masse. Die beobachteten Neutrinooszillationen sind allerdings ein Hinweis, dass Neutrinos doch eine (sehr kleine) Masse haben, was zu Spekulationen über rechtshändige Neutrinos und linkshändige Antineutrinos Anlass gibt.

Die W-Bosonen sind selbst elektrisch geladen und haben einen schwachen Isospin (W: Ladungszahl = −1, Tz = −1, W+ umgekehrt). Daher sind die W-Bosonen selbst an der elektromagnetischen wie auch an der schwachen WW beteiligt. Das Z-Boson hat wie das Photon Ladung und Tz = 0.

Näheres über die Kopplung der Austauschbosonen der elektroschwachen WW an Fermionen steht im Artikel Weinbergwinkel[1]

Photonen

Kopplung der Photonen (Lichtquanten) γ an Fermionen f:
$ \sim Q_{f}=z_{f}\cdot e $
Das ist der rein elektromagnetische Fall. Die Händigkeit der Fermionen ist hier ohne Belang.

W-Bosonen

Kopplung der W-Bosonen W± an Fermionen f:
$ \sim {Q^{W}}_{f}=T_{z}^{f}\cdot g $
Dabei ist Tz die dritte Komponente des schwachen Isospins T (oder IW). Wegen der formalen Ähnlichkeit kann dieses Produkt als 'schwache Ladung' QW bezeichnet werden. Analog zum elektromagnetischen Fall misst Tz die schwache Ladung in Einheiten von g (Kopplungsstärke oder 'schwache Elementarladung'). Für rechtshändige Fermionen (und linkshändige Anti-Fermionen) ist Tz = 0, d. h. es gibt keine solche Kopplung[2][3][4][5][6]
Besonders im deutschsprachigen Raum wird dagegen gelegentlich die Kopplungsstärke g (oder auch g ' mit e = g ' cos Θw) selbst als schwache Ladung bezeichnet.[7][8][9]

Z-Bosonen

Kopplung der Z-Bosonen Z0 an Fermionen f:
$ \sim {Q^{Z}}_{f}=g_{Z}\cdot {\frac {g}{\cos \theta _{w}}}\;\;mit\;\;g_{Z}=T_{z}^{f}-z_{f}\cdot \sin ^{2}\theta _{W} $
wobei zf wieder für die Ladungszahl steht. Für rechtshändige Fermionen (und linkshändige Antifermionen) mit Tz = 0 vereinfacht sich der obige Ausdruck zu:
$ g_{Z}=-z_{f}\cdot \sin ^{2}\theta _{W}{\frac {}{}} $
Die schwachen Ladungen QZ setzen sich also aus einem Produkt der Kopplungsstärke g/cos θW und der schwachen Ladungszahl Tz - zfsin2θW zusammen. Dabei wird letztere oft selbst als 'schwache Ladung' bezeichnet. Mit der Abkürzung x = sin2θW ist diese für die einzelnen Fermionen:[10]
e, νμ, ντ)L 1/2
(e, μ, τ)L −1/2 + x
(e, μ, τ)R x
(u, c, t)L 1/2 − 2/3 x
(d, s, b)L −1/2 + 1/3 x
(u, c, t)R −2/3 x
(d, s, b)R 1/3 x
Dabei sind e, μ, τ die massiven Leptonen; νe, νμ, ντ die Neutrinos; u, c, t die Up-ähnlichen Quarks (Ladungszahl +2/3); d, s, b die Down-ähnlichen Quarks (Ladungszahl −1/3). Für die Antiteilchen gilt jeweils dasselbe mit vertauschtem Vorzeichen und vertauschter Händigkeit (L,R).

Einzelnachweise

Weblinks

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