Tridymit
Tridymit | |
Tridymit in Form ultradünner, farbloser und pseudohexagonaler Tafeln (Bildgröße: 1,1 mm) Fundort: Wannenköpfe, Ochtendung, Eifel, Deutschland | |
Chemische Formel |
SiO2 |
Mineralklasse | Oxide und Hydroxide 4.DA.10 (8. Auflage: IV/D.01) nach Strunz 75.01.02.01 nach Dana |
Kristallsystem | orthorhombisch |
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin | orthorhombisch-disphenoidisch; 222 |
Farbe | farblos, weiß, gelblich weiß, grau |
Strichfarbe | weiß |
Mohshärte | 7 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 2,25 bis 2,28; berechnet: [2,28][1] |
Glanz | Glasglanz |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Bruch | |
Spaltbarkeit | {0001} undeutlich, {1010} unvollkommen |
Habitus | |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | nα = 1,468 bis 1,482 nβ = 1,470 bis 1,484 nγ = 1,474 bis 1,486[2] |
Doppelbrechung (optischer Charakter) |
δ = 0,006[2] ; zweiachsig positiv |
Optischer Achsenwinkel | 2V = 40° bis 86° (gemessen), 50° bis 72° (berechnet)[2] |
Tridymit (auch Asmanit[3]) ist eine orthorhombische Hochtemperaturmodifikation von Quarz, einer kristallinen Form von Siliciumdioxid. Erst seit den 1960er Jahren ist Tridymit als stabile Phase von SiO2 allgemein anerkannt worden. Eine andere Hochtemperaturmodifikation von Quarz ist Cristobalit.
Etymologie und Geschichte
Im Juli 1867 erhielt Gerhard vom Rath zwei Proben aus trachytischem Porphyr, die vom Berg Cerro San Cristóbal nahe Pachuca de Soto (Hidalgo, Mexiko) stammten. In diesen Proben entdeckte er neben den bereits bekannten Mineralen Eisenglanz (Hämatit) und Hornblende auch ein bisher unbekanntes, farbloses Mineral von ungewöhnlicher Kristallgestalt. Diese stellte sich als charakteristische Drillingsverwachsung heraus, aufgrund dessen Gerhard vom Rath das Mineral als Tridymit nach dem griechischen Wort τρίδυμο [tridymo] für Drilling bezeichnete.[4]
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Tridymit zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung der „Oxide mit Metall : Sauerstoff = 1 : 2“, wo er zusammen mit Coesit, Cristobalit, Melanophlogit, Mogánit, Opal, Quarz und Stishovit die „Quarzgruppe“ mit der System-Nr. IV/D.01 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Tridymit ebenfalls in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung der „Metall : Sauerstoff = 1 : 2 und vergleichbare“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der Größe der beteiligten Kationen und der Kristallstruktur bzw. der Zugehörigkeit zu einer verwandten Mineralfamilie, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit kleinen Kationen: Kieselsäure-Familie“ zu finden ist, wo es nur noch zusammen mit Opal die unbenannte Gruppe 4.DA.10 bildet.
Im Gegensatz zur Strunzschen Mineralsystematik ordnet die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana den Tridymit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Gerüstsilikatminerale“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 75.01.02 innerhalb der Unterabteilung „Gerüstsilikate: tetraedrisches Si-Gitter, SiO2 mit [4]-koordiniertem Si“ zu finden.
Modifikationen und Varietäten
Tridymit bleibt bis maximal 3 kbar stabil und wandelt sich unter Normaldruck bei 870 °C in Hochquarz und bei 1470 °C in Cristobalit um.[5]
Bildung und Fundorte
Als eher seltene Mineralbildung kann Tridymit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Als bekannt gelten bisher (Stand: 2012) rund 300 Fundorte.[2] Neben seiner Typlokalität Cerro San Cristóbal in Hidalgo trat das Mineral in Mexiko noch in der „La Esperanza Mine“, der „Barranca Mine“ und der „Remedios Mine“ in Durango, der „Santín Mine“ in Guanajuato und der „Tocho Mine“ in San Luis Potosí zutage.
In Deutschland trat das Mineral vor allem in Rheinland-Pfalz auf, wo es an vielen Fundstellen in der Eifel gefunden werden konnte, so unter anderem bei Andernach, Daun, Ettringen und Mendig. Daneben ist Tridymit aber auch aus Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen bekannt.
