Tamoxifen

Tamoxifen

Strukturformel
Strukturformel von Tamoxifen
Allgemeines
Freiname Tamoxifen
Andere Namen
  • IUPAC: (Z)-2-[4-(1,2- Diphenylbut-1-enyl) phenoxy]-N,N- dimethylethylamin
  • Latein: Tamoxifenum
Summenformel
  • C26H29NO (Tamoxifen)
  • C26H29NO·C6H8O7 (Tamoxifen·Citrat)
CAS-Nummer
  • 10540-29-1 (Tamoxifen)
  • 54965-24-1 (Tamoxifen·Citrat)
PubChem 2733526
ATC-Code

L02BA01

DrugBank DB00675
Kurzbeschreibung

weißes bis fast weißes, kristallines, polymorphes Pulver (als Dihydrogencitrat)[1]

Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Selektiver Estrogenrezeptormodulator

Wirkmechanismus

kompetitive Hemmung der Estrogenrezeptoren

Verschreibungspflichtig: Ja
Eigenschaften
Molare Masse
  • 371,51 g·mol−1(Tamoxifen)
  • 563,64 g·mol−1(Tamoxifen·Citrat)
Schmelzpunkt
Löslichkeit

Wasser: 0,167 mg·l−1 (25 °C)[2]

Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [4]
08 – Gesundheitsgefährdend

Gefahr

H- und P-Sätze H: 350-360-362
P: 201-​263-​308+313 [4]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [5][4]

T
Giftig
R- und S-Sätze R: 45-60-61-64
S: 53-45
LD50

4100 mg·kg−1 (Ratte p.o.)[6]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
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Tamoxifen ist ein selektiver Estrogenrezeptormodulator, der als Arzneistoff zur Therapie von Brustkrebs eingesetzt wird. Tamoxifen wurde von ICI Pharmaceuticals (jetzt AstraZeneca) entwickelt und bewirkt eine kompetitive Hemmung von Estrogenrezeptoren sowie eine Stimulation von Progesteronrezeptoren.

Klinische Angaben

Anwendungsgebiete (Indikationen)

Tamoxifen ist für die adjuvante Therapie nach Primärbehandlung des Mammakarzinoms und zur Behandlung des metastasierenden Mammakarzinoms zugelassen.[7] In den USA besteht darüber hinaus eine Zulassung zur Vorbeugung gegen Brustkrebs bei Hochrisikopatientinnen.[8]

Außerhalb der arzneimittelrechtlichen Zulassung ist auch eine Wirksamkeit bei Manie in einer Pilotstudie beobachtet worden.[9][10]

Gegenanzeigen (Kontraindikationen)

Außer bei bekannter Überempfindlichkeit ist Tamoxifen auch bei Kindern, bei Schwangeren und in der Stillzeit kontraindiziert.[7]

Wechselwirkungen

Als Hormonrezeptormodulator kann Tamoxifen potenziell die Wirkung anderer Hormonpräparate beeinflussen. Insbesondere bei gleichzeitiger Einnahme von Estrogenen mit Tamoxifen kann eine wechselseitige Wirkungsabschwächung beobachtet werden. Auch die Wirkung des Aromataseinhibitors Letrozol wird bei gleichzeitiger Einnahme abgeschwächt.

Tamoxifen beeinflusst die Wirkung von Thrombozytenaggregationshemmern und Antikoagulanzien.

Tamoxifen wird über das Cytochrom-P450-Enzymsystem, insbesondere über die Isoenzyme CYP3A4 und CYP2D6, verstoffwechselt. Da die Verstoffwechslung zu dem aktiven Metaboliten Endoxifen durch CYP2D6 katalysiert wird, können Hemmstoffe von CYP2D6, insbesondere zahlreiche Antidepressiva aus der Gruppe selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, wie Paroxetin und Fluoxetin, sowie Chinidin, Cinacalcet und Bupropion, die Bildung des aktiven Metaboliten und somit die Wirksamkeit von Tamoxifen verringern. Zum anderen können Induktoren des CYP3A4, wie beispielsweise Rifampicin, die Plasmaspiegel von Tamoxifen senken. Die klinische Relevanz dieser Interaktion ist noch nicht geklärt. Darüber hinaus sind Tamoxifen und seine Metaboliten potente Inhibitoren des Cytochrom-P450-Enzymsystems.[7]

