Diethylenglycol

Diethylenglycol

Strukturformel
Strukturformel von Diethylenglycol
Allgemeines
Name Diethylenglycol
Andere Namen
  • 3-Oxapentan-1,5-diol
  • Dihydroxydiethylether
  • 2,2'-Oxydiethanol
  • Diethylenglykol
  • Diglycol
  • Diglykol
Summenformel C4H10O3
CAS-Nummer 111-46-6
PubChem 8117
Kurzbeschreibung

farb- und geruchlose, klare Flüssigkeit[1]

Eigenschaften
Molare Masse 106,12 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

1,12 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

−6 °C[1]

Siedepunkt

244 °C[1]

Dampfdruck

3 Pa[1]

Löslichkeit

vollständig mit Wasser mischbar[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus EU-Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP) [2]
07 – Achtung

Achtung

H- und P-Sätze H: 302
P: keine P-Sätze [1]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [3] aus EU-Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP) [2]
Gesundheitsschädlich
Gesundheits-
schädlich
(Xn)
R- und S-Sätze R: 22
S: (2)-46
MAK

10 ml·m−3, 44 mg·m−3[1]

LD50
  • 12.565 mg·kg−1 (Ratte, oral)[4]
  • ~1000 mg·kg−1 (Mensch, oral, LDLo)[5]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
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Diethylenglycol ist ein Derivat des Ethylenglycols und gehört zu den Gruppen der Alkohole (Diole) und der Ether.

Herstellung

Diethylenglycol wird durch Ethoxylierung von Ethylenglycol mit Ethylenoxid synthetisiert. In der Regel fällt es bei der Herstellung von Ethylenglycol als Nebenprodukt an.

Verwendung

Die Hauptmenge des produzierten Diethylenglycols wird als Rohstoff für die Synthese von Polyester-Harzen, Morpholin und 1,4-Dioxan verwendet. Es dient selten als Lösungsmittel für Nitrozellulose, Kunstharze, Farbstoffe, Öle und einige andere organische Substanzen. Außerdem findet Diethylenglycol selten als Feuchthaltemittel für Korken, Tinte und Klebstoff Verwendung; die Verwendung im Kontext von Lebensmitteln oder etwa in Zahncremes soll nach einer Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) eingeschränkt erfolgen.[5]

Eine Mischung aus Diethylenglycol und Wasser kann als Frostschutzmittel eingesetzt werden, da die Mischung einen niedrigeren Schmelzpunkt als reines Wasser hat. In der Regel wird aber das für diesen Zweck besser geeignete Ethylenglycol – der Hauptbestandteil des Kühlerschutzmittels „Glysantin“ der BASF – verwendet. Bei einer Diethylenglycol-Wasser-Mischung wird jedoch nicht nur der Schmelzpunkt erniedrigt, es wird auch der Siedepunkt erhöht und zwar stärker als beim System Wasser-Ethylenglycol. Diethylenglycol kann deswegen auch als Zusatz in Hydraulik- und Bremsflüssigkeiten Verwendung finden.

Toxizität / Glykolwein-Skandal

Diethylenglycol ist die Ursache für mindestens acht schwere Vergiftungsepidemien, bei denen insgesamt mehrere Hundert Kinder verstarben. In allen Fällen war das sirupartige süßlich schmeckende Diethylenglycol als Hilfsstoff in Arzneimitteln zur Behandlung akuter Infektionskrankheiten verwendet worden. Bereits 1937 führte die Verwendung eines Sulfanilamid-Sirups in den USA zur Sulfanilamid-Katastrophe. In diesem Fall starben mehrere hundert Kinder; als Konsequenz wurde 1938 der Federal Food, Drug and Cosmetic Act, der Kern des Arzneimittelrechtes der USA, verabschiedet. Besonders gut medizinisch dokumentiert ist die drittletzte Epidemie in Haiti. Hauptsymptom der Vergiftungen war immer ein akutes Nierenversagen.