In Österreich fand sich Tridymit unter anderem im Basalt-Steinbruch am Pauliberg im Burgenland sowie am Steinbruch „Schlarbaum“ bei Klausen (Bad Gleichenberg), am Stradner Kogel und im Basalt-Steinbruch bei Klöch in der Steiermark.
Weitere Fundorte liegen unter anderem in der Antarktis, Argentinien, Aserbaidschan, Australien, Bolivien, Brasilien, Burundi, China, Ecuador, Frankreich, Griechenland, Island, Indien, Indonesien, Israel, Italien, Japan, Kanada, Madagaskar, Namibia, den Niederlanden, in Neuseeland, im Oman, auf Papua-Neuguinea, in Peru, Rumänien, Russland, der Slowakei, Spanien, Südafrika, Tadschikistan, Tschechien, der Türkei, Ungarn, im Vereinigten Königreich (Großbritannien) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).
Des Weiteren fand sich Tridymit noch im Basalt des Mondmeeres „Mare Tranquillitatis“, von dem die Besatzung der ersten Mondlandemission Apollo 11 einige Gesteinsproben mitbrachte sowie im Basalt des Fra-Mauro-Hochlandes, das von der Besatzung der Apollo 14-Mission besucht wurde.[6]
Kristallstruktur
Tridymit ist bei Raumtemperatur von monokliner Symmetrie, allerdings gibt es temperaturabhängig eine große Anzahl struktureller Modifikationen, deren Komplexität mit sinkender Temperatur zunimmt. Die Bestimmung dieser Phasen wurde in den 1980er Jahren abgeschlossen. Mit sinkender Temperatur lauten diese Phasen:
Name | Stabilitätsbereich | Raumgruppe | Gitterparameter |
---|---|---|---|
β-Tridymit (HP-Tridymit ) | 465-1470 °C | hexagonal P63/mmc | a = 5,05 Å und c = 8,27 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle[7] |
Tridymit (OC-Tridymit ) | 180–350 °C | orthorhombisch C2221 | a = 8,74 Å; b = 5,04 Å und c = 8,24 Å sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle[7] |
OS-Tridymit | 150–190 °C | Überstruktur | |
OP-Tridymit | 110–150 °C | P212121 | |
MC-Tridymit | < 110 °C | monoklin Cc |
Die wichtigste Phase ist HP-Tridymit, das die ideale Hochtemperaturphase von Tridymit darstellt. Es besteht aus gleichen Lagen von SiO2-Tetraedern, die in hexagonalen Ringen angeordnet sind. Diese Lagen sind in einer ABAB-Sequenz aufeinander gestapelt und lassen so durchgehende Tunnel frei.
Bei sinkender Temperatur führt im OC-Tridymite eine Verkippung der Tetraeder zunächst zu einer Verscherung hintereinander liegender Lagen. Bei den restlichen Modifikationen werden zusätzlich die hexagonalen Ringe zu ditrigonalen und ovalen Konfigurationen deformiert, die sich in einer für die Modifikation charakteristischen Überstruktur abwechseln.
Siehe auch
Literatur
- Tadayuki Hirose, Kuniaki Kihara, Masayuki Okuno, Syuhei Fujinami, Keiji Shinoda: X-ray, DTA and Raman studies of monoclinic tridymite and its higher temperature orthorhombic modification with varying temperature, in: Journal of Mineralogical and Petrological Sciences, Band 100 (2005), S. 55-69 (PDF 1,36 MB)
- Peter J. Heaney: Structure and chemistry of the low-pressure silica polymorphs. In: Reviews in Mineralogy and Geochemistry. 29, Nr. 1, 1994, S. 1–40.
- M. Wennemer, A. B. Thompson: Tridymite polymorphs and polytypes. In: Schweiz. min. petrogr. Mitt. 64, 1984, S. 335–353.
- Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1979, ISBN 3-342-00288-3, S. 450.
Weblinks
- Mineralienatlas:Tridymit
- Tridymite bei mindat.org (engl.)
Einzelnachweise
- ↑ John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols: Tridymite, in: Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 68,5 kB)
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 Mindat - Tridymite
- ↑ Karl Friedrich Rammelsberg: Die chemische Natur der Meteoriten. In: Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin. Berlin 1879 (Online bei archive.org)
- ↑ Gerhard vom Rath (1868): Ueber den Tridymit, eine neue krystallisirte Modification der Kieselsäure, in: Annalen der Physik und Chemie, 135, 437-454
- ↑ Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 426-429.
- ↑ Mindat - Localities for Tridymite
- ↑ 7,0 7,1 Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 205.