Anorthit

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Anorthit
Anorthit Miyake,Japan.JPG
Anorthit
Chemische Formel

CaAl2Si2O8

Mineralklasse Silikate und Germanate - Gerüstsilikat, Feldspat
9.FA.35 (8. Auflage: VIII/J.07) nach Strunz
76.01.03.06 nach Dana
Kristallsystem triklin
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin triklin-pinakoidal $ {\bar {1}} $[1]
Farbe grau, grün, rot
Strichfarbe weiß
Mohshärte 6 bis 6,5
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,74 bis 2,76 ; berechnet: 2,760
Glanz Glasglanz
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Bruch uneben bis muschelig, spröde
Spaltbarkeit vollkommen nach {001}, undeutlich nach {010}, unvollkommen nach {110}
Habitus kurzprismatische Kristalle; körnige und massige Aggregate
Zwillingsbildung überwiegend verzwillingt nach Albit-Gesetz
Kristalloptik
Brechungsindex nα = 1,573 bis 1,577 ; nβ = 1,580 bis 1,585 ; nγ = 1,585 bis 1,590[2]
Doppelbrechung
(optischer Charakter)
δ = 0,012 bis 0,013[2] ; zweiachsig negativ
Pleochroismus farblos

Anorthit ist ein Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“, genauer ein Gerüstsilikat (Tektosilikat) aus der Gruppe der Feldspate, das an verschiedenen Fundorten zum Teil reichlich vorhanden sein kann, insgesamt aber wenig verbreitet ist.

Anorthit kristallisiert im triklinen Kristallsystem mit der idealisierten, chemischen Zusammensetzung Ca[Al2Si2O8][3] und entwickelt meist kurzprismatische Kristalle, aber auch lamellenförmige, körnige oder massige Mineral-Aggregate von weißer, grauer oder rötlicher Farbe bei weißer Strichfarbe. Die Flächen der durchsichtigen bis durchscheinenden Kristalle weisen einen glasähnlichen Glanz auf.

Anorthit ist Mitglied der Plagioklas-Mischreihe bestehend aus den Mineralen:

  • Albit: Na[AlSi3O8] (0–10 % Anorthit)[3]
  • (Oligoklas): (Na,Ca)(Si,Al)4O8 (10–30 % Anorthit)[4]
  • (Andesin): (Na,Ca)[(Si,Al)4O8] (30–50 % Anorthit)[4]
  • (Labradorit): (Ca,Na)[(Si,Al)4O8] (50–70 % Anorthit)[4]
  • (Bytownit): (Ca,Na)[(Si,Al)4O8] (70–90 % Anorthit)[4]
  • Anorthit: Ca[Al2Si2O8] (90–100 % Anorthit)

Die Zusammensetzung der einzelnen Zwischenglieder wurde willkürlich festgelegt, da sich die Einzelminerale nur durch chemische Analysen unterscheiden lassen. Daher sind nur die Endglieder Albit und Anorthit von der International Mineralogical Association (IMA) als eigenständige Minerale anerkannt.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Anorthit am Monte Somma in Italien und beschrieben 1823 von Gustav Rose, der das Mineral nach dem griechischen Wort ἀν an- als Verneinung von ὀρθός orthos für „richtig“, zusammengesetzt also „nicht aufrecht“ oder „nicht (auf)richtig“ in Anlehnung an die schiefe Form der triklinen Anorthitkristalle benannte.[5]

Klassifikation

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Anorthit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Gerüstsilikate (Tektosilikate)“, wo er zusammen mit den anerkannten Mineralen Albit, Anorthoklas, Banalsit, Dmisteinbergit, Filatovit, Oligoklas, Stronalsit und Svyatoslavit sowie den Zwischengliedern Andesin, Bytownit und Labradorit die eigenständige Feldspat-Untergruppe der „Anorthoklas-Anorthit-Banalsit-Serie“ bildete.

Die seit 2001 gültige und von der IMA verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Anorthit ebenfalls in die Klasse der „Silikate und Germanate“, dort allerdings in die neue Abteilung der „Gerüstsilikate (Tektosilikate) ohne zeolithisches H2O“ ein. Diese Abteilung ist zudem weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit weiterer Anionen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Gerüstsilikate (Tektosilikate) ohne weitere Anionen“ zu finden ist, wo es zusammen mit den anerkannten Mineralen Albit, Lingunit und Reedmergnerit sowie den Zwischengliedern Andesin, Bytownit, Labradorit und Oligoklas die „Plagioklas-Gruppe“ mit der System-Nr. 9.FA.35 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Anorthit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Gerüstsilikate: Al-Si-Gitter“ ein. Hier ist er zusammen mit in der „Plagioklas-Reihe“ mit der System-Nr. 76.01.03 innerhalb der Unterabteilung „Gerüstsilikate mit Al-Si-Gitter“ zu finden.

