Polycarbonate

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Struktur von Polyallyldiglycolcarbonat, einem Vertreter der Polycarbonate

Polycarbonate sind Kunststoffe aus der Gruppe der synthetischen Polymere und der Familie der Polyester. Präzise sind es polymere Ester der Kohlensäure mit Diolen (zweiwertigen Alkoholen). Die Herstellung kann durch Polykondensation von Phosgen (einem Derivat der Kohlensäure) mit Diolen oder durch Umesterung mit Kohlensäurediestern statt des gefährlichen Phosgens erfolgen.[1]

1953 wurde das erste industriell relevante Polycarbonat (Kurzzeichen PC, Kennziffer 7) von Hermann Schnell bei der Bayer AG entwickelt. Dieses basierte auf 2,2-Bis(4-hydroxyphenyl)-propan (Bisphenol A) und wurde dann (wie auch andere Vertreter der Gruppe) als Makrolon® vermarktet. Eine weitere international bekannte Marke ist Lexan® vom Hersteller SABIC.

Synthese

Die weitestverbreiteten Polycarbonate sind jene, welche Bisphenol A als Diolkomponente und Phosgen verwenden.

Darstellung von Polycarbonaten aus Bisphenol A als Diolkomponente und Phosgen

Eigenschaften

Polycarbonate sind in der Regel amorph und weisen einen Kristallitanteil von weniger als 5 % auf. Sie zeichnen sich durch hohe Festigkeit, Schlagzähigkeit, Steifigkeit und Härte aus. Polycarbonate sind weitgehend beständig gegenüber Einflüssen von Witterung und Strahlung. Sie sind entflammbar, die Flamme erlischt jedoch nach Entfernen der Zündquelle. Außerdem sind Polycarbonate gute Isolatoren gegen elektrischen Strom.[2]

Polycarbonate sind beständig gegenüber Wasser, vielen Mineralsäuren und wässrigen Lösungen von neutralen Salzen und Oxidationsmitteln. Auch einige unpolare organische Lösungsmittel wie Kohlenwasserstoffe und viele Öle und Fette greifen Polycarbonate nicht an. Unbeständig sind Polycarbonate hingegen gegenüber einigen chlorierten Kohlenwasserstoffen, wie beispielsweise Dichlormethan. Auch alkalische wässrige Lösungen, Amine und Ammoniak greifen Polycarbonate an.[2]

Anwendungen

CD-Rohling aus Polycarbonat

Polycarbonate sind transparent und farblos. Sie können jedoch in sämtlichen Farbtönen eingefärbt werden.

Polycarbonat ist verhältnismäßig teuer. Es wird daher fast nur dort eingesetzt, wo andere Kunststoffe zu weich, zu zerbrechlich, zu kratzempfindlich, zu wenig formstabil oder nicht transparent genug sind. Einsatzgebiete sind: CDs und DVDs, Elektro- und Apparateteile, Brillengläser und optische Linsen, Leuchtenabdeckungen, Streuscheiben von Autoscheinwerfern, Dichtungsringe in militärischen Fahrzeugen (z. B. Panzer), Flugzeugfenster, Schutzscheiben in speziellen Fahrzeugen (z. B. Einsatzfahrzeuge der Polizei), einbruchhemmende Verglasung, Unterwassergehäuse für Kameras, Verglasung von Wintergärten und Gewächshäusern, Solarpanele, Abdeckungen, Verpackungen, Kofferhüllen, Karosserien im Funktionsmodellbau, Schutzhelme und Visiere sowie für Geschirr als Campingausrüstung. Polycarbonat wird auch als Gehäusematerial bei einigen Spiegelreflexkameras, Handys, Laptopmodellen und anderen Geräten verwendet sowie zur Herstellung von langlebigen Ausweisdokumenten wie Identitätskarten (ID) und Datenseiten in Passbüchern (sog. Datapages). Wegen der guten Biokompatibilität wird es für eine Vielzahl medizinischer Einmalprodukte eingesetzt.

Der Marktanteil von Polycarbonat am weltweiten Kunststoffverbrauch liegt mit 2,2 Millionen Tonnen (2003) bei etwa 1,3 Prozent.

Verarbeitung

Polycarbonate lassen sich mit allen für Thermoplaste üblichen Verfahren verarbeiten. Beim Spritzgießen wird wegen der hohen Viskosität der Schmelze ein hoher Spritzdruck benötigt. Die Verarbeitungstemperaturen liegen zwischen 280 °C und 320 °C und beim Extrudieren zwischen 240 °C und 280 °C. Vor der Verarbeitung muss allerdings die Restfeuchte durch Trocknung (4 bis 24 Stunden bei 120 °C) auf unter 0,01 Prozent gebracht werden. Die Verarbeitungsschwindung von Polycarbonat liegt bei 0,6 bis 0,8 Prozent. Polycarbonat weist so gut wie keine Nachschwindung auf. Es lässt sich mit Lösungsmitteln wie beispielsweise Dichlormethan und Reaktionsharzklebstoffen kleben und ist ultraschall- und hochfrequenzschweißbar.

Sicherheitshinweise

Amerikanischen und japanischen Untersuchungen zufolge werden aus bestimmten Polycarbonaten bei Erhitzung (z. B. in der Mikrowelle) Zersetzungsprodukte wie Bisphenol A (BPA) freigesetzt, die erhebliche gesundheitliche Schädigungen hervorrufen können.[3] In der EU ist der Einsatz von Polycarbonaten aus Bisphenol A daher beispielsweise als Material für Babyfläschchen verboten.[4][5]

Recycling

Recycling-Code für Polycarbonate

Der Recycling-Code für Polycarbonate ist 07.

Weblinks

Quellen

  1. Römpp CD 2006, Georg Thieme Verlag 2006.
  2. 2,0 2,1 Walter Caseri, in: Römpp Online - Version 3.5, 2009, Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
  3. Polycarbonate Plastics and Bisphenol A Release.
  4. EU-Koordination Deutscher Naturschutzring (DNR): EU-weites Verbot für Bisphenol A in Babyflaschen ab Juni 2011. Meldung vom 26. November 2010.
  5. Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 31. März 2011: EU-weites Verbot von Giftstoff in Babyflaschen ab dem 1. Juni 2011.

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