Nebenwirkungen

Die häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen sind auf die Hormonsystem beeinflussende Wirkung des Tamoxifens zurückzuführen. Sehr häufig (> 10 %) werden Hitzewallungen, Zyklusstörungen und Ausfluss beobachtet. Häufig (1 bis 10 %) treten auf Grund der agonistischen Wirkung von Tamoxifen am Endometrium Endometriumsveränderungen, wie Polypen, Neoplasien und Hyperplasien auf.[11] Das relative Risiko des gelegentlich beobachteten Endometriumkarzinoms ist bei Frauen, die mit Tamoxifen therapiert wurden, gegenüber Frauen ohne Tamoxifenbehandlung um den Faktor 2 bis 4 erhöht. Ovarialzysten und Uterussarkome treten selten (< 0,1 %) auf.[7]

In wenigen Fällen kommt es zu thromboembolischen Komplikationen (ca. 1–3 %), die allerdings äußerst selten (0,1 %) tödliche Folgen haben.

Für Tamoxifen sind auch einige ophtalmologische Nebenwirkungen wie Katarakt, Retinopathie, Optikusneuritis und Hornhautveränderungen beschrieben. Aus diesem Grunde ist für Patient(innen) die Tamoxifen einnehmen eine regelmässige (ein- bis zweijährige) Augenärztliche Kontrolle empfohlen.[12]

Bei Knochentumoren oder einer kalziumreichen Ernährung ist eine Hyperkalzämie möglich.

Pharmakologie

Pharmakodynamik (Wirkweise)

Tamoxifen bindet als selektiver Estrogenrezeptormodulator (SERM) an die Estrogenrezeptoren. Eine noch höhere Affinität zu Estrogenrezeptoren als Tamoxifen besitzen seine aktiven Metaboliten, wie 4-Hydroxytamoxifen und Endoxifen. Als Partialagonist besitzt Tamoxifen ein duales molekulares Wirkprofil. Zum einen besitzt es auf Grund der partialagonistischen Wirkung eine schwache estrogene Wirkkomponente. Zum anderen besitzt es eine antiestrogene Wirkkomponente, die auf einer kompetitiven Verdrängung des körpereigenen vollen Agonisten Estradiol beruht (kompetitiver Antagonismus). Welche der beiden Wirkkomponenten dominiert, ist vom betreffenden Gewebe abhängig.[13] Im Brustgewebe ist die antiestrogene Wirkkomponente für die Antitumorwirkung verantwortlich. Eine relevante estrogene Wirkung im Uterus wird unter anderem mit dem Auftreten von Endometriumkarzinomen als Nebenwirkung in Verbindung gebracht.

Pharmakokinetik

Tamoxifen ist ein Prodrug, das in einer ersten Reaktion vom CYP2D6 in das aktive Endoxifen umgewandelt wird. Auf Grund eines natürlich vorkommenden Polymorphismus des CYP2D6-Gens ist die Geschwindigkeit dieses Aktivierungsschritts individuell verschieden. Patienten können von einer Bestimmung des CYP2D6-Genotypen vor Beginn einer möglichen Tamoxifen-Therapie profitieren. Bei Langsammetabolisierern kann auf alternative Behandlungsmethoden, wie z.B. der Gabe von Aromatase-Hemmern, gewechselt werden.[14]