Bildung und Fundorte

Weiße Anorthitkristalle, eingewachsen im Vulkanauswurf des Monte Somma, Italien (Größe: 6,9 x 4,1 x 3,8 cm)

Anorthit bildet sich entweder magmatisch in Gabbro, Basalt und Anorthosit oder in metamorphen Gesteinen. Das Gestein Anorthosit, welches bedeutende Teile der Mondkruste bildet, besteht praktisch vollständig aus Anorthit.

Insgesamt wurde Anorthit bisher (Stand: 2011) an rund 700 Fundorten nachgewiesen.[2] Neben seiner Typlokalität Monte Somma wurde das Mineral in Italien noch am ebenfalls in Kampanien liegenden Vesuv, bei Osilo in der sardinischen Provinz Sassari, bei Spoleto in Umbrien sowie an mehreren Orten der Regionen Latium, Lombardei, Piemont, Sizilien, Trentino-Südtirol und Toskana gefunden.

Erwähnenswert aufgrund hervorragender Kristallfunde ist auch die Insel Miyake-jima in der japanischen Präfektur Tokyo, auf der Anorthitkristalle mit bis zu 5 cm Durchmesser gefunden wurden.[6]

In Deutschland fand sich das Mineral unter anderem bei Schollach (Eisenbach) in Baden-Württemberg; Maroldsweisach, Röhrnbach und Wiesau in Bayern; Eschwege, Gießen und Hanau in Hessen; bei Bad Harzburg in Niedersachsen; an mehreren Orten der Eifel in Rheinland-Pfalz; bei Chemnitz und Schneeberg in Sachsen; bei Plön in Schleswig-Holstein; sowie bei Gera und Schmalkalden in Thüringen.

In Österreich trat Anorthit vor allem in Kärnten, Niederösterreich und der Steiermark auf und in der Schweiz fand er sich bisher nur bei Vicosoprano im Kanton Graubünden und im Tessin.

Weitere Fundorte sind Algerien, Angola, Mount Erebus in der Antarktis, Australien, Bolivien, Brasilien, Chile, China, Costa Rica, El Salvador, Finnland, Frankreich und die Französische Antilleninsel Guadeloupe, Griechenland, Grönland, Indien, Indonesien, Irland, Israel, Japan, Kamerun, Kanada, Kirgisistan, Nord- und Südkorea, Libyen, Madagaskar, Marokko, Mexiko, Namibia, Neuseeland, Norwegen, der Oman, Pakistan, Palästina, Papua-Neuguinea, Paraguay, Peru, Polen, Portugal, die Republik Kongo, Rumänien, Russland, Schweden, die Slowakei, Spanien, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, Südafrika, Tansania, Tschechien, die Türkei, die Ukraine, Ungarn, im Vereinigten Königreich (Großbritannien), die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) und die Zentralafrikanische Republik.

Auch in Gesteinsproben des Mittelatlantischen Rückens und des Ostpazifischen Rückens sowie außerhalb der Erde neben dem Mond noch im Schweifmaterial des Kometen Wild 2 konnte Anorthit nachgewiesen werden.[7]


Kristallstruktur

Anorthot kristallisiert triklin in der Raumgruppe $ P{\bar {1}} $ (Raumgruppen-Nr. 2) mit den Gitterparametern a = 8,18 Å; b = 12,88 Å; c = 14,17 Å; α = 93,2°; β = 115,8° und γ = 91,2° sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Webmineral: Anorthite (englisch)
  2. 2,0 2,1 2,2 Mindat - Anorthite (englisch)
  3. 3,0 3,1 IMA/CNMNC List of Mineral Names (englisch, PDF 1,8 MB)
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4  Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 695.
  5. Gustav Rose: Ueber den Feldspath, Albit, Labrador und Anorthit. In: Annalen der Physik, Volume 73, Issue 2, pages 173–208, 1823 DOI: 10.1002/andp.18230730208
  6.  Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 266.
  7. Mindat - Localities for Anorthite

Literatur

  •  Paul Ramdohr, Hugo Strunz: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 783.
  •  Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 266.

Weblinks

 Commons: Anorthite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Wiktionary Wiktionary: Anorthit – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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