Reynolds-Zahl
Die Reynolds-Zahl (Formelzeichen:
- mit
Die einzelnen Formelzeichen stehen für folgende Größen:
– charakteristische Dichte des Fluids (kg m−3) – charakteristische Strömungsgeschwindigkeit des Fluids gegenüber dem Körper (m s−1) – charakteristische Länge des Gegenstandes (m)
Die charakteristische Länge, auch Bezugslänge genannt, kann prinzipiell frei gewählt werden. Beim Vergleich zweier Strömungen muss diese Länge jedoch gleicher Art sein. Bei Strömungskörpern wird als Bezugslänge üblicherweise die Länge des Körpers in Strömungsrichtung gewählt. Bei Widerstandskörpern ist die Breite oder Höhe quer zur Strömungsrichtung üblich. Bei Rohrströmungen Radius oder Durchmesser des Rohres, bei Gerinnen die Tiefe oder die Breite an der Gerinne-Oberfläche.
– charakteristische dynamische Viskosität des Fluids (kg s−1 m−1) – charakteristische kinematische Viskosität des Fluids (m2 s−1)
Überschreitet die Reynolds-Zahl einen (problemabhängigen) kritischen Wert (
In der Magnetohydrodynamik wird ebenfalls eine Reynolds-Zahl definiert: die magnetische Reynolds-Zahl.
Anwendungen
Das Diagramm rechts vergleicht Geschwindigkeiten und zugehörige Reynolds-Zahlen einiger Flugobjekte. Beispielsweise sind die Reynolds-Zahlen von Luftschiffen höher als die von Flugzeugen. Sie bewegen sich zwar mit geringerer Geschwindigkeit, sind aber deutlich größer.
Die Reynolds-Zahl ist eine wichtige Größe innerhalb der Ähnlichkeitstheorie. Will man zum Beispiel ein verkleinertes Modell eines Flugzeuges in einem Windkanal untersuchen, so muss der Wert der Reynolds-Zahl von Original und Modell gleich sein, um ein ähnliches Strömungsfeld zu erhalten. Entsprechend muss bei einem um einen Faktor
Staubkörner sind sehr klein. Wenn sie durch die Luft fallen, haben sie eine ähnliche niedrige Reynolds-Zahl wie eine Stahlkugel, die in ein Glas Honig fällt. Sie bewegt sich laminar (d. h. ohne Wirbelbildung) durch das Fluid. Mikroorganismen schwimmen bei Reynolds-Zahlen 10−5 bis 10−2, so dass Inertialkräfte vernachlässigbar sind. Ein Beispiel: Hörten die Geißeln des Bakteriums E. coli auf zu schlagen, käme dieser Schwimmer bereits nach weniger als einem Atomdurchmesser zum Stehen.[1]
Bei der Auslegung von Windkraftanlagen spielt die Reynoldszahl ebenfalls eine Rolle. Durch sie lässt sich der Strömungsabriss an deren Flügeln bestimmen und somit die Anlage für gewünschte Windgeschwindigkeiten auslegen.
Beispiele
Rohrströmung
Bei Rohrströmungen werden als charakteristische Größen üblicherweise der Innendurchmesser
- .
Es gilt dann:
In der Literatur wird häufig ein Wert von R = 2300 zitiert. Er geht zurück auf Messungen von Julius Rotta (um 1950).
Die kritische Reynolds-Zahl
Die kritische Reynolds-Zahl
Gerinneströmung
Bei Gerinneströmungen werden als charakteristische Größen der hydraulische Durchmesser
Rührkesselströmung
In einem Rührkessel wird die Reynolds-Zahl über die Dimension des Rührers (Durchmesser in Metern), dessen Drehzahl (Umdrehungen pro Sekunde) sowie Dichte (Kilogramm pro Kubikmeter) und dynamische Viskosität (Kilogramm pro Meter und Sekunde) der Flüssigkeit definiert:
Für Werte oberhalb von 10.000 gilt der Rührkessel als turbulent durchmischt.
Beurteilung einer turbulenten Strömung
Um den Turbulenzgrad zu charakterisieren, kann die Reynolds-Zahl auch mit turbulenzbezogenen Größen gebildet werden (turbulente Reynolds-Zahl
Es gilt dann:
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ E. M. Purcell: Life at low Reynolds Number. In: American Journal of Physics. Vol. 45, No. 1, 1977, ISSN 0002-9505, S. 3–11 (PDF).
- ↑ Onset of Turbulence in Pipe Flow by Kerstin Avila, David Moxey, Marc Avila, Alberto de Lozar, and Björn Hof (2011)
- ↑ Heinz Schade, Ewald Kunz: Strömungslehre, 2. Aufl., Berlin; New York: de Gruyter, 1989, ISBN 3-11-011873-4, S. 100
- ↑ Robert Freimann: Hydraulik für Bauingenieure. Grundlagen und Anwendungen. Carl-Hanser-Verlag, München 2009, ISBN 978-3-446-41054-1, S. 41.