Missbrauch im Sport

Tamoxifen wird missbräuchlich im Leistungssport als Dopingmittel eingesetzt. Meist wird es zur Unterdrückung der als Nebenwirkung vieler Anabolika auftretenden Gynäkomastie, der Vergrößerung der Brustdrüsen beim Mann, eingesetzt. Zudem führt Tamoxifen bei Männern zu einem Anstieg der Blutplasmakonzentration des Hormons Testosteron, welches unter anderem die Zunahme der Muskelmasse fördert.[15] Dieser Effekt beruht auf einer Unterdrückung hormoneller Rückkopplungsmechanismen durch Hemmung von Estrogenrezeptoren im Hypothalamus sowie in der Hypophyse und führt zu einer vermehrten Bildung von regulierenden Hormonen, welche die Bildung von Sexualhormonen fördern. Daher wird im Sport missbräuchlich mit Hilfe von Tamoxifen am Ende einer längeren Anwendung anaboler Steroide versucht, die auf Grund des Rückkopplungsmechanismus reduzierte körpereigene Testosteronproduktion zu steigern. Tamoxifen ist seit 2005 als verbotene Substanz in der Dopingliste der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) aufgeführt.[16] Ein Besitz von mehr als 600mg ohne Rezept wird in Deutschland nach dem Arzneimittelgesetz, gemäß der Dopingmittel-Mengen-Verordnung als „nicht geringe Menge“ gewertet.[17]

Handelsnamen

Monopräparate

Die Handelspräparate enthalten Tamoxifen·Citrat: Ebefen (A), Mandofen (D), Nolvadex (D, A, CH), Tamec (CH), Tamokadin (D) und diverse Generika (D, A, CH).

Einzelnachweise

  1. Europäische Arzneibuch-Kommission (Hrsg.): EUROPÄISCHE PHARMAKOPÖE 6. AUSGABE. 6.0–6.3, 2008.
  2. 2,0 2,1 Tamoxifen. In: DrugBank.
  3. The Merck Index: An Encyclopedia of Chemicals, Drugs, and Biologicals. 14. Auflage. Merck & Co., Whitehouse Station, NJ, USA, 2006, ISBN 0-911910-00-X, S. 1554.
  4. 4,0 4,1 4,2 Datenblatt Tamoxifen bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 23. April 2011.
  5. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  6. Tamoxifen bei ChemIDplus.
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): Mustertext für Fachinformation Tamoxifen Tablette, Filmtablette. Abgerufen am 14. November 2011.
  8. Center for Drug Evaluation and Research (0.00018703241895262): Tamoxifen Information: reducing the incidence of breast cancer in women at high risk. U.S. Food and Drug Administration. Archiviert vom Original am 19. Juni 2007. Abgerufen am 3. Juli 2007.
  9. J. M. Bebchuk u. a.: A preliminary investigation of a protein kinase C inhibitor in the treatment of acute mania. In: Arch. Gen. Psychiatry. Bd. 57, 2000, PMID 10632242, S. 95–97.
  10. Carlos A. Zarate Jr. u. a.: Efficacy of a protein kinase C inhibitor (tamoxifen) in the treatment of acute mania: a pilot study. In: Bipolar Disorders. Bd. 9, 2007, PMID 17845270, S. 561–570. doi:10.1111/j.1399-5618.2007.00530.x.
  11. D. Schmid: Endometriumsveränderungen nach Tamoxifen-Therapie. In: Pathologe. Bd. 27, 2006, S. 27–32.
  12. Richard Herrmann: Tamoxifen und das Auge. In: ophta. 3/2009, S. 224.
  13. Y. Shang: Molecular mechanisms of oestrogen and SERMs in endometrial carcinogenesis. In: Nat. Rev. Cancer. 6, Nr. 5, Mai 2006, S. 360–368. doi:10.1038/nrc1879. PMID 16633364.
  14. M. P. Goetz, S. K. Knox, V. J. Suman u. a.: The impact of cytochrome P450 2D6 metabolism in women receiving adjuvant tamoxifen. In: Breast Cancer Res. Treat.. 101, Nr. 1, Januar 2007, S. 113–121. doi:10.1007/s10549-006-9428-0. PMID 17115111.
  15. D. J. Handelsman: Clinical review: The rationale for banning human chorionic gonadotropin and estrogen blockers in sport. In: J. Clin. Endocrinol. Metab.. 91, Nr. 5, Mai 2006, S. 1646–1653. doi:10.1210/jc.2005-2569. PMID 16478815.
  16. The 2010 Prohibited List WORLD ANTI-DOPING CODE Valid 1 January 2010.
  17. Verordnung zur Festlegung der nicht geringen Menge von Dopingmitteln (Dopingmittel-Mengen-Verordnung - DmMV).
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