Im Jahr 1985 wurde die gesundheitsgefährdende Chemikalie Diethylenglycol in gepanschten Weinen aus Österreich und Deutschland gefunden. Durch den Glykolwein-Skandal mussten Millionen Flaschen Wein vom Markt genommen werden, Vergiftungen traten dabei keine auf. Als Höchstwert wurden 48 g Diethylengykol in einem Liter Wein gefunden.[6]

Im Jahr 1990 erkrankten in Bangladesch 339 Kinder an – zuerst nicht erklärbaren – akutem Nierenversagen, nachdem sie mit Diethylenglycol vergiftetem Paracetamol-Sirup behandelt worden waren. Die meisten Kinder verstarben.[7]

Im Jahr 2006 erkrankten in Panama mindestens 174 Personen, von denen 115 verstarben, weil sie einen vom staatlichen Gesundheitsdienst vertriebenen Hustensaft eingenommen hatten, der statt des Wirkstoffs Diphenhydramin Diethylenglycol enthielt. Die Gesundheitsbehörden hatten den Saft über Zwischenhändler von einem chinesischen Hersteller erworben.[8]

Im Jahr 2007 wurde die giftige Substanz von Eduardo Arias, einem 51 Jahre alten Kuna-Indianer, auch in chinesischer Zahnpasta entdeckt, die er in einem Discount-Laden in Panama-Stadt fand. Daraufhin wurde in den USA und in Kanada die Zahnpasta vom Markt genommen.

In Frankreich konnten im Jahr 2007 verschiedene Marken der in China produzierten Zahnpasten, welche Diethylenglycol enthalten, identifiziert werden; die Liste ist auf der Internetseite der Afssaps publiziert. Die betroffenen Produkte wurden in Zahnputz-Kits von Zahnhygiene-Kampagnen gefunden, aber auch in Pflegeheimen, Altersheimen, Hotels und einigen Apotheken.[9]

Vergiftungen durch Diethylenglycol-kontaminierte Zahnpasta wurden bisher nicht bekannt und sind bei normalem Gebrauch aufgrund der geringen Dosis und der toxikologischen Eigenschaften von Diethylenglycol sehr unwahrscheinlich. Trotzdem empfehlen das Bundesinstitut für Risikobewertung[5] und der wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der Europäischen Union[10] eine maximale tägliche Aufnahme von 0,5 mg/kg Körpergewicht „für die Summe von Diethylenglykol, Monoethylenglykol und Stearinsäureester des Di-, Mono- und Triethylenglykol“.

Siehe auch

Literatur

  • G. Lehmann und J. Ganz: Nachweis von Diethylenglycol in Wein. In: Zeitschrift für Lebensmitteluntersuchung und -Forschung A 181, 1985, S. 362.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 Eintrag zu CAS-Nr. 111-46-6 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 22. Dezember 2012 (JavaScript erforderlich)
  2. 2,0 2,1 Eintrag aus der CLP-Verordnung zu CAS-Nr. 111-46-6 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich)
  3. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  4. Römpp CD 2006, Georg Thieme Verlag 2006
  5. 5,0 5,1 5,2 BfR: Diethylenglykol (DEG) in Zahnpasta. Stellungnahme Nr. 025/2008 des BfR vom 16. Juli 2007.
  6. G. F. Fuhrmann: Toxikologie für Naturwissenschaftler. Vieweg+Teubner Verlag, 2006, ISBN 3-8351-0024-6.
  7. Hanif M. et al.:Fatal renal failure caused by diethylene glycol in paracetamol elixir:the Bangladesh epidemic British Medical Journal 1995 July 8; 311(6997): S. 88–91; PMID 7613408; PMC 2550149.
  8. Gift aus China – für die ganze Welt Tagesspiegel 17. März 2008
  9. Dentifrices contenant du diéthylène glycol (DEG) ou présentant une contamination bactérienne importante Presseinformation der Agence française de sécurité sanitaire des produits de santé vom 24. August 2007
  10. Altmann, Grunow, Krönert, Uehlecke: Gesundheitliche Beurteilung von Diethylenglykol in Wein, Bundesgesundheitsblatt 29 Nr. 5, Mai 1986.
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